TE Bvwg Beschluss 2021/2/4 W170 2229098-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2021
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Entscheidungsdatum

04.02.2021

Norm

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §30
GebAG §31
GebAG §32 Abs1
GebAG §32 Abs2 Z1
GebAG §43 Abs1
VwGVG §17

Spruch


W170 2229098-1/24Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über den auf der Honorarote vom 28.08.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Sachverständigen XXXX als nichtamtliche Sachverständige betreffend die Erstellung eines medizinischen Gutachtens beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 35a Abs. 2 AVG mit

€ 783,50 (inkl. 20% USt)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.05.2020, GZ: W170 2229098-1/14Z, wurde die Antragstellerin in der gegenständlichen Beschwerdesache gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zur Sachverständigen aus dem Fachgebiet „Psychiatrie und Neurologie“ bestellt und ihr, nach entsprechender Untersuchung, die Beantwortung von Fragen in einem Gutachten aufgetragen. Das Gutachten war schriftlich zu erstatten.

2. Mit Schriftsatz vom 28.08.2020 legte die Antragstellerin das schriftlich erstattete Gutachten mitsamt einer aufgeschlüsselten Honorarnote Nr. 0761/2020 wie folgt dem Bundesverwaltungsgericht vor:

1.

Befund und Gutachten nach Untersuchung § 43 (1) e

Psychiatrische Untersuchung – allgemeine Beurteilung

Neurologische Untersuchung

3 Weitere Fragen

195,40

116,20

348,60

2.

Gebühr nach § 49

Testpsychologie (psychometrische Skalen)

0,00

3.

Kriminalprognostische Beurteilung §§ 34/1, 34/2, 49/2

0 Stunden á € 300,00 lt. Honorarordnung der ÖÄK (abz. 20%)

0,00

4.

Kosten nach § 30 (1)

Beiziehung von Hilfskräften (Aktenführung ab Eingang, Anlegen eines Handaktes, Terminkoordination, Anfertigung von Kopien)

20,00

5.

Aktenstudium § 36

44,90

6.

Schreibgebühr § 31 (3)

26 Urschriften á € 2,00

0 Durchschriften á € 0,60

52,00

7.

Zeitversäumnis § 32 (1); § 33 (1)

Telefonate – Korrespondenz – Postwege

45,40

8.

Reisekosten § 28

0 km á € 0,42

0,00

9.

Sonstige Kosten § 31

Porto – Telefongebühren – Faxgebühren – elektronische GA-Übermittlung

27,00

 

Netto Summe

849,50

 

zzgl. 20% USt

169,90

 

Gesamtsumme abgerundet

1.019,00

3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 01.12.2020, GZ. W170 2229098-1/21Z, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass im gegenständlichen Fall lediglich eine dreifache Gebühr für Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 lit. d GebAG sowie eine Gebühr für Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 lit. e zuerkannt werden könne. Darüber hinaus wurde die Antragstellerin aufgefordert, die beantragten Hilfskraftkosten zu erläutern und zu belegen, die beantragte Gebühr für Zeitversäumnisentschädigung zu erläutern und die beantragte Gebühr für Sonstige Kosten darzulegen. Das Schreiben wurde am 03.12.2020 nachweislich zugestellt.

4. Es langte keine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. In weiterer Folge teilte das Bundesverwaltungsgericht der beschwerdeführenden Partei im gegenständlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 28.12.2020, GZ. W170 2229098-1/22Z, mit, dass die Sachverständige auf die gesetzlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) im Zusammenhang mit den beantragten Gebühren für Mühewaltung gemäß § 43 Abs. 1 GebAG, für Hilfskraftkosten im Sinne des § 30 GebAG, für Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG sowie den sonstigen Kosten gemäß § 31 GebAG hingewiesen wurde. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergäbe sich eine Gebührenberechnung in der Höhe von insgesamt € 783,50. Der beschwerdeführenden Partei wurde die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme binnen 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.

6. Binnen offener Frist langte die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 05.01.2021 ein, mit der beantragt wurde, die Gebühren der Antragstellerin entsprechend der Gebührenberechnung des Bundesverwaltungsgerichtes mit € 783,50 zu bestimmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens als Sachverständige aus dem Fachgebiet Psychiatrie und Neurologie bestellt wurde und dabei, nach entsprechender Untersuchung, ein schriftliches Gutachten zu erstatten hatte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes, dem Bestellungsbeschluss vom 25.05.2020, GZ: W170 2229098-1/14Z, dem Gebührenantrag vom 28.08.2020 und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht im Bundes- oder Landesgestzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren nach den §§ 24 bis 37 und 43 bis 51 GebAG. Gemäß § 53a Abs. 2 AVG ist die Gebühr von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, zu bestimmen.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.       den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.       die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.       die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Zu A)

Zu der beantragten Gebühr für Mühewaltung gemäß § 43 Abs. 1 GebAG

Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GebAG steht die Gebühr für Mühewaltung den Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu und deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Insoweit in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen (§ 43 ff GebAG) dieses Bundesgesetzes zu bestimmen.

Im, für das gegenständliche Verfahren gemäß § 17 VwGVG anwendbaren § 53a Abs. 1 AVG, wird auf die Bestimmungen des GebAG dahingehend verwiesen, dass nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren haben, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden.

§ 43 Abs. 1 GebAG normiert Folgendes:

„§ 43 (1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt

1.       für die Untersuchung samt Befund und Gutachten

a) bis c) [….]

d) bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit eingehender Begründung des Gutachtens 116,20 Euro;

e) psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit besonders eingehender, sich mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen ausführlich auseinandersetzender oder besonders ausführlicher und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzender Begründung des Gutachtens   195,40 Euro“

Ein einheitlich in Auftrag gegebenes Gutachten ist nach § 43 Abs. 1 GebAG dann mehrfach zu honorieren, wenn nach dem erteilten Auftrag in Wahrheit mehrere Gutachten zu erstatten sind, die unabhängig voneinander bestehen können (vgl. OLG Graz SV 2010/4, 222).

Voraussetzung für eine mehrfache Honorierung ist dabei nach überwiegender Rechtsprechung, dass für die Begutachtung jeder Frage die dem Sachverständigen eigenen Fachkenntnisse erforderlich sind, ein weitergehender Befund notwendig war und durch die Beantwortung der einen Frage nicht die weiteren vom Richter selbst gelöst werden können (vgl. LG Salzburg SV 2010/2, 91; LG Feldkirch SV 2010/4, 220; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 130f, 133f zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 7 und 9 zu § 43 GebAG).

Maßgeblich für die Frage, ob mehrere gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, ist nicht rein formell danach zu beurteilen wie viele Fragen der Gutachtensauftrag enthält bzw. in wie viele Fragestellungen der Sachverständige den Auftrag zerlegt, sondern zu wie vielen selbstständigen Themenkreisen der Sachverständige nach dem Inhalt des Gutachtensauftrags gutachterliche Aussagen zu machen hat (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 134 zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 10 zu § 43 GebAG).

Maßgeblich für die Frage, ob mehrere gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, ist nicht rein formell danach zu beurteilen, wie viele Fragen der Gutachtensauftrag enthält bzw. in wie viele Fragestellungen der Sachverständige den Auftrag zuerlegt, sondern zu wie vielen selbstständigen Themenkreisen der Sachverständige nach dem Inhalt des Gutachtensauftrags gutachterliche Aussagen zu machen hat (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 134 zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 10 zu § 43 GebAG).

Laut Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.05.2020, GZ. W170 2229098-1/14Z, waren insgesamt drei Fragen zu beantworten bzw. Punkte näher zu erörtern, die wie folgt formuliert waren:

„1. Ist der Beschwerdeführer zum jetzigen Zeitpunkt in der Lage, einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu folgen und in dieser – unter Bedachtnahme auf die gegebene Vertretung durch einen Rechtsanwalt – seine Interessen im Verfahren wahrzunehmen?

Dem Beschwerdeführer wird vorgehalten, er habe am 11.03.2019, gegen 19:05 Uhr, seiner ehemalige Lebensgefährtin XXXX im Beisein der gemeinsamen Tochter und einer Freundin dieser Tochter, plötzlich und unerwartet von hinten einen kräftigen Stoß gegen die Schulter versetzt, sodass diese gegen eine dortige Steinmauer gestoßen sei und dabei Verletzungen im Bereich der Halswirbelsäule erlitten habe.

2. War der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der oben geschilderten Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen, schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln?

3. Wenn Frage 2 mit nein beantwortet wird: War die Fähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der oben geschilderten Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, wegen einer anderen, schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung oder aus anderen näher zu bezeichneten Gründen beeinträchtigt, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln?“

Im gegenständlichen Fall ergeben sich neben der Untersuchung des Beschwerdeführers in neurologischer und psychiatrischer Hinsicht aus den gegliederten Fragestellungen insgesamt drei von der Antragstellerin beantwortete Fragenkomplexe, weshalb – aufgrund der Zulässigkeit der Kumulierung der Tarifansätze – eine Honorierung für die Erstellung des fachärztlichen Gutachtens in den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie und zusätzlich für die Beantwortung von zwei weiteren Fragenkomplexen nach den Tarifen des § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG zulässig ist.

Aus diesem Grund sind lediglich eine 2-fache Honorierung der Mühewaltung und die Begutachtung aus neurologischer Sicht nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG sowie die Begutachtung aus psychiatrisches Sicht nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit. e GebAG zulässig.

Zu den Hilfskraftkosten im Sinne des § 30 GebAG

Gemäß § 30 GebAG sind dem Sachverständigen die Kosten für Hilfskräfte so weit zu ersetzen, als deren Beiziehung nach Art und Umfang seiner Tätigkeit unumgänglich notwendig ist. Zu diesen Kosten zählen die Kosten, die der Sachverständige für die Arbeitsleistung der Hilfskräfte aufwenden muss, soweit sie das übliche Ausmaß nicht übersteigen (Z 1) sowie die Reise- und Aufenthaltskosten der Hilfskräfte unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über die Gebühr der Zeugen (Z 2).

Unter einer Hilfskraft ist eine Person zu verstehen, die – angestellt oder selbstständig – auf demselben Fachgebiet wie der beauftragte Sachverständige tätig ist, den fachlichen Weisungen des Sachverständigen bei der Gutachtenserstellung unterliegt und ihm entsprechend seinen Fähigkeiten zuarbeitet (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 Anm. 1) und E 1 zu § 30 GebAG).

Aus dem Gebührenantrag geht hervor, dass der als Hilfskraftkosten gemäß § 30 GebAG geltend gemachte Betrag die Beiziehung einer Hilfskraft für Aktenführung ab Eingang, Anlegen eines Handaktes, Terminkoordination und Anfertigungen von Kopien in Höhe von € 20,00 vergüten soll.

Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Hilfskräfte sind strengste Maßstäbe anzulegen, weil die mit der SV-Tätigkeit verbundenen Arbeiten grundsätzlich mit der Gebühr für Mühewaltung entlohnt werden (vgl. OLG Wien 23 Bs 321/11s SV 2012/2, 101; OLG Graz 4 R 174/13k, 4 R 175/13g SV 2014/2, 102 ua.; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 25, 27 zu § 30 GebAG).

Spricht der Sachverständige Kosten für Hilfskräfte an, so hat er in der Regel jene Umstände darzulegen, aus denen sich die Notwendigkeit, Hilfskräfte beizuziehen, ergibt. Ergibt sich die Notwendigkeit der Beiziehung von Hilfskräften nicht aus dem Akt und wird diese vom Sachverständigen auch nicht bescheinigt, können Hilfskraftkosten nicht zugesprochen werden (vgl. OLG Wien SV 2015/3, 154; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 41, E 42 zu § 30 GebAG).

Weiters kommt es darauf an, welche Kosten dem Sachverständigen durch die Beiziehung der Hilfskraft tatsächlich entstanden sind, wobei die Kosten durch Vorlage entsprechender Zahlungsbelege zu bescheinigen sind (vgl. OLG Wien 23 Bs 83/15x, 14 R 113/15p SV 2016/1, 30; LGZ Wien 45 R 572/04g EFSlg 112.703, 44 R 165/12h EFSlg 136.589 ua.; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4, Rz. 4 zu § 30 GebAG).

Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nicht dargelegt hat, welche Tätigkeiten die Hilfskraft konkret durchzuführen hatte und auch keine Umstände angeführt wurden, aus denen sich die Notwendigkeit für die Beiziehung der Hilfskraft ergibt, sowie die Heranziehung auch nicht durch entsprechende Zahlungsbelege bescheinigt wurde, kann die geltend gemachte Gebühr für Hilfskraftkosten in Höhe von € 20,00 auf Grund der obigen Ausführungen nicht vergütet werden.

Zur Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nur bei einer Tätigkeit außerhalb der Wohnung oder gewöhnlichen Arbeitsstätte. Für eine analoge Anwendung dieser Norm auf die in der Ordination als der gewöhnlichen Arbeitsstätte versäumte Zeit ist daher kein Platz (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 44 zu § 32).

Zur Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gehört nicht nur der Hinweis auf die Gesetzesstelle, sondern zumindest auch die Behauptung der Art der Zeitversäumnis, damit diese entsprechend subsumiert werden kann.

Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 56, E 72 zu § 32).

Die Antragstellerin beantragte die Vergütung für zwei begonnene Stunden Zeitversäumnis. Aus dem aktenkundigen Verfahrensverlauf gehen jedoch keine nachvollziehbaren Stunden Zeitversäumnis hervor, insbesondere übermittelte die Antragstellerin das Gutachten samt Honorarnote am 28.08.2020 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs und ist somit ein in diesem Zusammenhang angefallener Postweg ausgeschlossen. Darüber hinaus kam die Antragstellerin der Aufforderung nicht nach, sonstige Umstände darzulegen, aus welchen sich zwei Stunden Zeitversäumnis ergeben.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann die beantragte Zeitversäumnis in Höhe von € 45,40 gemäß § 32 GebAG nicht zuerkannt werden.

Zu den sonstigen Kosten gemäß § 31 GebAG

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 und 5 GebAG sind den Sachverständigen ausschließlich die mit der Erfüllung ihres jeweiligen Gutachtensauftrags notwendigerweise verbundenen variablen Kosten, nicht aber Fixkosten zu ersetzen. Ersatzfähige variable Kosten sind unter anderem die Kosten für die Benützung der von Ihnen nicht selbst beigestellten, besonderen fallspezifischen Hilfsmittel, Werkzeuge, Programme und Geräte, die nicht zur üblichen Grundaustattung von in diesem Fachgebiet tätigen Sachverständigen gehören nach Z 5 die von den Sachverständigen zu entrichtenden Entgelte und Gebühren für Leistungen und Dienste, die für Befundaufnahme und Gutachtenserstattung durch die Sachverständigen notwendig sind und welche die Sachverständigen üblicherweise nicht selbst erbringen und die auch nicht zur üblichen Grundausstattung und Infrastruktur der in diesem Fachgebiet tätigen Sachverständigen gehören (insbesondere Porto, Transportkosten, Kosten für Fremduntersuchungen und – analysen,) Pflegegebühren, durch die Besonderheit des Auftrags zusätzlich erforderliche Versicherungsprämien, Kosten für Großräumlichkeiten, für den Erwerb rein fallspezifischen Zusatzwissens und für Übersetzungen.

Variable, mit der konkreten SV-Tätigkeit zusammenhängende Bürounkosten sind nach § 31 GebAG zu ersetzen. Dazu gehören auch die Telefongebühren oder Faxspesen. Telefonkosten und sonstige Barauslagen müssen konkretisiert werden. Eine Bestimmung der Gebühr nach den anteiligen Jahresunkosten pro Akt ist unzulässig (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 4, E 5 zu § 31).

Die Antragstellerin machte in der Honorarnote Sonstige Kosten gemäß § 31 GebAG für „Porto-Telefongebühren-Faxspesen-elektronische GA-Übermittlung“ geltend.

Gemäß § 31 Abs. 1a GebAG gebührt dem Sachverständigen, der sein Gutachten samt allfälligen Beilagen sowie seinen Gebührenantrag im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs (§ 89a GOG) übermittelt, dafür ein Betrag von insgesamt 12 Euro. Werden vom Sachverständigen im Rahmen der Erfüllung des Gutachtensauftrags darüber hinaus notwendigerweise weitere Unterlagen im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs an das Gericht übersandt, so hat der Sachverständige dafür jeweils Anspruch auf eine Gebühr von insgesamt 2,10 Euro; dies gilt nicht für weitere Übersendungen im Zusammenhang mit dem Gebührenbestimmungsantrag.

Aus der Übermittlungsbestätigung des ERV gehen lediglich 2 PDF-Beilagen hervor, wovon eine Beilage das erstattete Gutachten und die zweite Beilage die gegenständliche Honorarnote ist, daher steht der Antragstellerin für die Übermittlung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs lediglich ein Betrag in Höhe von € 12,00 zu.

Vor dem Hintergrund, dass keine weiteren Akten rückübermittelt werden mussten, woraus Porto – bzw. ERV-Übermittlungskosten entstanden sein könnten und auch die Antragstellerin der Aufforderung nicht nachkam, konkret darzulegen, zu welchen Anteilen Telefonspesen und Faxspesen in Anbetracht der Gesamtsumme in Höhe von € 27,00 angefallen sind, kann lediglich ein Betrag in Höhe von € 12,00 gemäß § 31 Abs. 1a GebAG zuerkannt werden.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 6 GebAG ist vom Sachverständigen die von der Sachverständigengebühr zu entrichtende Umsatzsteuer zu entrichten; sie ist gesondert an- und zuzusprechen.

Der Gebührenbetrag war gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG auf volle 10 Cent aufzurunden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

1.

Befund und Gutachten nach Untersuchung § 43 (1) e

Psychiatrische Untersuchung – allgemeine Beurteilung

Neurologische Untersuchung

2 weitere Fragen

195,40

116,20

232,40

2.

Gebühr nach § 49

Testpsychologie (psychometrische Skalen)

0,00

3.

Kriminalprognostische Beurteilung §§ 34/1, 34/2, 49/2

0 Stunden á € 300,00 lt. Honorarordnung der ÖÄK (abz. 20%)

0,00

4.

Kosten nach § 30 (1)

Beiziehung von Hilfskräften (Aktenführung ab Eingang, Anlegen eines Handaktes, Terminkoordination, Anfertigung von Kopien)

0,00

5.

Aktenstudium § 36

44,90

6.

Schreibgebühr § 31 (3)

26 Urschriften á € 2,00

0 Durchschriften á € 0,60

52,00

7.

Zeitversäumnis § 32 (1); § 33 (1)

Telefonate – Korrespondenz – Postwege

0,00

8.

Reisekosten § 28

0 km á € 0,42

0,00

9.

Sonstige Kosten § 31

elektronische GA-Übermittlung

12,00

 

Netto Summe

652,90

 

zzgl. 20% USt

130,58

 

Gesamtsumme

783,48

 

Gesamtsumme auf volle 10 Cent aufgerundet

783,50

Die Gebühr der Antragstellerin war daher mit € 783,50 zu bestimmen.

Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Hilfskraft Mehrbegehren Mühewaltung Nachweismangel Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Teilstattgebung variable Kosten Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2229098.1.01

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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