TE Lvwg Beschluss 2020/9/3 VGW-101/042/3626/2020

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Veröffentlicht am 03.09.2020
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Entscheidungsdatum

03.09.2020

Index

L00209 Auskunftspflicht Informationsweiterverwendung Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

AuskunftspflichtG Wr. §1
AuskunftspflichtG Wr. §2
AuskunftspflichtG Wr. §3
B-VG Art. 20 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde der A., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 22.1.2020, Zl. MA 40-GR-…/2019, mit welchem gemäß § 3 Abs. 3 Wiener Auskunftspflichtgesetz festgestellt wurde, dass die von der A. mit Eventualantrag vom 12.9.2018 begehrte Auskunft nicht erteilt wird, den

B E S C H L U S S

I. Gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch und die Begründung des gegenständlich bekämpften Bescheids lauten wie folgt:

„Gemäß § 3 Abs. 3 des Wiener Auskunftspflichtgesetzes, LGBI. für Wien Nr. 20/1988 idgF, wird der Eventualantrag der A. vom 12. September 2018 zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g

Mit Schreiben vom 12. September 2018 stellte die A. einen Antrag auf Erteilung einer Auskunft nach dem Wiener Auskunftspflichtgesetz und brachte Folgendes vor:

„Die B. GmbH & Co KG hat am 21.06.2016 bei der Wiener Landesregierung einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums gestellt. Dieser wurde mit Bescheid vom 04.05.2018 bewilligt Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 02.06.2018 eine Beschwerde, welche beim Verwaltungsgericht Wien zu GZ VGW-101/027/14077/2014 anhängig ist. In der Verhandlung am 16.05.2018 brachte die Vertreterin der MA 40 vor, dass für dieses Ambulatorium auch bereits eine Betriebsbewilligung erteilt worden sei; dieser Bescheid sei schon rechtskräftig. Der Behörde sei im Rahmen dieses Verfahrens eine Kooperationsvereinbarung, welche zwischen der dortigen Antragstellerin (B. GmbH & Co KG) und dem C.-Krankenhaus abgeschlossen worden sei, vorgelegt worden. Die Antragstellerin beantragt die Erteilung der im untenstehenden Antrag spezifizierten Auskünfte über diese behauptete Kooperationsvereinbarung, somit über Angelegenheiten des Wirkungsbereiches der MA 40. Sie ist im Detail nicht darüber informiert, ob diese Vereinbarung mit der Stadt Wien, dem Wiener Krankenanstaltenverbund oder mit dem C.-Krankenhaus (als Teilunternehmen des Wiener Krankenanstaltenverbundes) abgeschlossen wurde, sodass sich diese Anfrage vorsichtshalber auf Verträge der genannten Rechtsträger mit der B. GmbH & Co KG bezieht.

Lediglich der Vollständigkeit halber hält die Antragstellerin fest, dass keine Gründe für eine Auskunftsverweigerung vorliegen; weder verstoßen diese Auskünfte gegen eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, noch werden diese Auskünfte mutwillig verlangt. Die Antragstellerin ist zwar Partei des Verfahrens zur Erteilung der Errichtungsbewilligung, in welchem die hier begehrten Auskünfte aber nicht erteilt wurden; sie ist aber nicht Partei des Betriebsbewilligungsverfahrens und hat daher keine Möglichkeit, die begehrten Auskünfte durch Akteneinsicht zu beschaffen.

Durch die Auskunftserteilung wir die Besorgung der übrigen Aufgaben des Magistrates der Stadt Wien in keinster Weise (schon gar nicht wesentlich) beeinträchtigt.

Die Antragstellerin stellt daher folgende Anträge:

Der Magistrat der Stadt Wien (durch die Magistratsabteilung 40) möge der Antragstellerin

1. in Erfüllung der Auskunftspflicht eine Kopie der Kooperationsvereinbarung, abgeschlossen zwischen der B. GmbH & Co KG einerseits und der Stadt Wien, dem Wiener Krankenanstaltenverbund oder dem C.-Krankenhaus (als Teilunternehmung des Wiener Krankenanstaltenverbunds) samt allen Anlagen (insbesondere dem Leistungskatalog und der Vergütungsvereinbarung ) ausfolgen;

2. in eventu (falls dies nicht möglich sein sollte): folgende Auskünfte über den Inhalt der in Punkt 1. genannten Kooperationsvereinbarung erteilen:

a) Mit welchem Rechtsträger wurde diese Kooperationsvereinbarung geschlossen?

b) Wann wurde sie abgeschlossen?

c) Wann ist sie in Kraft getreten?

d) Welche Laufzeit und welchen Leistungszeitraum sieht diese Vereinbarung vor?

e) Welche wechselseitigen Verpflichtungen haben die Vertragspartner übernommen?

f) Welche Leistungen sollen von der B. GmbH & Co KG erbracht

werden?

g) Wie und in welcher Höhe werden diese Leistungen vergütet?

h) Wurden mit dieser Vereinbarung Verpflichtungen nach § 42 Abs. 1 Wr. KAG vom C.-Krankenhaus auf die B. GmbH & Co KG überwälzt?

i) Wenn ja, wurde dafür die Genehmigung der Wiener Landesregierung nach

§ 42 Abs. 6 Wr. KAG eingeholt?

j) Wenn ja, wann wurde diese Genehmigung erteilt?“

Über den Hauptantrag wurde seitens der erkennenden Behörde mit Bescheid vom 31. Jänner 2019, MA 40-GR-…/2018 festgestellt, dass die begehrte Auskunft nicht erteilt wird. Gegen diesen Bescheid erhob die A. Beschwerde. Das Verwaltungsgericht Wien korrigierte mit Erkenntnis vom 3. Oktober 2019, GZ: VGW-101/042/5187/2019-2 den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend, als gemäß § 3 Abs. 3 Wr. Auskunftspflichtgesetz der Hauptantrag der A. vom 12. September 2018 zurückgewiesen wurde.

Begründend wurde im Erkenntnis im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechts auf Akteneinsicht im Falle eines Auskunftsantrages nie besteht. Ein Auskunftsantrag nach dem Auskunftspflichtgesetz, in welchem eine Einsicht in einen Akt vergleichbar einer Akteneinsicht begehrt wird, ist überhaupt kein Auskunftsantrag nach dem Auskunftspflichtgesetz und daher zurückzuweisen (vgl. VwGH 1.9.2010, 2009/17/0153; 27.11.2018, Ra 2017/02/0141).

Weiters wurde - wie auch schon im erstinstanzlichen Bescheid - festgehalten, dass über einen in einem Antrag zusätzlich zu einem Hauptantrag gestellten Eventualantrag solange nicht zu entscheiden ist, als der Hauptantrag nicht rechtskräftig ab- oder zurückgewiesen worden ist. Auch wurde ausgesprochen, dass die Erhebung einer Revision unzulässig ist, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen war.

Mit Schreiben vom 8. November 2019 wurde von der A. neuerlich beantragt, über den Eventualantrag vom 12. September 2018 zu entscheiden und, sofern die begehrte Auskunft nicht erteilt werde, sogleich gem. § 4 Wr. Auskunftspflichtgesetz mit einem Bescheid darüber zu entscheiden.

Nachdem über den Hauptantrag vom 12. September 2018 rechtskräftig mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. Oktober 2019 abgesprochen wurde, ist nunmehr der Eventualantrag zu behandeln ist.

Dazu wird aus rechtlicher Sicht Folgendes festgehalten:

Auch in diesem Fall handelt es sich - auch wenn der Antrag auf das Wiener Auskunftspflichtgesetz gestützt wird - in Wahrheit um einen Antrag auf Akteneinsicht, da eine Auskunft, vergleichbar mit der Einsichtnahme in einen Akt, begehrt wird. Die A. teilt in Ihrem Antrag vom 12. September 2018 selbst mit, dass sie im Gegensatz zum krankenanstaltenrechtlichen Errichtungsbewilligungsverfahren nicht Partei des Betriebsbewilligungsverfahrens ist und daher keine Möglichkeit hat, die begehrten Auskünfte durch Akteneinsicht zu beschaffen. Das Wiener Auskunftspflichtgesetz räumt jedoch keinen Anspruch auf Akteneinsicht ein, sondern lediglich die Weitergabe von Informationen über einen Akteninhalt, der in aller Regel nicht jene Detailliertheit an Informationen aufweisen wird, die bei der Einsicht in die Akten zu gewinnen wäre.

Der gegenständliche Eventualantrag war daher zurückzuweisen.“

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt:

„Die Beschwerdeführerin hat am 12.09.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Auskunft gemäß dem Wiener Auskunftspflichtgesetz (in der Folge kurz „Wr. AuskunftspflichtG") gestellt. Mit Bescheid vom 31.01.2019 zur GZ MA 40 - GR - …/2018 entschied die belangte Behörde über den Hauptantrag der Beschwerdeführerin und wies diesen ab. Die Beschwerdeführerin brachte gegen diesen Bescheid am 27.02.2019 eine Beschwerde ein. Das Verwaltungsgericht Wien änderte mit Erkenntnis vom 03.10.2019 den Spruch der belangten Behörde dahingehend ab, dass der Hauptantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen wurde. Gegen dieses Erkenntnis erhob die Beschwerdeführerin am 13.11.2019 eine außerordentliche Revision an den VwGH, über die noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid vom 22.01.2020 zur GZ MA 40 - GR - …/2019 entschied die belangte Behörde nunmehr über den Eventualantrag der Beschwerdeführerin vom 12.09.2018 und wies (auch) diesen - mit weitgehend identer Begründung - zurück.

Gegen diesen Bescheid (in der Folge kur „der angefochtene Bescheid") erhebt die Beschwerdeführerin durch ihre bereits im Verfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter, die sich auf die erteilte Vollmacht berufen, binnen offener Frist nachstehende

B e s c h e i d b e s c h w e r d e

an das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 3 Abs 6 Wr. AuskunftspflichtG. Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Verfahrensmängeln zur Gänze angefochten. Bei richtiger rechtlicher und sachlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die begehrten Auskünfte erteilen müssen.

UNRICHTIGE RECHTLICHE BEURTEILUNG

1.1. ALLGEMEINE AUSFÜHRUNGEN

Die Beschwerdeführerin begehrte mit dem Eventualantrag vom 12.09.2018 mit konkreten Fragen Auskunft über den Inhalt der Kooperationsvereinbarung, abgeschlossen zwischen der B. GmbH & Co KG einerseits und der Stadt Wien, dem Wiener Krankenanstaltenverbund oder dem C.-Krankenhaus andererseits. Sie ist im Detail nicht darüber informiert, ob diese Vereinbarung mit der Stadt Wien, dem Wiener Krankenanstaltenverbund oder mit dem C.-Krankenhaus (als Teilunternehmen des Wiener Krankenanstaltenverbunds) abgeschlossen wurde, sodass sie diese Anfrage vorsichtshalber auf Verträge aller genannten Rechtsträger mit der B. GmbH & Co KG bezog.

Wie bereits im Antrag vom 12.09.2018 ausgeführt, fällt die beantragte Auskunft in den Wirkungsbereich der belangten Behörde; die vom Auskunftsbegehren umfasste Information liegt der belangten Behörde nach der Auskunft ihrer Vertreterin in der Verhandlung vom 16.05.2018 auch tatsächlich vor. Darüber hinaus stellte auch das VwG Wien in seinem Erkenntnis vom 18.12.2018 zur GZ VGW-101/027/8055/2018-1 fest, dass die verfahrensgegenständliche Kooperationsvereinbarung der belangten Behörde (offenkundig im Betriebsbewilligungsverfahren) vorliegt.

1.2. BEANTRAGTE AUSKUNFT KOMMT AKTENEINSICHT NICHT GLEICH

Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, die Beantwortung der im Antrag gestellten Fragen sei mit einem Antrag auf Gewährung einer Akteneinsicht vergleichbar, ist unrichtig. Selbst wenn die im Eventualbegehren gestellten Fragen als Konvolut zu beurteilen wären (vgl. Punkt 2.1), ist dieses einer Akteneinsicht nicht gleichzusetzen. Die belangte Behörde ist mit dieser Rechtsansicht von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen und belastet den Bescheid damit mit Rechtswidrigkeit.

Eine Akteneinsicht bezieht sich auf eine unbestimmte Anzahl von Schriftstücken in einem Verwaltungsakt, dessen Umfang und Inhalt dem Einsichtswerber nicht bekannt ist. Der Akt des Betriebsbewilligungsverfahrens setzt sich dabei zumindest aus folgenden Bestandteilen zusammen: Antrag des Bewilligungswerbers, Errichtungsbewilligung, Unterlagen zur medizinischen und technischen Ausstattung, Gutachten zur Einhaltung der sicherheitspolizeilichen und gesundheitspolizeilichen Vorschriften, Anstaltsordnung, Unterlagen zum Leiter des Ambulatoriums und zur personellen Ausstattung, Unterlagen zur Haftpflichtversicherung sowie einem Bescheid über den Antrag auf Betriebsbewilligung. Je nach Sachlage kommen noch weitere Unterlagen wie etwa das Protokoll über einen Lokalaugenschein oder eben Vereinbarungen mit dem Krankenanstaltenträger hinzu.

Im vorliegenden Sachverhalt begehrt die Beschwerdeführerin eine auf zehn konkrete Fragen eingeschränkte Auskunft über den Inhalt eines bestimmt bezeichneten Schriftstücks (einer Kooperationsvereinbarung). Dieses Begehren unterscheidet sich daher gravierend von einer Akteneinsicht, bei der man sich einen Überblick über eine unbestimmte Anzahl von Schriftstücken eines Verwaltungsakts verschaffen möchte, ohne das konkrete Schriftstück identifizieren zu können.

Diese Auffassung entspricht auch der Judikatur des VwGH. Im Erkenntnis vom 26.11.2002 zur GZ 2001/11/0270 setzte sich der VwGH mit einem Auskunftsbegehren bestehend aus konkreten Fragen auseinander. Hierzu sprach der VwGH aus, dass die Auskunftspflicht zwar grundsätzlich nicht geeignet ist, um eine Akteneinsicht durchzusetzen. Allerdings konnte sich die belangte Behörde in diesem Fall aber nicht mit diesem Argument von der Auskunftspflicht befreien: Die gestellten Fragen konnten nämlich jeweils kurz beantwortet werden, ohne dass dabei der gesamte Akteninhalt wiedergegeben werden hätte müssen.

Dieses Judikat ist auch auf den gegenständlichen Sachverhalt übertragbar. Die von der Beschwerdeführerin gestellten Fragen (begehrten Auskünfte) hätten tatsächlich von der belangten Behörde konkret (und ohne besonderen Aufwand) beantwortet werden können, ohne das konkrete Dokument (Kooperationsvereinbarung) zur Gänze offenlegen zu müssen. Somit ist dieses Auskunftsbegehren keinesfalls mit einer Akteneinsicht vergleichbar.

Verpflichtungen aus einfachen Auskunftspflichtgesetzen können die Behörden, wenn dies zweckmäßig erscheint, auch durch Einsicht in Akten(bestandteile) nachkommen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 17 Rz 1; VwGH 29.05.2018, Ra 2017/03/0083). Wenn der Beschwerdeführerin sogar das konkrete Dokument, auf welches sich die zehn Fragen beziehen, ausgefolgt werden könnte, ohne dass dadurch Akteneinsicht gewährt werden würde, kann die Fragestellung der Beschwerdeführerin nicht als Antrag auf Akteneinsicht gewertet werden. Die Beschwerdeführerin beantragt im Gegensatz zu einer Akteneinsicht eine konkrete Auskunft, die einen höheren Abstraktionsgrad aufweist. Mit einem umfänglichen Recht auf Akteneinsicht kann dieses Begehren daher nicht verglichen werden.

Wie in Punkt 2.1 noch ausgeführt wird, sind die im Eventualbegehren gestellten Fragen darüber hinaus einzeln zu beurteilen. Die Behörde hätte zumindest - selbst nach ihrer eigenen Rechtsauffassung - einzelne Fragen (wie etwa zum Datum des Abschlusses der Kooperationsvereinbarung) jedenfalls beantworten können (und müssen), ohne dass dies einer Akteneinsicht gleichgekommen wäre.

Die belangte Behörde hat das Eventualbegehren der Beschwerdeführerin sohin rechtlich unrichtig beurteilt, indem es dieses zu Unrecht mit einem Antrag auf Akteneinsicht gleichgesetzt hat.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre der Beschwerdeführerin die begehrten Auskünfte zu gewähren gewesen.

1.3. ES HEGT KEINE GESETZLICHE VERSCHWIEGENHEITSPFLICHT VOR

Der Vollständigkeit halber führt die Beschwerdeführerin ergänzend aus: Die belangte Behörde hätte in diesem Fall die Erteilung der begehrten Auskünfte auch nicht unter Verweis auf eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht verweigern dürfen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 23.11.1990, 89/17/0028; VwGH 17.06.1992, 91/01/0201) hat die um Auskunft ersuchte Behörde zu beurteilen, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegensteht. Sie hat dabei die Interessen der Gebietskörperschaft und der Parteien zu beurteilen.

Dabei ist der Begriff "Parteien" im weitesten Sinn zu verstehen und umfasst alie Personen, die aus irgendeinem Anlass mit Behörden in Berührung kommen; als "Partei" im Sinne des Art 20 Abs 3 B-VG, auf deren Interessen bei der vorzunehmenden Interessenabwägung Bedacht zu nehmen ist, ist somit auch ein vom Auskunftswerber verschiedener Dritter, der vom Auskunftsverlangen betroffen ist, anzusehen. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Prüfung, ob die Amtsverschwiegenheit der Auskunftserteilung entgegensteht, ist das Interesse des Auskunftswerbers an der Erlangung der begehrten Information mit dem Geheimhaltungsinteresse der Partei abzuwägen (LVwG 02.11.2018, 2018/29/0312-5).

Die Beschwerdeführerin hat Interesse an der Erlangung der beantragten Auskunft. Sie war Partei des Verfahrens zur GZ MA 40 - GR - …/2015 betreffend die Errichtung eines Ambulatoriums. In diesem Verfahren wurde der B. GmbH & Co KG unter der Auflage, dass das Ambulatorium in enger organisatorischer Zusammenarbeit mit einer Krankenanstalt betrieben wird, die Bewilligung zur Errichtung erteilt. Die Behörde führte in ihren Erwägungen aus, dass der Betrieb in der Folge von der Vorlage einer Kooperationsvereinbarung im Sinne des Punkte 4.3.6. des ÖSG 2012 abhängig gemacht wird.

Die Beschwerdeführerin weiß aber bislang weder, ob eine entsprechende Kooperationsvereinbarung abgeschlossen wurde, noch ob die Auflage der Errichtungsbewilligung erfüllt wurde und die Inbetriebnahme des Ambulatoriums daher rechtmäßig erfolgte. Zur abschließenden Beurteilung der Sachlage und zur Erreichung eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustands ist es daher erforderlich, dass der Beschwerdeführerin die beantragte Information erteilt wird.

Dem Schutz des Amtsgeheimnisses unterliegen namentlich auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse (VwGH 22.4.2010, 2005/04/0301; VwGH 27.9.2013, 2012/05/0213). Unter Betriebs­ und Geschäftsgeheimnissen sind nach herrschender Meinung mit dem Betrieb eines Unternehmens in Zusammenhang stehende Umstände oder Vorgänge zu verstehen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt, für Außenstehende aber wissenswert sind, nach dem bekundeten Willen des Betriebs- oder Geschäftsinhabers geheim zu halten sind und deren Kenntnis durch Außenstehende dem Geheimnisschutzträger zu einem Nachteil gereichen kann (LVwG 13.09.2017, AV-1105/001-2017).

Bei den beantragten Auskünften handelt es sich um Information rund um die Kooperationsvereinbarung des Anstaltsbetreibers mit dem Krankenanstaltenverbund. Deren Vorliegen wurde - wie bereits ausgeführt - zur Voraussetzung für die Errichtungs- und Betriebsbewilligung ge macht. Diese Vereinbarung musste daher bereits in mehreren verwaltungsbehördlichen Verfahren sowie bei anderen Rechtsträgern, wie etwa den Gebietskrankenkassen vorgeiegt werden. Es handelt sich folglich nicht um ein Dokument, welches nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist oder welches Geschäftsgeheimnisse beinhalten würde. Es ist auch nicht ersichtlich, wo der Nachteil für die B. GmbH & Co KG in der Informationserteilung an die Beschwerdeführerin liegen sollte.

Der Auskunftserteilung steht sohin auch keine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegen.

1.4. ZUSAMMENFASSUNG

Nach dieser Interessensabwägung ergibt sich deutlich, dass das Interesse der Beschwerdeführerin an der Erteilung der Information überwiegt. Die Beschwerdeführerin kann diese Informationen auch nicht anderweitig, etwa durch Akteneinsicht in einem anhängigen Verfahren, erlangen. Durch die Auskunftserteilung wird die Besorgung der übrigen Aufgaben des Magistrats der Stadt Wien auch in keiner Weise beeinträchtigt.

Bei der Auskunftsverweigerung ist der belangten Behörde daher eine unrichtige rechtliche Beurteilung unterlaufen. Sie hätte ganz im Gegenteil die beantragten Auskünfte erteilen müssen.

2 VERFAHRENSMANGEL

2.1. TRENNBARKEIT DER EINZELNEN FRAGEN MISSACHTET

Die Beschwerdeführerin begehrte in ihrem Antrag vom 12.09.2018 Auskunft durch Beantwortung von zehn konkreten Fragen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hätte jede Frage von der belangten Behörde einzeln behandelt und beurteilt werden müssen.

Eine Trennbarkeit von Absprüchen ist dann gegeben, wenn jeder Teil für sich allein ohne einen inneren Zusammenhang mit anderen Teilen einem gesonderten Abspruch zugänglich ist (vgl. etwa VwGH 12.09.2018, Ra 2015/08/0032). Nach der Ansicht der Beschwerdeführer handelt es sich bei jeder Frage um einen trennbaren Teil, da jede Frage / jedes Auskunftsbegehren eigenständig beantwortet werden kann und nicht aufeinander aufbauen. Daher hätte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid über jede einzelne Frage gesondert absprechen müssen.

Selbst wenn (dem unrichtigen Standpunkt der belangten Behörde konsequent folgend) die zehn Fragen insgesamt einem Antrag auf Akteneinsicht gleichgekommen wären (was die Beschwerdeführerin bestreitet, vgi. Punkt 1.2), hätte die belangte Behörde die Auskünfte zu einzelnen Fragen jedenfalls erteilen müssen. So kann zB die Frage (das Auskunftsbegehren) nach den Parteien der Kooperationsvereinbarung keinesfalls mit einem Antrag auf Akteneinsicht verglichen werden.

Indem die belangte Behörde allerdings nicht jede einzelne Frage geprüft und über jedes einzelne Auskunftsverlangen entschieden hat, sondern das Auskunftsbegehren unrichtig als Gesamtheit beurteilt hat, ist ihr ein relevanter Verfahrensmangel unterlaufen. Hätte sich die belangte Behörde mit jeder Frage gesondert auseinandergesetzt, so wäre der Beschwerdeführerin (selbst nach der unrichtigen Rechtsauffassung der belangten Behörde) zumindest zu einem Teil der Fragen die begehrte Auskunft zu erteilen gewesen.

2.2. BEGRÜNDUNGSMANGEL

Die belangte Behörde begründet ihren Bescheid mit einem einzigen Satz: irAuch in diesem Fall handelt es sich — auch wenn der Antrag auf das Wiener AuskunftspfUchtgesetz gestützt wird - in Wahrheit um einen Antrag auf Akteneinsicht."

Die diesem Satz folgenden Ausführungen sind inhaltsleer: Die Beschwerdeführerin teilte in ihrem Antrag tatsächlich mit, dass sie in den Betriebsbewilligungsverfahren keine Akteneinsicht erhalten kann. Andernfalls hätte sich der Antrag auf Erteilung der Auskunft auch erübrigt. Auf die mangelnde Parteistellung in diesem Verfahren hat die Beschwerdeführerin nur verwiesen, um damit zu dokumentieren, dass die beantragten Auskünfte anderweitig nicht beschafft werden können. Dieses Vorbringen kann jedoch keinesfalls als Antrag auf Akteneinsicht gewertet werden. Zur Begründung des Spruchs tragen diese Ausführungen der belangten Behörde jedenfalls nicht bei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs muss die Begründung eines Bescheids (gemäß § 60 AVG) erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (VwGH 13.02.1991, 90/03/0112).

Die belangte Behörde nimmt im angefochtenen Bescheid aber keine Subsumtion vor, sondern begnügt sich einer pauschalen und floskelhaften Aussage (die sie im Übrigen auch fast wortident in der Entscheidung über den Hauptantrag verwendet hatte). Sie begründet auch nicht, warum der Antrag der Beschwerdeführerin einer Akteneinsicht gleichkommen soll. Insbesondere wird nicht auf die einzelnen Fragen eingegangen, sondern werden diese pauschal gemeinsam beurteilt und abgetan.

Nach der Ansicht der Beschwerdeführerin entspricht der Spruch des angefochtenen Bescheids nicht den Vorgaben des § 60 AVG. Hätte sich die Behörde im Detail mit den Fragen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass kein, einer Akteneinsicht gleichzuhaltender Antrag auf Auskunftserteilung vorliegt. Damit ist der angefochtene Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet (vgl. VwGH 26.04.1991, 91/19/0057).

3 ANTRAG

Die Beschwerdeführerin stellt sohin den

A n t r a g ,

das Verwaltungsgericht Wien möge den angefochtenen Bescheid GZ MA 40 - GR - …/2019 der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 40 vom 22.01.2020 aufheben und das Verfahren an diese zur Erteilung der beantragten Auskünfte zurückverweisen.“

Aus dem der Beschwerde beigeschlossenen Akt ist ersichtlich:

Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 12.9.2018 nachfolgenden Antrag nach dem Wr. Auskunftspflichtgesetz gestellt:

„Die B. GmbH & Co KG hat am 21.06.2016 bei der Wiener Landesregierung einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums gestellt. Dieser wurde mit Bescheid vom 04.05.2018 bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 02.06.2018 eine Beschwerde, welche beim Verwaltungsgericht Wien zu GZ VGW-101/027/14077/2014 anhängig ist. In der Verhandlung am 16.05.2018 brachte die Vertreterin der MA 40 vor, dass für dieses Ambulatorium auch bereits eine Betriebsbewilligung erteilt worden sei; dieser Bescheid sei schon rechtskräftig. Der Behörde sei im Rahmen dieses Verfahrens eine Kooperationsvereinbarung, welche zwischen der dortigen Antragstellerin (B. GmbH & Co KG) und dem C.-Krankenhaus abgeschlossen worden sei, vorgelegt worden. Die Antragstellerin beantragt die Erteilung der im untenstehenden Antrag spezifizierten Auskünfte über diese behauptete Kooperationsvereinbarung, somit über Angelegenheiten des Wirkungsbereiches der MA 40. Sie ist im Detail nicht darüber informiert, ob diese Vereinbarung mit der Stadt Wien, dem Wiener Krankenanstaltenverbund oder mit dem C.-Krankenhaus (als Teilunternehmen des Wiener Krankenanstaltenverbundes) abgeschlossen wurde, sodass sich diese Anfrage vorsichtshalber auf Verträge der genannten Rechtsträger mit der B. GmbH & Co KG bezieht.

Lediglich der Vollständigkeit halber hält die Antragstellerin fest, dass keine Gründe für eine Auskunftsverweigerung vorliegen; weder verstoßen diese Auskünfte gegen eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, noch werden diese Auskünfte mutwillig verlangt. Die Antragstellerin ist zwar Partei des Verfahrens zur Erteilung der Errichtungsbewilligung, in welchem die hier begehrten Auskünfte aber nicht erteilt wurden; sie ist aber nicht Partei des Betriebsbewilligungsverfahrens und hat daher keine Möglichkeit, die begehrten Auskünfte durch Akteneinsicht zu beschaffen.

Durch die Auskunftserteilung wir die Besorgung der übrigen Aufgaben des Magistrates der Stadt Wien in keinster Weise (schon gar nicht wesentlich) beeinträchtigt.

Die Antragstellerin stellt daher folgende Anträge:

Der Magistrat der Stadt Wien (durch die Magistratsabteilung 40) möge der Antragstellerin

1. in Erfüllung der Auskunftspflicht eine Kopie der Kooperationsvereinbarung, abgeschlossen zwischen der B. GmbH & Co KG einerseits und der Stadt Wien, dem Wiener Krankenanstaltenverbund oder dem C.-Krankenhaus (als Teilunternehmung des Wiener Krankenanstaltenverbunds) samt allen Anlagen (insbesondere dem Leistungskatalog und der Vergütungsvereinbarung) ausfolgen;

2. in eventu (falls dies nicht möglich sein sollte): folgende Auskünfte über den Inhalt der in Punkt 1. genannten Kooperationsvereinbarung erteilen:

a) Mit welchem Rechtsträger wurde diese Kooperationsvereinbarung geschlossen?

b) Wann wurde sie abgeschlossen?

c) Wann ist sie in Kraft getreten?

d) Welche Laufzeit und welchen Leistungszeitraum sieht diese Vereinbarung vor?

e) Welche wechselseitigen Verpflichtungen haben die Vertragspartner übernommen?

f) Welche Leistungen sollen von der B. GmbH & Co KG erbracht werden?

g) Wie und in welcher Höhe werden diese Leistungen vergütet?

h) Wurden mit dieser Vereinbarung Verpflichtungen nach § 42 Abs. 1 Wr. KAG

vom C.-Krankenhaus auf die B. GmbH & Co KG überwälzt?

i) Wenn ja, wurde dafür die Genehmigung der Wiener Landesregierung nach § 42 Abs. 6 W r.KAG eingeholt?

j) Wenn ja, wann wurde diese Genehmigung erteilt?“

Über den Hauptantrag dieses Auskunftsantrags wurde von der belangten Behörde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 31.1.2019, Zl. MA 40-GR-…/2018, abgesprochen. Mit diesem Bescheid wurde gemäß § 3 Abs. 3 Wiener Auskunftspflichtgesetz festgestellt wurde, dass die von der A. mit Hauptantrag vom 12.9.2018 begehrte Auskunft nicht erteilt wird.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde durch rechtskräftiges Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 3.10.2019, Zl. VGW-101/042/5187/2019-2, der erstinstanzliche Bescheidspruch dahingehend abgeändert, als ausgesprochen wurde, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheids zu lauten hat wie folgt:

„Gemäß § 3 Abs. 3 des Wiener Auskunftspflichtgesetzes wird auf Hauptantrag der A. vom 12.9.2018 zurückgewiesen.“

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

§ 1 Wr. AuskunftspflichtG lautet wie folgt:

„(1) Die Organe des Landes und der Gemeinde Wien sowie der durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskunft zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskunft ist eine Wissenserklärung. Sie hat auf dem Wissen zu beruhen, über das ein auskunftspflichtiges Organ in dem Zeitpunkt verfügt, in dem das Auskunftsbegehren bei ihm einlangt.

(3) Jedermann hat das Recht, Auskünfte zu verlangen.

(4) Die Organe beruflicher Vertretungen sind nur gegenüber den diesen Vertretungen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.

(5) Auskunft ist nur insoweit zu erteilen, als dadurch die Besorgung der übrigen Aufgaben eines Organes nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Auskunft ist nicht zu erteilen, wenn sie offenkundig mutwillig begehrt wird.“

§ 2 Wr. AuskunftspflichtG lautet wie folgt:

„(1) Auskunft kann schriftlich, mündlich oder telefonisch begehrt werden.

(2) Dem Auskunftswerber kann die schriftliche Ausführung eines umfangreichen mündlichen oder telefonischen Auskunftsbegehrens sowie die Verbesserung eines unklaren schriftlichen Auskunftsbegehrens innerhalb einer angemessenen, mindestens zweiwöchigen Frist aufgetragen werden. Wird einem solchen Auftrag nicht entsprochen, gilt das Auskunftsbegehren als nicht eingebracht.“

§ 3 Wr. AuskunftspflichtG lautet wie folgt:

„(1) Auskunft ist nach Möglichkeit mündlich oder telefonisch zu erteilen.

(2) Auskunft ist ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber acht Wochen nach dem Einlangen des Begehrens bei dem zuständigen Organ, zu erteilen.

(3) Wird die Auskunft ausdrücklich verweigert oder nicht fristgerecht erteilt, hat das Organ auf Antrag des Auskunftswerbers innerhalb von drei Monaten ab Antrag mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden, ob die Auskunft zu erteilen ist. Wird die Auskunft nachträglich erteilt, endet die Pflicht zur Bescheiderlassung.

(4) Langt bei einem Organ ein Begehren um Auskunft in einer Sache ein, die nicht in seinen Wirkungsbereich fällt, so hat es das Begehren unverzüglich an das zuständige Organ weiterzuleiten oder den Auskunftswerber an dieses zu weisen. Der Auskunftswerber ist von der Weiterleitung zu verständigen.

(5) Auf Antrag des Auskunftswerbers hat das Organ mit schriftlichem Bescheid über seine Zuständigkeit zur Auskunftserteilung zu entscheiden.

(6) Für das in den Abs. 3 und 5 vorgesehene Verfahren gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft begehrt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist. Gegen Bescheide nach diesem Gesetz ist eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien zulässig.“

Gegenstand einer Auskunftspflicht nach dem AuskunftspflichtG sind nur Wissenserklärungen, welche bereits zum Zeitpunkt der Anfrage der Behörde bekannt waren; daher ist der Gegenstand nicht eine Auskunft über Willensbildungen oder über die Intentionen der Behörde hinsichtlich der Erlassung eines Rechtsakts (vgl. RV 41 BlgNR 17. GP, 3 zu § 1 AuskunftspflichtG; VwGH 30.6.1994, 94/06/0094; 11.10.2000, 98/01/0473; 27.2.2013, 2009/17/032; Wieser in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Art. 20 Abs. 4 B-VG, Rz 30; Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane2 [1998] 28).

Die maßgebliche Sachlage für die Beantwortung einen Auskunftsantrags, und sohin auch für einen Antrag auf Abspruch über die Erteilung der durch einen Auskunftsantrag beantragten Auskunft ist der Zeitpunkt des Einlangens des Auskunftsbegehrens bei der Behörde. Informationen, welche die Behörde erst nach dem Einlangen des Auskunftsantrags erlangt hat, sind nicht zu beauskunften (vgl. VwGH 12.7.1989, 88/01/0218; 13.9.1991, 90/18/0193; 10.12.1991, 91/04/0053; 23.10.1995, 93/10/0009; 25.11.2008, 2007/06/0084; 23.7.2013, 2010/05/0230; 20.5.2015, 2013/04/0139; 9.9.2015, 2013/04/0021; 13.9.2016, 2015/03/0038; 27.11.2018, Ra 2017/02/0141).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Judikatur sind sohin nur Akteninhalte bzw. der Behörde bekannte Sachverhalte der mögliche Gegenstand eines Auskunftsbegehrens. Ein Begehren auf Mitteilung von Behördenmeinungen oder auf Bekanntgabe des von der Behörde intendierten künftigen Behördenhandels sind folglich nicht zulässiger Gegenstand eines Auskunftsbegehrens.

Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens ist daher ausschließlich der von der Beschwerdeführerin gestellte Eventualantrag.

Zur Behandlung dieses Eventalantrags wurde die belangte Behörde mit der Rechtskraft des Abspruchs über den Hauptantrag der Beschwerdeführerin zuständig.

Im gegenständlichen Verfahren ist nun strittig, ob das Begehren nach Beauskunftung zu bestimmten Inhalten eines konkreten Behördendokuments als Auskunftsbegehren i.S.d. Wr. Auskunftspflichtgesetzes, oder aber als ein Akteneinsichtsantrag zu werten ist.

Die belangte Behörde wertet ein solches Auskunftsbegehren als ein Akteneinsichtsbegehren, auf welches die Beschwerdeführerin als Nichtpartei des Verfahrens, in dessen Verfahrensakt der angesprochene Kooperationsvertrag erliegt, keinen Rechtsanspruch hat.

Damit verkennt die belangte Behörde aber gerade den Zweck des Wr. Auskunftspflichtgesetzes bzw. des Art. 20 Abs. 4 B-VG. Wollte man das Wr. Auskunftspflichtgesetzes bzw. des Art. 20 Abs. 4 B-VG in dem von der belangten Behörde diesen Bestimmungen zugemessenen Sinn auslegen, wäre diesen gesetzlichen Bestimmungen jeglicher sinnvoller Anwendungsbereich entzogen.

Vielmehr liegt gerade der Sinn dieser gesetzlichen Bestimmungen darin, der Bürgeröffentlichkeit eine Einblicksmöglichkeit in das konkrete Behördenhandeln zu ermöglichen, um auf diese Weise dem Souverän, und das ist das Volk, die Möglichkeit zur Wahrnehmung seiner Kontrollbefugnis zu ermöglichen.

Das erkennende Gericht folgt daher nicht der Rechtsauslegung der belangten Behörde und vermag auch sonst keinen Anhaltspunkt zu finden, dass die Behörde durch den gegenständlichen Antrag nicht zur inhaltlichen Behandlung dieses Antrags verpflichtet worden ist.

Daher ist davon auszugehen, dass die Behörde entweder diesem Eventualantrag zu entsprechen hat, oder durch Bescheid gehalten ist zu begründen, aus welchen Gründen die Auskunft zu einer oder allen der gestellten Fragen verweigert wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Auskunft; Auskunftsbegehren; Akteneinsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.042.3626.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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