TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/16 W161 2239520-1

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Veröffentlicht am 16.02.2021
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Entscheidungsdatum

16.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W161 2239520-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN über die Beschwerde von XXXX früher XXXX alias XXXX , geb XXXX alias XXXX , StA. Serbien alias Italien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2021, Zl. 144922702-180412915, betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer hält sich seit dem Jahr 1971 überwiegend im österreichischen Bundesgebiet auf.

Er weist in Österreich zehn strafrechtliche Verurteilungen, in der Schweiz eine solche auf. Zuletzt wurde er mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX am 04.06.2018 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z 1, 8. Fall, Abs. 3 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall SMG sowie wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 6. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Monaten verurteilt, welche er aktuell noch in der JA XXXX verbüßt. Er verfügt über keinen Aufenthaltstitel in Österreich.

Mit Schreiben vom 17.04.2020 wurde ihm eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt und Parteiengehör gewährt.

Über Ersuchen des Beschwerdeführers erfolgte am 03.05.2020 eine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und 7 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei. In Hinblick auf die mehrfachen rechtskräftigen Verurteilungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, sei der Beschwerdeführer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Zweifelsfrei widerstrebe sein weiterer Aufenthalt sowohl der öffentlichen Ordnung als auch der öffentlichen Sicherheit. Der Beschwerdeführer sei nicht selbsterhaltungsfähig und nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Eine sofortige Ausreise sei nach Ablauf des Vollzuges seiner Freiheitsstrafe erforderlich. Mangels Vorliegens einer realen menschenrechtsrelevanten Gefahr sei es ihm zumutbar, den Ausgang seines Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Sein Interesse an einem Verbleib in Österreich während des gesamten Verfahrens sei im Hinblick auf das Interesse Österreichs an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung nicht zu berücksichtigen.

Dagegen erhob die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 18.01.2021 Beschwerde und beantragte eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG zu erteilen, die Rückkehrentscheidung aufzuheben und das Einreiseverbot zu beheben, in eventu das Einreiseverbot kürzer zu bemessen.

Begründend wurde u.a. ausgeführt, die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich wiegen im gegenständlichen Fall schwerer als die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung. Eine Rückkehrentscheidung würde einen unverhältnismäßigen und damit unzulässigen Eingriff in das Recht auf Familienleben des Beschwerdeführers und der mitbetroffenen Familienangehörigen darstellen. Der Beschwerdeführer lebe seit seinem zweiten Lebensjahr in Österreich, seine beiden Töchter seien am XXXX und am XXXX geboren und würden hier leben. Seine ältere Tochter sei österreichische Staatsangehörige, für seine jüngste Tochter habe der Beschwerdeführer geteiltes Sorgerecht. Der Beschwerdeführer habe in Österreich die Schule besucht und eine Lehre zum Dachdecker gemacht. Er habe im Bundesgebiet gearbeitet, u.a. als Dachdecker und Geschäftsführer. Er sei derzeit geschieden. Es sei richtig, dass er zehn Mal rechtskräftig verurteilt worden wäre. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftaten und möchte nach seiner Entlassung aus der JA XXXX ein rechtschaffenes Leben führen.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.02.2021 vom Bundesamt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verbrachte seit 1971 den Großteil seines Lebens in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsbürger, geschieden und Vater zweier Töchter im Alter von 32 und 6 Jahren. Beide Töchter leben in Österreich. Für die mj. Tochter hat der Beschwerdeführer ein geteiltes Sorgerecht.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich zehn rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen auf, davon sind sieben Verurteilungen einschlägig. Die Verurteilung vom 17.05.1990 stellt eine Zusatzstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB dar. Er weist weiters eine strafrechtliche Verurteilung in der Schweiz auf.

Der Beschwerdeführer wurde das erstmalig am 25.06.1985 vom Jugendgerichtshof XXXX zu XXXX wegen versuchten schweren Raubes verurteilt.

Die letzte Verurteilung erfolgte vom LG für Strafsachen XXXX zu XXXX am 04.06.2018 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z 1, 8. Fall, Abs. 3 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall SMG sowie wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 6. Fall SMG.

Er verbüßt aktuell die zuletzt über ihn verhängte Freiheitsstrafe im Ausmaß von 36 Monaten in der JA XXXX .

Über ihn wurde bei seiner ersten Verurteilung eine bedingte Freiheitsstrafe verhängt, die bedingte Nachsicht der Strafe wurde jedoch in der Folge widerrufen. Bei jeder weiteren Verurteilung erfolgte aufgrund der Schwere der Taten und aufgrund der einschlägigen Vorstrafen jeweils der Ausspruch einer unbedingten Freiheitsstrafe.

Die Durchführung der Rückkehrentscheidung stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf ein eventuell bestehendes Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK dar.

Der Beschwerdeführer machte keine Gefährdung von Art. 2, 3 EMRK in Serbien geltend. Eine solche kann auch von Amtswegen nicht erkannt werden. Es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, denen zufolge anzunehmen ist, dass eine Rückkehr oder Rückführung in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr für den Beschwerdeführer bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den Angaben des Beschwerdeführers und den Auskünften diverser behördlicher Register.

Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer aktuellen Strafregisterauskunft.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Serbien keiner Gefährdung im Sinne von Art. 2, 3 EMRK ausgesetzt ist, ergibt sich aus seinem Vorbringen. Weiters gilt Serbien als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 14 Herkunftsstaaten-Verordnung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden und in Form eines Teilerkenntnisses ergehenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt (§ 27 VwGVG), welche sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich aller übrigen mit der gegenständlichen Beschwerde angefochtenen Spruchpunkte des Bescheides, ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. (VwGH 13.09.2016, Zl. Fr 2016/01/0014)

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Vorgaben ausgeführt, dass § 18 Abs. 5 BFA-VG - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so gelesen werden kann, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden hat. Da demnach insoweit eine Entscheidung über die Beschwerde gegen diesen Ausspruch zu fällen ist, ist der Auffassung, eine förmliche Entscheidung innerhalb einer Woche sei nur dann geboten, wenn die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu erfolgen habe, der Boden entzogen. (vgl. VwGH 19.06.2017, Zl. Fr 2017/19/0023).

Im vorliegenden Fall wurde in der Beschwerde kein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen dargetan, und es liegen aus den in der Beweiswürdigung dargetanen Gründen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor.

Aus dem Beschwerdevorbringen gehen insofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine dem Beschwerdeführer bei einer sofortigen Außerlandesbringung drohende Art. 8 EMRK-Verletzung hervor, da sich der Beschwerdeführer seit vielen Jahren illegal im Bundesgebiet aufhält und er seinen Aufenthalt in Österreich vorwiegend dazu genutzt hat, hier strafbare Handlungen zu setzen, diese überwiegend gegen die körperliche Integrität gerichtet. Seine Straftaten waren so schwer, dass mit einer Ausnahme in jedem Fall von Beginn an eine unbedingte Haftstrafe verhängt wurde. Der Beschwerdeführer weist sowohl Verurteilungen wegen Gewaltdelikten als auch wegen Suchtgifthandel auf. Auch die Geburt seiner jüngeren Tochter im Jahr 2014 konnte ihn offensichtlich nicht davon abbringen, weiterhin schwere Straftaten in Österreich zu begehen. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Interesse an der Aufrechterhaltung seines Familienlebens überwiegt somit nicht das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung.

In der gegenständlichen Beschwerde sind auch sonst keine Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG stützen würde, bezeichnet worden.

Daher ist der Beschwerde des Beschwerdeführers im Rahme von § 18 Abs. 5 BFA-VG eine aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall erweist sich die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Wie der rechtlichen Beurteilung unzweifelhaft zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall öffentliche Interessen sicherer Herkunftsstaat Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W161.2239520.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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