TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 I415 2240708-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2021
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Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I415 2240708-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: MAROKKO, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 25.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt VIII. ersatzlos behoben wird.

B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.         

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF), ein Staatsangehöriger von Marokko, stellte am 22.02.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit der wirtschaftlichen Situation in Marokko begründete.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25.02.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.02.2021 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß „§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß „§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG“ wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß „§ 57 AsylG“ nicht erteilt. Gemäß „§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß „§ 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen (Spruchpunkt IV.), und es wurde gemäß „§ 52 Abs. 9 FPG“ festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß „§ 46 FPG“ nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß „§ 55 Abs. 1a FPG“ wurde dem BF keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.), sowie einer Beschwerde gegen die Entscheidung über diesen Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß „§ 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG“ die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Zudem wurde „gemäß §53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG“ gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Der Bescheid wurde am 26.02.2021 zugestellt und fristgerecht mit Schriftsatz vom 22.03.2021 Beschwerde betreffend die Spruchpunkte II. bis VIII. an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Am 24.03.2021 erfolgte die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Vorweg ist festzustellen, dass die Entscheidung der belangten Behörde zu Spruchpunkt I. (Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten) in Rechtskraft erwachsen ist.

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Marokko und stammt aus XXXX , einer Stadt mit etwa 200.000 Einwohnern in der Landesmitte Marokkos. Er gehört der Volksgruppe der Berber an und bekennt sich zum muslimischen Glauben (Sunnite). Er spricht muttersprachlich Tamazight sowie gut Arabisch, jedoch kein Deutsch. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist gesund und erwerbsfähig. In Marokko arbeitete er bis zu seiner Ausreise im September 2019 als XXXX und besuchte davor zwölf Jahre die Schule. Seine Eltern sind bereits verstorben, sein Bruder lebt nach wie vor in Marokko.

Der BF leidet an keinen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen und gehört keiner Risikogruppe im Sinne der COVID-19-Pandemie an. Der BF ist arbeitsfähig.

Er reiste im September 2019 von Marokko per Flugzeug in die Türkei, und von dort über Griechenland, Albanien, Montenegro, Bosnien, Serbien und Ungarn nach Österreich. In Bosnien war er seinen Ausführungen nach 1 ½ Jahre verblieben.

Spätestens im Februar 2021 reiste der BF unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.02.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF verließ Marokko aus wirtschaftlichen Gründen, er wird dort nicht verfolgt. Es besteht auch keine reale Gefahr, dass der BF im Fall seiner Rückkehr nach Marokko einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Der BF verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er hat Cousins in den Niederlanden, in Italien und Frankreich, zu diesen jedoch keinen Kontakt. Der BF befindet sich erst seit etwa einem Monat in Österreich. Eine Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt daher nicht vor.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers:

Die Beschwerde des BF richtet sich ausschließlich gegen die Spruchpunkte II. bis VII. Der angefochtene Bescheid ist damit in Bezug auf die Abweisung des Antrages des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Rechtskraft erwachsen. Dem Bundesverwaltungsgericht ist es damit verwehrt, sich mit dem - seitens der belangten Behörde ohnedies umfassend beweiswürdigend beurteilten - Fluchtvorbringen des BF näher auseinanderzusetzen. Die weiteren Ausführungen haben sich daher insbesondere auf die Rückkehrbefürchtungen des BF hinsichtlich der Sicherheits- und Versorgungslage in Marokko zu beziehen.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 25.02.2021 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko hinsichtlich der relevanten Punkte auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt und wird dazu ausgeführt:

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen, Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Formal besteht Gleichheit vor dem Gesetz und gilt die Unschuldsvermutung. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird aber berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen. Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

In Marokko kann man von einem recht umfassenden Grundrechtsbestand ausgehen, der Grundrechtskatalog der Verfassung ist substantiell staatliche Repressionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse Religion Nationalität Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sind nicht festzustellen. Meinung und Pressefreiheit sind gesetzlich garantiert ebenso die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wobei diese durch „rote Linien“ Glaube, König und Heimatland eingeschränkt sind.

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit, Fälle staatlicher Verfolgung aufgrund der Ausübung einer anderen als den anerkennenden Religionen sind nicht bekannt.

Marokko erkennt ausdrücklich in seiner Verfassung die Diversität der Nation an. Staatliche Diskriminierung gegenüber ethnischen Minderheiten ist nicht vorhanden.

Gesetzlich sind innerhalb des Landes Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet.

Es gibt keinen Wasser- oder Nahrungsmittelengpass. Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung, die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht.

Im Gesundheitsbereich ist die Situation unter Kontrolle. Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ erhalten, bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen.

Staatliche Repressionen im Zusammenhang mit dem Stellen eines Asylantrags sind nicht bekannt. Rückkehrern ohne eigene finanzielle Mittel bietet der Familienverband, gelegentlich auch NGOs, Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist folgendes festzustellen:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 17.03.2021 14:00 Uhr, 497.882 bestätigte Fälle, 40.374 aktuell Erkrankte von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 8.747 Todesfälle (https://covid19-dashboard.ages.at); in Marokko wurden zu diesem Zeitpunkt 489.622 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 8.737 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://covid19.who.int/region/emro/country/ma).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Viele Arbeitnehmer oder Kleinstunternehmer in Marokko haben im Zuge der COVID-19-Pandemie ihre Arbeitsplätze und Einnahmequellen verloren. Der Export ist stark rückläufig, die Tourismuseinnahmen sind eingebrochen. Es gibt Direktzahlungen aus dem staatlichen Krisenfonds an Haushalte, eine Stundung von Krediten, eine Ankündigung zur Unterstützung der Wirtschaft, eine Aussetzung von Steuerprüfungen und von Zöllen auf bestimmte Grundnahrungsmittel. Gemessen am Prozentsatz des BIP steht Marokko bei der Mobilisierung von Ressourcen weltweit an 4. Stelle. Für die Dauer der Pandemie wurde eine Art bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt, das auch die im informellen Sektor beschäftigten Menschen erhalten. Die Hilfe kommt 4,3 Millionen Menschen zugute (i.d.R. werden die Familienoberhäupter gezählt).

König Mohammed VI gab Anfang Dezember den Auftrag an seine Regierung, dass all seinen Staatsbürgern und ansässigen Ausländern ein gratis Impfschutz gegen COVID-19 bereitgestellt werden soll. Seit 29. Januar ist die Impfkampagne angelaufen, es werden je nach verfügbarem Impfstoff bis zu 400.000 Menschen pro Tag geimpft (WKÖ).

Zusammengefasst ist festzustellen, dass eine Rückführung des BF in seinen Heimatstaat Marokko für diesen keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Dem BF droht im Falle einer Rückkehr weder der gänzliche Entzug der Lebensgrundlage noch würde er in eine existenzbedrohende oder medizinische Notlage geraten. Er hat dort den Großteil seines Lebens verbracht, dort lebt sein Bruder und hat er laut eigenen Angaben eine Schulausbildung absolviert, eine Berufsausbildung gemacht und in seinem Heimatstaat gearbeitet. Auch sonst wurden keine Anhaltspunkte dafür bekannt, dass die Abschiebung des BF in seinen Heimatstaat Marokko unzulässig wäre.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.02.2021 und vor der belangten Behörde am 23.02.2021, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz vom 22.03.2021. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung (GVS) und des Strafregisters eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug. Zudem wurde Einsicht in die Homepage der WHO genommen.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Der BFbestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Aus dem Beschwerdeschriftsatz ergibt sich, dass der Bescheid im Umfang der Spruchpunkte II. bis VIII. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurde. Sohin wurde das individuelle Fluchtvorbringen nicht aufrechterhalten. Der angefochtene Bescheid ist damit in Bezug auf die Abweisung des Antrages des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Rechtskraft erwachsen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit, zum Familienstand, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu den Sprachkenntnissen sowie zur Herkunft des BF ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und jenen vor der belangten Behörde. In Ermangelung der Vorlage eines identitätszeugenden Dokumentes konnte seine Identität nicht festgestellt werden.

Hinsichtlich der Reiseroute gilt es, auf die Angaben des BF im Zuge seiner Erstbefragung (Protokoll vom 06.02.2021, AS 39) zu verweisen.

Vor dem BFA gab der BF an gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF gesund ist, zumal auch aus dem unbestrittenen Akteninhalt nichts Gegenteiliges entnommen werden konnte.

Aufgrund des Gesundheitszustandes lässt sich auf die Arbeitsfähigkeit des BF schließen. Zudem hat der BF bei seiner Erstbefragung ausgeführt bis zu seiner Ausreise aus Marokko als XXXX tätig gewesen zu sein.

Die Feststellungen zu seinem in Marokko lebenden Bruder, beruhen ebenfalls auf den Angaben des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 60).

Dass der BF über keine maßgeblichen privaten Beziehungen im Bundesgebiet verfügt und auch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, ist dem Umstand geschuldet, dass der BF erst seit etwa einem Monat im Bundesgebiet aufhältig ist und eine Integration in einer derart kurzen Zeit realistischerweise nicht möglich ist und dies auch nicht vorgebracht wurde. Der Umstand, dass der BF kein Deutsch spricht, ergibt sich daraus, dass der BF befragt nach seinen Sprachkenntnissen ausschließlich Tamazight und Arabisch angeführt hat.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF lässt sich dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich vom 25.03.2021 entnehmen.

2.3. Zu den Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der BF in Marokko insbesondere aus wirtschaftlichen Erwägungen, aber weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde.

Hinsichtlich seines zweiten Vorbringens nämlich, dass er Probleme mit Drogendealern gehabt habe, wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde sich ausdrücklich gegen die Spruchpunkte II.-VIII. richtet, sodass eine weitere Beurteilung dieses Vorbringens im Rahmen des Beschwerdeverfahrens weder erforderlich noch zulässig ist.

Sofern im Beschwerdeschriftsatz zum Ausdruck gebracht wird, dass er bei einer allfälligen Rückkehr in sein Heimatland in eine aussichtslose Lage geraten würde, ist dies unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Asylrelevanz seines Vorbringens zu beurteilen und kann demnach weder eine Verfolgung durch den Staat gesehen werden, dies vor allem, unter dem Gesichtspunkt, dass ihm aufgrund seiner eigenen Angaben eine staatliche Verfolgung gar nicht droht, weshalb es ihm zumutbar ist nach Marokko zurückzukehren und unter Zugrundelegung dieser Ausführungen auch keine gesonderte weitere Beurteilung hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluchtalternative erforderlich war.

Aus dem zitierten Länderinformationsblatt zu Marokko ergibt sich, dass die Arbeitslosigkeit zwar weiterhin ein Problem darstellt, das nationale Arbeitsmarktservice aber eine Internet-Plattform zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt und auch Fortbildungsmöglichkeiten angeboten werden. Von der marokkanischen Regierung wird auch ein Programm zur Armutsbekämpfung und des sozialen Wohnbaus geführt und ist eine medizinische Behandlung auch für nicht krankenversicherte Personen mit sehr geringem Einkommen durch das System RAMED gesichert.

Sohin machte er mit seinem Vorbringen keine Furcht vor Verfolgung aus einem Konventionsgrund geltend. Dazu stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Stammrechtssatz (E 20.02.1985, 85/01/0052) bereits fest, dass allein wirtschaftliche Gründe eine Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu rechtfertigen vermögen.

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine auch noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass seinem Vorbringen weder eine konkrete Verfolgung des BF noch eine besondere Rückkehrgefährdung zu entnehmen ist. Der BF ist gesund und erwerbsfähig. Eine Verhinderung der Annahme einer Erwerbstätigkeit wurde nicht vorgebracht und ergaben sich im Verfahren auch keine Hinweise darauf, dass der BF nicht weiter dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stünde oder Diskriminierung in irgendeiner Hinsicht erfahren würde.

Er sollte daher im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt vorerst für sich bestreiten können. Seine berufliche Erfahrung als XXXX wird ihm dabei ebenso zugutekommen wie der Umstand, dass er in Marokko über einen Bruder verfügt.

Zusammengefasst kann sohin nicht davon ausgegangen werden, dass der BF bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde.

Der BF ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Marokko gilt – wie die belangte Behörde zutreffend ausführt – gemäß § 19 Abs 5 BFA-VG iVm § 1 Z 9 Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) im Hinblick auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Verletzungen von Menschenrechten als sicherer Herkunftsstaat.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko geben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-        AGES: FAQ Coronavirus, https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

-        Focus (6.7.2020): Mehrere Millionen Tote erwartet: Die schlimmste Corona-Epidemie droht der Welt erst noch, https://www.focus.de/gesundheit/news/corona-in-afrika-die-schlimmste-epidemie-droht-der-welt-erst-noch_id_12170350.html

-        ÖB Rabat –Österreichische Botschaft Rabat (5.2020): Anfragebeantwortung an die Staatendokumentation per E-Mail

-        WKÖ, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-in-marokko.html

-        AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 21.1.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2020a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 9.7.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat (5.2019): Asylländerbericht Marokko

-        USDOS - United States Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/MOROCCO-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 2.4.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (9.7.2020): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 9.7.2020

-        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (9.7.2020): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 9.7.2020

-        EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (9.7.2020): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 9.7.2020

-        FD - France Diplomatie (9.7.2020): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#derniere_nopush, Zugriff 9.7.2020

-        IT-MAE - Ministero degli Affari Esteri e della Cooperazione Internazionale (9.7.2020): Viaggiare Sicuri – Marocco, http://www.viaggiaresicuri.it/country/MAR, Zugriff 9.7.2020

-        USDOS - United States Department of State (24.6.2020): Country Reports on Terrorism 2019 – Chapter 1 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2032530.html, Zugriff 9.7.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 5.9.2019 und 10.10.2019

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030898.html, Zugriff 6.7.2020

-        GIZ- Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2020a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 2.7.2020

-        TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019 – Full Data Set, https://files.transparency.org/content/download/2450/14822/file/2019_CPI_FULLDATA.zip, Zugriff 11.2.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2020a), LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 2.7.2020

-        USDOS - US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031298.html, Zugriff 2.7.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019c): Marokko - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 5.9.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2020c): LIPortal - Marokko – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 6.7.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (6.7.2020): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 6.7.2020

-        https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20200811-covid-19-sitrep-204.pdf?sfvrsn=1f4383dd_2 (11.08.2020)

-        https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 (11.08.2020)

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen, auch in der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der, der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte in Zweifel ziehen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Vorausgeschickt wird, dass der BF ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte II. bis VII. des gegenständlichen Bescheides Beschwerde erhoben hat, weshalb Spruchpunkt I. (Asyl) bereits in Rechtskraft erwachsen sind.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Eine Rückkehr nach Marokko führt angesichts der Länderberichte nicht automatisch dazu, dass eine Person in eine unmenschliche Lage bzw. eine Notlage geraten würde und ihre in Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte verletzt würden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend, um subsidiären Schutz zu gewähren (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Vielmehr ist zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443 und zuletzt VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19-0036-5). Derartige Umstände wurden seitens des BF nicht dargelegt und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Er ist jung, gesund und erwerbsfähig und war vor seiner Ausreise als XXXX tätig.

Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse im Hinblick auf den BF. Im angefochtenen Bescheid wurde zu Recht ausgeführt, dass das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, in Österreich nicht geringer sei als in Marokko und dass der BF zudem zu keiner Risikogruppe gehöre und bei ihm aufgrund seines Alters auch bei einer Infektion von keinem schweren Krankheitsverlauf auszugehen sei.

In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass sich die wirtschaftliche Lage und die Lage am Arbeitsmarkt in Marokko verschlechtert hätten. Dies trifft aktuell wohl auf die meisten Staaten der Welt zu. Dass Marokko sich aber in einer derart schwierigen Situation befinden würde, dass es dem BF als jungem Mann mit Berufserfahrung und familiärer Unterstützung in Form seines Bruders nicht möglich sein sollte, sich eine Existenz zu sichern, kann aus keiner der Quellen entnommen werden und wurde auch mit der Beschwerde keine entsprechende konkrete Aussage getroffen.

Im Übrigen hilft auch die Europäische Union Marokko mit 450 Mio. EUR, um die Behörden dabei zu unterstützen, die medizinische Versorgung im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie auszubauen und Maßnahmen zur Abmilderung der sozioökonomischen Auswirkungen zu ergreifen. Dank dieser Unterstützung konnte Marokko seine Reaktion auf die COVID-19-Pandemie verstärken, und zwar sowohl im Gesundheitssektor als auch in Bezug auf die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Seit Beginn der Pandemie hat Marokko strenge gesundheitspolizeiliche Maßnahmen ergriffen, darunter Abriegelungen, die sowohl die Wirtschaft als auch Zehntausende schutzbedürftiger Personen und Familien hart getroffen haben. Um die Familien, aber auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die das wirtschaftliche Gerüst Marokkos bilden, zu schützen, hat die marokkanische Regierung eine Reihe von Finanzhilfeprogrammen eingerichtet. Diese Unterstützungsprogramme – die unter anderem Steuerstundungen, garantierte Darlehen und Zuschüsse für KMU sowie Soforthilfe für schutzbedürftige Familien umfassen – haben die öffentlichen Finanzen stark belastet. Die EU unterstützt Marokko bei der erfolgreichen Umsetzung dieser Maßnahmen (vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 23.12.2020: Team Europa: EU zahlt 169Mio. EUR aus ihrem COVID-19-Hilfspaket für Marokko aus, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_2524).

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005, abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 22.02.2021 bis zum Datum der angefochtenen Entscheidung am 25.02.2020 lediglich drei Tage. Der seit der Antragstellung andauernde Aufenthalt des BF beruhte auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wäre daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden wären, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der BF führt – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine „familienähnliche“ Beziehung in Österreich. Es fehlen angesichts des äußerst kurzen Aufenthalts aber alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser – unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter – Bindungen allenfalls hätte ergeben können. Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die nicht bis maximal sehr schwach bestehenden privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig ist.

Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399 mwH).

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.6. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht unter anderem eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG erfolgt ist.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 25.02.2021 die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Marokko keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienleben in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG gegeben.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs. 1a FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.7. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind unter anderem die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG).

Nach § 1 Z 9 Herkunftsstaaten-Verordnung gilt Marokko, wie oben bereits ausgeführt, als sicherer Herkunftsstaat.

Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt ein Überwiegen der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig war.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 BFA-VG abzuweisen war.

3.8. Zur Behebung des mit Spruchpunkt VIII. erlassenen Einreiseverbotes:

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

[…]

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

[…]“

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG 2005 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Der Verwaltungsgerichtshof hält in seiner Entscheidung vom 25.09.2020, Ra 2020/19/0132 fest: „Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12 sowie VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309)".

Bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Beurteilung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF aufgrund seiner Mittelosigkeit als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzusehen sei. Zu dieser Annahme kommt die belangte Behörde nach nur drei Tagen Aufenthalt des BF in Österreich und müsste nach diesem Gedankenmodell jeder Asylwerber, der nach Antragstellung automatisch in die Grundversorgung aufgenommen wird, mit einem Einreiseverbot nach § 53 Abs. 2 Z 6 FPG belegt werden. Zum gegebenem Zeitpunkt hält sich der BF etwa einen Monat in Österreich auf und kann selbst heute aus dem Bezug von Grundversorgung seit der Antragstellung noch keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den BF erkannt werden. Aufgrund der nur sehr kurzen Aufenthaltsdauer haben sich bislang keine maßgeblichen Umstände ergeben, die eine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des BF erlauben würden. Bislang trat er nur aufgrund der Asylantragstellung in Erscheinung und ist einem Asylwerber wohl eine gewisse Zeit zuzugestehen, um positive Schritte in einem ihm fremden Land zu tätigen und auch um überhaupt die Möglichkeit zu erhalten, seinen Unterhalt aus eigenem bestreiten zu können bzw. diese Mittel nachzuweisen. Ihm vorzuwerfen, dass er „offensichtlich“ nicht bereit wäre, sich an die österreichischen Gesetze zu halten, weil er illegal einreiste und „in Zeiten des Migrationsstromes nach Mitteleuropa“ das Asylrecht als Einwanderungsrecht missbrauchte, geht ins Leere. Der Aufenthalt des BFist seit dem ersten Tag an aufgrund der Asylantragstellung rechtmäßig und ist eine Einreise, die zumeist illegal erfolgt, der Asylantragstellung in einem fremden Staat immanent. Die angesprochenen „Zeiten des Migrationsstromes“ beziehen sich auf die Jahre 2015/2016 und ist ein Ausnutzen durch den BF heute nicht vorzuwerfen.

Insgesamt kann weder aufgrund des bisher gesetzten Verhaltens, das sich im bloßen Aufenthalt erschöpft, noch aufgrund des Persönlichkeitsbildes des BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit erkannt werden. Eine Zukunftsprognose kann mangels feststellbarem Persönlichkeitsbildes und nach nur einem Monat Aufenthalt nicht getätigt werden und steht nicht fest, dass der BF künftig eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen wird.

Im Ergebnis war das mit Spruchpunkt VIII. erlassene Einreiseverbot nach § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ersatzlos zu beheben.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knapp drei Wochen liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn, es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 5 VFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall – wie oben dargelegt – aber nicht gegeben.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen relevanten Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung stützen.

Schlagworte

Abschiebung Angemessenheit Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreise
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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