TE Bvwg Beschluss 2021/4/14 W108 2237493-1

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Veröffentlicht am 14.04.2021
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Entscheidungsdatum

14.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §9 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W108 2237493-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 26.06.2019, Zl Jv 52688-33a/19, Ziv 463013/19-Y (Y), betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die im Grundverfahren zu 10 Ps 22/13d des Bezirksgerichts XXXX vorgeschriebenen Gerichtskosten (Sachverständigengebühren) im Betrage von EUR 1.669,00 gemäß § 9 Abs. 2 GEG nachzulassen, nicht stattgegeben.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 26.08.2019 eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher sie zusammengefasst vorbrachte, dass sie wegen ihrer körperlichen Einschränkungen Invaliditätspension und Pflegegeld beziehe, es sei völlig unangebracht, sie zu zwingen, davon die Sachverständigengebühren zu zahlen, zumal der Staat ihre Hilfsbedürftigkeit anerkenne. Die Leistungen, die sie beziehe, seien ausschließlich dafür gedacht, ihre notwendigen Mehrausgaben zu decken. Selbst eine Ratenzahlung sei eine unzumutbare Einschränkung, da dieses Geld von ihren Nahrungsmitteleinkäufen, Kosten für Benzin, Therapien etc. abgehen werde.

3. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt am 01.12.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Am 07.04.2021 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die Beschwerdeführerin am 26.03.2021 verstorben ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter I. dargelegten Verfahrensgang und Sachverhalt ausgegangen.

Damit steht insbesondere fest, dass der gegenständliche Nachlassantrag aus in der Person der Beschwerdeführerin gelegenen, individuellen Gründen gestellt wurde und die Beschwerdeführerin während des Beschwerdeverfahrens am 26.03.2021 verstorben ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerde sowie dem Auszug aus dem Verlassenschaftsregister des Bezirksgerichtes XXXX zur Zl. 14 A 131/21d. Der Sachverhalt ist daher als erwiesen anzunehmen und auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Grunde zu legen. Damit steht der für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes maßgebliche Sachverhalt fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2.1. Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist. Eine besondere Härte kann auch dann vorliegen, wenn sich aus dem Grundverfahren oder aus den Ergebnissen eines Verfahrens über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters ergibt, dass der Zahlungspflichtige zum Zeitpunkt der Gebühren auslösenden Verfahrenshandlung nicht entscheidungsfähig war und die Verfahrenshandlung in der Folge nicht genehmigt wurde.

Hinsichtlich des Tatbestandselementes der „besonderen Härte“ kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowohl eine besondere Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung als auch eine solche infolge Vorliegens individueller Gründe in Betracht, die die Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren als besondere Härte erscheinen ließen. Diese Voraussetzung hat die Justizverwaltungsbehörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 26.01.1996, 93/17/0265; 21.12.1998, 98/17/0180; 18.03.2002, 2001/17/0176; 23.06.2003, 99/17/0029 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Ein Mangel der Partei- und Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. VwGH 27.02.2019, Ro 2017/10/0032, mwN).

3.2.2. Das von der Beschwerdeführerin mit dem verfahrenseinleitenden Antrag geltend gemachte Recht auf Gewährung eines Nachlasses gemäß § 9 Abs. 2 GEG in Bezug auf die ihr vorgeschriebenen Gerichtskosten wurde mit dem Vorliegen einer besonderen Härte wegen individueller Gründe (wirtschaftliche Schwierigkeiten/Belastungen aufgrund körperlicher Einschränkungen der Beschwerdeführerin) begründet. Daher kommt in Folge des Todes der Beschwerdeführerin während des Beschwerdeverfahrens eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung bzw. eine Gewährung des Nachlasses nicht (mehr) in Betracht.

Somit hat das Bundesverwaltungsgericht das bei ihm anhängige Verfahren über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mit Beschluss einzustellen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² § 28 VwGVG, Anm 5. [Stand 1.10.2018, rdb.at], wonach die Einstellung [gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG] am Ende jener Verfahren steht, in denen der Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, etwa im Fall des Untergangs des Beschwerdeführers; vgl. auch VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035; VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047; VwGH 28.05.2019, Ra 2018/10/0117).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Beschwerdeführer verstorben Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W108.2237493.1.00

Im RIS seit

11.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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