Entscheidungsdatum
16.02.2021Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
W123 2238936-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Mag. Slavisa ZEZELJ, LL.M., gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.12.2020, Zl. 1272754007/201305694, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf achtzehn (18) Monate herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer wurde am 27.12.2020 bei einer Personenkontrolle durch Beamte der Landespolizeidirektion Wien angehalten. Dabei wurde festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.
2. Am 27.12.2020 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Belangten Behörde) statt. Darin brachte der Beschwerdeführer vor, dass er Ende November oder Anfang Dezember 2020 mit einer Freundin nach Österreich eingereist sei. Es sei dem Beschwerdeführer im Detail – wegen Corona – nicht klar gewesen, dass er die sichtvermerkfreie Zeit überschritten habe. Der Beschwerdeführer habe eine Wohnung in 1100 Wien für sich und seine Freundin gemietet, wohne jedoch dort allein. Der Beschwerdeführer verfüge über Ersparnisse aus Serbien. Zum verfügbaren Geldbetrag von EUR 5,70 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in seiner Wohnung noch EUR 300,00- bis EUR 400,00 habe.
3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde gegenüber dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
4. Mit Schriftsatz vom 18.01.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde im Umfang von Spruchpunkt VI. des Bescheides der belangten Behörde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass der Umstand der Überschreitung der zulässigen Aufenthaltsdauer nicht bestritten werde. Jedoch habe die belangte Behörde außer Acht gelassen, dass der Beschwerdeführer sehr wohl in das Bundesgebiet mit finanziellen Mitteln eingereist sei und sich auch aus diesen Mitteln heraus eine Wohnung gemietet habe. Der Beschwerdeführer habe eine Beziehung zu einem Mädchen aufrechterhalten und habe auch regelmäßig Kontakt mit seinen zwei Cousins. Der Beschwerdeführer habe auch sehr viele Bekannte und Freunde im Bundesgebiet, mit denen er regelmäßig Kontakt gepflegt habe. Die Verhängung eines zweijährigen Aufenthaltsverbots erscheine in diesem Lichte daher als wesentlich überhöht und unverhältnismäßig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Serbien und im Besitz eines gültigen Reisepasses. Seine Identität steht fest.
1.2. Der Beschwerdeführer wurde am 26.12.2020 bei einem versuchten Diebstahl aus „Humana Kleiderbox“ betreten und angezeigt. Dabei wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit dem 09.06.2020 im Schengenraum aufhältig ist und den sichtvermerkfreien Aufenthalt seit über 90 Tagen überschreitet.
1.3. Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren und aufgewachsen. Er ist ledig und hat keine Sorgfaltspflichten. In Serbien leben seine Eltern, ein Bruder und weitschichtige Verwandte. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über einen Cousin.
Der Beschwerdeführer verfügte im Zeitpunkt der Anhaltung über Bargeld in der Höhe von EUR 5,70. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
1.4. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er über ausreichende Barmittel für seinen Aufenthalt in Österreich verfügt. Der Beschwerdeführer konnte ferner nicht glaubhaft machen, dass er über weitere Familienangehörige bzw. über sehr viele Bekannte und Freunde im Bundesgebiet verfügt.
1.5. Der Beschwerdeführer reiste am 12.01.2021 freiwillig in seinen Herkunftsstaat aus.
1.6. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage. Die Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates.
Serbien gilt aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.
2.2. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines Reisepasses fest.
Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 27.12.2020 sowie aufgrund der unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde.
2.3. Die Feststellung zur mangelnden Unterhaltssicherung beruht auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 27.12.2020 selbst bestätigte, bei sich lediglich Bargeld im Ausmaß von EUR 5,70 (bzw. EUR 300,00- bis 400,00 in seiner Wohnung) zu haben (vgl. AS 19). Weder in der Einvernahme am 27.12.2020, noch im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes erstattete der Beschwerdeführer ein substantiiertes (mit entsprechenden Belegen untermauertes) Vorbringen, aus dem hervorginge, dass er seinen Unterhalt im Bundesgebiet mit ausreichenden finanziellen und legalen Mitteln sichern könnte.
Soweit im Beschwerdeschriftsatz behauptet wird, dass der Beschwerdeführer über „sehr viele Bekannte und Freunde im Bundesgebiet“ verfüge und mit denen regelmäßig Kontakt pflege (vgl. AS 75), ist zu einem darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde auf diesen Umstand nicht hinwies. Zum anderen darauf, dass dies lediglich eine Behauptung darstellt, ohne dieses Vorbringen substantiiert zu belegen (etwa durch Empfehlungsschreiben und dgl.). Auch gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde – im Gegensatz zu der Behauptung im Beschwerdeschriftsatz – an, dass lediglich ein Cousin von ihm in Österreich lebe (vgl. AS 19).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den Spruchpunkten I. bis V. des angefochtenen Bescheides
Der gegenständliche Bescheid wurde seitens des Beschwerdeführers ausdrücklich nur im Umfang von Spruchpunkt VI. (Einreiseverbot) angefochten. Damit erwuchsen die Spruchpunkte I. bis V. in Rechtskraft.
3.2. Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot)
3.2.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (vgl. § 53 Abs. 2 Z 6 FPG).
3.2.2. Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar (vgl. § 28 AuslBG) gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).
Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs. 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl. Nr. L81 vom 21.03.2001, S.1, idgF) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs. 1 lit. a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 Schengener Durchführungsübereinkommen unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen frei bewegen.
Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt.
3.2.3. Der Beschwerdeführer verfügte im Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde lediglich über Barmittel in der Höhe von ca. EUR 5,70 zur Bedeckung seines Aufenthaltes. Sonstige finanzielle Absicherungen, wonach der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet durch einen Rechtsanspruch im gesetzlichen Ausmaß gesichert ist, konnte er nicht glaubhaft machen (vgl. Beweiswürdigung).
Die belangte Behörde hat sich bei der Begründung des angeordneten Einreiseverbotes auf das Fehlen von Unterhaltensmitteln und die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gestützt. Im Rahmen einer zu treffenden Gefährdungsprognose bzw. einer Zukunftsprognose besteht daher die Gefahr, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Es ist somit auch zukünftig nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt in Österreich legal aus eigenem finanzieren kann, weshalb sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Recht auf die Z 6 des § 53 Abs. 2 FPG stützte. Daher ist – wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt – die Erlassung eines Einreiseverbotes geboten, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.
Die genannten Umstände rechtfertigten deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt wurde. Allfällige, vom Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebrachte, persönlichen Interessen haben daher kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.
Der Beschwerdeführer verfügt – abgesehen von einem Cousin – über keine Familienangehörige in Österreich, da seine Kernfamilie sowie weitere Verwandte in Serbien leben. Die Verhängung eines Einreiseverbotes stellt somit keinen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers iSd Art. 8 EMRK dar.
Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers im Hinblick auf seinen im Ergebnis unrechtmäßigen Aufenthalt und die fehlenden Unterhaltsmittel, letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der Beschwerdeführer in Serbien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
3.2.4. Die Dauer des Einreiseverbotes von zwei Jahren erweist sich jedoch im Ergebnis als zu hoch bemessen, da dem Beschwerdeführer, abgesehen von seinen unzureichenden Mitteln zu seinem Unterhalt und dem beharrlichen Verbleib in Österreich unter Missachtung seiner Ausreise- und Rückkehrverpflichtung, kein weiterer Verstoß vorwerfbar ist. Insbesondere berücksichtigte die belangte Behörde die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers iSd Artikel 8 Abs. 2 EMRK bei der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt VI. nicht.
Daher erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit zwei Jahren als nicht angemessen, weshalb das Einreiseverbot auf 18 Monate zu reduzieren war.
3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.
Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG – ungeachtet des Parteienantrages – eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Angemessenheit Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Gesamtbeurteilung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2238936.1.00Im RIS seit
07.06.2021Zuletzt aktualisiert am
07.06.2021