TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/26 W135 2235073-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.03.2021
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Entscheidungsdatum

26.03.2021

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W135 2235073-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 10.11.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.04.2019, W115 2179980-1/15E, wurde festgestellt, dass im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Ausstellung eines bis 30.11.2020 befristeten Behindertenpasses aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 50 v.H. vorliegen würden. Dem Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), ein Behindertenpass mit einem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.04.2019 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, welcher mit Bescheid vom 19.09.2019 abgewiesen wurde. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 27.08.2019, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Sachverständigengutachten vom 27.08.2019 sowie eine Stellungnahme des Sachverständigen vom 18.09.2029 übermittelt. Im Sachverständigengutachten wird hinsichtlich der Frage des Vorliegens der beantragten Zusatzeintragung Folgendes ausgeführt:

„1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? keine. Bedingt durch die degenerativen Gelenks – und Wirbelsäulenveränderungen und bei Zustand nach Meningeomoperation liegt eine moderate Gangablaufstörung vor, welche jedoch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke,(300-400m), sowie das Ein-und Aussteigen und Mitfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich erschwert. Darüber hinaus ist eine hochgradige, durch übliche Vorlagen nicht kompensierbare Harninkontinenz, durch diesbezügliche Untersuchungsbefunde nicht belegt, sodaß auch diesbezüglich eine maßgebliche Erschwernis des öffentlichen Transportes nicht begründbar ist.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein“

In der Stellungnahme vom 18.09.2019 wurde zu den Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Gutachtens vom Sachverständigen Folgendes ausgeführt:

„Der Antragswerber gab im Rahmen des Parteiengehörs vom 10.09.2019 an, daß er mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, da die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel“ nicht berücksichtigt wurde

Ein neuer Befund wurde bis jetzt noch nicht vorgelegt

Die vom Antragsteller beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden wurden von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen und einer richtsatzgemäßen Einschätzung unterzogen.

Es fand sich im Barfußgang eine moderate Gangbildstörung, bei mäßiggradigen Funktionseinschränkungen der Hüften, insbesondere konnte aber in der hierortigen Begutachtung eine derartige Einschränkung der Gehfähigkeit oder körperlichen Leistungsfähigkeit, welche eine erhebliche Erschwernis der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken könnte, gerade eben nicht objektiviert werden. Eine erhebliche Harn- oder Stuhlinkontinenz ist durch die vorgelegten Befunde nicht belegt.

Bei dem offensichtlich falsch geschriebenen Alter des Patienten handelt es sich um einen Schreibfehler, richtig heißt es, der XXXX geborene AW.

Insgesamt beinhalten die nachgereichten Einwendungen daher keine ausreichend relevanten Sachverhalte, welche eine Änderung des Gutachtens bewirken würden, sodaß daran festgehalten wird.“

Am 29.04.2020 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und neuerlich einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass. Als vorliegende Gesundheitsschädigungen gab der Beschwerdeführer „2 Hüft-OPs, Gehirntumor, Harnröhrenverengung, Depression, starkes Zittern, Angstzustände, schwer inkontinent“ an. Dem Antrag legte der Beschwerdeführer die angeführten Gesundheitsschädigungen betreffende Befunde bei.

Mit Schreiben vom 29.04.2020 legte der Beschwerdeführer weitere Befunde zu seinem Antrag vor.

Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten eines Arztes für HNO ein, welches am 31.05.2020 basierend auf der Aktenlage erstellt wurde. In diesem wird Folgendes ausgeführt:

„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl Datumsangabe):

2019-04 Bescheid des BVG: 50% GdB. Eine Hörstörung ist nicht Teil der Liste der Leiden.

2019-08 allgemeinmed. VGA wegen "Unzumutbarkeit": Eine Hörstörung kommt nicht zur Sprache.

2020-02 Befund (Scan 9.pdf in den Unterlagen) und Tonaudiogramm von HNO-FA Dr. XXXX : Geringe Hochtonstörung rechts, links normales Audiogramm (Hörverlust nach Röser rechts 11%, links 2%)

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
aktenmäßig

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Höchton-Hörstörung rechts bei normalem Hörvermögen der linken Seite

Tabelle Zeile 1/Kolonne 1 - im oberen Rahmensatz, da rechts im Hochtonbereich bis 50dB Hörverlust

12.02.01

10

Gesamtgrad der Behinderung  10 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

-

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Erstmalige HNO-Einstufung

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

-

?

Dauerzustand

?

Nachuntersuchung -

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

Ja

Nein

Nicht geprüft

Die / Der Untersuchte

?

?

?

ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen

?

?

?

ist blind (entsprechend Bundespflegegeldgesetz)

?

?

?

ist hochgradig sehbehindert (entspr. Bundespflegegeldgesetz)

?

?

?

ist gehörlos

?

?

?

ist schwer hörbehindert

?

?

?

ist taubblind

?

?

?

ist Epileptikerin oder Epileptiker

?

?

?

Bedarf einer Begleitperson

?

?

?

ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial

?

?

?

ist Orthesenträgerin oder Orthesenträger

?

?

?

ist Trägerin oder Träger eines Cochlea-Implantates

?

?

?

ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

aus HNO-Sicht: keine

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Ja

Nein

Nicht geprüft

 

?

?

?

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.

?

?

?

Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit

?

?

?

Erkrankungen des Verdauungssystems

Begründung:

-“

Mit Schreiben vom 11.06.2020 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde weitere medizinische Befunde und führte aus, dass sich neue Krankheitsbilder aufgetan hätten. Auffällig sei sein depressives Verhalten, das sich durch die vielen Erkrankungen ergebe. Man habe jetzt entdeckt, dass die großen Schmerzen, die der Beschwerdeführer seit der Hüft-OP verspüre, von der Wirbelsäule kämen. Es sei ein Grauer Star diagnostiziert worden und er warte bereits auf seinen OP-Termin. Die Harnröhrenverengung sei eine eigene Geschichte, die habe sich der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen im KH XXXX erweitern lassen. Die Idee, dass der Beschwerdeführer dies alleine zu Hause machen solle, habe er ablehnen müssen. Mit seinen zittrigen Händen könne er nicht einmal ein Formular alleine ausfüllen.

Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein, welches am 20.08.2020, nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.08.2020, erstellt wurde. In diesem wird Folgendes ausgeführt:

„Anamnese:

Auf das Gutachten vom 06.11.2018 - im Auftrag des BVwG -

1) Zustand nach bösartiger Neubildung der Prostata 10/2009 (40%)

2) Hüfttotalendoprothese links, Hüftgelenksarthrose rechts (30)

3) Depression (30%)

4) Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus (20%)

5) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie (20%)

6) Hepatitis C (10%) -

mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v. H. -

und

auf das Vorgutachten des SMS vom 26.8.2019 -

1) Zustand nach Prostatakarzinom 2009 mit Belastungsinkontinenz

2) Hüft-Totalendoprothese beidseits mit mäßiger Funktionseinschränkung

3) Diabetes mellitus mit weitgehend ausgeglichener Blutzuckereinstellung durch regelmäßige Medikamenteneinnahme

4) Degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit mäßigen Funktionseinschränkungen ohne radikuläre Ausfälle

5) Hepatitis C ohne Nachweis entzündlicher Aktivität

6) Zustand nach Meningeomoperation –

die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar - wird eingangs verwiesen.

1996 OP wegen Keilbeinmeningeom, 2016 ChE, 2017 H-TEP links, 2019 H-TEP rechts, 2018 OP wegen Harnröhrenstriktur, Dezember 2018 (nicht 2019!) Operation wegen Keilbeinmeningeomrezidiv - 2019 wurde eine Protonenbestrahlung durchgeführt.

In nächster Zeit (ab 25.8.2020) sind beidseits Staroperationen vorgesehen.

Derzeitige Beschwerden:

Herr XXXX berichtet wird über unklare "Aussetzer", über sein Taubheitsgefühl in den Fußballen, über sein mitunter auftretendes Zittern - vor allem der rechten OE und über seine Probleme mit der rechten Hüfte - hat keine Probleme mit der linken Hüfte.

Herr XXXX lenkt selbst kein KFZ - er wurde mit dem Auto zur Untersuchung ins SMS gebracht. Er gibt an, öffentliche Verkehrsmittel wegen seiner "Aussetzer" und wegen seiner Inkontinenz nicht benützen zu können.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Adjuvin, Pregabalin, Metformin, Tizanidin, Sirdalud, Trajenta, Inkontan, bedarfsweise Novalgin.

Sozialanamnese:

Mindestsicherungsbezieher, geschieden, zwei Kinder - ein Kind bereits verstorben.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Psychiatrischer Befund - Dr. XXXX - 9.6.2020: leichte kognitive Störung, mittelgradig depressive Episode, Lumbalgie Harninkontinenz - Adjuvin, Pregabalin; Psychotherapie wird empfohlen.

Befund XXXX - 2.6.2020: Herr XXXX erhielt vom 24.9.-31.10.2019 - nach einer Re-OP am 20.12.2018 - eine Partikeltherapie wegen eines Keilbeinmeningeomrezidivs - vorläufiger neurochirurgischer Ambulanzbericht vom 25.5.2020: sehr zufriedenstellender postoperativer Situs - MRT Neurokranium 28.2.2020: Meningeomrest (größenkonstant) - Arztbrief Psychiatrie / Psychotherapie vom 3.3.2020: mittelgradig depressive Episode. Bekannt sind auch Verengungen der Harnröhre - Dehnungen waren zu schmerzhaft - geht nicht mehr zum Urologen! Neurostatus: Stirnrunzeln rechts nicht möglich, Tremor re OEX - Rechtshänder. Psyche: dysthym.

MRT-LWS - Diagnosezentrum XXXX - 30.5.2020: mäßige Diskopathie und Protrusion L5/S1 mit zusätzlich kleiner deszendierender Bandscheibenherniation rechts lateral und Tangierung der Nervenwurzel S1. Ausgeprägte proliferative Spondylosis deformans lumbalis, insbesondere bei L4/5 mit großen spondylophytären Anlagerungen.

Augenärztlicher Befund - Dr. XXXX - 22.5.2020: Astigmatismus, Myopie, senile Cataract, Presbyopie, Sicca, St. p. meningeom - Visus beidseits 0,5.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal.

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 175,00 cm Gewicht: 95,00 kg Blutdruck: 150/90

Klinischer Status – Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör altersentsprechend unauffällig, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: inspektorisch und auskultatorisch unauffällig, Nichtraucher, keine Atemauffälligkeiten.

Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen, ChE-Narbe, trägt eine Inkontinenzeinlage, keine Druckempfindlichkeit.

Obere Extremitäten: geringer feinschlägiger Tremor rechte OE, Gelenke altersentsprechend frei beweglich.

Untere Extremitäten: Narben nach H-TEP beiderseits mit zufriedenstellenden Ergebnissen, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, BWS und LWS - endlagig gering eingeschränktes Bückvermögen.

Gesamtmobilität – Gangbild:

kommt mit einer UASK ins Untersuchungszimmer - mit diesem Behelf ist ein sicheres Gangbild mit nur geringer Gangbildbeeinträchtigung zu objektivieren. Kann im Zimmer frei auf seinen Beinen stehen. Kann sich allein aus- und ankleiden.

Status Psychicus:

ausreichend gut orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Zustand nach Prostatakarzinom 2009

Oberer Rahmensatz, da zwar ohne Progressionshinweise, aber mit

Belastungsinkontinenz und operativ sanierbarer Harnröhrenstriktur.

13.01.02

40

2

Rezidivierende depressive Störung

Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da unter antidepressiven Maßnahmen stabil - nur geringer Tremor an der oberen Extremität - aber beginnende soziale Rückzugstendenzen und leichte kognitive

Störung sind dokumentiert.

03.06.01

30

3

Astigmatismus, Myopie, senile Cataract, Presbyopie mit einem Visus von 0,5 beidseits

Tabelle, Zeile 3, Kolonne 3

11.02.01

30

4

Keilbeinmeningeomrezidiv WHO I

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da geringe neurologische Residuen nach Erstoperation 1998, Reoperation 2018 und Partikeltherapie 2019 objektivierbar sind.

04.01.01

20

5

Degenerative und postoperative Veränderungen am Stütz- und

Bewegungsorgan

Oberer Rahmensatz, da funktionell gute Ergebnisse nach Hüftgelenksersatz beiderseits und geringe Einschränkung des Bückvermögens vorliegen.

02.02.01

20

6

Diabetes mellitus Typ II - orale Medikation

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da relevante Folgeerkrankungen nicht dokumentiert sind.

09.02.01

20

7

Hepatitis C

Unterer Rahmensatz, da kein Nachweis entzündlicher Aktivität.

07.05.01

10

Gesamtgrad der Behinderung  60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 - analog dem Erkenntnis des BVwG - wegen ungünstiger wechselseitiger

Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Weitere Erhöhung um eine Stufe durch die neu in die

Liste der Gesundheitsschädigungen aufgenommenen Leiden 3 und 4 wegen funktioneller

Zusatzrelevanz. Keine Erhöhung durch die Leiden 5-7 wegen fehlender ungünstiger Beeinflussung des Hauptleidens und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Die Hörstörung wird separat fachärztlich beurteilt.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 2 und 5 im Auftrag des BVwG sind nun im neuen Leiden 4 berücksichtigt - Besserung durch den erfolgreichen Hüftgelenksersatz rechts ist eingetreten.

Neuaufnahme von Leiden 3 und 4, da dokumentiert.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Durch die Neuaufnahme der Leiden 3 und 4 erhöht sich der neue Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe.

?

Dauerzustand

?

Nachuntersuchung -

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

Ja

Nein

Nicht geprüft

Die / Der Untersuchte

?

?

?

ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen

?

?

?

ist blind (entsprechend Bundespflegegeldgesetz)

?

?

?

ist hochgradig sehbehindert (entspr. Bundespflegegeldgesetz)

?

?

?

ist gehörlos

?

?

?

ist schwer hörbehindert

?

?

?

ist taubblind

?

?

?

ist Epileptikerin oder Epileptiker

?

?

?

Bedarf einer Begleitperson

?

?

?

ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial

?

?

?

ist Orthesenträgerin oder Orthesenträger

?

?

?

ist Trägerin oder Träger eines Cochlea-Implantates

?

?

?

ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine - Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der

Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten / Funktionen vorliegen. Unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde kann eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes / einer Unterarmstützkrücke, da damit die Stand- und Gangsicherheit optimiert werden kann - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Das erforderliche Hilfsmittel erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschäden wirken sich nicht erheblich auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

Ja

Nein

Nicht geprüft

 

?

?

?

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03. GdB: 20 v.H.

?

?

?

Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit

?

?

?

Erkrankungen des Verdauungssystems

Begründung:

Hüftgelenksersatz beiderseits“

Die diese beiden Gutachten zusammenfassende Gesamtbeurteilung vom 24.08.2020, erstellt vom bereits befassten Arzt für Allgemeinmedizin, entspricht im Wesentlichen dem Sachverständigengutachten vom 20.08.2020, wobei unter den Funktionseinschränkungen die vom Facharzt für HNO festgestellte Einschränkung, die bereits oben angeführt wurde, als Leiden Nr. 7 eingefügt wurde. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 60 v.H. festgesetzt.

Mit Schreiben vom 25.08.2020 legte der Beschwerdeführer ein Dokument hinsichtlich der bevorstehenden Operation des Grauen Stars vor.

Die belangte Behörde brachte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.08.2020 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis und teilte ihm mit, dass der Grad der Behinderung nun 60 v.H. betrage und dass weiters die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Dem Schreiben waren die Sachverständigengutachten vom 31.05.2020 und 20.08.2020 sowie das Gesamtgutachten vom 24.08.2020 beigelegt. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

Mit Stellungnahme vom 04.09.2020 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er Fehler in der Begründung des Sachverständigen festgestellt habe. Er sei sehr wohl mit einer Begleitperson gekommen, diese habe draußen gewartet. Ohne diese Person sei ein normales Leben undenkbar, sie gehe für den Beschwerdeführer einkaufen, kümmere sich um die Wohnung, richte ihm das Essen und Medikamente her und helfe ihm beim Ausfüllen von Formularen, was durch sein starkes Zittern nicht möglich sei. Er könne sich weder die Schuhe binden noch Socken alleine anziehen, Stiegen steigen ohne Hilfe sei ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer habe fast täglich Aussetzer, danach sei er schweißgebadet. Auch sei seine Inkontinenz nicht heilbar und es helfe keine Einlage. Die Taubheit in den Fußballen erschwere das Gehen, seit der zweiten Hüft-OP könne er nicht mehr richtig gehen. Nach 100 Metern sei er erschöpft und die Schmerzen seien nicht auszuhalten. Auch seine psychischen Probleme habe der Beschwerdeführer nicht immer im Griff. Seiner Sehbehinderung sei überhaupt keine Bedeutung zugemessen worden.

Hinsichtlich der Stellungnahme des Beschwerdeführers führt der zuvor befasste Sachverständige mit Stellungnahme vom 09.11.2020 wie folgt aus:

„Schlussfolgerung: Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Durchsicht des vorliegenden Aktenmaterials eine Änderung der getroffenen Beurteilung nicht vorgeschlagen wird, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen nach dem BEG [BBG] und ihre Auswirkungen auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel korrekt berücksichtigt und auch ausführlich begründet wurden. Objektiv beweisende gegenteilige Befunde liegen nicht vor.

Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten / Funktionen vorliegen. Unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde kann eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes / einer Unterarmstützkrücke, da damit die Stand-und Gangsicherheit optimiert werden kann -ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Das erforderliche Hilfsmittel erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschäden wirken sich nicht erheblich auf die Möglichkeit des sicheren Ein-und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.“

Mit angefochtenem Bescheid vom 10.11.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf die eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens wurden als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.11.2020 übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30.11.2020 das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass es ihm ein Rätsel sei, wieso die belangte Behörde annehme, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel seien ihm zumutbar. Seine Dauerinkontinenz beeinträchtige ihn auch privat, trotz Einlagen. Deshalb sei er auch in psychiatrischer Behandlung. Er sei froh, dass er jemanden habe, der ihn zu seinen ärztlichen und sonstigen Terminen mit dem Auto hin- und zurückbringe. Wegen der beiden Gehirntumore habe er regelmäßige Aussetzer.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2020 zur Entscheidung vorgelegt.

Die belangte Behörde übermittelte am 10.12.2020 ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 09.12.2020 an das Bundesverwaltungsgericht, welches inhaltlich mit der Beschwerde übereinstimmt.

Am 01.02.2021 übermittelte die belangte ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 28.01.2021, welches inhaltlich im Wesentlichen der Stellungnahme vom 04.09.2020 entspricht. Zudem führte der Beschwerdeführer aus, dass er derzeit sehr verschwommen sehe. Seine Grauer Star Operationen hätten am 11.09.2020 und 18.09.2020 stattgefunden.

Am 02.02.2021 übermittelte der Beschwerdeführer per E-Mail eine Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht, welche inhaltlich dem Schreiben vom 28.01.2021 entspricht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. ausgewiesen ist. In den Behindertenpass wurden die Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ vorgenommen.

Beim Beschwerdeführer liegen aktuell folgende Funktionseinschränkungen vor:

1.       Zustand nach Prostatakarzinom 2009, Belastungsinkontinenz und operativ sanierbarer Harnröhrenstriktur

2.       Rezidivierende depressive Störung

3.       Astigmatismus, Myopie, senile Cataract, Presbyopie mit einem Visus von 0,5 beidseits

4.       Keilbeinmeningeomrezidiv WHO I

5.       Degenerative und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan

6.       Diabetes mellitus Typ II

7.       Hochton-Hörstörung rechts bei normalem Hörvermögen der linken Seite

8.       Hepatitis C.

Beim Beschwerdeführer liegt keine dauerhaft erhebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit oder der Gangsicherheit vor. Der Beschwerdeführer verwendet eine Gehhilfe, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichen Ausmaß erschwert. Auch das Gangbild des Beschwerdeführers ist durch das Verwenden des Gehbehelfes nur gering beeinträchtigt, insgesamt jedoch sicher. Ebenso ist das freie Stehen insgesamt sicher. Das Zurücklegen von kurzen Wegstrecken ist trotz der vorliegenden Beeinträchtigungen zumutbar und möglich – allenfalls unter Verwendung eines Gehbehelfes. Ein sicheres Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ist möglich.

Der Beschwerdeführer weist an der rechten oberen Extremität eine geringes feinschlägiges Zittern auf, Haltegriffe- und Stangen können aber verwendet werden. Die Kraft in den oberen Extremitäten und Standsicherheit reichen aus, um einen sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu gewährleisten.

Beim Beschwerdeführer liegt eine Harnröhrenverengung vor, welche aus der Funktionseinschränkung 1. (Zustand nach Prostatakarzinom 2009) resultiert. Die Harnröhrenverengung führt im Fall des Beschwerdeführers zu einer Belastungsinkontinenz. Der Beschwerdeführer trägt Inkontinenzeinlagen. Die Belastungsinkontinenz stellt keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar. Eine operative Sanierung der Harnröhrenverengung ist nicht erfolgt.

Es liegen auch keine entscheidungsrelevanten Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere dem darin einliegenden Datenstammblatt (Seite 69 des Verwaltungsaktes).

Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer aktuell vorliegenden Funktionseinschränkungen beruhen auf den von der belangten Behörde veranlassten und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31.05.2020 und 20.08.2020, welche in den Ausführungen zum Verfahrensgang im Detail wiedergegeben wurden, sowie der Gesamtbeurteilung vom 24.08.2020.

Insbesondere der von der belangten Behörde beigezogene Arzt für Allgemeinmedizin geht in dem Gutachten vom 20.08.2020, der Gesamtbeurteilung vom 24.08.2020 sowie in der Stellungnahme vom 09.11.2020 nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, welche am 12.08.2020 stattgefunden hat, auf die Art der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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