TE Vwgh Beschluss 1997/3/24 95/19/1377

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Veröffentlicht am 24.03.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 idF 1995/351 §9 Abs3;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §36 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/19/1385 B 24. März 1997 95/19/1387 B 24. März 1997 95/19/1391 B 16. Mai 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache der I, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. einer Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 6.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenaufwand wird abgewiesen.

Begründung

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Februar 1995 abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid am 14. März 1995 Berufung. Mit ihrer am 2. November 1995 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde machte die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Inneres geltend. Mit Verfügung vom 21. März 1996 trug der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde auf, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Zustellung dieser Verfügung an die belangte Behörde erfolgte am 29. Mai 1996.

Die belangte Behörde brachte vor, die Beschwerdeführerin habe einen Erstantrag auf Aufenthaltsbewilligung eingebracht. Als Aufenthaltszweck habe sie die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Tänzerin angegeben. Ihr Antrag sei ein quotenwirksamer Erstantrag für das Bundesland Wien, welcher nach der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 unter die Gruppe des § 1 Abs. 2 für den Zweck Familiennachzug, Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige falle. Diese Quote sei spätestens am 25. Juni 1996 erschöpft gewesen. Von diesem Umstand abgesehen stünden der Erteilung einer Bewilligung keine Hindernisse entgegen.

Die Beschwerdeführerin trat diesen Angaben der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht entgegen.

Mit dem am 20. Jänner 1997 zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1997, Zl. 115.198/2-III/11/95, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den in Rede stehenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien stattgegeben und ihr eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" vom 1. Februar 1997 bis 1. Dezember 1997 erteilt.

Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1997 teilte die belangte Behörde am 7. März 1997 mit, daß die festgelegte Höchstzahl von Bewilligungen für das Bundesland Wien gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung nach dem AufG für 1995, BGBl. Nr. 1023/1994, am 16. Dezember 1995 erschöpft war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3

VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:

§ 36 Abs. 2 VwGG lautet:

"(2) Bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG ist der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen. Wird der Bescheid fristgerecht erlassen, so ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen."

§ 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lautet:

"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG sind in diesem Fall nicht anwendbar."

Auszugehen ist zunächst davon, daß die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG im vorliegenden Fall verstrichen ist, ohne daß die belangte Behörde aus dem Grunde des § 9 Abs. 3 AufG an der Bescheiderlassung gehindert gewesen wäre. Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist daher zulässig.

Im Hinblick auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestrittene Tatsache, daß die für den von der Beschwerdeführerin angegebenen Aufenthaltszweck festgelegte Quote für das Jahr 1996 für das Bundesland Wien spätestens am 25. Juni 1996 erschöpft war, war die belangte Behörde aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 3 gehindert, den versäumten Bescheid bis zur Erlassung einer nachfolgenden Quotenverordnung (hier: der entsprechenden am 13. Dezember 1996 im Bundesgesetzblatt BGBl. Nr. 707/1996 kundgemachten Verordnung über die Anzahl der Bewilligungen im Jahr 1997) nachzuholen. Unbestritten ist auch, daß keine Gründe für eine Abweisung des Antrages vorlagen, sodaß es dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde in einem solchen Fall ungeachtet der Erschöpfung der Quote zur Erlassung eines abweislichen Bescheides berechtigt und verpflichtet gewesen wäre.

Ist die Bescheiderlassung aufgrund einer besonderen Vorschrift (hier nach § 9 Abs. 3 AufG) während eines bestimmten Zeitraumes überhaupt unzulässig, so wird die Frist des § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG durch eine solche Vorschrift dahingehend modifiziert, daß ihr Fortlauf für die Dauer der Unzulässigkeit der Bescheiderlassung gehemmt bzw. ihr Beginn aufgeschoben ist (wobei die letztere Variante hier sachverhaltsbezogen nicht in Rede steht). Die Frage einer Fristverlängerung nach dem zweiten Satz des § 36 Abs. 2 VwGG stellt sich daher gar nicht.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Frist des § 36 Abs. 2 VwGG im Zeitpunkt der Erlassung des nachgeholten Berufungsbescheides (20. Jänner 1997) noch offen war, sodaß das Verfahren über die Säumnisbeschwerde nach § 36 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. einzustellen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung wäre die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung ausreichend gewesen, sodaß an Eingabengebühr lediglich S 240,-- zuzusprechen waren.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Binnen 6 Monaten Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191377.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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