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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. September 1995, Zl. 303.022/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. September 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe die Unbedenklichkeit betreffend die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für die von der Beschwerdeführerin angestrebte unselbständige Tätigkeit nicht bestätigt, woraus sich für die belangte Behörde "der Umstand" ergeben habe, "aus diesem Grunde" den Antrag der Beschwerdeführerin abzulehnen. Dies deshalb, weil sie gemäß § 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz zur Ausübung einer "unselbständigen Erwerbstätigkeit" bedürfe. Da sie weder über eine gültige Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder über einen Befreiungsschein verfüge noch eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 5 Abs. 4 AufG vorliege, sei der von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Aufenthaltszweck aufgrund der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation verfehlt. Somit stehe fest, daß die Beschwerdeführerin nicht berechtigt sei, sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten.
Die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes sei von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice "mit ausreichender Determination und Nachvollziehbarkeit" vorgenommen worden; dabei sei ein ordnungsgemäßes Verfahren, welches das AuslBG dafür vorsehe, durchgeführt worden, "sodaß kein Zweifel an der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt" für den "angestrebten Beruf nicht aufnahmefähig" sei, bestehe.
Da die Beschwerdeführerin zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nicht berechtigt sei, sei der Schluß, daß sie über keine ausreichenden eigenen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes verfüge, "nicht unzulässig".
Die Beschwerdeführerin habe sich in ihrer Berufung auch auf den Zweck eines "privaten Aufenthalts" gestützt. Sie habe aber jedenfalls erklärt, sie sei in Österreich auf Arbeitssuche.
Aus den Angaben der Beschwerdeführerin gehe hervor, daß ihr Unterhalt allein durch die Verpflichtungserklärung ihrer Tante bestritten werden solle. Eine solche Finanzierung ihres Aufenthaltes durch Dritte sei aber nicht geeignet, die dauernde Sicherung ihres Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.
Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen über die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 MRK.
Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hat sich im erstinstanzlichen Verfahren auf die beabsichtigte Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Küchenhilfe berufen. In ihrer am 13. Februar 1995 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangten Berufung beantragte sie, ihr die Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "privater Aufenthalt" zu erteilen.
Die diesbezügliche Zweckänderung in einer vor Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, eingebrachten Berufung war zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/19/1837).
Die belangte Behörde hätte daher richtigerweise von dem geltend gemachten privaten Aufenthaltszweck des Zusammenlebens der Beschwerdeführerin mit ihrem Lebensgefährten auszugehen gehabt.
Selbst unter der unzutreffenden Annahme, die Beschwerdeführerin strebe eine unselbständige Erwerbstätigkeit an, gliche der hier zu beurteilende Fall in den entscheidungswesentlichen Punkten (Anfrage an die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice und deren formularmäßige Antwort, daß die Unbedenklichkeit für die gewählte Berufsgruppe nicht bestätigt werde; allein darauf verweisende Begründung des Bescheides der belangten Behörde) demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2159, zu beurteilen hatte.
In Ansehung des Versagungsgrundes des § 5 Abs. 1 AufG gleicht der gegenständliche Fall in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, welcher dem hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0442, zugrundelag. Aus den dort dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, fällt der belangten Behörde auch insoweit ein Begründungsmangel gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des insgesamt gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996192165.X00Im RIS seit
11.07.2001