TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/7 VGW-002/092/7062/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.10.2020

Index

34 Monopole
20/01 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
ABGB §309

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Kienast über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Landeskriminalamt - Referat 2 Wirtschaftspolizeiliche Angelegenheiten und Vermögenssicherung, vom 29.4.2020, Zl. …, betreffend Glücksspielgesetz (GSpG)

zu Recht e r k a n n t und v e r k ü n d e t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

Am 20.10.2019 Uhr fand beginnend um 9:15 Uhr in der C.-Straße, Wien, in dem dort etablierten Geschäftslokal „D.“ eine Kontrolle der Finanzpolizei, Team …, (Finanzamt Wien …) statt. Dabei wurden drei Geräte zur Durchführung von Glücksspielen betriebsbereit vorgefunden.

Die Finanzpolizei beschlagnahmte am 20.10.2019 (vorläufig) diese Eingriffsgegenstände. Mit Bescheid vom 3.2.2020 ordnete die belangte Polizeidirektion gemäß § 53 Abs. 1 GSpG die Beschlagnahme der drei näher bezeichneten Glücksspielgeräte (samt dem allenfalls in den Gerätekassen enthaltenen Bargeldbetrag) an und verfügte gemäß § 53 Abs. 2 GSpG deren Einziehung.

Am 9.3.2020 wurde der Beschwerdeführer von der Finanzpolizei einvernommen.

Mit Schreiben vom 30.3.2019 forderte die belangte Polizeidirektion den Beschwerdeführer auf, sich zum Vorwurf zu rechtfertigen, er habe es zu verantworten, dass am 20.10.2019 um 9:15 Uhr in Wien, C.-Straße, Top 2, im dort situierten Spiellokal „D.“ zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht wurden, indem er als Mieter bzw. Betreiber des Lokals den Betrieb der in seiner Gewahrsame befindlichen, betriebsbereiten und funktionsfähigen näher bezeichneten drei Glücksspielgeräte gestattete, um damit regelmäßige Einnahmen zu erzielen.

Mit Schriftsatz vom 20.4.2020 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er unter anderem ausführte, er habe niemals Zugang zu diesem Lokal gehabt und damit niemals die Gewahrsame an den drei genannten Glücksspielgeräten. Dieser Rechtfertigung legten die Beschwerdeführer verschiedene Unterlagen bei (unter anderem einen zwischen ihm als Untervermieter und der E. SRL als Untermieter abgeschlossenen Untervermietvertrag bezüglich des gegenständlichen Geschäftslokals).

Mit Straferkenntnis vom 29.4.2020 bestrafte die belangte Polizeidirektion den Beschwerdeführer wegen der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 3. Fall GSpG mit jeweils € 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 3 Tage 12 Stunden), weil er es zu verantworten habe, dass am 20.10.2019 um 9:15 Uhr in Wien, C.-Straße, Top 2, im dort situierten Spiellokal „D.“ zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht wurden, indem er als Mieter bzw. Betreiber des Lokals den Betrieb der in seiner Gewahrsame befindlichen, funktionsfähigen, betriebsbereiten näher bezeichneten drei Glücksspielgeräte gestattete, um damit regelmäßige Einnahmen zu erzielen.

Mit Schriftsatz vom 26.5.2020 erhob der Beschwerdeführer (rechtzeitig) Beschwerde und brachten auch darin vor, dass er keine Gewahrsame an den Glücksspielgeräten gehabt habe, weshalb der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 3. Fall GSpG nicht erfüllt sei.

Mit Note vom 3.6.2020 legte die belangte Polizeidirektion dem erkennenden Verwaltungsgericht die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor, wo er am 18.6.2020 einlangte.

Am 9.9.2020 fand vor dem erkennenden Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der neben dem Beschwerdeführer auch die Herren F. G. und J. H. als Zeugen einvernommen wurde. Nach Schluss der Verhandlung verkündete der Verhandlungsleiter das gegenständliche Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen, dessen Ausfertigung beantragt wurde.

II. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer schloss am 31.7.2019 einen Mietvertrag für die Dauer von 4 Jahren hinsichtlich eines Geschäftslokals in der C.-Straße, Wien, ab; der Hauptmietzins betrug € 1471,40 monatlich. Am 1.8.2019 schloss er einen Untermietvertrag bezüglich desselben Geschäftslokals mit einer rumänischen Gesellschaft E. SRL.

Der Beschwerdeführer bezahlte an den Vermieter weder Kaution noch Miete.

Der Beschwerdeführer hat umgehend, nachdem er von der verbotenen Ausspielung mittels drei Glücksspiegeräte in dem von ihm gemieteten Geschäftslokal Kenntnis erlangte, das Mietverhältnis gekündigt (Kündigung vom 31.10.2019 mit Wirksamkeit 1.1.2020).

Der Beschwerdeführer sah sich hinsichtlich des gegenständlichen Geschäftslokals als Mittelsmann; er solle seine Handels- und seine Gastgewerbeberechtigung zur Verfügung stellen, damit eine dritte (juristische) Person (an der Herr H. involviert ist) das Geschäftslokal nutzen kann.

Dem Beschwerdeführer wurden die Schlüssel für das gegenständliche Geschäftslokal nie ausgehändigt; er hat das Lokal nie betreten.

2. Die Feststellungen bezüglich des Geschäftslokals und des für dieses abgeschlossenen Miet- und Untermietvertrags gründen im Verwaltungsakt und sind als solche unstrittig.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer das gegenständliche Geschäftslokal weder je betreten noch die Schlüssel für dieses hat, ergeben sich nicht nur aus der durchaus glaubwürdigen Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung selbst, sondern auch und insbesondere aus den Aussagen der Zeugen G. und H. sowie aus den Umständen, dass unmittelbar nach Abschluss des Mietvertrages auch der Untermietvertrag abgeschlossen wurde und dass der Beschwerdeführer weder Mietzins noch Strom zahlte. Die Aussage des Beschwerdeführers, dass es ihm durchaus bewusst war, er solle nur als „Mittelsmann“ fungieren, der allenfalls seine Berechtigungen für den Betrieb des Geschäftslokals zur Verfügung stellen soll, fügt sich nahtlos in jene Umstände, auf denen die diesbezügliche Feststellung des erkennenden Verwaltungsgerichts basiert.

         3. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich macht. Das unternehmerische Zugänglichmachen einer verbotenen Ausspielung im Sinne des 3. Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GspG verwirklicht nach der Judikatur des VwGH (z.B. VwGH 15.6.2020, Ra 2019/17/006), eine Person, die etwa ein Glücksspielgerät in ihrer Gewahrsame hat und damit Spielern die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen ermöglicht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Wirt die Aufstellung eines solchen Glücksspielgeräts durch einen Dritten duldet, weil er dafür Miete erhält oder sich zumindest durch das Vorhandensein dieses Gerätes in seinem Lokal eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft.

         Wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB), ist ihr „Inhaber“. Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart ist unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen. Es kommt somit darauf an, wer das Geschäftslokal „betreibt“. Innehabung kann auch durch abhängige Gehilfen, sogenannte „Besitzdiener“ (Familienangehörige, Hausgehilfen, Dienstnehmer, uÄ), ausgeübt und durch Partner aus solchen Rechtsverhältnissen vermittelt werden, die eine Anerkennung der Oberherrschaft bedeuten, sogenannte „Besitzmittler“ (Verwahrer, Entlehner, Bestandnehmer, oder Fruchtnießer, Vorbehaltskäufer uÄ) (vgl. VwGH 15.12.2014, Ra 2014/04/0028 bis 0030; RIS-Justiz RS0010104; Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4, § 309 Rz 2; Grüblinger in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 309 Rz 3). Mit der Innehabung eines Geschäftslokals wird daher die Möglichkeit der Bestimmung des in diesem ausgeübten faktischen Geschehens angesprochen (vgl. VwGH 15.12.2014, Ra 2014/04/0028 bis 0030; 29.6.2017, Ro 2016/04/0012, Rn. 36, jeweils mwN).

         Nach den Feststellungen war es dem Beschwerdeführer nicht möglich, das faktische Geschehen im Geschäftslokal „D.“ zu bestimmen. Er verfügte nicht einmal über die Schlüssel zu diesem Lokal; er hatte folglich die in diesem Geschäftslokal aufgestellten Glücksspielgeräte nicht in seiner Gewahrsame, weshalb er auch das dritte Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nicht verwirklicht hat.

Ob der Beschwerdeführer das 4. Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verwirklicht hat, war gegenständlich nicht zu beurteilen, weil ein „Umstellen“ nicht möglich ist; dies würde die „Sache“ des Beschwerdeverfahrens überschreiten, weil es dabei zu einem anderen als des ursprünglich der Bestrafung zugrunde gelegten Sachverhalts kommt und damit die „Tat“ ausgetauscht würde.

Insgesamt liege somit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer in diesem Geschäftslokal unternehmerisch tätig gewesen war. Da er somit mangels Gewahrsame an den Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen nicht unternehmerisch zugänglich gemacht hat, war das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

Bei diesem Ergebnis waren auch Feststellungen zu den Glücksspielgeräten und der Veranstaltung verbotener Ausspielungen entbehrlich; ebenso Feststellungen zur Frage, ob die Bestimmungen des GSpG dem Unionsrecht entsprechen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verbotene Ausspielung; unternehmerisch zugänglich machen; Gewahrsame; Innehabung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.002.092.7062.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten