Entscheidungsdatum
09.02.2021Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W108 2205863-3/12E
W108 2205863-4/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , iranischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, gegen 1. den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2020, Zl. 790149502/191224154, und 2. den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2020, Zl. 790149502/191296058, zu Recht:
A)
1. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.01.2020, Zl. 790149502/191224154, wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dessen Spruchpunkt IV. zu lauten hat: „Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab dem Zeitpunkt der Enthaftung.“
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.01.2020, Zl. 790149502/191296058, wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang/Sachverhalt:
1. Der im Spruch genannte Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger, Zugehöriger der Volksgruppe der Aseri und muslimischen Glaubens. Er ist am XXXX geboren und stammt aus der Stadt XXXX im Iran.
Der Beschwerdeführer reiste am 02.07.2004 als dreijähriges Kind gemeinsam mit seiner Mutter XXXX , geb. XXXX , iranische Staatsangehörige, IFA XXXX , und seiner Schwester XXXX , geb. XXXX , iranische Staatsangehörige, IFA XXXX , legal nach Österreich, wo er seither lebt.
Der Mutter des nunmehrigen Beschwerdeführers wurde aufgrund ihres Antrages auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz (AsylG) mit Bescheid der Asylbehörde (Bundesasylamt; nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [belangte Behörde]) vom 03.07.2007, Zahl: 0602.873-BAW, der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Am 05.02.2009 stellte die Mutter des damals minderjährigen Beschwerdeführers auch für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz, dem mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.04.2009, Zahl: 0901.495-BAW, stattgegeben wurde. Mit diesem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführer war damals acht Jahre alt. Auch der Schwester des Beschwerdeführers wurde der Status der Asylberechtigten im Familienverfahren zuerkannt.
2. Der Beschwerdeführer wuchs in der Folge im Kreise seiner iranischen Familie - Mutter, Schwester sowie ein Großvater, zwei Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers - in Österreich auf, besuchte in Österreich acht Jahre die Schule und absolvierte anschließend einen einjährigen polytechnischen Lehrgang. Er eignete sich ausgezeichnete Deutschkenntnisse an, spricht weiters sehr gut Englisch und gut Farsi. Er ist gesund und arbeitsfähig.
In Österreich leben die oben angeführten Familienangehörigen des Beschwerdeführers. Er hat in Österreich zwei Freunde, welche russische Staatsangehörige sind, zu denen jedoch keine besonders enge Bindung und kein Abhängigkeitsverhältnis besteht.
Der Vater des Beschwerdeführers XXXX , iranischer Staatsangehöriger, lebt im Iran. Die Ehe der Eltern des Beschwerdeführers wurde am XXXX 2005 im Iran einvernehmlich geschieden. Das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder (für den Beschwerdeführer und seine Schwester) übernahm die Kindesmutter. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. Sein Unterhalt wurde von seinen Eltern bestritten.
3. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach straffällig.
3.1. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 12.12.2016, AZ 162 Hv 119/16g, wurde der Beschwerdeführer, der damals 15 Jahre alt war, wegen der Verbrechen des schweren Raubes gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall; 15 StGB, des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß §§ 127, 130 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 StGB, der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel gemäß § 241e Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß §§ 15, 12. 2. Fall, 107 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt, wobei 17 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.
Das Gericht zog als mildernde Umstände die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, das Geständnis, die geringfügige Schadensgutmachung, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, sowie die ungünstigen Erziehungsverhältnisse des Beschwerdeführers heran, als erschwerend berücksichtigte das Gericht das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und Verbrechen sowie die Tatwiederholungen.
Der Beschwerdeführer hatte gemeinsam mit zwei weiteren Personen im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer Gaspistole, mehreren Opfern fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtsmäßig zu bereichern, abgenötigt bzw. abzunötigen versucht, und zwar am 31.08.2016 zwei unbekannt gebliebenen männlichen Opfern EUR 2,00, indem ein Mittäter sie fragte, ob sie Geld dabei haben und dabei die Gaspistole vorhielt und sodann das Geld an sich nahm, während der Beschwerdeführer und ein weiterer Mittäter durch ihre Anwesenheit und Einnahme einer bedrohlichen Position psychisch unterstützend beitrugen, zwei unbekannt gebliebenen männlichen Opfern Bargeld in unbestimmter Höhe, indem der Beschwerdeführer Geld forderte, die Gaspistole zog und in Richtung der Opfer repetierte, während die Mittäter durch ihre Anwesenheit und Einnahme einer bedrohlichen Position psychisch unterstützend beitrugen, wobei sich die Opfer weigerten, das Geld herauszugeben, am 01.09.2016 einem Opfer Bargeld in unbestimmter Höhe, indem ein Mittäter unter Vorhalt der Gaspistole das Bargeld forderte, der Beschwerdeführer eine Patrone der Gaspistole zum Beweis ihrer Echtheit vorzeigte, während ein Mittäter durch seine Anwesenheit und Einnahme einer bedrohlichen Position psychisch Unterstützung leistete, wobei sich das Opfer weigerte, das Geld herauszugeben und davonging, einem Opfer Bargeld in unbestimmter Höhe und ein Handy, indem ein Mittäter Bargeld forderte und der Beschwerdeführer unter Vorhalt der Gaspistole das Handy forderte, während ein Mittäter durch seine Anwesenheit und Einnahme einer bedrohlichen Position psychisch Unterstützung leistete, wobei das Opfer laut zu schreien begann, sodass der Beschwerdeführer und die Mittäter flüchteten.
Weiters hatte der Beschwerdeführer mehreren Opfern fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen und zwar am 25.08.2016 mit einer anderen Person im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in drei Angriffen Verfügungsberechtigten der Ba. Bargeld in Höhe von insgesamt EUR 400,00, indem der Beschwerdeführer mit einer entfremdeten Bankomatkarte beim Bankomat Geld abhob, am 28.08.2016 Verfügungsberechtigten der Ba. Bargeld in Höhe von insgesamt EUR 50,00, indem der Beschwerdeführer mit einer entfremdeten Bankomatkarte beim Bankomat Geld abhob, am 24.08. und 25.08.2016 gewerbsmäßig Verfügungsberechtigten der Ba. in Höhe von insgesamt EUR 460,00, am 14.06.2016 einem Opfer einen Z-Schlüssel, indem er ihm den Schlüsselbund überraschend aus der Hand riss und einsteckte sowie am 13.06.2016 einem Opfer ein Handy der Marke IPhone, indem er dessen Hosentasche durchsuchte und das Handy einsteckte.
Weiters hatte der Beschwerdeführer zwei Opfer am 09.05.2016 mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu ihnen sagte, dass er ein Messer habe und sie damit in den Bauch stechen werde, sowie am 01.09.2016 versucht eine andere Person zu bestimmen, das Opfer durch gefährliche Drohung in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu dieser sagte, dass sie mit der Gaspistole einen Schuss abgeben solle.
Weiters hatte der Beschwerdeführer am 24.08.2016 und 28.08.2016 sich ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich eine Bankomatkarte des Opfers, mit dem Vorsatz verschafft, dass er oder ein Dritter durch dessen Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, indem er diese aus dem Handyetui des Opfers entwendete.
3.2. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 10.03.2017, AZ 144 Hv 20/17t, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß §§ 127, 130 Abs. 1 erster Fall StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, wobei vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 12.12.2016, AZ 162 Hv 119/16g, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf 5 Jahre verlängert wurde.
Das Gericht zog als mildernde Umstände das reumütige Geständnis des Beschwerdeführers, die teilweise Rückstellung des Diebesgutes sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, heran, als erschwerend berücksichtigte das Gericht eine einschlägige Vorstrafe, die wiederholte Tatbegehung innerhalb offener Probezeit, den sofortigen Rückfall sowie die wiederholte Tatbegehung.
Der Beschwerdeführer hatte in XXXX und an anderen Orten gewerbsmäßig anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtsmäßig zu bereichern weggenommen, indem er mit den Waren jeweils, ohne zu bezahlen, die Kassenzone passierte, nämlich am 02.02.2017 in V. Verfügungsberechtigten des Unternehmens Ho. ein T-Shirt im Wert von EUR 25,00, Verfügungsberechtigten des Unternehmens H. eine Kappe im Wert von EUR 19,90, am 07.02.2017 in V. Verfügungsberechtigten des Unternehmens Hu. eine Umhängetasche im Wert von EUR 69,95, am 09.02.2017 in W. Verfügungsberechtigten des Unternehmens M. ein Parfüm Wert von EUR 97,95, in V. Verfügungsberechtigten des Unternehmens Ho. ein Parfum im Wert von EUR 37,00, Verfügungsberechtigten des Unternehmens N. einen Pullover im Wert von EUR 19,95 sowie am 09.02.2017 in W. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Unmündigen Verfügungsberechtigten des Unternehmens P. zwei Shirts im Wert von jeweils EUR 69,95 wegzunehmen versucht, indem sie versuchten die Kassenzone zu passieren, wobei sie von einem Ladendetektiv beobachtet und aufgehalten werden konnten.
3.3. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 29.11.2017, AZ 152 Hv 99/17v, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes gemäß § 142 Abs. 1 und 2 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, wobei die bedingte Entlassung zu AZ 180 BE 92/17s widerrufen, vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 12.12.2016, AZ 162 Hv 119/16g, gewährten bedingten Strafnachsicht jedoch abgesehen wurde.
Das Gericht zog als mildernde Umstände das teilweise Geständnis des Beschwerdeführers heran, als erschwerend berücksichtigte das Gericht zwei einschlägige Vorstrafen sowie die Begehung innerhalb offener Probezeit. Weiters wurde festgehalten, dass aufgrund der Persönlichkeit des Beschwerdeführers, dessen Vorleben und der nur teilweisen Verantwortungsübernahme kein diversionelles Vorgehen in Betracht komme.
Der Beschwerdeführer hatte am 11.09.2017 in XXXX mit einem unbekannten Mittäter in bewusstem und gewollten Zusammenwirken durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zwei Opfern fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld im Wert von insgesamt EUR 16,00 mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtsmäßig zu bereichern, weggenommen, wobei sie den Raub ohne Anwendung von erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begingen, die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen schweren Raub handelte, indem sie die beiden jungen Männer anhielten und fragten, ob sie ihnen Geld geben können. Als die Opfer dies verneinten, forderte der Beschwerdeführer die beiden jungen Männer auf, ihnen das gesamte mitgeführte Bargeld zu übergeben, andernfalls sie sie schlagen werden, wobei er in weiterer Folge von drei hinunterzählte und seine Faust ballte, während der unbekannte Mittäter bedrohlich danebenstand, weshalb die Opfer schließlich aus Angst vor den beiden ihr gesamtes Bargeld übergaben.
3.4. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 03.10.2018, AZ 162 Hv 108/18t, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Nötigung gemäß § 105 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, wobei vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , AZ 162 Hv 119/16g gewährten bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung zu 44 BE 164/17y des Landesgerichtes XXXX (nunmehr 186 BE 201/18s des Landesgerichtes XXXX ) abgesehen und hinsichtlich der bedingten Entlassung gemäß § 494a Abs. 5 StPO die Probezeit auf 5 Jahre verlängert wurde.
Das Gericht zog als mildernd keinen Umstand, als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen von zwei Vergehen heran. Zur Fortsetzung seiner Schulausbildung wurde dem Beschwerdeführer Strafaufschub bis 01.01.2019 gewährt.
Der Beschwerdeführer hatte am 10.09.2018 in XXXX ein Opfer durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe der Telefonnummer eines anderen genötigt, indem er ihm mitteilte, sollte es ihm die Nummer nicht geben, werde seiner Schwester etwas passieren, sowie mehrere Opfer gefährlich mit der Zufügung zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu einem der Opfer sagte, seine Schwester werde kommen und sie schlagen.
3.5. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 09.05.2019, AZ 162 Hv 23/19v, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1 und 15 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, wobei vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , AZ 162 Hv 119/16g, gewährten bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung zu 44 BE 164/18s des Landesgerichtes XXXX abgesehen wurde.
Das Gericht zog als mildernd die geständige Verantwortung und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen, die mehrfache Tatbegehung sowie die Tatbegehung bei offenen Probezeiten heran.
Festgehalten wurde, dass angesichts des bereits Vorstrafen aufweisenden Beschwerdeführers aus spezialpräventiven Gründen nur mehr die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe in Betracht gekommen sei, um dem Beschwerdeführer sein strafbares Verhalten ausreichend vor Augen zu führen.
Der Beschwerdeführer hatte gemeinsam mit anderen Personen als Mittäter am 28.10.2018 durch Einbruch Verfügungsberechtigten des Supermarktes B. nicht mehr feststellbare Wertgegenstände wegzunehmen versucht, indem sie versucht hätten, sich Zugang zum Supermarkt zu verschaffen, indem sie das Gitter der Tür abschraubten und die Scheibe der Eingangstüre einschlugen sowie der Stadt XXXX einen Zylinder weggenommen, indem sie sich durch Einschlagen der Scheibe des Eingangsbereiches des Kinderfreibades Zugang verschafften und ein Mittäter des Beschwerdeführers diesen Gegenstand mitnahm.
3.6. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 12.07.2019, AZ 144 Hv 26/19b, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes gemäß § 142 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer unbedingten Zusatzfreiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wobei vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , AZ 162 Hv 119/16g gewährten bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung zu 44 BE 164/18y des Landesgerichtes XXXX (nunmehr 186 BE 201/18s des XXXX ) abgesehen wurde.
Das Gericht zog als mildernd das Geständnis und, dass es (zur GZ 162 Hv 23/19v) teilweise beim Versuch geblieben sei, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, vier einschlägige Vorstrafen, die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit, den raschen Rückfall, die mehrfache Tatbegehung (zur GZ 162 Hv 23/19v) sowie das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen heran.
Der Beschwerdeführer hatte mit vier weiteren Personen am 14.12.2018 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter zwei Opfern mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, und zwar einem Opfer EUR 10,00 Bargeld und dem anderen Opfer EUR 15,00 Bargeld und Kopfhörer der Marke „Airpod“ im Wert von EUR 180,00, indem sie diese verfolgten, ein Mittäter einem Opfer einen Fußtritt in den Rücken versetzte, der Beschwerdeführer das andere Opfer packte und versuchte, es wegzuzerren, wobei sich das Opfer losreißen konnte, sie alle die beiden Opfer weiter verfolgten und erneut einholten und der Beschwerdeführer und ein Mittäter die beiden Opfer aufforderten, ihnen ihr Geld zu geben oder sie würden sie hier zusammenschlagen, sodass die Opfer das Bargeld und die Kopfhörer übergaben.
3.7. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 28.08.2020, AZ 164 HV 19/20x, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1, zweiter Fall StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 StGB, des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches nach § 148a Abs. 1 StGB und der Vergehen nach § 50 Abs. 1 WaffG unter Anwendung des §§ 19 Abs. 1 iVm 5 Z 4 JGG nach § 143 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gemäß § 53 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 494a Abs. 1 Z 4 StPO wurde die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 12.12.2016, zu 162 Hv 119/16g, gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Der Beschwerdeführer wurde schuldig erkannt,
er habe mit Mittätern in W. mit Gewalt, fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen,
er habe mit zwei genannten Mitttätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer unbekannt gebliebenen Person als Mittäter (§ 12 StGB), unter Verwendung einer Waffe, einer Person ein Mobiltelefon Marke APPLE I-Phone 11 Pro im Wert von € 870,--, indem sie das Opfer über ein Willhaben-Inserat kontaktierten und Interesse am Kauf des vom Opfer inserierten Mobiltelefons vorgaben und ein Treffen vereinbarten, bei dem der unbekannte Täter das Opfer mit Pfefferspray einsprühte, ein Mitttäter dem Opfer das Mobiltelefon gewaltsam aus der Hand riss und der Beschwerdeführer einen Elektroschocker und ein Mittäter ein Messer bereithielten,
er habe mit zwei genannten Mitttätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 15.07.2020 ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht oder nicht alleine verfügen dürfen, und zwar die Bankomatkarte lautend auf N.N., mit dem Vorsatz verschafft, dass sie durch dessen Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden, indem sie mit der Bankomatkarte an zwei Zigarettenautomaten mehrere Packungen Zigaretten kauften, und
im Anschluss an die angeführte Handlung, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, N.N. in Höhe von € 82,50 dadurch am Vermögen geschädigt, dass sie das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch die Eingabe von Daten oder sonst durch Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorgangs beeinflussten, indem sie mit der entfremdeten Bankomatkarte von N.N. an zwei Zigarettenautomaten Zigaretten bezahlten,
der Beschwerdeführer habe trotz aufrechten Waffenverbots (§ 12 WaffG) eine Waffe besessen, und zwar am 17.06.2020 einen Elektroschocker und am 15.07.2020 eine Schreckschusspistole.
Das Strafgericht führte aus: Nachdem das Opfer A.H. sein Apple iPhone 11 Pro auf einer Plattform zum Verkauf inseriert habe, habe sich am 17.06.2020 ein gewisser „P.H.“ vom Handy des Beschwerdeführers gemeldet und vorgegeben, am Kauf des Mobiltelefons interessiert zu sein. In der Folge sei ein Treffen vereinbart worden. Der Beschwerdeführer und ein Mittäter sowie eine unbekannt gebliebene Person hätten sich gemeinsam zum vereinbarten Treffpunkt begeben. A.H. sei sodann mit dem Mittäter und dem unbekannten Täter in seine Wohnung, wo diese das Mobiltelefon begutachtet hätten und der Mittäter vorgegeben hätte, dass er dieses kaufen möchte. Der Beschwerdeführer habe im Bereich des Wohnhauses gewartet. Der Mittäter habe dann gegenüber A.H. erklärt, dass er Geld abheben müsse und dies nur in einer gewissen Bankfiliale möglich sei, woraufhin sich das Opfer, der Mittäter und der unbekannte Täter wieder aus der Wohnung begeben hätten. Der Mittäter und der unbekannte Täter hätten das Opfer in eine Sackgasse gelockt, wobei der Beschwerdeführer ihnen die ganze Zeit auf der anderen Straßenseite gefolgt sei und vorgegeben habe, mit seinem Handy beschäftigt zu sein. In einer Sackgasse hätten sie ihr Opfer abgelenkt, indem sie auf einen Balkon gedeutet und erklärt hätten, dass dort die Tante eines der Mittäter mit dem Geld warte. Als das Opfer kurz zu dem Balkon geschaut und sich umgedreht habe, habe der unbekannte Mittäter Pfefferspray in das Gesicht des Opfers gesprayt und ihm das Handy aus der Hand gerissen. Das Opfer habe jedoch den unbekannten Mittäter an dessen Weste festhalten können, woraufhin der Beschwerdeführer und ein Mittäter begonnen hätten, auf das Opfer einzuschlagen und zu treten. Hiebei habe der Mittäter ein Messer und der Beschwerdeführer einen Elektroschocker vorgezeigt, woraufhin das Opfer den unbekannten Täter losgelassen habe und der Beschwerdeführer und seine Mittäter geflüchtet seien. Das Opfer habe durch die Pfeffersprayattacke eine kurzfristige starke Reizung der Augen erlitten, welche ambulant in der Klinik versorgt worden sei. Dass iPhone habe einen Wert von 870 Euro gehabt. Der Beschwerdeführer und die Mittäter hätten dabei allesamt in der Absicht, dem Opfer einen Wertgegenstand, nämlich dessen Mobiltelefon durch die Androhung von Gewalt unter Zuhilfenahme von Waffen, nämlich des Pfeffersprays bzw. eines Messers und eines Elektroschockers abzunötigen, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, gehandelt.
Am 15.07.2020 hätten sich der Beschwerdeführer und Mittäter ein unbares Zahlungsmittel, nämlich die Bankomatkarte des N.N. verschafft, wobei es ihnen darauf angekommen sei, sich durch deren Verwendung unrechtmäßig zu bereichern und zwar, indem sie mit der Bankomatkarte gemeinsam an zwei Zigarettenautomaten mehrere Packungen Zigaretten gekauft hätten. Es sei ihnen klar gewesen, dass sie zur Benützung der Bankomatkarte kein Recht hatten und ebenso wenig auf die unrechtmäßige Vermehrung ihres Vermögens durch deren Verwendung. Außerdem sei ihnen klar gewesen, dass sie bei der Nutzung der Bankomatkarte beim Zigarettenautomaten eine automationsunterstützte Datenverarbeitung durch die Eingabe von Daten beeinflussten und sie hätten sich damit abgefunden. Es sei ihnen auch klar gewesen, dass sie durch den unberechtigten Kauf von Zigaretten N.N. in einem Betrag von zumindest 82,50 Euro am Vermögen schädigten und sie hätten sich damit abgefunden.
Der Beschwerdeführer habe über sein aufrechtes Waffenverbot Bescheid gewusst. Nichts desto trotz habe er am 17.06.2020 einen Elektroschocker und am 15.07.2020 eine Schreckschusspistole mit sich geführt. Es sei ihm dabei jeweils klar gewesen, dass er gegen dieses Verbot verstoße.
Das Strafgericht stellte fest, der Beschwerdeführer befinde sich bis 13.11.2021 in Strafhaft, und wertete für die Strafzumessung beim Beschwerdeführer erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den Rückfall innerhalb der Probezeit und mildernd das teilweise Geständnis. Der Beschwerdeführer habe trotz seines jungen Alters zahlreiche Vorstrafen und das Haftübel bereits mehrfach verspürt. Offenbar hätten ihn die bislang verhängten Strafen nicht davon abhalten, neuerlich einschlägig zu delinquieren, weshalb mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe von 3 1/2 Jahren vorgegangen habe werden müssen, um dem Beschwerdeführer das Unrecht seiner Taten vor Augen zu führen. Ein neuerliches Absehen vom Widerruf sei in Anbetracht des raschen Rückfalls nicht mehr in Frage gekommen, weshalb auch der Widerruf der bedingten Strafnachsicht geboten erschienen sei, um den Beschwerdeführer in Zukunft von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.
3.8. Mit (am 03.11.2020) rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 28.10.2020, AZ 164 HV 19/20x, wurde der Beschwerdeführer wegen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt (Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 28.08.2020, AZ 164 HV 19/20x).
4. Die belangte Behörde leitete aufgrund der (unter den Punkten 3.1. – 3.3. angeführten) Verurteilungen des Beschwerdeführers ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ein, das zur rechtskräftigen Aberkennung des Asylstatus des Beschwerdeführers führte.
4.1. Bei der im Aberkennungsverfahren durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme am 26.01.2018 vor der belangten Behörde gab der damals 17jährige Beschwerdeführer an: Er sei ledig, in Österreich würden seine Mutter, seine Schwester, ein Großvater, zwei Onkel und eine Tante leben. Seine Eltern seien geschieden, sein Vater lebe im Iran, seit der Ausreise aus dem Iran habe er keinen Kontakt mehr zu diesem gehabt. Sein Unterhalt werde von seinen Eltern bestritten. In Österreich habe er vor seiner Inhaftierung die Handelsschule des BFI besucht, nach Abschluss der Handelsschule wolle er eine Lehre als pharmazeutisch-kaufmännischer Assistent beginnen. Im Gefängnis habe er ein paar Monate als Schlosser gearbeitet, derzeit sei er in der Küche als Koch. Er habe beim Projekt „ XXXX “ der XXXX gearbeitet. Er spreche sehr gut Deutsch und Englisch und auch so gut Farsi, dass es problemlos für Alltagsunterhaltungen reiche.
Auf Vorhalt der rechtskräftigen Verurteilungen gab der Beschwerdeführer an, dass er, als er das erste Mal aus dem Gefängnis gekommen sei, seine alten Freunde wiedergetroffen und dann einen Blödsinn gemacht habe. Er habe über die Konsequenzen nicht nachgedacht und gedacht, er werde nicht erwischt. Seine Freunde hätten ihn kein einziges Mal in der Haft besucht, nun habe er viel Zeit zum Nachdenken gehabt, auch seine Mutter habe ihm gut zugeredet. Er wolle nicht sein ganzes Leben im Gefängnis verbringen.
Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr in den Iran zu befürchten habe, gab der Beschwerdeführer an, dass ihm erzählt worden sei, dass Rückkehrer im Iran die Todesstrafe erhalten würden.
4.2. Am 02.02.2018 wurde der Mutter des Beschwerdeführers als dessen gesetzliche Vertreterin das Einvernahmeprotokoll vom 26.01.2018 übermittelt und diese aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben.
Mit Schriftsatz vom 20.02.2018 erstattete die Mutter des Beschwerdeführers eine Stellungnahme und führte unter anderem aus: Der Beschwerdeführer könne überhaupt nicht zurück in den Iran, es gebe keinen Kontakt zur Familie insbesondere auch nicht zum Vater des Beschwerdeführers im Iran, der Beschwerdeführer besitze kein iranisches Ausweisdokument mehr und bei einer Rückkehr in den Iran sei sein Leben in Gefahr und er würde viele Probleme bekommen.
4.3. Mit - rechtskräftigem - Bescheid der belangten Behörde vom 15.06.2018, Zl. 790149502/171100116, wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt, ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ihm nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung vorübergehend unzulässig ist.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus:
Hinsichtlich der Aberkennung des Status des Asylberechtigten liege im Falle des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Z 4 AsylG vor, er sei von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden und bedeute wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft. Das vom Beschwerdeführer bisher an den Tag gelegte strafrechtswidrige Verhalten lasse eine Zukunftsprognose in keiner Weise positiv ausfallen, sondern würden die vom Beschwerdeführer bisher gesetzten Strafdelikte eher den Anschein einer sich intensivierenden kriminellen Energie erwecken. Eine zukünftige Besserung des Verhaltens lasse sich aus Sicht der Behörde daher nicht prognostizieren.
Es sei nicht von einer gegen den Beschwerdeführer aktuell bestehenden Bedrohungslage im Iran auszugehen, diesbezüglich sei weder vom Beschwerdeführer noch von dessen gesetzlicher Vertretung ein konkretes Vorbringen erstattet worden. Aus der allgemeinen Situation im Iran seien keine Gründe ersichtlich, die im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder eine im gesamten Herkunftsstaat vorliegende extreme Gefährdungslage erkennen lassen würden. Die erkennende Behörde könne aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers und der fehlenden Obsorge im Iran jedoch nicht mit der dafür notwendigen Sicherheit ausschließen, dass im Entscheidungszeitpunkt die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen könnte. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten sei dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG nicht zuzuerkennen gewesen, es hätten sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, welche die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Eine Rückkehrentscheidung sei nach § 9 Abs. 1 – 3 BFA-VG nicht auf Dauer unzulässig. Die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers ließen vor dem Hintergrund der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers keine nachhaltige Integration des Beschwerdeführers annehmen. Der Beschwerdeführer sei im Iran geboren und habe dort seine ersten Lebensjahre im Kreise seiner iranischen Familie verbracht, weshalb davon auszugehen sei, dass er mit den kulturellen Gepflogenheiten im Iran vertraut sei. Jedoch ergebe sich eine vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung, da diese aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen würde. Diese Gründe seien jedoch nicht von Dauer, weshalb die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig sei. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit werde die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung neu geprüft. Aufgrund der vorübergehende Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers gemäß § 46a Abs. 1 Z4 FPG geduldet.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.10.2019, L506 2205863-1/20E, als verspätet zurückgewiesen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.04.2019 Zl. 790149502-17110016, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG rechtskräftig abgewiesen.
5. Nach Rechtskraft des oben unter Punkt 4.3. dargestellten Bescheides der belangten Behörde vom 15.06.2018, Zl. 790149502/171100116, begehrte der Beschwerdeführer die Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG, was in der Folge zur Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides führte:
5.1. Zunächst beantragte der Beschwerdeführer am 03.09.2019 die Ausstellung einer Karte für Geduldete. Dieser Antrag wurde mit (am 22.11.2019 in Rechtskraft erwachsenem) Bescheid der belangten Behörde vom 22.10.2019, Zl. 790149502/190560733, gemäß § 46a Abs. 4 FPG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der mittlerweile eingetretenen Volljährigkeit des Beschwerdeführers die Rückkehrentscheidung nicht mehr vorübergehend unzulässig und der Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht mehr geduldet sei.
5.2. Am 18.12.2019 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.01.2020, Zl. 790149502/191296058, wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers vom 18.12.2019 gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 FPG abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete dies damit, dass im Zuge der Aberkennung des Status des Asylberechtigten die Rückkehrentscheidung aufgrund der damaligen Minderjährigkeit des Beschwerdeführers und der fehlenden Obsorge im Iran vorübergehend für unzulässig erklärt worden sei. Da der Beschwerdeführer am XXXX die Volljährigkeit erreicht habe, lägen die Gründe für die Duldung gemäß § 46 Abs. 1 Z 4 FPG nicht mehr vor, weshalb der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen sei.
6. Aufgrund weiterer strafgerichtlicher Verurteilungen des Beschwerdeführers (siehe oben die Punkte 3.4., 3.5. und 3.6.) in Zusammenhang mit der eingetretenen Volljährigkeit des Beschwerdeführers leitete die belangte Behörde ein Verfahren zur Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes ein, der zur Erlassung des nunmehr erstangefochtenen Bescheides führte:
6.1. Mit Schreiben vom 20.12.2019 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme und führte diesbezüglich aus, dass aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran und ein Einreiseverbot zu erlassen. Dem Beschwerdeführer wurden eine Auflistung seiner strafgerichtlichen Verurteilungen und ein Auszug aus den Länderinformationen zum Iran übermittelt, eine Reihe von Fragen hinsichtlich seines Aufenthalts in Österreich, seiner Ausbildung und Beschäftigung, der in Österreich lebenden Familienangehörigen, seiner Wohnverhältnisse sowie u.a. dahingehend gestellt, ob er in seinem Heimatland strafrechtlich oder politisch verfolgt werde, und er wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben, widrigenfalls das Verfahren ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt werde.
6.2. Dieses Parteiengehör der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung wirksam zugestellt, der Beschwerdeführer erstattete jedoch keine Stellungnahme.
6.3. In der Folge erließ die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid vom 27.01.2020, Zl. 790149502/191224154, mit welchem dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z1 FPG erlassen wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt III.), die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt wurde (Spruchpunkt IV.) und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt V.).
Der Entscheidung der belangten Behörde liegen sechs strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers (oben Punkte 3.1. – 3.6.) und folgende Feststellungen zugrunde:
Zur Person des Beschwerdeführers: Seine Identität stehe fest. Er heiße XXXX , sei am XXXX in XXXX , Iran geboren und iranischer Staatsbürger. Er sei Moslem und der Volksgruppe der Azeri zugehörig. Er sei gesund und leide an keinen lebensbedrohenden Krankheiten. Er sei volljährig und ledig. Er verfüge über zumindest acht Jahre Schulbildung und habe ein Jahr einen polytechnischen Lehrgang absolviert. Er gehe keiner Beschäftigung nach und sei nicht in der Lage für seinen Unterhalt zu sorgen. Er spreche Deutsch, Englisch und Farsi. Er sei in Österreich wiederholt rechtskräftig verurteilt worden.
Zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich: Der Beschwerdeführer sei seit ca. 2004 in Österreich aufhältig. Seinem Antrag auf internationalen Schutz sei stattgegeben und ihm gemäß § 3 iVm § 34 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Der zuerkannte Status des Asylberechtigten sei ihm gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt worden und es sei gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt worden, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt worden. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sei dem Beschwerdeführer nicht erteilt worden. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG sei gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen worden und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung für vorübergehend unzulässig erklärt worden. Dieser Bescheid sei der damaligen gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers ordnungsgemäß zugestellt worden und sei in Rechtskraft erwachsen.
Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers: In Österreich lebten seine Mutter XXXX , seine Schwester XXXX , beide seien asylberechtigt in Österreich, sowie zwei Onkel, eine Tante und sein Großvater. Der Beschwerdeführer verfüge über zumindest acht Jahre Schulbildung und habe ein Jahr einen polytechnischen Lehrgang absolviert. Er spreche Deutsch, Englisch und Farsi. Er sei bereits sechs Mal strafrechtlich verurteilt worden. Eine besondere Integration sei nicht gegeben. Ein schützenswertes Familie- und/oder Privatleben sei nicht festgestellt worden.
Zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes wurden die sechs strafgerichtlichen Verurteilungen (oben Punkte 3.1. – 3.6.) angeführt. Das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.
Zur Lage Herkunftsstaat Iran stellte die belangte Behörde fest:
Grundversorgung
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 14 Mio. IRR im Monat (ca. 97 Euro). Das durchschnittliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 388 Euro (AA 12.1.2019).
Von 2016-2017 konnte sich die iranische Wirtschaft mit Wachstumsraten von 4-4,5% jährlich erholen. Das weitere Wachstum ist angesichts der im August 2018 in Kraft getretenen US-Sanktionen gegen Iran (Edelmetalle, Automobilsektor, Flugzeuge), des dramatischen Währungsverfalls und der importierten Inflation stark gefährdet. Mit den US-Sanktionen u.a. auf Ölexporte seit November 2018 ist mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen. Die Weltbank erwartet in den Jahren 2018-2021 eine anhaltende Rezession, der IWF einen Rückgang des BIP um 1,5% im Jahr 2019 und 3,6% im Jahr 2020. Das Budget wird durch die sinkenden Erdölexporte erheblich belastet werden, weshalb ein Sinken der öffentlichen Ausgaben zu erwarten ist (ÖB Teheran 12.2018).
Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger „brain drain“, der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB Teheran 12.2018). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 4.2.2019).
Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 3.2019b).
Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2019b).
Quellen:
1. - AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
2. Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 7.6.2019
3. - FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 7.6.2019
4. - GIZ – Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412, Zugriff 7.6.2019
5. - ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 7.6.2019
Sozialbeihilfen
Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten „Hohen Versicherungsrat“ (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die „Organisation für Sozialversicherung“ (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).
Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).
Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).
Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).
Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).
Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 29.4.2019
- GIZ – Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit(3.2019b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412, Zugriff 7.6.2019
- IOM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt Iran, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772190/18364150/Iran_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101480&vernum=-2, Zugriff 29.4.2019
ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 29.4.2019
Medizinische Versorgung
Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend – laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt (GIZ 3.2019c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 29.4.2019a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei bis zu 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als die Referenz-Provinz Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 12.2018).
Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität. Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs. Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird. Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 12.2018). In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2018).
Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen „Behvarz“ (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise „nahversorgt“ werden (In Städten übernehmen sog. „Gesundheitsposten“ in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser) (ÖB Teheran 12.2018, vgl. IOM 2018). Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) zu finden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 12.2018). 90% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essenziellen Gesundheitsdienstleistungen (IOM 2018).
Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. IOM 2018). Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten „Hohen Versicherungsrat“ (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die „Organisation für Sozialversicherung“ (SSIO). Alle Arbeitgeber und –nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden. Die „Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste“ (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Dadurch stieg die Anzahl an Versicherten in Iran von 40% in 1994 auf 90% in 2010. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die „Imam Khomeini Stiftung“, um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge, wobei letztere kaum Chancen auf eine gute Gesundheitsversorgung haben (ÖB Teheran 12.2018). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2019c).
Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben von den versicherten Personen in bar direkt an die Gesundheitsdienstleister entrichtet werden („Out-of-pocket expenditure“ ohne staatliche oder von Versicherungen unterstützte Hilfeleistungen), sei es bei staatlichen oder größtenteils privaten sekundären oder tertiären Einrichtungen (ÖB Teheran 12.2018).
Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt (IOM 2018).
Versicherung durch Arbeit:
Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.
Private Versicherung:
Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.
Salamat Versicherung:
Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html. Die Registrierung erfordert eine geringe Gebühr (IRR20.000). Pro Jahr sollten 2,640.000 IRR vom Begünstigten eingezahlt werden. Es gibt Ärzte und private Zentren, die eine öffentliche und/oder SALAMAT-Versicherung akzeptieren, um einen Teil der Ausgaben zu decken. Um zu 90% abgedeckt zu sein, muss man sich auf staatliche bzw. öffentliche Krankenhäuser und Zentren beziehen. TAMIN EJTEMAEI Krankenhäuser decken 100% der versicherten Kunden ab (IOM 2018).
Zugang speziell für Rückkehrer
Alle iranischen StaatsbürgerInnen inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt, wie bereits oben beschrieben, zwei verschiedene Arten von Krankenversicherung: Versicherung über den Arbeitsplatz oder private Versicherung. Beide werden von der öffentlichen Versicherung im Iran TAMIN EJTEMAEI verwaltet. Die Anmeldung erfolgt über www.tamin.ir/. Die Leistungen variieren dabei je nach gewähltem Versicherungsschema. Informationen zu verschiedenen Varianten erhält man bei der Anmeldung. Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können noch verlangt werden. Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2018).
Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen den Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen. Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, FachärztInnen oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem des Iran. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es einen privaten Sektor mit variierenden Preisen, für BürgerInnen die Privatkrankenhäuser und Spezialleistungen in Anspruch nehmen wollen. Diese finden sich vor allem in den größeren Städten. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2018).
Quellen:
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