TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 I421 2240563-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2021
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Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I421 2240563-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, XXXX vom XXXX 2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I.
Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VII. wird als unbegründet abgewiesen.

II.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. wird stattgegeben und das Einreiseverbot behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein algerischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX 2021 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Am XXXX 2021 fand die Erstbefragung des BF statt, in dessen Zuge er hinsichtlich seiner Fluchtgründen ausführte, er würde gerne in Österreich arbeiten und wolle ein besseres Leben haben. In seinem Land gebe es keine Arbeit.

3.       Noch am selben Tag erfolgte auch die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde, BFA), wobei der BF auch hier zu Protokoll gab, dass die wirtschaftliche Lage in seinem Heimatland sehr schlecht sei. Außerdem sei sein Vater behindert, weshalb der BF sein Leben finanzieren müsse.

4.       Am XXXX 2021 wurde der BF neuerlich vor dem BFA einvernommen. Auch dabei führte der BF aus, er sei hierhergekommen, um zu arbeiten, weil seine Einnahmen nicht für die ganze Familie gereicht hätten. Mit Algerien habe er kein Problem.

5.       Mit Bescheid vom XXXX 2021 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), des Weiteren wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihm wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und gegen ihn auf die Dauer von zwei Jahren ein befristetes Einreiseverbot erlassen (VIII.).

6.       Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung vollumfänglich die mit XXXX 2021 datierte Beschwerde, welches der belangten Behörde per E-Mail übermittelt wurde. Im Wesentlichen wurde dabei das Vorbringen des BF in Zusammenhang mit der Arbeitssuche und der schlechten wirtschaftlichen Lage in Algerien wiederholt. Er sei wegen der lebensbedrohlichen Situation aus seiner Heimat geflohen und erachte der BF in der Fällung einer Rückkehrentscheidung und Verhängung eines Einreiseverbotes von zwei Jahren eine Verletzung des Art 3 EMRK. Diese Maßnahmen seien überzogen und ungerechtfertigt, er stelle keine Gefahr für die Öffentlichkeit dar und sei die Gefährlichkeitsprognose der belangten Behörde eine willkürliche Entscheidung. Außerdem widerspreche die Verhängung des Einreiseverbotes für die Dauer von zwei Jahren dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz bzw. dem Gebot der Gleichbehandlung von Fremden (Drittstaatsangehörigen).

7.       Mit Schriftsatz vom XXXX 2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX 2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Algerien. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er spricht muttersprachlich Arabisch, weiters auch wenig Englisch und Französisch. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF stammt aus der Provinz Skikda, Algerien, wo er bis zu seiner Ausreise lebte. Von dort aus reiste er legal per Flugzeug in die Türkei, bevor er über Griechenland und Osteuropa schließlich Österreich erreichte. Im XXXX 2021 reiste der illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Seit dem 18.03.2021 ist der BF auch melderechtlich mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet erfasst.

Er ist gesund und arbeitsfähig. Der BF fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.

In Algerien hat der BF sieben Jahre lang die Grundschule besucht, ohne einen Abschluss zu erwerben, anschließend arbeitete er ca. sechs bis sieben Jahre als Schweißer. Im Bundesgebiet geht er keiner Erwerbstätigkeit nach, er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die Eltern des BF sowie dessen Geschwister (zwei Brüder, eine Schwester) leben nach wie vor in Algerien, mit welchen der BF auch täglich in Kontakt steht. Im Eigentum des Vaters steht ein Haus, die Versorgung der Familie übernimmt aktuell der jüngere Bruder des BF. Im Bundesgebiet verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte und keine maßgeblichen privaten Beziehungen.

Eine Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Den BF haben zum Verlassen seines Herkunftsstaates ausschließlich wirtschaftliche Gründe bewogen.

Der BF wird in seinem Herkunftsland Algerien weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und ist in seinem Herkunftsstaat nicht gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden.

Der BF wird im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt sein. Im Fall seiner Rückkehr nach Algerien droht dem BF nicht die Gefahr, durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt in seinem Herkunftsstaat in seiner körperlichen Integrität verletzt zu werden. Ihm droht im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch keine reale Gefahr, in seiner Existenz bedroht zu werden.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Hinsichtlich der aktuellen Lage in Algerien sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX 2021 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Algerien, letzte Änderung eingefügt am 02.07.2020, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Zudem gilt Algerien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.

COVID 19-Situation in Algerien

(https://covid19.who.int/region/afro/country/dz)

Basierend auf den Daten der WHO (Stand: XXXX 2021) ergeben sich für Algerien 116.255 bestätigte COVID-19-Fälle mit 98 neuen Fällen und insgesamt 3.061 Verstorbenen. Bis zum XXXX 2021 wurden 75.000 Impfdosen verabreicht.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX 2021 und der belangten Behörde am XXXX 2021 und XXXX 2021, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz vom XXXX 2021. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters, des Zentralen Fremdenregisters, des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung und des Strafregisters eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug. Zudem wurde Einsicht in die Homepage der WHO genommen.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit, zum Familienstand, zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zur Herkunft ergeben sich aus den diesbezüglich Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom XXXX 2021, AS 51 ff) in Übereinstimmung mit jenen vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 66). Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme schilderte der BF glaubhaft, muttersprachlich Arabisch sowie schlecht Englisch und Französisch zu sprechen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 78). In Ermangelung der Vorlage eines identitätszeugenden Dokumentes konnte seine Identität nicht festgestellt werden.

Der Umstand, dass der BF bis zu seiner Ausreise in der Provinz Skikda lebte, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 66; Protokoll vom XXXX 2021, AS 95) Hinsichtlich seiner Reiseroute bleibt auf die Ausführungen des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuweisen, wobei es an dieser Stelle festzuhalten gilt, dass sich die zeitlichen Angaben des BF als gänzlich unvereinbar darstellen – Ausreise 05.10.2020, ein Monat Aufenthalt in der Türkei, zwei Monate Aufenthalt in Griechenland […], fünf Monate Aufenthalt in Serbien […] (Protokoll vom XXXX 2021, AS 59). Dass der BF mit XXXX 2021 einreiste, ergibt sich einerseits aus den Angaben des BF im Rahmen der Erstbefragung (Protokoll vom XXXX 2021, AS 59), andererseits liegt auch eine Urkunde zur Entlassung aus der Quarantäne-Einrichtung A & O Hostel vom XXXX 2021 vor (AS 45). Das Datum der Asylantragstellung ergibt sich einerseits aus dem Erstbefragungsprotokoll (Protokoll vom XXXX 2021, AS 53), andererseits auch aus der polizeilichen Meldung vom XXXX 2021 (AS 11 ff). In Zusammenhang mit der melderechtlichen Erfassung des BF bleibt auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu seiner Person zu verweisen.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde gab der BF zu Protokoll, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, welche den BF an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden, sich körperlich und geistig gesund zu fühlen sowie nicht in ärztlicher Behandlung zu sein und keine Medikamente zu nehmen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 57; Protokoll vom XXXX 2021, AS 76; Protokoll vom XXXX 2021, AS 95). Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF gesund ist, zumal auch aus dem unbestrittenen Akteninhalt nichts Gegenteiliges entnommen werden konnte. Damit ergeben sich auch keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202. Aufgrund des Gesundheitszustandes und des erwerbsfähigen Alters war auf die Arbeitsfähigkeit des BF zu schließen, zudem führte dieser auch selbst aus, arbeitsfähig zu sein (Protokoll vom XXXX 2021, AS 95).

Die Feststellungen zum Schulbesuch basieren auf den übereinstimmenden Darlegungen des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom XXXX 2021, AS 53) und der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 78). Übereinstimmend schilderte er auch seine Tätigkeit als Schweißer (Protokoll vom XXXX 2021, AS 53; Protokoll vom XXXX 2021, AS 78; Protokoll vom XXXX 2021, AS 95). Dass der BF im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, wird in einem Sozialversicherungsdatenauszug zu seiner Person ersichtlich, selbiges führte der BF auch vor der belangten Behörde aus (Protokoll vom XXXX 2021, AS 78). In einem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem ist der Bezug der staatlichen Grundversorgung verschriftlicht.

Die Feststellungen zur in Algerien aufhältigen Familie samt Kontakt zu derselben sowie zum im Eigentum des Vaters stehenden Haus und der Versorgung durch den jüngeren Bruder basieren auf einer Zusammenschau der Ausführungen des BF im Rahmen der beiden niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 75 ff; Protokoll vom XXXX 2021, AS 95 f), wobei der BF bereits im Zuge der Erstbefragung ausführte, dass seine Eltern und Geschwister in Algerien wohnhaft sind (Protokoll vom XXXX 2021, AS 55). Auch der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet über keine familiären bzw. sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte oder maßgeblichen privaten Beziehungen verfügt, war den Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde zu entnehmen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 55; Protokoll vom 17.01.2021, AS 67 & AS 75).

In Zusammenhang mit dem Nichtvorliegen einer Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht bleibt festzuhalten, dass der BF – wie bereits ausgeführt – keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, er keine Sprachkenntnisse in Deutsch erworben hat (Protokoll vom XXXX 2021, AS 75) und er nicht am gesellschaftlichen Leben (Schul-, Universitäts-, Kursbesuch, Mitgliedschaft in einer Organisation oder einem Verein) in Österreich teilnimmt (Protokoll vom XXXX 2021, AS 78). Dass der BF keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, ist auch dem Umstand geschuldet, dass er erst seit XXXX 2021 im Bundesgebiet aufhältig ist und eine Integration in der kurzen Zeit von etwa eineinhalb Monaten realistischerweise nicht möglich ist, zudem auch nicht vorgebracht bzw. urkundlich nachgewiesen wurde.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF lässt sich dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich vom XXXX 2021 entnehmen.

2.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der BF brachte weder im Rahmen der Erstbefragung am XXXX 2021 noch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde am 17. und XXXX 2021 ein asylrelevantes Fluchtvorbringen vor.

Im Zuge seiner Erstbefragung gab er zu Protokoll, er würde gerne in Österreich arbeiten und wolle ein besseres Leben haben, in seinem Land gebe es keine Arbeit (Protokoll vom XXXX 2021, AS 61).

Vor der belangten Behörde führte er aus, es gebe keine Arbeit in seinem Heimatland und sei die wirtschaftliche Lage schlecht, außerdem sei sein Vater behindert und müsse der BF ihm sein Leben finanzieren (Protokoll vom XXXX 2021, AS 77 f). Auch bei der darauffolgenden Einvernahme vermeinte er, er sei nach Österreich gekommen, um zu arbeiten. Mit Algerien habe er kein Problem, es gebe nur keine Arbeit und reiche das, was er dort bekomme, nicht für die ganze Familie (Protokoll vom XXXX 2021, AS 96).

Den BF haben folglich ausschließlich wirtschaftliche Gründe zur Ausreise bewogen.

2.5. Zum Herkunftsstaat:

Algerien gilt – wie bereits ausgeführt – als ein sicherer Herkunftsstaat.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von etwa einem Monat haben sich auch keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Algerien und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche dargestellt wird, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die COVID-19-Daten zu Algerien entstammen dem Dashboard der Website der WHO. In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt es anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Algerien davon betroffen ist.

Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen auch im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen, sodass die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte nicht in Zweifel zu ziehen waren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 10 FPG ist ein Drittstaatsangehöriger ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der BF als Staatsangehöriger von Algerien ist Drittstaatsangehöriger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmung.

Algerien ist gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019, ein sicherer Herkunftsstaat.

Zu A)   

3.1.    Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie in den Feststellungen samt Beweiswürdigung unter Punkt II. 2.4. bereits dargelegt, hat der BF keine asylrelevanten Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht, sondern hat er ausschließlich wirtschaftliche Gründe vorgebracht, welche ihn zum Verlassen seiner Heimat bewogen haben.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2.    Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – „real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2020, Ra 2020/14/0368).

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie bereits dargelegt wurde, droht dem BF in Algerien keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF hat in Algerien die Schule besucht und kann Berufserfahrung als Schweißer vorweisen, zudem ist er jung, gesund und arbeitsfähig, weshalb davon auszugehen ist, dass er durch die (Wieder)Aufnahme einer Beschäftigung in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt in Algerien sicherzustellen. Darüber hinaus leben seine Eltern sowie Geschwister nach wie vor in Algerien und ist der BF bei einer Rückkehr folglich auch nicht auf sich allein gestellt, zudem steht auch ein Haus im Eigentum des Vaters des BF.

Insbesondere gilt auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, der zufolge eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um die Verletzung des nach Art 3 MRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 01.10.2020, Ra 2020/19/0196 mit Hinweis auf VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192).

Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, zumal die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, zumal der BF sogar selbst vor der belangten Behörde vermeint hat, dass er als Schweißer gearbeitet habe, das Einkommen jedoch nicht für die ganze Familie – somit aber jedenfalls für ihn – ausgereicht habe. Im Übrigen sorgt nunmehr auch der jüngere Bruder des BF für die Familie.

Auch in der Beschwerde wurde nicht substantiiert dargelegt, weshalb der BF bei einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Situation geraten würde. Dem Erfordernis einer konkreten und detaillierten Darlegung wurde somit nicht entsprochen und fehlen im gegenständlichen Falle alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem gilt Algerien als ein sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt es nochmals anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Algerien davon betroffen ist. Selbst unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie erweist sich das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs einer allfälligen Erkrankung für den BF als einen gesunden, jungen Menschen ohne Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe als sehr gering.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.3.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1.  Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Auf Grundlage des § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG – wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird – zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffenderweise auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.

Dabei stellt die Aufenthaltsdauer für sich zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Dabei gilt es zu berücksichtigen, es sich bei einer Aufenthaltsdauer im Bereich von drei Jahren jedenfalls um eine "außergewöhnliche Konstellation" handeln muss, um die Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 MRK" zur Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens gemäß § 55 AsylG 2005 zu erfüllen (VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0306 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0049; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0058). Auch einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289) und beruhte der Aufenthalt des BF zudem auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durften, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Gegenständlich dauerte das vorliegende Asylverfahren, gerechnet von der Antragstellung am XXXX 2021 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am XXXX 2021, lediglich zwei Tage, insgesamt ist der BF seit XXXX 2021 etwa eineinhalb Monate im Bundesgebiet aufhältig.

Ein Eingriff in das Familienleben des BF scheitert bereits am Bestehen eines solchen und liegt ein Eingriff auch nicht in Zusammenhang mit seinem Privatleben vor, zumal es während des äußerst kurzen Zeitraums seines Aufenthalts realistischerweise nicht möglich ist, ein maßgebliches Privatleben zu entwickeln bzw. überhaupt erst erste Integrationsschritte in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht zu setzen.

Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte, zumal seine Eltern und Geschwister in Algerien aufhältig sind.

Es sind bei einer Rückkehrentscheidung in weiterer Folge aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen. So sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0076). Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität des BF hervorgekommen. Er wird bei einer Rückkehr durch seine Berufserfahrung – wie entsprechend seinen Ausführungen auch bereits vor seiner Ausreise – in der Lage sein, für sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF vermag seine Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht entscheidend zu verstärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt schwerer, als die nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher – nach Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen – nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.5.    Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1.  Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat Algerien gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Im Übrigen handelt es sich bei Algerien um einen sicheren Herkunftsstaat nach der Herkunftsstaaten-Verordnung.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.

3.6.    Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. und VII. des angefochtenen Bescheides):

3.6.1   Rechtslage

Gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt (Ziffer 1) bzw. wenn der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat (Ziffer 4). Sichere Herkunftsstaaten sind ua die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.

3.6.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 29.01.2021 die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt.

Algerien gilt gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat und hat der BF auch keine Verfolgungsgründe im Sinne der GFK, sondern ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen in Zusammenhang mit dem Verlassen seines Herkunftslandes vorgebracht.

Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Algerien keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG sowie § 18 Abs 1 Z 1 und Z 4 BFA-VG zur Anwendung gebracht und erweist sich die Beschwerde daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

II.     Behebung des Einreiseverbotes:

Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist unter anderem – soweit gegenständlich relevant – dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6 leg. cit.). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessensabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).

Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt stellt nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).

Der Verwaltungsgerichtshof hielt dazu in seiner Entscheidung vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0207, fest: „Mit dem FNG-Anpassungsgesetz 2014 wurde die Anordnung, dass mit einer Rückkehrentscheidung stets ein Einreiseverbot einherzugehen hat, eliminiert; außerdem wurde die 18-monatige Mindestdauer eines Einreiseverbotes beseitigt. Ausschlaggebend dafür waren gemäß den ErläutRV (2144 BlgNR 24. GP 23 f) die Überlegungen in den E vom 15. Dezember 2011, 2011/21/0237, und vom 15. Mai 2012, 2012/18/0029. Nach dieser Judikatur stellt jedenfalls der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde. Zwar kann eine Rückkehrentscheidung dessen ungeachtet mit einem Einreiseverbot einhergehen, eine zwingende Mindestdauer von 18 Monaten – mag sie auch häufig gerechtfertigt sein – in jedem Fall wird der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat, jedoch nicht gerecht. Letztere – zweifellos unmittelbar anwendbare – Richtlinienbestimmung steht daher § 53 Abs 2 FrPolG 2005 insoweit entgegen, als dort – ohne Ausnahme – die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten vorgesehen ist. Umgekehrt kennt das FrPolG 2005 keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist. Immer dann, wenn auf Grund des die öffentliche Ordnung (oder Sicherheit) bloß geringfügig beeinträchtigenden Fehlverhaltens des Drittstaatsangehörigen die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten nicht gerechtfertigt ist, ist überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen.“

Zwar hat sich die belangte Behörde zutreffend auf die Mittellosigkeit des BF gestützt, diese stellt jedoch ob des äußerst kurzen Aufenthaltes von knapp eineinhalb Monaten lediglich eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Der BF ist während seines Aufenthaltes weder strafgerichtlich in Erscheinung getreten, noch wurde er wegen Verwaltungsübertretungen bestraft.

Im Ergebnis zeigt sich daher, dass vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Judikatur ein Einreiseverbot im gegenständlichen Fall nicht gerechtfertigt ist.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. war sohin stattzugeben und dieser Spruchpunkt zu beheben.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.

Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf, zumal seit der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde und dem gegenständlichen Erkenntnis erst knapp ein Monat verstrichen ist. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen, das Einreiseverbot zugunsten des BF behoben. Die ergänzenden Erwägungen runden das Gesamtbild nur ab, sind aber für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht ausschlaggebend (vgl. VwGH vom 02.01.2017, Ra 2016/18/0323-5) und ergibt sich bereits aufgrund des Akteninhalts, dass die belangte Behörde den Sachverhalt vollständig ermittelt hat. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente, es wurden nur neuerlich die wirtschaftlichen Erwägungen des BF wiedergegeben. Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, erscheint vor diesem Hintergrund obsolet, zumal selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer ein günstigeres Ergebnis im Hinblick auf die Rückkehrentscheidung auszuschließen war (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423).

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Angemessenheit Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Teilbehebung Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung Kassation öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung Verhältnismäßigkeit wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2240563.1.00

Im RIS seit

11.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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