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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Jänner 1997, Zlen. RU1-V-96199/00 und RU1-V-96199/01, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:
1.
Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister,
2.
B-Gesellschaft mbH), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Partei hat der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 26. Juni 1996 gemäß § 10 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) die baubehördliche Bewilligung zur Abteilung diverser Grundstücke auf neue Bauplätze in der KG S erteilt.
Mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 hat der Gemeinderat der erstmitbeteiligten Gemeinde u.a. die Berufung der Beschwerdeführerin, in welcher die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte als Anrainerin und Servitutsberechtigte geltend gemacht worden ist, als unzulässig zurückgewiesen, weil weder Anrainer noch Servitutsberechtigte im Grundabteilungsverfahren eine Parteistellung hätten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Jänner 1997 wurde die Vorstellung u.a. der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In den Verfahren nach §§ 10, 108 und 110 BO käme Anrainern keine Parteistellung zu. Im Grundabteilungsverfahren seien Anrainer von der Parteistellung selbst dann ausgeschlossen, wenn für sie die Voraussetzungen des § 8 AVG zuträfen. Gleiches gelte für dinglich Berechtigte (z.B. Servitutsberechtigte). Solche Rechte stellten im Grundabteilungs- bzw. Baubewilligungsverfahren keine subjektiv-öffentlichen Rechte dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid offensichtlich in dem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid verletzt. § 118 Abs. 8 BO normiere nur die Parteistellung der Anrainer, nicht aber diejenige der dinglich Berechtigten. Im § 118 Abs. 9 leg. cit. würde nur von subjektiv-öffentlichen Rechten der Anrainer gesprochen. § 10 Abs. 2 BO erfordere die Zustimmung der Eigentümer der von der Grundabteilung betroffenen Grundstücke. Diese Gesetzesbestimmung sei nicht eng auszulegen, vielmehr seien in einem Verfahren gemäß § 10 BO auch dinglich Berechtigte des betroffenen Grundstückes "als Eigentümer zu werten". Der Beschwerdeführerin stünde als der "derzeitigen Eigentümerin eines Grundstückes" - wobei es unbeachtlich sei, daß es sich um ein angrenzendes Grundstück handle - das Recht zu, einen bestimmten Teil eines vom Verfahren nach § 10 BO betroffenen Grundstückes zu verwenden; ihr stehe das Recht zu, einen bestimmten Teil jederzeit und mit allen Fahrzeugen zu befahren und zu begehen. Dieses ihr zustehende Recht sei ähnlich einem Eigentumsrecht. In dieser Position wäre aber ihre Parteistellung im Verfahren zu bejahen gewesen. Die Verneinung ihrer Parteistellung im Grundabteilungsverfahren habe zur Folge, daß - ohne Gewährung des Parteiengehörs - jene Fläche, auf der ihr ein dingliches Recht zustehe, ins öffentliche Gut übergehe, auf welcher Fläche in der Folge die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung mit allen ihren Einschränkungen gelten würden. Während in einem späteren Bauverfahren dingliche Rechte berücksichtigt würden bzw. von dinglich Berechtigten eingewendet werden könnten, träfe das nach einer Übertragung ins öffentliche Gut nicht bzw. nur mehr sehr eingeschränkt zu. Da die belangte Behörde die Parteistellung der Beschwerdeführerin als dinglich Berechtigter im Grundabteilungsverfahren verneint habe, habe sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 118 Abs. 1 der hier anzuwendenden
NÖ Bauordnung 1976 (BO) gelten für ein nach diesem Gesetz durchzuführendes Verfahren die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, sofern sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.
Gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. bedarf im Bauland die Grundabteilung (Teilung oder Vereinigung von Baugrundstücken oder jede sonstige Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde (von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen des zweiten Halbsatzes dieser Bestimmung abgesehen).
Gemäß Abs. 2 leg. cit. bedarf der Antrag auf die Bewilligung einer Grundabteilung der Zustimmung der Eigentümer aller von ihr betroffenen Grundstücke. Diese auf die 6. Novelle zur NÖ Bauordnung 1976 vom 6. September 1988, LGBl. 8200-6, zurückgehende Regelung hat nach den Erläuternden Bemerkungen (siehe hiezu Hauer-Zaussinger, Niederösterreichische Bauordnung, 4. Auflage, S. 109 f) das Vorliegen der Zustimmung der Eigentümer aller von der Grundabteilung betroffenen Grundstücke schon im Zeitpunkt des Antrages an die Baubehörde (und nicht erst dem der Antragstellung an das Grundbuchsgericht) deshalb angeordnet, damit nicht mehr so häufig wie früher die baubehördliche Bewilligung einer Grundabteilung wegen der zu langen Einholung dieser Zustimmung erlischt.
Die im § 10 Abs. 2 BO geforderte Zustimmung der Eigentümer aller von der beantragten Bewilligung einer Grundabteilung betroffenen Grundstücke ist ihrem Zwecke nach mit der Zustimmung des Eigentümers im Baubewilligungsverfahren (vgl. hiezu § 96 Abs. 1 Z. 2 BO) vergleichbar. Dem Grundeigentümer kommt somit nur hinsichtlich seines Zustimmungsrechtes Parteistellung im Grundabteilungsverfahren zu (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. November 1991, Zl. 91/05/0145, sowie das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1981, Zl. 81/05/0002). Aufgrund des klaren Wortlautes des § 10 Abs. 2 BO, welcher die Zustimmung der EIGENTÜMER der vom Antrag auf Bewilligung einer Grundabteilung betroffenen Grundstücke fordert, vermag ein sonstiger dinglich Berechtigter an den betroffenen Grundstücken seine Parteistellung im Grundabteilungsverfahren nicht auf § 10 Abs. 2 BO zu stützen. Als Anrainer im Sinne des § 118 Abs. 8 BO kommt dem Servitutsberechtigten keine Parteistellung zu, weil eine solche im Baubewilligungsverfahren wiederum nur den Grundstückseigentümern zuerkannt wird, wenn sie durch das Bauvorhaben in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Im Verfahren nach § 10 BO ist im übrigen eine Parteistellung der Anrainer ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Beschwerdeführerin als Servitutsberechtigte an einem von der Grundabteilung betroffenen - mit einem Geh- und Fahrtrecht zugunsten einer ihr gehörigen Liegenschaft belasteten - Grundstück versucht ihre Parteistellung im Grundabteilungsverfahren nach § 10 Abs. 2 BO aber offenbar losgelöst von dem Zustimmungsrecht des Eigentümers und den subjektiv-öffentlichen Rechten der Anrainer im Sinne des § 118 Abs. 8 und 9 BO aus § 8 AVG abzuleiten. § 8 AVG stellt auf einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse an der Sache ab. Nur soweit sich aus den von der Behörde in einem bestimmten Fall anzuwendenden Vorschriften - dies können in besonderen Fällen auch Vorschriften des Privatrechtes oder des Verfassungsrechtes sein - eine Berechtigung (Rechtsanspruch, rechtliches Interesse) ergibt, besteht aber ein Rechtsanspruch an der betreffenden Verwaltungssache (vgl. hiezu die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 6. Auflage, Rz 121, S. 49) dargestellte Literatur und Judikatur). Die Behauptung der Überschreitung einer Servitut (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1964, Zl. 1584/63), sowie die Behauptung, durch das Bauvorhaben in einem Servitutsrecht verletzt zu werden, ist aber als privatrechtliche Einwendung im Sinne des § 99 Abs. 4 BO zu beurteilen, deren Austragung dem Zivilrechtsweg vorbehalten ist, und ist daher auf den Rechtsweg zu verweisen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1986, Zl. 86/05/0088, BauSlg. Nr. 762, und vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/05/0131, BauSlg. Nr. 790). Die privatrechtlichen Einwendungen können im allgemeinen nicht dazu führen, daß das Bauvorhaben versagt wird, weil für die Entscheidung über die allfällige Verletzung privater Rechte die Baubehörde gar nicht zuständig ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 6. November 1990, Zl. 90/05/0062, und vom 12. November 1991, Zl. 91/05/0082). Der Servitutsberechtigte hat im Rahmen des Zivilrechtes hinreichend Möglichkeiten, sich gegen jede Störung des Servitutsrechtes zu behaupten (§§ 340 ff, § 523 ABGB).
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050051.X00Im RIS seit
03.05.2001