TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/13 W280 2234932-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.04.2021
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Entscheidungsdatum

13.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W280 2234932-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .1988, Staatsangehörigkeit Kosovo, vertreten durch Rae RAST & MUSLIU, Alser Straße 23/14, 1080 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom XXXX .08.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX .04.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer (BF), einem am XXXX .1988 geborenen kosovarischen Staatsbürger, wurde von der für ihn zuständigen Aufenthaltsbehörde auf dessen Antrag vom XXXX .10.2014 eine Aufenthaltsberechtigung „Student“ für den Zeitraum XXXX .09.2014 bis XXXX .09.2015 ausgestellt und folglich bis XXXX .09.2017 verlängert.

Am XXXX .08.2017 stellte der BF sodann ein Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Künstler“. Vom Arbeitsmarktservice abgewiesen, wurde der negative Bescheid vom BF bekämpft und erging in weiterer Folge nach einer Beschwerdevorentscheidung sodann am XXXX .11.2018 ein abweisendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG).

Am XXXX .01.2019 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 und wurde diesem hierauf am XXXX .01.2019 eine Karte „Aufenthaltsberechtigung Plus“ ausgefolgt.

Das zugrundeliegende Verfahren wurde aufgrund von Ungereimtheiten und dem Verdacht einer strafrechtlich zu ahnenden Handlung auf Behördenseite sodann amtswegig wiederum aufgenommen. Der entsprechende Bescheid ist am XXXX .01.2020 in Rechtskraft erwachsen.

Am XXXX .07.2020 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde), hierzu niederschriftlich einvernommen.

Das wieder aufgenommene Verfahren schloss das BFA mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX .08.2020 ab und wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Kosovo gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Dagegen erhob der BF mit Schriftsatz vom XXXX .06.2020 durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das BVwG, mit welcher beantragt wurde festzustellen, dass die Erteilung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung Plus“ rechtmäßig gewesen sei, in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung Plus“ zu erteilt sei, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, der Beschwerde Folge zu geben und den Bescheid zu beheben, in eventu dem Rechtsmittel Folge zu geben und die Sache zur Verfahrensergänzung an die 1. Instanz zurückzuverweisen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Die wurde von der belangten Behörde mit dem Verfahrensakt dem BVwG vorgelegt, wo sie am XXXX .09.2020 einlangte.

Am XXXX .04.2021 führte das BVwG in Anwesenheit des BF und im Beisein seines Vertreters eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger von Kosovo und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Zif. 10 FPG. Die Identität des BF steht fest.

Die Eltern des BF sowie ein Bruder und der Großvater väterlicherseits leben in XXXX / Kosovo, wo sein Vater eine XXXX betreibt. Der Bruder arbeitet ebenfalls im elterlichen Betrieb, sein zweiter Bruder lebt in den XXXX . Sowohl mit seinen in Kosovo lebenden Familienangehörigen als auch mit den besten seiner dort lebenden Freunde pflegt der BF Kontakt.

Weitere Onkel und Cousins des BF leben in Deutschland, der Schweiz und in Belgien.

Der BF ist ledig, hat keine Kinder oder sonstige Sorgepflichten. In Kosovo lebt und arbeitet die am XXXX .1990 geborene Verlobte des BF, die ebenfalls kosovarische Staatsbürgerin ist.

Der BF hat nach wie vor sehr starke Bindungen in sein Herkunftsland. 2019 reiste dieser sechs Mal nach Kosovo um seine Familie zu besuchen. Zuletzt hielt er sich im Jänner 2020 in seinem Herkunftsstaat auf.

Der BF besuchte in Kosovo die Grundschule und das Gymnasium, verbrachte während des Krieges in Kosovo zwei Jahre XXXX wo er zur Schule ging und sich auch Kenntnisse der deutschen Sprache aneignete, bevor er im Jahr 2000 wiederum in seinen Herkunftsstaat zurückkehrte. In Kosovo studierte er Management und Informatik und schloss das Studium mit dem Bachelor ab.

Bis zur Erlangung eines Aufenthaltstitels in Österreich arbeitete der BF ca. 2 Jahre im Betrieb seines Vaters.

Nach einem entsprechenden Antrag des BF vom XXXX .10.2014 wurde diesem eine Aufenthaltsberechtigung „Student“ für den Zeitraum XXXX .09.2014 bis XXXX .09.2015 ausgestellt und folglich bis XXXX .09.2017 verlängert.

Der BF weist eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet für den Zeitraum von XXXX .09.2014 bis XXXX .10.2015 auf. Aufgrund einer Erkrankung seines Vaters kehrte der BF sodann in seinen Herkunftsstaat zurück um 2016 wiederum nach Österreich zurückzukehren. Seit XXXX .02.2016 ist der BF durchgehend im Bundesgebiet behördlich gemeldet.

Der BF begann in Österreich das Masterstudium „Wirtschaftsinformatik“, zu welchem er nach entsprechender Antragstellung mit Bescheid der Universität Wien am XXXX .02.2014 zugelassen wurde, im Oktober 2016, da er zuvor einen entsprechenden Sprachkurs auf Niveau B 2 absolvieren musste. Mit der Zulassung zum genannten Masterstudium wurde ihm – zusätzlich zu den im Studium vorgeschriebenen Studienleistungen - die zusätzliche Absolvierung von bestimmten Prüfungen, sohin die Pflichtmodule „ XXXX “, „ XXXX “, „ XXXX “, „ XXXX “ und „ XXXX “ vorgeschrieben, die der BF bis dato nicht erbracht hat.

Festgestellt wird, dass der BF seit seiner Einreise ins Bundesgebiet bis zum Entscheidungszeitpunkt in Österreich keine Ausbildung abgeschlossen hat. Der Besuch einer Ausbildungsveranstaltung „SAP für Allrounder_innen – kaufmännisch & logistisch“ des AMS ist für XXXX 2021 geplant.

Am XXXX .08.2017 stellte der BF sodann ein Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Künstler“. Dieser wurde vom Arbeitsmarktservice (AMS) bescheidmäßig abgewiesen. Die abweisende Entscheidung wurde nach Beschwerdevorentscheidung mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG), Zl. XXXX , vom XXXX .11.2018 bestätigt.

Am XXXX .01.2019 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 und wurde diesem hierauf am XXXX .01.2019 eine Karte „Aufenthaltsberechtigung Plus“ ausgefolgt. Das zugrundeliegende Verfahren wurde aufgrund von Ungereimtheiten und dem Verdacht einer strafrechtlich zu ahnenden Handlung auf Behördenseite sodann amtswegig wiederum aufgenommen und erwuchs der entsprechende Bescheid am 08.01.2020 in Rechtskraft.

Der BF weist nachfolgende Meldungen zur Sozialversicherung auf:

XXXX .10.2014 bis XXXX .12.2015 – Selbstversicherung gem. § 16 Abs. 2 ASVG;

XXXX .12.2014 bis XXXX .12.2015 – geringfügig beschäftigter Arbeiter „s2events e.U.“;

XXXX .07.2016 bis XXXX .01.2018 - Selbstversicherung gem. § 16 Abs. 2 ASVG;

XXXX .04.2019 bis XXXX .03.2020 Angestellter;

XXXX .08.2020 bis XXXX .09.2020 – geringfügig beschäftigter Angestellter

XXXX .03.2020 bis XXXX .08.2020 – Arbeitslosengeldbezug

XXXX .08.2020 bis dato – Notstandshilfe, Überbrückungshilfe

Nicht festgestellt werden kann wann die seit XXXX .02.2018 bestandene Selbstversicherung gem. § 19a ASVG Arbeiter endete.

Im Zeitraum XXXX .04.2019 bis XXXX .03.2020 war der BF Vollzeit beschäftigt, ansonsten geringfügig.

Mangels eines gültigen Aufenthaltstitels ab Rechtskraft der Entscheidung des BVwG und der ex tunc Wirkung der Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens und der darauffolgenden Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 hält sich der BF seit XXXX .11.2018 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Seine Beschäftigungen ab diesem Zeitraum waren sohin nicht rechtmäßig.

Seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet bestreitet der BF derzeit aus Ersparnissen sowie seit XXXX .03.2020 aus dem Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstands- und Überbrückungshilfe. Eine finanzielle Unterstützungsleistung durch seine Eltern hat vor sechs Monaten geendet.

Der BF hat Freunde und ehemaligen Arbeitskollegen, mit denen dieser außerhalb eines Vereines Fußball spielt. Darüberhinausgehende soziale Anknüpfungspunkte oder anderweitige Bescheinigungen, die eine tiefergehende Integration des BF nachweisen, bestehen nicht.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er besitzt eine Einstellungszusage für den Fall des Erhalts einer Arbeitsgenehmigung.

Der BF spricht albanisch sowie Deutsch, Englisch und ein wenig Türkisch. Er verfügt über ein Sprachzertifikat für die deutsche Sprache auf Niveau B 2.

Das Modul 1 der Intergrationsvereinbarung hat der BF nicht abgeschlossen.

Der BF erweist sich in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten.

Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF (Namen und Geburtsdatum), zu seinen Eltern, Bruder und Verwandten sowie zu seiner Verlobten getroffen wurden, beruhen diese – ebenfalls wie die Feststellungen zu den Ausbildungen an Schulen und Universitäten des BF in Kosovo, der Schweiz und in Österreich sowie zu seinem Privatleben - auf den glaubhaften Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung sowie den von ihm vorgelegten und im Vefahrensakt enthaltenen Bescheinigungen und Urkunden.

Die Feststellungen zu dessen Reisen nach Kosovo im Jahre 2019 und 2020 ergeben sich aus den in Kopie im Akt einliegenden Reisepass und den entsprechenden Sichtvermerken und wurden diese vom BF in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Die vom BF ausgeübten beruflichen Tätigkeiten in Kosovo beruhen auf dessen glaubhafter Angabe gegenüber dem erkennenden Gericht, jene die dieser im Bundesgebiet ausgeübt hat auf den amtlicherseits eingeholten und unbedenklichen Auszügen aus der Sozialversicherung.

Dass der BF seit XXXX .11.2020 über keine Berechtigung zur Ausübung einer Beschäftigung verfügte ergibt sich aus dem Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels.

Die Feststellungen zur Zulassung zu einem Universitätsstudium in Österreich und den dem BF in diesem Zusammenhang auferlegten zusätzlichen Prüfungen und Nachweisen gründen in den von ihm vorgelegten und im Akt enthaltenen Bescheiden und Bescheinigungen, jene betreffend seine Aufenthaltstiteln als Student bzw. der angestrebten Zweckänderung auf „Künstler“ ergeben sich aus den abgefragten Daten des zentralen Fremdenregisters sowie aus der im Verfahrensakt enthaltenen Entscheidung des BVwG betreffend die Abweisung des Zweckänderungsantrages auf „Künstler“.

Die Nichtablegung der zusätzlich vorgeschriebenen Prüfungen respektive dem nicht erfolgten Abschluss einer Ausbildung in Österreich beruht auf den entsprechenden Aussagen des BF in der mündlichen Verhandlung. Jene bezüglich der beabsichtigten Absolvierung eines AMS Kurses auf der vom BF vorgelegten Anmeldebestätigung zu dieser Veranstaltung.

Die Feststellungen zu den behördlichen Wohnsitzmeldungen des BF gründen in einer Abfrage des Zentralen Melderegisters und korrelieren mit dessen Angaben in der Verhandlung.

Die Beantragung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK, die Ausfolgung einer Karte „Aufenthaltsberechtigung Plus“ sowie die Wiederaufnahme des zugrundeliegenden Verfahrens und dessen Erwachsung in Rechtskraft ergibt sich aus dem Verfahrensakt.

Soweit Feststellungen zur Tragung des Lebensunterhaltes des BF getroffen werden, beruhen diese auf seinen entsprechenden Aussagen in der Verhandlung und den diesbezüglichen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde.

Das Bestehen von Kontakten zu Freunden und ehemaligen Arbeitskollegen im Bundesgebiet sowie das Fehlen von Anhaltspunkten für eine tiefergehende Integration des BF gründet in seinen diesbezüglichen Aussagen in der mündlichen Verhandlung sowie dem Fehlen eines entsprechenden Vorbringens.

Dass der BF gesund, arbeitsfähig sowie – willig ist gründet in der von ihm vorgelegten Wiedereinstellungsvereinbarung sowie seinen entsprechenden Angaben bei der Verhandlung, ebenso dessen Sprachkenntnisse. Dass der BF über ein Sprachzertifikat auf Niveau B 2 verfügt ist aus dem Akt ersichtlich und konnte der BF in weitaus überwiegendem Ausmaß der Verhandlung ohne Zuhilfenahme eines Dolmetschers folgen. Der Fehlen des Abschlusses des Moduls 1 der Intergrationsvereinbarung gründet in der Nichtvorlage einer entsprechenden Bescheinigung und den entsprechenden Angaben des BF in der Verhandlung.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF beruht auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich).

Dass es sich bei Kosovo um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, ergibt sich aus § 1 Zif 2 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten auf Basis des § 19 Abs. 5 Zif 2 BFA-VG als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 ifF BGBl. II Nr. 145/2019).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Zif 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Zif 2). Liegt nur die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Zif. 1 AsylG vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten ist, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 06.09.2017, Ra 2017/20/0209). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig anzusehen (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt folgendes:

Dem BF wurde über seinen Antrag vom XXXX .12.2013 von der Universität Wien mit Bescheid vom XXXX .02.2014 mitgeteilt, dass er – in Verfolg zu seinem in seinem Herkunftsstaat absolvierten Studium „Management and Informatics“ zum Masterstudium „Wirtschaftsinformatik“ zugelassen werden kann. Gleichzeitig wurde ihm die positive Ablegung der Ergänzungsprüfung Deutsch vor der tatsächlichen Zulassung vorgeschrieben. Darüber hinaus wurde dem BF die zusätzliche positive Absolvierung von 5 Pflichtmodulen aufgetragen.

Hierfür wurde dem BF von der zuständigen Aufenthaltsbehörde ein Aufenthaltstitel „Student“, gültig vom XXXX .09.2014 bis XXXX .09.2015 erteilt, der in weiterer Folge bis zum XXXX .09.2017 verlängert wurde.

Der BF stellte am XXXX .08.2017 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Künstler“. Diesem Unterfangen blieb letztendlich der Erfolg versagt. Eine im Zuge des Instanzenzuges erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX .11.2018 als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX .01.2019 stellte der BF sodann einen Antrag gemäß § 55 Abs. 1 AsylG auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung Plus“ und wurde diesem am XXXX .01.2019 eine entsprechende Aufenthaltskarte ausgefolgt.

Das zugrundeliegende Verfahren wurde aufgrund von Ungereimtheiten und dem Verdacht einer strafrechtlich zu ahnenden Handlung auf Behördenseite amtswegig wiederum aufgenommen. Der entsprechende Bescheid ist am XXXX .01.2020 in Rechtskraft erwachsen.

Der BF weist im Zeitraum vom XXXX .09.2014 bis XXXX .10.2015 und durchgehend seit XXXX .02.2016 behördliche Meldungen in der Bundeshauptstadt auf.

Die ununterbrochene Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet liegt sohin –mit einem Zeitraum von knapp über 5 Jahren bis zum heutigen Entscheidungszeitpunkt nur knapp über jener zeitlichen Schwelle, der lt. VwGH im Hinblick auf eine im Sinne des Art 8 EMRK vorzunehmende Interessenabwägung überhaupt eine entscheidungsrelevante Bedeutung beizumessen ist.

Dieser Zeitraum unterliegt jedoch einer maßgeblichen Relativierung. Dies einerseits dadurch, dass der dem BF erteilte Aufenthaltstitel von vornherein nur ein befristeter, nämlich zum Zwecke des von ihm angestrebten Studiums war. Er konnte sohin nie davon ausgehen, dass er auf Dauer in Österreich bleiben kann.

Darüber hinaus hält sich der BF seit dem XXXX .11.2018 (Erkenntnis des BVwG betreffend Zweckänderungsantrag) unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Durch die Wiederaufnahme des von ihm initiierten Erteilungsverfahrens eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG und der hierdurch rückwirkend außer Kraft getretenen Aufenthaltsberechtigung sowie der darauffolgenden Abweisung des Antrages auf einen Aufenthaltstitel gemäß leg.cit kann der BF keine rechtmäßigen Aufenthaltszeiten aus dem Grund der ihm erteilten, aber nachfolgend aus dem Rechtsbestand getilgten, Aufenthaltsberechtigung ableiten.

Dass eine Antragstellung gemäß § 55 AsylG kein Bleiberecht begründet ergibt sich aus § 58 Abs. 13 erster Satz AsylG und vermag gegenständlich eine solche Antragstellung seitens des BF nichts an seinem unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus ändern.

Der BF ist ledig und hat keine verwandtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet. Seine derzeitige Verlobte, die selbst kosovarische Staatsbürgerin ist, lebt und arbeitet in seinem Herkunftsstaat. Diese aktuelle und durch die Verlobung vertiefte Beziehung zu einer kosovarischen Staatsbürgerin die dort auch wohnt und arbeitet, sowie der Umstand, dass der BF 25 Jahre in Kosovo gelebt hat bevor er 2014 erstmals nach Österreich gekommen ist, als auch die zahlreichen Reisen von Österreich nach Kosovo in den vergangenen zwei Jahren zeugen von den intensiven und nach wie vor bestehenden Kontakten in sein Herkunftsland. Neben seinen Eltern lebt auch ein Bruder und andere Verwandte in Kosovo und pflegt der BF auch seinen dortigen Freundeskreis.

In Österreich hat der BF kein Familienleben.

Unbeschadet eines den Sprachkenntnissen und der Aufenthaltsdauer in Österreich adäquaten Freundeskreises auf Seiten des BF waren für den erkennenden Richter keine Anhaltspunkte für eine besondere soziale oder kulturelle Verfestigung erkennbar.

Eine nachhaltige wirtschaftliche Verfestigung konnte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nachgewiesen werden, zumal die Beschäftigungen des BF teilweise geringfügiger Natur waren bzw. dieser seit XXXX .03.2020 keiner Beschäftigung nachgeht.

Unbeschadet des Umstandes, dass eine vom BF vorgelegte und vom XXXX .04.2020 datierende Wiedereinstellungsvereinbarung keine Angaben über einen Wiederaufnahmetermin enthält, hält sich der BF, wie ausgeführt, seit XXXX .11.2018 weder rechtmäßig im Bundesgebiet auf, noch erfolgte die Ausübung einer Beschäftigung seither legal.

Auch hat der BF bis dato das Modul I der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz nicht erfüllt.

In der vorzunehmenden Gesamtschau überwiegt sohin in Summe das öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften und vor allem an der Einhaltung der Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsrechts die persönlichen Interessen des BF an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd. Art 8 EMRK.

Daraus ergibt sich auch, dass die Rückkehrentscheidung sohin gem. § 52 Abs. 3 FPG zu recht getroffen wurde.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine Vulnerabilitäten gegeben, zumal er gesund und somit auch erwerbsfähig ist

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist festzustellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist.

Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat (§ 1 Z 2 HStV), was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Zudem hat der Beschwerdeführer im ganzen Verfahren niemals vorgebracht, dass er in Kosovo Menschenrechtsverletzungen zu erwarten hätte.

Darüber hinaus sind auch im Ermittlungsverfahren keinerlei - wie immer geartete - Hinweise hervorgetreten, dass dem Beschwerdeführer bei der Abschiebung nach Kosovo eine auch nur ansatzweise realistische Gefährdung der durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK bzw. Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK geschützten Rechtsgüter droht.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Für diese Umstände trifft den Drittstaatsangehörigen eine Nachweispflicht (§ 55 Abs. 3 FPG).

Derartige besondere Umstände wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und sind auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde auch zu Spruchpunkt III. als unbegründet abzuweisen.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK Interessenabwägung öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W280.2234932.1.00

Im RIS seit

10.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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