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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des N O in T, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 2020, W186 2138836-1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 27. August 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er damit begründete, dass er von den Taliban mit dem Tod bedroht und aufgefordert worden sei, sich ihnen anzuschließen.
2 Mit Bescheid vom 14. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. Februar 2021, E 4308/2020-7, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Daraufhin brachte der Revisionswerber die vorliegende Revision ein.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung und bringt dazu vor, bei den „vermeintlichen“ Widersprüchen und kleinen Ungereimtheiten in den Angaben des Revisionswerbers handle es sich lediglich um Details, die nicht geeignet seien, dem Vorbringen zu den Gründen der Flucht die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Der Revisionswerber habe die fluchtauslösenden Ereignisse im Kern stets gleichlautend geschildert. Es sei unterlassen worden, eine ganzheitliche Würdigung des Vorbringens des Revisionswerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, seiner persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens vorzunehmen, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten erfordert hätte.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 1.2.2021, Ra 2020/20/0022, 0023 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2021/20/0065).
10 Das Bundesverwaltungsgericht setzte sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht auseinander und legte im Rahmen einer nicht als unschlüssig zu bezeichnenden Beweiswürdigung dar, weshalb das Vorbringen des Revisionswerbers als unglaubwürdig einzustufen sei. Es stützte sich auf unplausible sowie widersprüchliche Angaben des Revisionswerbers zum fluchtauslösenden Ereignis und zu den Personen, welche ihn bedroht haben sollen. Entgegen dem Revisionsvorbringen würdigte das Bundesverwaltungsgericht die Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens auch unter Bezugnahme auf die Ausführungen eines länderkundigen Sachverständigen.
11 Die Revision vermag mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen nicht darzutun, dass das Bundesverwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte.
12 Das nicht weiter konkretisierte Vorbringen, „es fehle eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darüber, ob es sich bei den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Städten wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat für den Revisionswerber um innerstaatliche Fluchtalternativen handle“, ist in seiner Allgemeinheit nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, weil nicht konkret unter Bezugnahme auf den Revisionsfall dargelegt wird, zu welcher entscheidungsmaßgeblichen Rechtsfrage Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht berufen (vgl. VwGH 25.5.2020, Ra 2020/20/0151, mwN).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 17. Mai 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200145.L00Im RIS seit
11.06.2021Zuletzt aktualisiert am
06.07.2021