TE Lvwg Beschluss 2020/7/9 VGW-002/V/032/7556/2020

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Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §54a Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde des A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 13. Mai 2020, Zl. …, mit welchem der Vollzug der rechtskräftig verhängten Verwaltungsstrafe mit Wirksamkeit vom 12. Dezember 2019 bis 11. Juni 2020 gemäß § 54a Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz – VStG von Amts wegen aufgeschoben wurde, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

I.       Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt

1.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Mai 2020 wurde der Vollzug eines dort näher genannten Straferkenntnisses nach dem Glücksspielgesetz "gemäß § 54a Abs. 3 VStG mit Wirksamkeit vom 12.12.2019 bis 11.06.2019 von Amts wegen aufgeschoben". Im Spruch des angefochtenen Bescheids findet sich weiters folgender Satz:

"Gleichzeitig werden Sie aufgefordert, sich am 12.06.2020 zwischen 08:00 Uhr und 12:00 Uhr im Polizeianhaltezentrum C. ([…]) zum Strafantritt der genannten Verwaltungsstrafen einzufinden."

Dieser behördlichen Erledigung lag kein Antrag des Beschwerdeführers zugrunde, der Ausspruch erfolgte amtswegig.

2.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher ausschließlich auf die zitierte Passage zum Strafantritt Bezug genommen und dazu unionsrechtliches Vorbringen erstattet wird.

3.       Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien vor.

4.       Diese Feststellungen zum bisherigen Verfahrensgang gründen sich auf den unzweifelhaften Akteninhalt.

II.      Rechtliche Beurteilung

1.       Zunächst ist festzuhalten, dass das ausschließlich auf die Aufforderung zum Strafantritt Bezug nehmende Beschwerdevorbringen insofern ins Leere geht, als nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aufforderung zum Antritt einer Freiheitsstrafe (auch einer Ersatzfreiheitsstrafe) keinen Bescheid darstellt. Dieser eine Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit des Vollzugs der Freiheitsstrafe bildende Verwaltungsakt enthält keinen Abspruch in einer bestimmten Verwaltungsangelegenheit. Er ist zum einen lediglich die nachdrückliche Erinnerung an einen bereits im Strafbescheid enthaltenen Befehl, zum anderen die Mitteilung, dass der Betroffene, falls er der Aufforderung nicht Folge leistet, mit der zwangsweisen Vorführung zu rechnen habe (VwGH 25.2.1993, 93/18/0015; 14.12.2007, 2007/02/0355).

Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist einzig die Einräumung eines Aufschubs des Strafvollzugs gemäß § 54a Abs. 3 VStG.

2.       Auch ohne ausdrückliche Erwähnung durch den Gesetzgeber ist das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers Voraussetzung für ein Eingehen des Verwaltungsgerichts in eine Beschwerde. Das Rechtsschutzinteresse besteht im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsakts; das objektive Interesse des Beschwerdeführers an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gründet in dessen Beschwer. Eine derartige Beschwer liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag des Beschwerdeführers an die Verwaltungsbehörde zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrag die Verwaltungsbehörde den Beschwerdeführer durch ihren Verwaltungsakt belastet. Dieses Rechtsschutzinteresse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, also die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den Prozessvoraussetzungen vor dem Verwaltungsgerichtshof VwGH 27.02.2018, Ra 2017/05/0208).

Im vorliegenden Fall liegt der behördlichen Entscheidung kein Antrag des Beschwerdeführers zugrunde, durch den Ausspruch der belangten Behörde kann er somit nicht formell beschwert sein. Eine Belastung des Beschwerdeführers ist durch die amtswegige Gewährung eines Strafaufschubs für das Verwaltungsgericht Wien im Übrigen nicht zu erkennen. Vielmehr gereichte dieser Ausspruch dem Beschwerdeführer zum Vorteil, weil er ohne einen solchen Ausspruch jederzeit verhalten werden hätte können, unmittelbar die Verwaltungshaft anzutreten.

Der Beschwerdeführer ist somit durch die von ihm angefochtene behördliche Erledigung nicht beschwert, seine dagegen gerichtete Beschwerde ist als unzulässig zurückzuweisen.

3.       In Hinblick auf die Unzulässigkeit der Beschwerde kann dahingestellt bleiben, ob das Beschwerdeverfahren angesichts des bereits abgelaufenen Zeitraums, auf den sich der Aufschub des Straffvollzugs bezieht, nicht überhaupt gegenstandslos geworden ist.

4.       Im Beschwerdeverfahren waren einzig die Prozessvoraussetzungen betreffend die vorliegende Beschwerde zu beurteilen; die in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April, Ra 2020/17/0013, genannten Rechtsvorschriften waren dabei nicht anzuwenden, die dort genannten Rechtsfragen haben sich nicht gestellt, die Wirkungen des § 38a Abs. 3 VwGG treten im Beschwerdeverfahren daher nicht ein.

4.       Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Hinblick auf § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.

5.       Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – insbesondere zu den Prozessvoraussetzungen verwaltungsgerichtlicher Verfahren oder zur Bescheidqualität einer Aufforderung zum Strafantritt – ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufschub des Strafvollzuges; Prozessvoraussetzungen; Beschwer; Rechtsschutzinteresse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.002.V.032.7556.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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