TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/21 I405 2237666-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.2020
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Entscheidungsdatum

21.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I405 2237666-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH - ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/ 3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Marokkos, der Volksgruppe Araber und dem muslimischen Glauben zugehörig, wurde am 11.10.2020 gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Schwägerin in einem Reisezug von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet aufgegriffen und festgenommen.

2. Nach seiner Einvernahme am 11.10.2020 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch wurde über ihn mit Bescheid des BFA vom 12.10.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3. Mit weiterem Bescheid des BFA vom 13.10.2020 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei. Gleichzeitig wurde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Es wurde festgestellt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

4. Am 14.10.2020 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

5. Er wurde hierzu am selben Tag einer Erstbefragung unterzogen. Dabei gab der BF an, dass er im Jahr 2018 Marokko verlassen habe und sich danach für drei Monate in der Türkei, zwei Monate in Griechenland, eineinhalb Monate in Mazedonien, zwei Monate in Serbien, zehn Monate in Bosnien, 15 Tage in Kroatien, einen unbekannten Zeitraum in Slowenien, wiederum einen Monat in Bosnien und 33 Tage in Italien aufgehalten habe. Behördenkontakt habe er lediglich in Griechenland und Slowenien gehabt. Er sei nicht schlepperunterstützt eingereist. Nach Österreich sei er gekommen, weil er hier Freunde habe. Als Fluchtgrund führte er aus, dass er und sein Bruder von seinen Onkeln mit dem Tod bedroht worden seien. Diese Onkel hätten auch Probleme wegen der Erbschaft gemacht. Die Onkel hätten versucht, den BF und dessen Bruder zu töten. Auch die Mutter des BF sei von ihnen vergiftet worden. Die Familie des Vaters des BF sei sehr religiös und streng gläubig. Sie hätten einen Aufstand gegen die Regierung gemacht, die Regierung hätte dies bemerkt, woraufhin der BF und sein Bruder beschuldigt worden seien, die Familie seines Vaters verraten zu haben. In Marokko würde der BF getötet werden.

6. Am 30.10.2020 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er in Österreich um Asyl ansuche, da es zu Erbschaftsstreitigkeiten mit seinen Onkeln gekommen sei. Es gehe um das Erbe seines Großvaters. Seine Onkel hätten der Familie des BF kein Geld geben wollen, weshalb der Streit begonnen. Die Onkel seien Mitglieder einer Miliz, die sehr mächtig sei. Da der BF und sein Bruder der Familie angehören, bekomme er auch von der Stadt Probleme, da diese glauben würde, der BF und sein Bruder gehören auch dieser Miliz an. Dies seien alle seine Fluchtgründe. Auf den Vorhalt, dass diese Angaben sehr knapp und vage seien, führte der BF weiter aus, dass die Probleme von 2015 bis 2018 bestanden hätten, weiters nannte er die Namen seiner Onkel. Auf die Frage des BFA, um welche Probleme es sich gehandelt habe, gab der BF an, dass es zuerst wegen des Erbes Probleme gegeben habe, danach hätten die Onkel verlangt, dass der BF und seine Brüder der Miliz beitreten. Da der BF das nicht gewollt habe, hätten die Probleme begonnen. Auf weiteres Nachfragen durch das BFA gab der BF an, dass er geschlagen und beschimpft worden sei. Des Weiteren seien ihm drei Zehen gebrochen worden, einem Bruder seien die Beine gebrochen worden. Der BF und seine Brüder seien auch mit dem Tod bedroht worden. Da die Onkel sehr mächtig seien, würden sie mit der Regierung zusammenarbeiten und hätten viele Menschen in Haft genommen, weil sie nicht bei der Miliz hätten mitmachen wollen.

7. Mit angefochtenem Bescheid vom 06.11.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VI.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.). Der Bescheid wurde dem BF am 09.11.2020 zugestellt.

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 03.12.2020, mit welcher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wurden.

9. Mit Erkenntnis vom 07.12.2020, Zl. W250 2236621-1/11E, wurde die Beschwerde des BF nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.11.2020 gegen den Schubhaftbescheid vom 12.10.2020 als unbegründet abgewiesen.

10. Mit Schriftsatz vom 10.12.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 14.12.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich zum islamischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung.

Der BF reiste unrechtmäßig in Österreich ein.

Der BF wurde in Österreich mit seinem Bruder ( XXXX , IFA XXXX ) und seiner Schwägerin ( XXXX , IFA XXXX ) wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes aufgegriffen und festgenommen. Die Genannten stellten ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz, welche ebenfalls negativ abgewiesen wurden. Sie alle befinden sich seit 11.10.2020 in Schubhaft.

Die Familie des BF, seine Eltern und drei seiner Brüder, lebt in Marokko.

In Österreich verfügt der BF sonst über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft. Schützenswerte Aspekte eines Privatlebens konnten schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer nicht festgestellt werden.

1.2.    Zu den Fluchtmotiven des BF:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF Marokko wegen Erbschaftsstreitigkeiten verlassen hat. Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Grund für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat Marokko waren wirtschaftliche Überlegungen.

1.3. Zu den Feststellungen zum Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ mit Stand 08.11.2019 (letzte Kurzinformation eingefügt am 09.07.2020) zu Marokko fast vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko gilt als sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden.

Marokko erkennt ausdrücklich in seiner Verfassung die Diversität der Nation an. Staatliche Diskriminierung gegenüber ethnischen Minderheiten ist nicht vorhanden (AA 14.2.2018). Etwa die Hälfte der Bevölkerung macht eine berberische Abstammung geltend und spricht eine der drei in Marokko vertretenen Berbersprachen. Marokko fördert Sprache und Kultur der Berber inzwischen aktiv (AA 14.2.2018). Eine Diskriminierung auf Grund der berberischen Herkunft mag im Einzelfall vorkommen, ein generelles diskriminierendes Verhaltensmuster ist nicht erkennbar (ÖB 5.2019).

Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 10.3.2017).

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2.       Beweiswürdigung:

2.1.    Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in das Schubhaftbeschwerdeverfahren und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko.

Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein substantiiertes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2.    Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen. Dass der BF in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt und auch sonst keine Integrationsschritte in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht setzte, ergibt sich aus den Angaben des BF anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthaltes in Österreich. Die Feststellungen zum Bruder und zur Schwägerin des BF ergeben sich aus den Angaben des BF und aus dem Verwaltungsakt.

Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zur Anhaltung des BF in Schubhaft seit 11.10.2020 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

2.3.    Zu den Fluchtgründen des BF:

Wie aus der Verfahrenserzählung bereits zu entnehmen ist, hat der BF eine konkrete Bedrohung gegen seine Person nicht glaubhaft machen können.

Vorweg ist der belangten Behörde beizupflichten, dass die Glaubwürdigkeit des BF hinsichtlich einer Verfolgungsgefahr schon deshalb anzuzweifeln ist, zumal er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz erst stellte, nachdem gegen ihn eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erlassen wurde. Wäre er tatsächlich wie von ihm behauptet in Marokko verfolgt bzw. mit dem Tod bedroht worden, wäre zu erwarten gewesen, dass er bei erster sich bietender Gelegenheit in einem sicheren Staat, zumal er vor seiner Einreise in Österreich durch mehrere EU-Mitgliedsstaaten durchgereist ist, oder unmittelbar nach seiner Einreise in Österreich einen Asylantrag stellt.

Insoweit in der Beschwerde zum Zeitpunkt der Antragstellung des BF ausgeführt wird, dass er vor der belangten Behörde hierzu nicht ausdrücklich befragt worden sei und er dies in der mündlichen Verhandlung darlegen könne, ohne weitere Angaben hierzu zu machen, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF bei seiner Befragung nach seinem Aufgriff am 11.10.2020 erklärte, sein Heimatland verlassen zu haben, da er viele Träume habe, er sein Doktorat abschließen und außerhalb Marokkos ein Geschäft eröffnen wolle. In Marokko könne er sich diesen Traum nicht erfüllen. Er sei deshalb nach Österreich gekommen, da er immer gehört habe, dass Österreich schön sei, dass es hier Arbeit gebe und auch die Menschenrechte eingehalten werden. Der BF machte bei dieser Befragung jedoch keine Verfolgung geltend, was bei Wahrunterstellung seines nunmehrigen Fluchtvorbringens zu erwarten gewesen wäre. Selbst nach Vorhalt der beabsichtigten Anordnung der Schubhaft sowie Erlassung einer Rückkehrentscheidung erklärte der BF lediglich, dass er in Europa bleiben wolle, da er frei sein und arbeiten wolle, um seine Mutter in Marokko zu unterstützen. Spätestens nach diesem Vorhalt hätte er seine behauptete Verfolgung ins Treffen führen müssen bzw. darlegen müssen, warum er nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren kann.

Diese Ansicht wird auch durch die Angaben des BF in der Schubhaftbeschwerdeverhandlung vor dem erkennenden Gericht am 11.11.2020 untermauert. So gab der BF in der Beschwerdeverhandlung am 11.11.2020 an, Österreich sei sein Zielland gewesen und er habe die Absicht gehabt, hier einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Auf die Frage, welche konkreten Absichten er diesbezüglich gehabt habe, gab der BF an, dass er geplant habe vorzusprechen, um Asyl zu bekommen. Er habe darauf gewartet, dass er von der Polizei angesprochen und gefragt werde, was er hier mache. Diesen Angaben folgend hätte der BF somit bei seinem Aufgriff am 11.10.2020 einen Asylantrag stellen müssen, was er jedoch nicht tat.

Der belangten Behörde ist daher auch beizupflichten, dass die Ausreise des BF aus seinem Herkunftsstaat wirtschaftlich motiviert war und dieser keine asylrelevante Verfolgung zugrunde lag. Vielmehr hat der BF den gegenständlichen Antrag nur deshalb gestellt, um einem Verbleib in der Schubhaft und einer Rückkehr in sein Heimatland entgegenzuwirken bzw. seine Abschiebung zu vereiteln.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht somit schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde das Fluchtvorbringen des BF als unglaubhaft einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde nicht substantiiert entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Unbeschadet dieser Überlegungen war das Fluchtvorbringen des BF auch nicht glaubwürdig. So machte der BF im Zuge seiner Einvernahme vor dem BFA am 30.10.2020 äußerst vage und unkonkrete Angaben zu seinem Fluchtvorbringen, wie dies im Erkenntnis des erkennenden Gerichts vom 07.12.2020, Zl. W250 2236621-1/11E, im Schubhaftverfahren festgehalten wurde: „Darüber hinaus sind die vom BF behaupteten Fluchtgründe weder nachvollziehbar noch glaubhaft. Insbesondere machte der BF entsprechend der Niederschrift seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 30.10.2020 nur knappe Angaben zu seinem Fluchtvorbringen. Er wurde vom Bundesamt auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sein Vorbringen konkretisieren solle. In der Beschwerdeverhandlung dazu befragt gab der BF an, dass er ausführlich ausgesagt habe, dass der Dolmetscher seine Aussage jedoch zusammengefasst habe. Diese Rechtfertigung des BF ist jedoch vor dem Hintergrund, dass ihm die Niederschrift am 30.10.2020 rückübersetzt wurde und während der gesamten Einvernahme der rechtliche Berater des BF anwesend war nicht nachvollziehbar und wird als Schutzbehauptung gewertet. Inhaltlich gab der BF in der Erstbefragung an, dass er wegen einem Erbschaftsstreit mit seinen Onkeln Probleme gehabt habe, es sei versucht worden, den BF und seinen Bruder zu töten. In der Einvernahme am 30.10.2020 gab der BF jedoch an, dass die Onkel das Erbe nicht hätten hergeben wollen und danach verlangt hätten, dass sich der BF jener Miliz anschließe, der auch seine Onkel angehören. Da er dies abgelehnt hätte, hätten die Probleme begonnen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der BF in der Erstbefragung den Erbschaftsstreit als Grund der Bedrohung angibt, während er bei seiner Einvernahme die Weigerung sich einer Gruppierung anzuschließen als Grund der Probleme nennt. Darüber hinaus wurde der Bruder des BF vom Bundesamt in seiner Einvernahme am 30.10.2020 ausdrücklich danach befragt, ob er jemals Probleme auf Grund der Zugehörigkeit der Onkel zur genannten Gruppierung gehabt habe. Diese Frage verneinte der Bruder des BF. In der Beschwerdeverhandlung dazu befragt gab der BF an, dass er nicht wisse, wie sein Bruder das gemeint habe. Das Fluchtvorbringen des BF ist daher in sich widersprüchlich und mit den Angaben des Bruders des BF nicht in Einklang zu bringen, weshalb insgesamt kein glaubhaftes Fluchtvorbringen vorliegt.“

Im Übrigen wurden auch im Beschwerdeverfahren keine Beweis- oder Bescheinigungsmittel vorgelegt oder angeboten, die auf eine tatsächliche Verfolgung des BF in seinem Herkunftsstaat hinweisen könnten.

Der Vollständigkeit halber bleibt noch darauf zu verweisen, dass hinsichtlich der Schutzunwilligkeit bzw. Schutzunfähigkeit der marokkanischen Polizei vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte und der gültigen Herkunftsstaatenverordnung sich kein substantiiertes Vorbringen erstattet wurde, ebenso wie an einer fehlenden innerstaatlichen Fluchtalternative im Falle einer tatsächlichen Bedrohungssituation durch Privatpersonen.

Schließlich gilt es noch darauf zu verweisen, dass der BF keine Probleme mit staatlichen Behörden aus asylrelevanten Gründen (Religion, Politik, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, Volksgruppenzugehörigkeit) vor dem BFA behauptet hat und sohin auch unter diesem Gesichtspunkt ein spezielles individuelles Gefährdungspotential nicht zu erkennen war und ist.

2.4.    Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 08.11.2019 (letzte Kurzinformation eingefügt am 07.04.2020) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben.

Der BF konnte keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft vorbringen. Zum Vorbringen des BF, er habe Marokko auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen verlassen, ist festzuhalten, dass in allgemeinen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen keine Verfolgung gesehen werden kann (vgl. VwGH 08.06.2000, 99/20/0597, unter Bezugnahme auf VwGH 24.10.1996, 95/20/0321) und eine existenzgefährdende Schlechterstellung des BF aus Gründen der GFK nicht ersichtlich ist. Eine sonstige aktuelle zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr wird von der BF nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus Umständen, die von Amts wegen zu berücksichtigen wären.

Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

In Marokko herrscht keine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse), weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Derartige Beweise wurden nicht vorgelegt.

Es wird nicht verkannt, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat auch eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation aber nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174) und ist die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443 und zuletzt VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19-0036-5).

Der BF verfügt über eine mehrjährige Schulbildung. Zudem handelt es sich bei ihm um einen gesunden und jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann, sodass er seinen Unterhalt in Marokko erwirtschaften können wird, wie er dies bereits vor seiner Ausreise auch tat.

Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass dem BF im Fall der Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwird.

Zudem ist Marokko ein sicherer Herkunftsstaat, was auch gegen eine allgemeine Gefährdungslage spricht. Es ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Es besteht daher durch die Rückkehr der BF nach Marokko keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. bringt diese für sie auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich.

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus festzuhalten, dass es sich beim BF um einen gesunden, jungen und arbeitsfähigen Mann handelt, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit sie nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des BF nach Malawi vorliegendes "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.4.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1.  Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der seit 14.10.2020 andauernde Aufenthalt des BF beruhte auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während seiner kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich im Bundesgebiet auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Betreffend den Bruder und die Schwägerin des BF ist festzuhalten, dass diese ebenfalls von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind und daher kein Eingriff in das Familienleben des BF erkannt werden kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der BF führt – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – keine Lebensgemeinschaft oder eine „familienähnliche“ Beziehung in Österreich. Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der BF während seines nur knapp zweimonatigen Aufenthaltes in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Darüber hinaus ist auszuführen, dass ein derart kurzer Aufenthalt in Österreich in der Regel kein schützenswertes Privatleben begründen kann.

Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber. Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5.    Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.):

3.5.1.  Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2.  Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062). Da – wie oben angeführt – keine Gründe für die Zuerkennung von internationalem Schutz hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vorliegen, ist im Sinne der oben zitierten, auch nach dem Erkenntnis VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, weiterhin beachtlichen Judikatur eine neuerliche Prüfung eines Abschiebehindernisses aus Gründen der ernsthaften Gefahr der Todesstrafe, unmenschlichen Strafe oder Behandlung und der Gefahr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt persönlich zu Schaden zu kommen, nicht mehr neu zu prüfen. Da die nach § 50 Abs 1 FPG vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung über die von der Prüfung des subsidiären Schutzes erfassten Bereiche hinausgeht, ist in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, ob die Abschiebung des BF nach Marokko eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeutet, weil sonstige ernste Schäden aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat dem BF drohen, etwa, dass der BF dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht decken kann. Diese – bislang im Rahmen der Prüfung des subsidiären Schutzes vorgenommene Prüfung – ist im Sinne des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, nunmehr in diesem Rahmen vorzunehmen, wobei die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu gegenständlicher Fragestellung ungeachtet des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, anzuwenden ist. Daher ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der noch junge BF arbeitsfähig und gesund ist und er über eine mehrjährige Schulbildung und ein familiäres Netzwerk in Marokko verfügt. Es ist davon auszugehen, dass der BF deshalb bei seiner Rückkehr nach Marokko jedenfalls einen zumindest bescheidenen Lebensunterhalt verdienen wird bzw. mit der Unterstützung seiner Familie rechnen können wird, wie dies auch vor seiner Ausreise der Fall war. Auch hat der BF keine exzeptionellen Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko einer Art 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt werden könnte, weil Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF in Österreich allenfalls wirtschaftlich gegenüber einer Situation in Marokko bessergestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Es fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände. Damit erfolgte die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko zurecht.

Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.6.    Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 06.11.2020 die aufschiebende Wirkung – zu Recht, wie unten auszuführen sein wird – aberkannt.

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Marokko keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienleben in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.7.    Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind ua die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).

Nach § 1 Z 9 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 130/2018 gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat.

Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt ein Überwiegen der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig war.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 18 Abs 1 BFA-VG abzuweisen war.

3.8.    Zur Verhängung eines Einreiseverbotes (Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist vorbehaltlich des Abs. 3 ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Die demonstrative Aufzählung der Z 1 bis 9 nimmt dies insbesondere dann an, wenn der Besitz der Mittel zum Unterhalt nicht nachgewiesen werden kann (Z 6).

Das Bundesamt hat das Einreiseverbot, wie sich aus der Begründung ergibt, auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gestützt.

Insoweit in der Beschwerde hierzu ausgeführt wird, dass die Mittellosigkeit des BF nicht eindeutig sei, der BF ausreichende finanzielle Mittel gehabt habe, um nach Österreich zu reisen, er sich 1.800,- € ausgeliehen habe, um seinen Aufenthalt in Österreich zu finanzieren, es dem BF jedoch nicht möglich sei, seine finanziellen Mittel nachzuweisen, was im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu klären sei, ohne darzutun, wie dies geklärt werden könnte, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF gegenwärtig über keine finanziellen Mittel, über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt und er in Österreich keine Erwerbstätigkeit ausübt. Zudem wurde seinen Angaben hinsichtlich seiner finanziellen Mittel in der mündlichen Schubhaftbeschwerdeverhandlung am 11.11.2020 vor dem erkennenden Gericht die Glaubwürdigkeit abgesprochen, der sich die erkennende Richterin anschließt.

Das Bundesamt begründete seine Entscheidung damit, dass der BF mittellos sei und daher derzeit nicht in der Lage sei, für seinen Lebensunterhalt in Österreich zu sorgen. Er habe auch keine Berechtigung zur Ausübung einer legalen Beschäftigung, um dadurch seine Mittelosigkeit beseitigen zu können. Dieser Ansicht ist auch vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Judikatur beizutreten:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der Verhängung eines Einreiseverbotes wegen Mittellosigkeit in seinem Erkenntnis vom 19.12.2018, Ra 2018/20/0309, und seinem Beschluss vom 09.07.2020, Ra 2020/21/0257, die Rechtsansicht, dass ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen habe, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfüge, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheine. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, bestehe insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein müsse, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf habe und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen würden.

Im gegenständlichen Fall konnte der BF aber den Nachweis, wie er seinen Unterhalt aus Eigenem finanziert, nicht erbringen. Dabei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass er in Österreich über keinen festen Wohnsitz und keine Krankenversicherung verfügt und keiner der Pflichtversicherung unterliegenden Erwerbstätigkeit nachging bzw. nachgeht. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit ist bei ihm daher nicht gegeben.

Das Bundesamt stützt das Einreiseverbot nicht ausschließlich auf die Mittellosigkeit, sondern führt auch aus, dass der BF mit der Absicht in Österreich eingereist sei, entgeltliche Arbeiten auszuführen, obwohl es ihm bewusst gewesen sein musste, dass er dazu nicht berechtig sei. Da er vorgehabt hätte, in Österreich zu arbeiten, könne nicht ausgeschlossen werden, dass er auch versucht hätte, eine Beschäftigung auszuüben, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen. Der belangten Behörde ist auch in dieser Hinsicht beizutreten, da diesen Rechtsgütern aus Sicht der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein öffentliches Interesse gemäß Art. 8 EMRK zukommt und das Verhalten des BF diesem zuwider läuft.

Die Verhängung des Einreiseverbotes in der vom Bundesasylamt ausgesprochenen Dauer ist nicht zu beanstanden und kann als angemessen, erforderlich und darüber hinaus auch als verhältnismäßig angesehen werden.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der vom BF ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG durch die Verhängung eines zweijährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann und die Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. abzuweisen war.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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