TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/7 W159 2240817-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2021
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Entscheidungsdatum

07.04.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch


W159 2240817-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. von Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gem. §§ 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 und 55 Abs. 4 FPG sowie 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, wurde am 14.02.2021 um 23.25 Uhr, am XXXX bei einem Diebstahl und einer Messerstecherei betreten und dabei festgestellt, dass er seinen visumsfreien Aufenthalt bei weitem überschritten hatte und über keinen Aufenthaltstitel, der zum Aufenthalt in Österreich berechtigte, verfüge, weiters auch über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet und keine Barmittel. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum gebracht.

Dort erfolgte am 15.02.2021 eine Einvernahme zur Prüfung allfälliger aufenthaltsbeendeter Maßnahmen. Eingangs der niederschriftlichen Einvernahme gab der Bescheidadressat an, dass er Bosnisch und Englisch spreche und Deutsch aber nur passiv verstehe, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Zu dem angeführten Vorfall gab der Beschwerdeführer an, dass er zur Wohnung eines Freundes gehen habe wollen, der ihm erlaubt habe dort zu wohnen. Er habe drei Stunden lang versucht, sei aber in die Wohnung nicht hineingekommen, es sei zu einem Streit mit einem anderen in der Wohnung aufhältigen Mann gekommen, der möglicherweise alkoholisiert oder durch Drogen beeinträchtigt gewesen sei. Dieser habe ein Messer geholt und sei auf ihn losgegangen. Sowohl der Angreifer als auch der Beschwerdeführer hätten sich daraufhin selbst verletzt. Er hätte daraufhin mit dem Angreifer etwas getrunken. Die Polizei sei erst einen Tag später gekommen, seiner Meinung nach sei es ein Racheakt gewesen. Er sei seit März 2020 in Österreich, sei aber auch in der Zwischenzeit in Deutschland gewesen. Es sei ihm bewusst, dass er die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes überschritten habe, er habe gehofft hierbleiben zu können, um sich eine Existenz aufzubauen und eine Frau zu finden. Er habe hier eine Freundin und arbeite auch nebenbei. Er habe aber auch Kriegstraumata und schon überlegt, deswegen um Asyl anzusuchen. Festgehalten wurde jedoch, dass der Beschwerdeführer trotz Belehrung definitiv nicht um Asyl angesucht habe.

Seine Freundin sei rumänische Staatsangehörige und derzeit in Rumänien. Sie wohne im XXXX und habe auch im XXXX eine Wohnung. Ihr Name sei XXXX . Sie sei glaublich XXXX geboren, das genaue Datum wisse er nicht. Er kenne sie ca. 7 oder 8 Monaten. Befragt, warum er in der Wohnung eines Freundes und nicht in der Wohnung seiner Freundin wohne, gab er an, dass seine Freundin die Wohnungen nur miete, wenn sie in Wien sei. Er habe keinen Mietvertrag und wisse auch nicht, wie man sich anmelden könne, daher habe er sich nicht angemeldet. Er sei mit ca. 2.000 Euro nach Österreich eingereist, da er sein Auto in Bosnien verkauft habe. Derzeit habe er noch ca. 400 Euro. Dieses Geld sei nicht in der Wohnung, sondern bei einem anderen Freund. Der Freund, bei dem er gewohnt habe, heiße XXXX , er sei ca. XXXX Jahre und derzeit in Serbien aufhältig, weil er Vater werde. Er lebe von seinen Ersparnissen und wenn Freunde Hilfe brauchen würden, helfe er ihnen aus. In Bosnien habe er eine Hotelfachschule abgeschlossen, aber hauptsächlich am Bau gearbeitet und gehöre ihm in seinem Herkunftsstaat die Etage eines Einfamilienhauses.

In der Folge nannte er seine Anschrift in Bosnien, dort seien auch seine Eltern und sein Bruder, diese würden ihn auch unterstützen, er sei ledig und habe keine Kinder. In Österreich habe er keine Angehörigen. Kurse oder Ausbildungen habe er in Österreich auch nicht absolviert, er sei auch in Österreich nicht krankenversichert und sei auch nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen. Es gefalle ihm aber in Österreich gut. Er habe hier eine Freundin, deswegen sei er nach Ablauf des visumsfreien Aufenthaltes nicht nach Bosnien zurückgekehrt. Außerdem könne er in Österreich besser leben.

Befragt, ob er in Österreich straffällig geworden sei, gab er an, dass es schon einen Vorfall gegeben habe. Es seien ein Freund und er in einer Wohnung angegriffen worden und hätten sie sich nur verteidigt, sie hätten jedoch keine Ladung bekommen. In Bosnien werde er weder strafrechtlich noch politisch verfolgt, es gebe auch keine Hindernisse für eine Rückkehr nach Bosnien, nur wirtschaftliche Probleme. Er würde auch einer Abschiebung nicht Widerstand leisten. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom gleichen Datum, Zahl XXXX , wurde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung aufenthaltsbeendeter Maßnahmen und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 16.02.2021, Zahl XXXX , wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchteil II. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt III. die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina für zulässig erklärt, unter Spruchpunkt IV. ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, unter Spruchpunkt V. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und unter Spruchpunkt VI. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In der Begründung des Bescheides wurde die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebene Einvernahme dargestellt, Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers getroffen, sowie in der Folge auch zum Herkunftsstaat. Beweiswürdigend wurde insbesondere festgehalten, dass die Identität aufgrund des sichergestellten Dokumentes (bosnischer Reisepass) feststehe. Der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit beruhe auf der Tatsache, dass er keine gegenteiligen Angaben gemacht habe. Der genaue Tag der Einreise könne mangels genauer Datumsangaben durch den Beschwerdeführer nicht festgestellt werden. Das Nichtvorhandensein einer Meldeadresse ergebe sich aus dem ZMR und den Angaben des Beschwerdeführers, es ergebe sich auch aus dem Akteninhalt, dass er über keinen Aufenthaltstitel verfüge.

Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass keine der Voraussetzungen des § 57 AsylG erfüllt wären, zu Spruchpunkt II. wurde auf den rechtswidrigen Aufenthalt, das Nichtvorhandensein von Angehörigen in Österreich sowie den Umstand, dass kein schützenswertes Privatleben im Bundesgebiet vorliege, weiters, dass der Beschwerdeführer unzureichend integriert und bisher ausschließlich negativ in Erscheinung getreten wäre, hingewiesen; weiters dass Bindungen zum Herkunftsstaat vorliegen und der Beschwerdeführer (noch) strafrechtlich unbescholten sei, jedoch ein kriminalpolizeilicher Eintrag wegen Raufhandels vorliege. Es wurde dann zusammenfassend festgestellt, dass die individuellen Interessen im Sinne des Artikel 8 EMRK im vorliegenden Fall nicht so ausgeprägt wären, dass sie die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der fremdenpolizeilichen und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen überwiegen würden. Die Rückkehrentscheidung sei daher zulässig, zumal auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen gewesen sei.

Zu Spruchpunkt III. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer keinen Asylantrag gestellt habe und dass auch keine Bedrohung im Sinne des § 50 FPG feststellbar sei, weiters stehe einer Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegen, sodass diese als zulässig zu bezeichnen sei. Zu Spruchpunkt IV. wurde darauf hingewiesen, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG („den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag“) im vorliegenden Fall erfüllt sei und aus der Mittellosigkeit die Gefahr der Unterhaltsbeschaffung aus illegalen Quellen resultiere, es bestehe auch ein öffentliches Interesse an der Bekämpfung der Schwarzarbeit, weil der Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur legalen Arbeitsaufnahme in Österreich habe. Der Aufenthalt würde auch unweigerlich zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaften führen. Außerdem sei bei der Gefährlichkeitsprognose nicht bloß auf gerichtliche Verurteilungen, sondern auf das zugrundeliegende Gesamtverhalten abzustellen. Der Beschwerdeführer habe sich wissentlich ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufgehalten und sei auch kriminalpolizeilich negativ in Erscheinung getreten. Es seien auch die privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen weiteren Verbleib in Österreich rechtfertigen würden, sodass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei. Zu Spruchpunkt V. und VI. wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei und überdies Fluchtgefahr bestehe, sodass auch eine aufschiebende Wirkung einer Beschwerde abzuerkennen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer wurde am 21.02.2021 auf dem Luftweg nach XXXX abgeschoben.

Gegen diesen Bescheid und zwar ausschließlich gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. erhob der Antragsteller, vertreten durch die Bundesbetreuungsargentur, fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In dieser wurde nach kursorischer Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges kritisiert, dass die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid widersprüchlich seien, da die Behörde einmal annehme, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seines Aufgriffes über finanzielle Mittel verfüge, ein anderes Mal jedoch annehme, dass diese aus nicht legalen Quellen stammen würde und die Behörde eine unzureichende individuelle Gefährdungsprognose durchgeführt habe. Die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren sei im vorliegenden Fall daher unverhältnismäßig hoch. Auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei zu Unrecht erfolgt und hätte im vorliegenden Fall eine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden müssen. Es wurde daher beantragt, die Dauer des Einreiseverbotes zu verkürzen, in eventu dieses auf das österreichische Bundesgebiet zu beschränken, sowie die Beschwerde in den Spruchpunkten V. und VI. ersatzlos zu beheben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina und wurde am XXXX in XXXX geboren. Er ist zuletzt am 09.03.2020 nach Österreich eingereist, verfügt über keinerlei Aufenthaltstitel in Österreich und hat auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er war daher nach Ablauf der Frist zum visafreien Aufenthalt in Österreich illegal aufhältig. Er wurde am 14.02.2021 im Zuge einer strafrechtlichen Amtshandlung bei einem Diebstahl und einer Messerstecherei betreten. Er verfügt über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet, er ist auch weder selbständig noch unselbständig in Österreich legal erwerbstätig gewesen.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder, er führt kein Familienleben in Österreich. Seinen Angaben zufolge hat er eine rumänische Freundin, die sich jedoch zuletzt nicht in Österreich, sondern in Rumänien befunden hat. Seinen Angaben zufolge hat er zuletzt bei Freunden in Österreich genächtigt. In Bosnien verfügt er, seinen Angaben zufolge, über eine Etage in einem Einfamilienhaus. Er hat eine Hotelfachschule abgeschlossen, zuletzt aber hauptsächlich am Bau gearbeitet oder auch als Security. Er hat hinsichtlich Bosnien keine Verfolgungs- oder Bedrohungssituation behauptet. Er verfügt auch über keine Krankenversicherung in Österreich. Seinen Angaben zufolge ist er mit 2.000,-- Euro aus dem Verkauf eines KFZ in Bosnien nach Österreich eingereist, hatte zuletzt noch 400,-- Euro Barmittel, besitzt jedoch kein Vermögen und keine Kreditkarte.

Er wurde am 21.02.2021 auf dem Luftweg nach XXXX abgeschoben, über eine neuerliche Einreise nach Österreich ist nichts bekannt. Der Beschwerdeführer hat keine konkrete Erkrankung in Österreich angegeben, behauptet jedoch ein Kriegstrauma. Er hat keinerlei Befunde über organische oder psychische Erkrankungen vorgelegt, sodass davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer unter keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet.

In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zur Zl. XXXX , beinhaltend insbesondere die niederschriftliche Einvernahme vom 15.02.2021. Aus diesem Verfahrensakt ergibt sich insbesondere die bosnische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, weiters der Umstand, dass er bereits seit März 2020 in Österreich, nach Ablauf des visafreien Aufenthaltes illegal in Österreich aufhältig ist, weiters der Umstand, dass er nicht legal in Österreich erwerbstätig war, sein Werdegang und die Familienverhältnisse.

Der Beschwerdeführer behauptete wohl Kriegstraumata, legte jedoch dazu genausowenig wie zu anderen Erkrankungen psychischer oder organischer Art irgendwelche Befunde vor, eine organische Erkrankung wurde nicht einmal behauptet, sodass davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer unter keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet.

Wenn auch der Beschwerdeführer angegeben hat, mit ca. 2.000,-- Euro in bar in Österreich eingereist zu sein, gab er zu, dass er zuletzt nur mehr 400,-- Euro in bar hatte und er behauptete auch nicht über eine Kreditkarte zu verfügen oder sonst irgendein Vermögen in Österreich zu haben, sodass von einer Mittellosigkeit auszugehen ist, zumal er keine legale Erwerbstätigkeit in Österreich ausüben kann und auch mit 400 € er in Österreich nicht länger sein Leben bestreiten kann, sodass der Unterhalt des Beschwerdeführers als nicht gesichert anzusehen ist. Der Beschwerdeführer hat wohl eine Freundin in Österreich angegeben, gleichzeitig jedoch ausgeführt, dass diese derzeit nicht in Österreich aufhältig ist, er konnte auch keine näheren Angaben zu ihr machen, es ist daher jedenfalls nicht von einer Lebensgemeinschaft und noch weniger von einem Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen.

Im Strafregister scheint wohl keine Verurteilung des Beschwerdeführers auf, er ist jedoch nach den Aktenangaben bei einem Diebstahl und einer Messerstecherei betreten worden und hatte einen weiteren Vorfall selbst zugegeben, sodass insgesamt festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer kriminalpolizeilich negativ in Erscheinung getreten ist.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer (außer im Polizeianhaltezentrum) niemals in Österreich gemeldet war, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorausgeschickt wird, dass Spruchteile I. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG) II. (Rückkehrentscheidung) und III. (Zulässigkeit der Abschiebung nach Bosnien/Herzegowina) durch die Beschwerde nicht bekämpft wurden, daher in Rechtskraft erwachsen sind.

Der mit „Einreiseverbot“ überschriebene § 53 FPG lautet wie folgt:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Der Beschwerdeführer fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde hat sich bei der Begründung des Einreiseverbotes auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers bezogen (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG).

Der Beschwerdeführer hat wohl angegeben, noch über 400,-- Euro bar zu verfügen, weitere Vermögenswerte oder das Vorhandenseins eines Kontos oder einer Kreditkarte wurden nicht behauptet. In Anbetracht des Umstandes, dass auch keine legale Erwerbstätigkeit vorliegt, bzw. möglich ist, war letztlich von der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers auszugehen, zumal selbst mit 400,- Euro nicht ausreichende Mittel für einen längeren Aufenthalt in Österreich gewährleistet sind. Weiters kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer kein Familienleben in Österreich führt, in Österreich (außer im Polizeianhaltezentrum) niemals gemeldet war und kein Privatleben (außer einer behaupteten Beziehung zu einer rumänischen Staatsangehörigen, die sich jedoch zuletzt in ihrem Herkunftsland und nicht in Österreich aufgehalten hat) führt. Dem gegenüber ist der Beschwerdeführer wohl nicht strafgerichtlich verurteilt worden, ist jedoch kriminalpolizeilich negativ in Erscheinung getreten. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt.

Auch die im Lichte des Art. 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.

Bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es im vorliegenden Fall von dem Vorliegen der Voraussetzungen für ein Einreiseverbot ausgegangen ist. In Anbetracht der Höchstgrenze eines Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 2 FPG von fünf Jahren und des Umstandes, dass die Behörde zunächst ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen wollte erscheint – wiederum unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände – die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren auch nicht unverhältnismäßig.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG lautet hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Das BFA hat der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, daher hat es auch zu Recht ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers besteht.

Gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist vom BFA einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Dies liegt im vorliegenden Fall vor.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen war.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Zu dem vorliegenden Fall hat die belangte Behörde am 15.02.2021 eine ausgiebige persönliche niederschriftliche Einvernahme unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers durchgeführt, der Beschwerdeführer hat von sich aus keine Beweismittel vorgelegt. Es sind im vorliegenden Fall auch die Feststellungen der belangten Behörde und deren Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Es war daher der Sachverhalt ausreichend geklärt und daher nicht erforderlich eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers durchzuführen, welche im Übrigen gar nicht beantragt wurde und in Anbetracht des Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer wieder im Herkunftsstaat befindet und eine Einreise derzeit in Anbetracht der herrschenden Covid-Restriktionen nur sehr schwer möglich ist, auch kaum durchzuführen wäre.

Es ist daher festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil B – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer derartigen Rechtsprechung und ist auch die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen, auch liegen keine sonstigen Hinweise auf die grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich vielmehr an allen erheblichen Rechtsfragen und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese, soweit erforderlich, auch zitiert. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Frist Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Mittellosigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2240817.1.00

Im RIS seit

11.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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