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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des letzten Satzes in §102 Abs2 Z2 EStG 1988 idF des AbgÄG 1989, BGBl 660, mit E v 16.06.95, G191,192/94. (siehe auch E v 16.06.95, B131/93, und E v 29.06.94, B1580/93, Quasianlaßfall).Spruch
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 32.400 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Zwei in Deutschland ansässige - in Österreich beschränkt steuerpflichtige - Kommanditisten der B GesmbH & Co KG veräußerten am 27. Oktober 1989 mit Wirkung vom 31. Oktober 1989 ihre Anteile von je 40 % an den dritten Kommanditisten und dessen Ehefrau, die sich verpflichteten, auch die auf diese Veräußerung entfallende Einkommensteuer zu bezahlen; dies in der Erwartung, daß deren Bemessungsgrundlage durch die aus den Jahren 1982 bis 1988 vorgetragenen Verluste stark gemindert würde.
Das Finanzamt erhöhte jedoch mit Bescheid vom 29. November 1991 die für 1989 erklärten Einkünfte der Gesellschaft aus Gewerbebetrieb um 1,131.970 S bzw. 1,084.854 S: Durch die Nichtanerkennung der Verlustvorträge als Sonderausgabe aufgrund der Rechtslage nach dem Abgabenänderungsgesetz 1989 hätte sich die Einkommensteuer und in weiterer Folge auch der Kaufpreis und Veräußerungsgewinn entsprechend erhöht.
Die gegen den Bescheid betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1989 erhobene Berufung der Gesellschaft blieb erfolglos. Gegen den sie als unbegründet abweisenden Bescheid wendet sich die gemeinsame Beschwerde der voll haftenden GesmbH, des verbliebenen Kommanditisten und dessen als Kommanditistin neu eingetretenen Ehefrau sowie des ausgeschiedenen Kommanditisten Dipl.-Ing. M S, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes gerügt wird.
In ihrer Gegenschrift tritt die belangte Behörde den erhobenen Vorwürfen entgegen.
II. Unter anderem aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des letzten Satzes in §102 Abs2 Z2 EStG 1988 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1989, BGBl. 660, ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G191, 192/94, hob er diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des Bescheides eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war. Sie sind dadurch in ihren Rechten verletzt worden (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
IV. Dies kann gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. Für die von den beschwerdeführenden Parteien abgegebene Äußerung sind keine Kosten zuzusprechen, weil es sich um keinen abverlangten Schriftsatz handelt und dieser zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auch nicht erforderlich war (zB VfSlg. 10957/1986). Im übrigen sind die begehrten zusätzlichen Kostenersätze insoweit berücksichtigt, als sie im Streitgenossenzuschlag Deckung finden.
Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4.800 S enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B48.1993Dokumentnummer
JFT_10049384_93B00048_00