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E2D Assoziierung Türkei;Norm
ARB1/80 Art6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,
Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. September 1995, Zl. 114.535/4-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 2. Februar 1995 bei der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen, weil der Beschwerdeführer seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur geschlossen habe, um in den Besitz einer Aufenthaltsbewilligung, eines Befreiungsscheines sowie in weiterer Folge in den Besitz der Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu gelangen.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 9. September 1995, zugestellt am 18. September 1995, gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG abgewiesen. Der Bundesministers für Inneres begründete die Abweisung damit, daß gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, weshalb ein Sichtvermerksversagungsgrund vorliege. Auf die weiteren Einwendungen in der Berufung, auch im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers, sei angesichts dieses Sachverhaltes nicht mehr einzugehen gewesen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zwar habe die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich ein Aufenthaltsverbot gegen ihn verhängt. Er habe allerdings rechtzeitig dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt, doch sei bislang in beiden Angelegenheiten keine Entscheidung ergangen. Das verhängte Aufenthaltsverbot sei rechtswidrig, weil einerseits die Verwaltungsbehörde zur Feststellung des Vorliegens einer Scheinehe gar nicht zuständig sei, andererseits der Beschwerdeführer türkischer Staatsangehöriger sei und daher vom Assoziationsabkommen zwischen der EWG und der Türkei erfaßt sei, das für Österreich geltendes Gemeinschaftsrecht darstelle. Diese Rechtswidrigkeit des Aufenthaltsverbotes erstrecke sich auch auf die Abweisung des Antrages auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Abschließend rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Gewährung von Parteiengehör.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung unter anderem nicht erteilt werden, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.
Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn gegen den Sichtvermerkswerber ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Wiedereinreisebewilligung (§ 23) vorliegen.
Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde nicht entgegen, daß gegen ihn im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung am 18. September 1995) ein rechtskräftiges (durchsetzbares) Aufenthaltsverbot bestand. Daß der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 11. Oktober 1995 dem Antrag, der Beschwerde gegen das mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich verhängte Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, stattgegeben hat, vermag angesichts des Umstandes, daß der angefochtene Bescheid bereits am 18. September 1995 zugestellt wurde, an der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes im maßgeblichen Zeitpunkt nichts zu ändern.
Soweit sich das Beschwerdevorbringen gegen die Rechtmäßigkeit dieses Aufenthaltsverbotes richtet, kann es eine Rechtswidrigkeit des mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheides nicht aufzeigen. Solange nämlich ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht, darf eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden, weil ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gemäß § 5 Abs. 1 AufG einen Auschließungsgrund für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung darstellt. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides. Im Verfahren nach dem AufG hat die Behörde weder zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 FrG erfüllt sind, noch ob die Voraussetzungen für die Aufhebung eines bestehenden Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG vorliegen.
Daß die Voraussetzungen für eine Wiedereinreisebewilligung nach § 23 FrG vorgelegen seien, die eine Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG ausgeschlossen hätte, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Soweit die Beschwerde aber die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin erblickt, daß die belangte Behörde dem Assozationsabkommen zwischen der EWG und der Türkei (gemeint ist wohl: Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses des Assozationsrates Nr. 1/80) nicht Rechnung trägt, verkennt sie, daß durch die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung in ein nach Art. 6 Abs. 1 des erwähnten Beschlusses allenfalls bestehendes Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers nicht eingegriffen werden kann (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 30. Jännerer 1996, Zl. 95/19/1549, und vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1661, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Im Hinblick auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes im Zeitpunkt ihrer Entscheidung kann der belangten Behörde auch kein Verfahrensfehler vorgeworfen werden, bei dessen Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Da nach dem bisher Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm Art. I der Verordnung BGBl. Nr.416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995191349.X00Im RIS seit
02.05.2001