Entscheidungsdatum
17.03.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W135 2172522-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 53 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag gab er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und sei am XXXX geboren. Er stamme aus der afghanischen Provinz XXXX und sei ledig. Seine Erstsprache sei Dari und er habe drei Jahre die Schule besucht. Sein Vater sei bereits verstorben. Im Herkunftsstaat würden noch seine Mutter sowie seine beiden Brüder leben. Vor einem Jahr sei er endgültig aus dem Herkunftsstaat ausgereist. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass seine beiden Brüder von den Taliban entführt worden seien und er Angst gehabt habe, dass ihm dasselbe geschehe.
Am 13.09.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA), im Zuge welcher er zu seiner Person angab, dass er keiner medizinischen Behandlung bedürfe und gesund sei. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft an. Bis zu seinem 15. Lebensjahr habe er im Herkunftsstaat gewohnt. Daraufhin sei er für ein Jahr alleine nach Teheran, Iran, verzogen, da es in seinem Wohnort kaum Arbeit gegeben habe und es aufgrund der Präsenz der Taliban unsicher gewesen sei. In Afghanistan habe er bereits im Alter von fünf oder sechs Jahren begonnen, als Tagelöhner zu arbeiten. Er sei in der Landwirtschaft und im Baubereich tätig gewesen. Der Beschwerdeführer habe jeden Tag nach Arbeit gesucht, habe eine solche aber nicht immer gefunden. Für seine Tätigkeiten habe er 40 bis 70 Afghani erhalten. Wenn er nicht gearbeitet habe, sei er zur Schule gegangen. Die Grundschule habe er von 2005 bis 2013 in XXXX besucht. Ferner habe er drei Jahre eine Koran-Schule besucht. Im Iran habe er drei Monate als Wachmann in einer Fabrik gearbeitet. Sein Vater sei verstorben, als er 14 Jahre alt gewesen sei. Er sei im Krieg gegen die Taliban vor circa vier bis fünf Jahren ums Leben gekommen. Mit seiner Mutter und seinen beiden Brüdern habe er seit seiner Ausreise in den Iran keinen Kontakt mehr. Ihren aktuellen Aufenthaltsort kenne er nicht. Vor seiner Ausreise habe er mit seiner Mutter in einem Haus in XXXX gelebt. Seine beiden Brüder seien von den Taliban entführt worden, als sie nach Kabul gehen hätten wollen. Seither habe er nichts mehr von ihnen gehört und wisse nicht, ob sie noch leben würden. Sein jüngerer Bruder sei krank gewesen, weshalb ihn sein älterer Bruder zur Behandlung nach Kabul bringen habe wollen. Am Weg dorthin seien sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara von den Taliban angehalten und entführt worden. In der Provinz XXXX könnten sich Hazara nicht frei bewegen und müssten immer Angst haben, von den Taliban entführt oder getötet zu werden. Die Entführung habe etwa einen Monat vor seiner Ausreise in den Iran stattgefunden. Vom Iran aus habe er seiner Mutter Geld geschickt. Was sie jetzt mache, wisse er nicht. Nach seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat habe er neun Monate im Iran gelebt. Davon habe er insgesamt vier Monate für den Iran in Syrien gekämpft. Er sei dazu gezwungen worden. Als er auf dem Weg zur Arbeit gewesen sei, habe ihn die iranische Polizei festgenommen und zu einer Polizeistation gebracht. Sie hätten ihm gesagt, dass er illegal im Iran sei und entweder in Syrien kämpfen oder nach Afghanistan zurückkehren müsse. Mit dem Geld, welches er für seinen Aufenthalt in Syrien erhalten habe, habe er seine Flucht finanziert. Zu extremistischen oder terroristischen Gruppierungen habe er nie Kontakt gehabt. Sonstige Angehörige im Herkunftsstaat habe er nicht. Zu seinen Fluchtgründen führte er an, er habe in Afghanistan keine Zukunft gehabt. Er habe dort nicht leben können, da sein Leben in Gefahr gewesen sei. Jeden Tag sei dort Krieg gewesen, es habe Schießereien gegeben und die Taliban seien dort gewesen. Seine Brüder seien auf dem Weg nach Kabul von den Taliban entführt worden. Als Hazara werde man in XXXX verfolgt und lebe in ständiger Angst. Im Iran sei es ihm zunächst als Wachmann gut gegangen, die Polizei hätte ihn jedoch gezwungen, in Syrien zu kämpfen. Dafür habe er im Iran bleiben dürfen und eine Aufenthaltskarte erhalten. Damit seine Aufenthaltskarte im Iran verlängert werde, hätte er neuerlich in Syrien kämpfen müssen. Da er dies nicht gewollt habe, sei er nach Europa geflüchtet. Sein Zielland sei Schweden gewesen. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab er an, dass ihn die Taliban in Afghanistan töten würden. Überall in Afghanistan herrsche Krieg und er habe auch keine Verwandten mehr. Auf Nachfrage, warum seine Mutter dort ungefährdet leben könne, gab er an, die Taliban würden Frauen in Ruhe lassen. Sie habe ihn in den Iran geschickt, habe aber selber in Afghanistan bleiben wollen. Wenn in Afghanistan kein Krieg wäre, könne er zurückkehren und dort leben.
Mit Bescheid vom 15.09.2017, Zl. 1098109901-151933555, wurde der (erste) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt. Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Gegen diesen Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Urteil des XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 SMG sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 SMG und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, wobei ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mit Urteil des XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Die mit Urteil des XXXX gewährte bedingte Strafnachsicht wurde widerrufen.
Mit Erkenntnis vom 07.08.2020, W124 2172522-1/52E, wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 18.01.2018 und am 06.07.2020 - die gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen erhobene Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und den §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet ab. Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt IV. wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat: „Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab dem Zeitpunkt der Enthaftung.“ Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ist in Rechtskraft erwachsen.
Begründend wurde – hier zusammengefasst und verkürzt wiedergegeben – in diesem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, seine Brüder seien von den Taliban entführt worden, weshalb der Beschwerdeführer in das Blickfeld der Taliban geraten sei, nicht glaubhaft sei. Ebenso wenig habe der Beschwerdeführer glaubhaft machen können, dass er als Mitglied der XXXX im Kampfeinsatz in Syrien gewesen sei und ihm aufgrund der Verbreitung von Fotos, welche ihn bei diesem Einsatz zeigen würden, der realen Gefahr einer Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt sei. Es sei auch nicht glaubhaft, dass der Vater des Beschwerdeführers als Kommandant für die afghanische Regierung tätig gewesen sei und dem Beschwerdeführer aus diesem Grund im Herkunftsstaat eine Gefahr drohe. Insgesamt sei daher das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet, eine mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung aus asylrelevanten Gründen darzutun, weshalb es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen sei, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Bezüglich der Abweisung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass eine Wiederansiedlung des Beschwerdeführers in seiner Herkunftsprovinz XXXX für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Gefahr seiner in Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte mit sich bringen würde, da die Provinz XXXX zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans zähle und überdies nicht sicher erreicht werden könne. Dem Beschwerdeführer stehe jedoch im Herkunftsstaat eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt Mazar-e Sharif offen. Der Beschwerdeführer habe keine individuellen Umstände dargetan und glaubhaft gemacht, die im Fall der Rückkehr nach Mazar-e Sharif eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen würden. Die Sicherheitslage in Mazar-e Sharif sei ausreichend sicher, die Versorgungslage sei angespannt, doch habe der Beschwerdeführer keinen Nachweis des Vorliegens von in seiner Person gelegenen, exzeptionellen Umständen im Hinblick auf eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK durch seine Rückführung in den Herkunftsstaat erbracht. Überdies verfüge Mazar-e Sharif über einen internationalen Flughafen, über welchen die Stadt sicher erreicht werden könne. In Mazar-e Sharif finde der Beschwerdeführer kein soziales Netzwerk vor. Die Erkenntnisquellen machten ersichtlich, dass die Rückkehrsituation für Rückkehrer ohne direkte Anknüpfungspunkte schwieriger sei als für Personen, die in den Familienverband zurückkehren. Bei dem 21-jährigen Beschwerdeführer handle es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Der Beschwerdeführer verfüge über mehrjährige Schulbildung und beherrsche Dari als eine der Landessprachen Afghanistans. Bereits während seines Schulbesuchs habe er in der Landwirtschaft seiner Eltern mitgeholfen und als Tagelöhner gearbeitet. Im Iran sei er in der Lage gewesen, seinen Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten, seine Mutter finanziell zu unterstützen und sich ausreichende Ersparnisse anzueignen, um seine Flucht nach Europa zu finanzieren, indem er als Wachmann sowie als Bauarbeiter gearbeitet habe. Ferner arbeite er nunmehr in der Justizanstalt als Koch und habe auch dadurch seine Fertigkeiten erweitert. Der Beschwerdeführer habe den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht und ist im afghanischen Familienverband sozialisiert worden. Daher sei er mit den sozialen und kulturellen Gepflogenheiten Afghanistans vertraut. Zudem gehöre er keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen sei, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstelle als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen könne. Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer in Afghanistan binnen kurzer Zeit selbst möglich sein werde, seinen Lebensunterhalt selbständig zu verdienen und davon leben zu können. In Hinblick auf die derzeit bestehende Covid-19 – Pandemie sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer 21 Jahre und gesund sei, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen oder Personen mit Vorerkrankungen falle. Auch andere Faktoren, die gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif sprechen würden, seien im Verfahren nicht hervorgekommen und seien vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert vorgebracht worden. Dies entspreche auch der aktuellen Einschätzung von UNHCR zur Zumutbarkeit interner Schutzalternativen, wonach alleinstehende leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf eine Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung (Familie/ethnische Gruppe) darstellen würden. Die angenommene Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative entspreche auch der Einschätzung von EASO zu internen Schutzalternativen für „Single able-bodied adult men“.
Zu den Fragen einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ und zur gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wurde im in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020 nach Verneinung des Vorliegens eines Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich des Privatlebens des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sei, dass er bereits als Minderjähriger nach Österreich gekommen sei. Allerdings sei seine Aufenthaltsdauer von rund vier Jahren und acht Monaten als relativ kurz zu bewerten. Die Aufenthaltsdauer werde dadurch relativiert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig gewesen sei und sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts habe bewusst sein müssen. Zur Dauer des Verfahrens sei festzustellen, dass eine raschere Entscheidung möglich gewesen wäre. Dennoch sei hierzu anzuführen, dass es sich bei der Frage des möglichen Organisationsverschuldens hinsichtlich der Verfahrensdauer um eines von mehreren Kriterien innerhalb der vorzunehmenden Interessensabwägung handle und das Ergebnis der Prüfung eines möglichen Organisationsverschuldens nicht für sich alleine und isoliert, sondern in einer Gesamtschau innerhalb sämtlicher abgewogener Kriterien zu sehen sei. Gerade unter Berücksichtigung des dem Beschwerdeführer bewussten unsicheren Aufenthaltsstatus sei nicht davon auszugehen, dass die zeitliche Komponente dermaßen in den Vordergrund trete, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers auszugehen wäre. Für den Beschwerdeführer spreche, dass er sich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, sich Deutschkenntnisse angeeignet und an verschiedenen Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen habe. Ferner habe er in seiner früheren Unterkunft mitgeholfen und sei zumindest kurzfristig Mitglied einer Fußballmannschaft gewesen. Auf sonstige Weise habe er jedoch nicht am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teilgenommen. Er sei in Österreich keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern bestreite seinen Lebensunterhalt aus staatlichen Mitteln und sei sohin nicht selbsterhaltungsfähig. Zu Lasten des Beschwerdeführers sei ferner das strafgesetzwidrige Fehlverhalten zu berücksichtigen. Er habe als Mittäter im Zeitraum von Sommer 2017 bis Ende Februar 2019 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen. Ferner habe er im Zeitraum von Oktober 2017 bis Ende Februar 2019 in mehrfachen Angriffen sowohl zum Zweck des weiteren Verkaufs bzw. der Weitergabe als auch ausschließlich zum persönlichen Gebrauch Cannabiskraut und XTC-Tabletten erworben und besessen. Mit Urteil des XXXX , sei der Beschwerdeführer aufgrund dieses Verhaltens wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden, wobei ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Am 17.01.2020 habe der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben, besessen und befördert, dass es durch gewinnbringenden Verkauf an Suchtgiftkonsumenten in Verkehr gesetzt werde. Mit Urteil des XXXX , sei der Beschwerdeführer aufgrund dieses Verhaltens wegen des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden. Die mit Urteil des XXXX gewährte bedingte Strafnachsicht sei widerrufen worden. Aufgrund der Begehung eines Verbrechens und mehrerer Vergehen sowie des raschen Rückfalls während offener Probezeit sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten. Der Beschwerdeführer habe den überwiegenden Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht, sei im afghanischen Familienverband sozialisiert worden und sei somit mit den sozialen und kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Es sei sohin davon auszugehen, dass der erwachsene und arbeitsfähige Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan sich in die Gesellschaft seines Herkunftsstaates eingliedern können werde. Insgesamt betrachtet sei davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht hätten und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukomme, in den Hintergrund treten würden. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sei daher im Fall des Beschwerdeführers dringend geboten und auch nicht unverhältnismäßig. Auch sei die Abschiebung nach Afghanistan zulässig. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides) wurde ausgeführt, da keine besonderen Umstände vorgebracht wurden oder hervorgekommen seien, die einen längeren Zeitraum für die freiwillige Ausreise rechtfertigen würden und sich der Beschwerdeführer aktuell in Strafhaft in der Justizanstalt Wiener Neustadt befinde, die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab dem Zeitpunkt der Enthaftung betrage.
Der Beschwerdeführer stellte am 02.12.2020 aus dem Stande der Strafhaft vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes den nunmehr gegenständlichen - zweiten - Antrag auf internationalen Schutz. Zu den Gründen der neuerlichen Antragstellung befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Familienangehörigen mehr in Afghanistan habe. Seine Mutter lebe seit 2018 im Iran. Alle, die nach Afghanistan abgeschoben worden seien, seien auf der Straße gelandet oder seien zum Militär gegangen, was der Beschwerdeführer nicht wolle. Alle weiteren Fluchtgründe habe er bereits im ersten Asylverfahren angegeben und möchte er auf diese verweisen. Im Falle einer Rückkehr würden die Leute glauben, dass der Beschwerdeführer viel Geld habe. Sie wüssten nicht, dass er hier mit € 40,00 in der Woche auskommen müsse. Außerdem habe er Angst vor den Taliban und dem IS.
Das BFA teilte dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG 2005 vom 14.12.2020 mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege und der Beschwerdeführer der Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 unterliege.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA im Beisein des Dolmetschers für die Sprache Dari am 21.01.2021 gab der Beschwerdeführer Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - an:
„F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder oder sonstige Verwandte (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?
A: Nein.
F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.
A: Nein.
F: Haben Sie Verwandte in Ihrem Herkunftsland?
A: In Afghanistan habe ich niemanden. Mein Vater ist verstorben, meine Mutter lebt im Iran. Ich habe noch Tanten, aber auch die leben nicht mehr in Afghanistan. Ich habe gehört, dass sie sich 2016 in Pakistan aufgehalten haben.
F: Sprechen Sie Deutsch und haben Sie mittlerweile einen Deutschkurs besucht?
A: Ich bin seit 2015 in Österreich und habe Deutschkurse besucht und habe auch hier in Haft einen Kurs besucht, aber seit Corona ist dieser nicht mehr laufend. (AW antwortet in deutscher Sprache.)
F: Sind Sie hier in Österreich Mitglied in einem Verein oder haben Sie sonstige private Kontakte?
A: Als ich noch draußen war, hatte ich schon private Kontakte und ich habe auch hier in Haft Leute kennen gelernt und mich angefreundet.
F: Weswegen sind Sie in Haft?
A: Wegen Drogen. Ich habe verkauft.
F: Ist gegen Sie ein in Österreich noch Gerichtsverfahren anhängig?
A: Nein.
F: Waren Sie jemals zuvor im Gefängnis?
A: Ja, auch wegen Drogen, das war 2019 für 5 Monate.
F: Dies ist Ihr zweites Asylverfahren. Haben Sie Österreich nach Ihrer erstmaligen Antragsstellung verlassen?
A: Nein.
F: Womit haben Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich Ihren Lebensunterhalt verdient?
A: Ich habe vier Jahre XXXX gelebt und habe wöchentlich € 40,- Taschengeld bekommen. Dann habe ich 6 Monate lang in XX gelebt, dort habe ich € 30,- wöchentlich bekommen. Ich war immer in Grundversorgung. Ich habe keine Arbeitserlaubnis bekommen, obwohl ich darum angesucht habe.
Vorhalt: Ihr erstes Asylverfahren wurde erst am 07.08.2020 in Il. Instanz rechtskräftig abgeschlossen.
F: Warum haben Sie nun einen neuen Asylantrag gestellt?
A: Weil ich nicht nach Afghanistan zurückkehren möchte. Ich möchte hier bleiben.
F: Sie haben bereits im ersten Asylverfahren Fluchtgründe zur Sprache gebracht. Hat sich seit der Entscheidung im August 2020 etwas geändert?
A: Nein, es hat sich an meinen Fluchtgründen nichts geändert.
Vorhalt: Ihre Fluchtgründe wurden bereits im Erstverfahren, welches negativ entschieden wurde, bewertet. Jetzt geben Sie an, dass sich Ihre Fluchtgründe nicht geändert hätten. Warum stellen Sie gegenständlichen Antrag, wenn Sie doch wissen, dass Ihre Fluchtgründe nicht ausreichen, um einen Asylstatus in Österreich zu erhalten?
A: Es stimmt nicht, dass sich überhaupt nichts geändert hat. Ich lebe seit 6 Jahren in Österreich und ich habe hier Toleranz kennen gelernt. Man hat mir zu Essen gegeben. Ich möchte nicht lügen. Ich habe hier auch gelernt, dass Lügen nichts bringen. Deswegen möchte ich hier bleiben und hier leben.
Belehrung:
Dies ist Ihr zweites Asylverfahren. Ihr vorheriges Asylverfahren wurde rechtskräftig negativ abgeschlossen. Der AW wurde dahingehend manuduziert, dass entsprechend der österreichischen Gesetzeslage, niemals in einer Angelegenheit zweimal entschieden wird.
F: Wollen Sie dazu etwas angeben?
A: Das weiß ich eh.
F: Aber wie begründen Sie dann den Antrag, wenn Sie das doch wissen?
A: Ich habe Probleme in Afghanistan, deswegen möchte ich auch nicht dorthin zurück. Wer möchte sich schon von der eigenen Familie trennen.
Vorhalt: Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, sich die aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan ausfolgen zu lassen. Wollen Sie dies in Anspruch nehmen?
A: Nein, das brauche ich nicht, die sind mir bekannt. Ich habe sie auch gelesen.
F: Man kann sich auch in die Rückkehrberatung wenden um Informationen für eine Rückkehr nach Afghanistan zu erhalten. Was können Sie dazu sagen?
A: Ich habe mit den Leuten schon gesprochen. Man hat mir gesagt, dass es Möglichkeiten gibt, dass man eine Wohnung und Unterstützung bekommt, aber das stimmt nicht. Ich habe Freunde, die von Österreich nach Afghanistan abgeschoben wurden und dann wieder nach Europa gekommen sind. Sie haben nicht nur keine Unterstützung in Afghanistan bekommen, sie wurde gleich nach ihrer Ankunft in Afghanistan von Polizisten ausgeraubt. Sie haben gesagt, dass sie aus Europa kommen und gefragt, wo das Geld wäre.
F: Es kann keine anderslautende Entscheidung erfolgen, wenn es keine Änderungen zu bewerten gibt und Sie auch nach wie vor keine Änderung beweisen können. Wollen Sie dazu etwas sagen?
A: Ich habe niemanden mehr in Afghanistan und weiß nicht, wohin ich nach Afghanistan gehen soll. All meine Verwandten und Bekannten sind irgendwo hingegangen.
F: Wollen Sie noch etwas angeben?
A: Das was ich angegeben habe, habe ich im ersten Verfahren bewiesen. Ich habe dazu auch Beweise vorgelegt und es war nicht gelogen, dass ich in Afghanistan etwas im militärischen Bereich zu tun hatte. Als ich in Syrien gekämpft habe, wurden Fotos gemacht und diese wurden auch veröffentlicht. Wenn ich jetzt zurückkehre, dann muss ich an meinen Heimatort zurückkehren und dort würden sie wissen, dass ich in Syrien gekämpft habe und dann würde man mich töten.
F: Haben Sie das alles im Erstverfahren angegeben?
A: Das habe ich nicht im ersten Verfahren erwähnt, da wurde ich nicht so viel gefragt. Wenn ich nicht in Haft gewesen wäre, hätte ich meine Mutter kontaktiert und ich hätte auch gefragt, was es neues gibt. Aber da ich in Haft war, war mir das nicht möglich. Ich habe auch keine Kontaktdaten meiner Mutter.
F: Sie wurden im Erstverfahren genau befragt und es gab auch eine Verhandlung vor dem BVwG. Wie erklären Sie Ihre Angaben, dass Sie nicht genau befragt worden wären?
A: Meine Mutter war 2018 noch in Afghanistan. Als sie in den Iran kam, wusste ich dann nicht mehr, was in Afghanistan in meiner Heimat los war.
F: Die Frage wird wiederholt.
A: Wenn man sich aus einem Feuer rettet, dann kann man sich nicht mehr dorthin begeben. Ich habe Videos gesehen, dass Leute enthauptet werden, dass sie geschlagen werden. Das macht Albträume.
F: Was aber wollen Sie angeben, wurde im Erstverfahren Ihrer Meinung nach nicht behandelt?
A: Man erkennt die Gefahren nicht, die mich persönlich betreffen.
F: Wollen Sie nun noch etwas angeben, warum eine Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich wäre?
A: Wenn ich lügen wollte, könnte ich vieles angeben, vielleicht meinen Glauben wechseln oder sonstige Gründe erfinden. Es ist aber so, dass ich nicht lügen will und ich sagen möchte, dass eine Rückkehr für mich eine Gefahr wäre. Ich war 6 Jahre in Österreich, habe hier Toleranz gelernt und man hat mir viele gute Dinge hier beigebracht.
Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen. Der RB hat keine weiteren Fragen oder Anträge.
F: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?
A: Ja.“
Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2021 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchpunkt VI.). Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
In der Begründung dieses Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegeben Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Afghanistan getroffen. Es wurde weiters festgestellt, dass das gesamte Vorverfahren, welches in zweiter Instanz rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei, auf einem nicht glaubhaften Vorbringen beruht habe und der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht habe, welcher nach Abschluss des Erstverfahrens entstanden sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe. Der Beschwerdeführer verfüge in Afghanistan nach wie vor über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbotes stellte das BFA unter anderem fest, dass der Beschwerdeführer nunmehr zum zweiten Mal einen unbegründeten und damit missbräuchlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Er sei wiederholt straffällig geworden und verbüße derzeit die zweite Gefängnisstrafe in Österreich.
Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, fristgerecht Beschwerde.
Das BFA legte die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 10.03.2021 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. beschriebene Verfahrensgang steht fest.
Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islams an. Am 04.12.2015 stellte er nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer stammt aus der afghanischen Provinz XXXX , wo er bis zu seiner endgültigen Ausreise aus dem Herkunftsstaat gelebt hat. Seine Erstsprache ist Dari. Im Herkunftsstaat hat er acht Jahre die Grundschule und drei Jahre eine Koranschule besucht. Neben dem Schulbesuch hat er als Tagelöhner verschiedene Tätigkeiten verrichtet und seiner Familie bei der Arbeit auf deren Landwirtschaft geholfen. Im Alter von circa 14 oder 15 Jahren ist er in den Iran verzogen und hat dort rund ein Jahr auf Baustellen sowie als Wachmann gearbeitet. Durch diese Tätigkeiten hat er nicht nur seinen Lebensunterhalt eigenständig bestritten, sondern hat sich auch ausreichende Ersparnisse angeeignet, um seiner Mutter Geld nach Afghanistan zu schicken und seine Flucht nach Europa zu finanzieren.
Der Beschwerdeführer lebt in Österreich in keiner Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Gemeinschaft. Er hat sich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, über Bindungen besonderer Intensität zu einzelnen Personen im Bundesgebiet verfügt er hingegen nicht. In seiner früheren Unterkunft hat er Hilfstätigkeiten verrichtet. Für die Dauer eines Monats ist er zudem Mitglied in einer Fußballmannschaft gewesen. Während seines Aufenthalts in Österreich hat er sich nicht ehrenamtlich engagiert.
Der Beschwerdeführer ist in der Lage, einfache Unterhaltungen auf Deutsch zu führen. Er hat die Kurse „Brückenmodul Deutsch, Mathematik und Englisch“ sowie „Basisbildung mit Politischer Bidlung“ absolviert. Ferner hat er an einem Pflichtschulabschlusslehrgang teilgenommen, hat den Lehrgang jedoch nicht abgeschlossen.
Seinen Lebensunterhalt in Österreich bestreitet er aus staatlichen Mitteln. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig. Während seines Aufenthalts ist er zu keinem Zeitpunkt selbsterhaltungsfähig gewesen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leidet. Der Beschwerdeführer zählt weder aufgrund seines Alters zu einer Risikogruppe für eine COVID-19-Erkrankung, noch hat er relevante Vorerkrankungen. Die diesbezügliche Lage in Afghanistan ist weiters nicht dergestalt, dass eine Rückkehr jedem Afghanen allein aufgrund der COVID-19-Pandemie unzumutbar wäre.
Festgestellt wird, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines nunmehrigen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 02.12.2020, er habe in Syrien gekämpft und seien diesbezüglich Fotos veröffentlicht worden, weshalb man den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seine Heimat töten würde, bereits im ersten Asylverfahren erstattet wurde und bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren war und rechtskräftig als nicht glaubhaft erkannt wurde.
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und seiner familiären und privaten Beziehungen in Österreich und im Herkunftsstaat sowie seiner individuellen Rückkehrsituation in diesen sind gegenüber den im mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020, zugestellt am selben Tag, rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen (zu Gunsten der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet) eingetreten.
Der Beschwerdeführer hat als Mittäter im Zeitraum von Sommer 2017 bis Ende Februar 2019 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er dieses an Personen in stetig wiederkehrenden Tathandlungen verkauft bzw. auch im Rahmen gemeinsamer Konsumation weitergegeben hat. Ferner hat er im Zeitraum von Oktober 2017 bis Ende Februar 2019 in mehrfachen Angriffen sowohl zum Zweck des weiteren Verkaufs bzw. der Weitergabe als auch ausschließlich zum persönlichen Gebrauch Cannabiskraut und XTC-Tabletten erworben und besessen. Mit Urteil des XXXX , wurde der Beschwerdeführer aufgrund dieses Verhaltens wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, wobei ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Für die Dauer der Probezeit wurde Bewährungshilfe angeordnet.
Am 17.01.2020 hat der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben, besessen und befördert, dass es durch gewinnbringenden Verkauf an Suchtgiftkonsumenten in Verkehr gesetzt werde. Mit Urteil des XXXX , wurde der Beschwerdeführer aufgrund dieses Verhaltens wegen des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten verurteilt. Die mit Urteil des XXXX gewährte bedingte Strafnachsicht wurde widerrufen.
Festgestellt wird, dass die rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren berücksichtigt wurden.
Aktuell verbüßt der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe in der Justizanstalt XXXX , wo er einen Deutschkurs besucht und als Koch arbeitet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahrensakt.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Person des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen Angaben im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers sowie den gesetzten Integrationsschritten in Österreich ergeben sich aus den in den Asylverfahren vorgelegten Unterlagen, den Angaben in den Verfahren vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den Schriftsätzen aller Verfahren. Aus seinen Angaben im gesamten Verfahren in Verbindung mit einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in Österreich bisher keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgegangen und sohin nicht selbsterhaltungsfähig ist, sondern seinen Lebensunterhalt aus staatlichen Mitteln bestreitet.
Die Feststellung, dass hinsichtlich der privaten Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich und im Herkunftsstaat gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Änderung eingetreten ist, gründet sich auf den Umstand, dass im Zusammenhang mit der mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.08.2020 gegen den Beschwerdeführer getroffenen Rückkehrentscheidung letztmalig über die Frage eines Eingriffes in das Privat- bzw. Familienleben des Fremden rechtskräftig abgesprochen wurde und eine maßgebliche Änderung des diesbezüglichen Sachverhaltes - jedenfalls zu Gunsten der privaten Interessen an einem Verbleib des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet - im zwischenzeitlich vergangenen Zeitraum von etwa acht Monaten nicht erkennbar ist, zumal sich der Beschwerdeführer seitdem durchgehend in Strafhaft befindet.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren betrifft, seine Mutter halte sich seit dem Jahr 2018 im Iran auf, ist festzuhalten, dass bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020 der Aufenthaltsort der Mutter und der Brüder des Beschwerdeführers nicht abschließend festgestellt, also auch nicht festgestellt wurde, dass die Mutter in Afghanistan aufhältig wäre. Der Aufenthaltsort der Mutter kann auch dahingestellt bleiben, weil es auf diesen nicht entscheidungswesentlich ankommt. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann mit ausreichender Schulbildung und Berufserfahrung, dessen Rückkehr nach Afghanistan auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte rechtskräftig als zumutbar erachtet wurde und auch nach wie vor erachtet wird.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen auf den eigenen Angaben. Auch die aktuelle Situation in Afghanistan betreffend die COVID-19 Pandemie ändert nichts an der Zumutbarkeit der Rückkehr nach Afghanistan, da der Beschwerdeführer weder bezogen auf sein Alter, noch auf seinen Gesundheitszustand zur besonderen Risikogruppe für eine schwere COVID-19-Erkrankung zählt und die Anzahl an COVID-19-Infizierten in Afghanistan im Vergleich zur Gesamtbevölkerung noch gering ist und keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung des Beschwerdeführers gegeben ist.
Die Feststellung, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines nunmehrigen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 02.12.2020 bereits im ersten Asylverfahren erstattet wurde und bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren war, dies mit dem Ergebnis, dass dieses Vorbringen als nicht glaubhaft erkannt wurde, gründet sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers, dass seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien, im Zusammenhang mit dem Inhalt des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020.
Die Feststellung, dass hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat gegenüber den im mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020 rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgebliche Änderung eingetreten ist, ergibt sich aus einem Vergleich des im ersten Asylverfahren vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen Länderberichtsmaterial mit dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Länderberichtsmaterial. Auch im nunmehrigen, auf einem Folgeantrag basierenden Verfahren wurden dem Beschwerdeführer vom BFA umfassende Länderberichte zur Kenntnis gebracht, die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde nicht substantiiert bestritten wurden und die keine entscheidungserhebliche Veränderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zur Lage, die bereits im Rahmen des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einer Beurteilung unterzogen wurde, zeigen.
Eine gravierende Verschlechterung der Covid-19-Situation in Afghanistan oder im Besonderen der Sicherheits- und Versorgungslage in Mazar-e Sharif seit Rechtskraft der Entscheidung im ersten Asylverfahren mit 07.08.2020 kann nicht erkannt werden. Das Ausmaß und die Folgewirkungen der Covid-19-Pandemie in Afghanistan wurden in den dem Erkenntnis vom 07.08.2020 zugrundeliegenden Länderberichten bereits ausführlich berücksichtigt, aus diesen ergab sich für das erkennende Gericht unter dem Aspekt der Sicherheits- und Versorgungslage in Mazar-e Sharif keine besondere Gefährdungssituation für den Beschwerdeführer (vgl. Seiten 93 und 94 des Erkenntnisses vom 07.08.2020). Eine weitere maßgebliche Verschlechterung der Situation seit August 2020 ist dem zwischenzeitlich erschienenen und dem angefochtenen Bescheid vom 17.02.2021 zugrunde gelegten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Afghanistan vom 16.12.2020 nicht zu entnehmen. Dieses zeigt verglichen mit der im Erstverfahren herangezogenen Aktualisierung vom 18.05.2020 im Hinblick auf die Situation in Mazar-e Sharif vielmehr sogar einzelne Verbesserungen auf. So bestehen in diesen Städten gegenwärtig keine Ausgangssperren mehr, auch Hotels und Teehäuser sind derzeit geöffnet.
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus einem Auszug aus dem Strafregister sowie dem Urteil des XXXX sowie dem Urteil des XXXX . Ferner ist den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.07.2020 zu entnehmen, dass er in der Justizanstalt an einem Deutschkurs teilnimmt und als Koch arbeitet. Die Feststellung, wonach er sich nach wie vor in der Justizanstalt aufhält, stützt sich auf die Dauer der verhängten Haftstrafe sowie auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.
Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).
Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).
Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).
Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Falle desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung solcher während des ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens bereits existent gewesener Sachverhaltselemente kommt daher im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung auf internationalen Schutz nicht in Betracht.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 02.12.2020 ausgeführt, dass sich seine Fluchtgründe seit der ersten Antragstellung nicht geändert hätten, sondern dass diese aufrecht seien. Über die im ersten Asylverfahren erstatteten Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurde aber bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020 rechtskräftig abgesprochen und eine gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Bedrohung bzw. Verfolgung als nicht glaubhaft erachtet. Diesem rechtskräftig bereits als nicht glaubhaft erkannten Vorbringen kann daher kein glaubhafter Kern zukommen und ist dieses abgesehen davon per se nicht geeignet, eine zulässige neue Sachentscheidung begründen zu können, da es sich dabei um behauptete Umstände handelt, die bei hypothetischem Zutreffen bereits während des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren existent gewesen wären.
Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, zulässige neue individuelle Gründe darzutun, welche eine allenfalls in seiner Person gelegene neue individuelle Bedrohung begründen könnten.
Auch ist keine entscheidungswesentliche Veränderung der allgemeinen Lage in Afghanistan im Sinne einer entscheidungserheblichen Verschlechterung seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020 eingetreten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in jüngster, aber nunmehr ständiger Judikatur ausgeführt hat, ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass schon alleine durch eine Rückkehr des Antragstellers dort eine ernsthafte Bedrohung durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte entstehen würde (VwGH vom 23.01.2018, Ra 2017/20/0361 mit weiteren Hinweisen, sowie jüngst VwGH vom 03.05.2018, Ra 2018/20/0191 und viele andere mehr).
Eine Wiederansiedlung des Beschwerdeführers in seiner Herkunftsprovinz würde für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Gefahr seiner in Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte mit sich bringen, da die Provinz XXXX zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans zählt und überdies nicht sicher erreicht werden kann.
Wie bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020 rechtskräftig festgestellt wurde, steht dem Beschwerdeführer jedoch im Herkunftsstaat eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif offen. Betreffend die Situation in Mazar-e Sharif ist auf Grundlage der aktuellen, im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ebenso wenig eine maßgebliche Änderung (im Sinne einer Verschlechterung) der Situation ersichtlich:
Die Sicherheitslage in Mazar-e Sharif ist ausreichend sicher, die Versorgungslage ist angespannt, doch hat der Beschwerdeführer keinen Nachweis des Vorliegens von in seiner Person gelegenen, exzeptionellen Umständen im Hinblick auf eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK durch seine Rückführung in den Herkunftsstaat erbracht (vgl. dazu VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016). Überdies verfügt Mazar-e Sharif über einen internationalen Flughafen, über welchen die Stadt sicher erreicht werden kann.
In Mazar-e Sharif findet der Beschwerdeführer kein soziales Netzwerk vor. Die Erkenntnisquellen machen ersichtlich, dass die Rückkehrsituation für Rückkehrer ohne direkte Anknüpfungspunkte schwieriger ist als für Personen, die in den Familienverband zurückkehren. Die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers erschwert daher, dass er in diesen Städten über keine aktuellen sozialen bzw. familiären Anknüpfungspunkte verfügt.
Bei dem 22-jährigen Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer verfügt über mehrjährige Schulbildung und beherrscht Dari als eine der Landessprachen Afghanistans. Bereits während seines Schulbesuchs hat er in der Landwirtschaft seiner Eltern mitgeholfen und als Tagelöhner gearbeitet. Im Iran ist er in der Lage gewesen, seinen Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten, seine Mutter finanziell zu unterstützen und sich ausreichende Ersparnisse anzueignen, um seine Flucht nach Europa zu finanzieren, indem er als Wachmann sowie als Bauarbeiter gearbeitet hat. Ferner arbeitet er nunmehr in der Justizanstalt als Koch und hat auch dadurch seine Fertigkeiten erweitert. Der Beschwerdeführer hat den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht und ist im afghanischen Familienverband sozialisiert worden. Daher ist er mit den sozialen und kulturellen Gepflogenheiten Afghanistans vertraut. Zudem gehört er keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer in Afghanistan binnen kurzer Zeit selbst möglich sein wird, seinen Lebensunterhalt selbständig zu verdienen und davon leben zu können. Außerdem kann er durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise das Auslangen finden. Aus diesen Gründen ist auch nicht zu befürchten, dass er in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte.
Bei einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif besteht für den Beschwerdeführer zwar die Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation, dies bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, damit ist aber die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art. 3 EMRK nicht dargetan (vgl. dazu die Erkenntnisse des VwGH vom 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, und vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063, bzw. zur Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative für einen gesunden und arbeitsfähigen afghanischen Staatsangehörigen den Beschluss vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096; sowie das Erk vom 25.04.2017, Ra 2016/01/0307; vgl. auch VfGH vom 26.02.2019, E 4917/2018-13).
Der VwGH befand zudem in seiner Entscheidung vom 23.06.2020, Ra 2020/20/0188, es möge sein, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Afghanistan aufgrund der Maßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19 verschlechtert hätten. Um von der realen Gefahr („real risk“) einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinem Herkunftsstaat ausgehen zu können, reiche es aber nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich sei. Es bedürfe einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen habe. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat könne auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfinde, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Eine solche Situation sei nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen.
Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, dass beim Beschwerdeführer aufgrund obenstehender Erwägungen eine solche Situation nicht gegeben ist. Es ergibt sich nämlich zusammenschauend, dass für den Beschwerdeführer bei der Rückkehr nach Mazar-e Sharif die Möglichkeit für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechende Lebensführung realistisch ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung und damit einer Verletzung der nach Art. 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt ist.
Aufgrund der den Beschwerdeführer erwartenden Lebenssituation, in der es ihm möglich ist, als Mann mit den oben beschriebenen individuellen Merkmalen in einem hinreichend sicheren afghanischen urbanen Gebiet durch eigene Erwerbstätigkeit seine Existenz zu sichern, er also für seine Grundbedürfnisse aufkommen und für sein Fortkommen sorgen kann, ist ihm die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif auch zumutbar.
In Hinblick auf die derzeit bestehende Covid-19 – Pandemie ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer aktuell 22 Jahre alt und gesund ist, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen oder Personen mit Vorerkrankungen fällt. Auch andere Faktoren, die gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif sprechen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert vorgebracht.
Dies entspricht auch der oben dargestellten aktuellen Einschätzung von UNHCR zur Zumutbarkeit interner Schutzalternativen, wonach alleinstehende leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf eine Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung (Familie/ethnische Gruppe) darstellen. Die vom erkennenden Gericht angenommene Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative entspricht auch der Einschätzung von EASO