TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/17 I421 2240307-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.2021
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Entscheidungsdatum

17.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I421 2240307/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West vom XXXX 2021, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste illegal unter Umgehung der Grenzen ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge seiner Erstbefragung führte er vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus, er habe in Armut gelebt und Marokko aufgrund der Wirtschafssituation verlassen. Vor ca. drei Jahren sei er am rechten Fuß aufgrund einer Verbrennung operiert und ihm eine Stahlschiene eingesetzt worden. Ob der schlechten Lebenssituation gebe es in Bezug auf Bildung oder medizinische Versorgung für den BF und seine Familie keine Zukunft. Er könne sich in Marokko keine Existenz aufbauen und habe beschlossen, das Land zu verlassen. Außerdem habe er zum Wehrdienst einrücken müssen, was er nicht wollen habe.

2.       Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) am XXXX 2021 gab der BF zu Protokoll, er habe bei seiner Erstbefragung die Wahrheit gesagt und keine Ergänzungen bzw. Korrekturen vorzunehmen. Weiters führte er aus, er habe in Österreich den Asylantrag gestellt, weil er seinen Fuß in Europa medizinisch behandeln lassen wolle, damit er wieder bessere Arbeiten ausführen könne. Weitere Gründe für die Asylantragstellung habe er nicht.

3.       Am XXXX 2021 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme des BF vor der belangten Behörde statt. Ergänzungen oder Korrekturen brachte der BF dabei nicht vor, führte jedoch aus, dass das medizinische System in Marokko zusammengebrochen sei und es keine medizinische Versorgung in dieser COVID-19-Pandemie gebe.

4.       Mit Bescheid vom XXXX 2021, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihm wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

5.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom XXXX 2021, bei der belangten Behörde eingelangt am selbigen Tag. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es werde hinsichtlich der Fluchtgründe und Befürchtungen des BF auf seine Ausführungen in den Einvernahmen verwiesen und diese aufrecht gehalten. Seitens des BFA seien keinerlei Ermittlungen im Heimatstaat des BF, wie etwa durch Verbindungsbeamte, durchgeführt worden, zudem könne unter Berücksichtigung der den BF betreffenden individuellen Umstände davon ausgegangen werden, dass er im Falle der Rückkehr nach Marokko einer realen Gefahr im Sinne des Art 3 EMRK ausgesetzt wäre.

6.       Mit Schriftsatz vom XXXX 2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX 2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, ledige, und kinderlose BF ist Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und spricht muttersprachlich Arabisch sowie ein wenig Englisch. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig. Er fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.

Er verließ Marokko im Sommer 2018 legal per Flugzeug und lebte anschließend ca. ein Jahr lang in Istanbul, bevor er nach Griechenland weiterreiste und über Osteuropa schließlich Österreich erreichte. Seit (mindestens) XXXX 2021 hält er sich in Österreich auf. Für seine Reise wendete der BF zwischen EUR 7.000,-- und EUR 8.000,-- auf.

Die Familie des BF – bestehend aus seinem Vater und seinem Bruder – lebt nach wie vor in Marokko. Der Vater ist in Marokko gelegentlich als Taxifahrer beschäftigt, der Bruder arbeitet in einer Firma, welche große Maschinen repariert. Bis zu seiner Ausreise lebte der BF in dem im Eigentum des Vaters stehenden Haus, zudem wurde er von seinem Bruder unterstützt. In Österreich bzw. in Europa leben keine Verwandten oder Freunde des BF und gibt es auch keine anderen Personen in Österreich, von denen der BF finanziell abhängig wäre bzw. in einem besonders engen Verhältnis steht.

In Marokko besuchte er acht Jahre lang die Schule und arbeitete schließlich als Transportfahrer sowie als Bäcker, dies bis zum Sommer 2016. Im Sommer 2016 erlitt der BF einen Autounfall, wobei sein rechtes Bein eingeklemmt wurde. Zuerst wurde er in einem allgemeinen Krankenhaus in Wadja für knapp sechs Monate behandelt, anschließend unterzog er sich im Jahr 2017 in Tunesien einer Operation. Nach der Entfernung seines Gipses besuchte der BF keinen Arzt mehr und bemühte sich auch nicht um eine Arbeitsstelle. Während seines Aufenthaltes in Istanbul arbeitete er als Helfer in einer Schneiderei, in Bosnien verkaufte er im Flüchtlingscamp Telefone und Schuhe an andere Asylwerber. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung hat er eine Chance, auch hinkünftig am marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er bezieht aktuell keine Leistungen mehr aus der staatlichen Grundversorgung. Seit XXXX 2021 ist der BF nicht mehr melderechtlich im Bundesgebiet erfasst.

Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der BF wurde in seinem Herkunftsland Marokko weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt. Er brachte keine asylrelevanten Fluchtmotive vor, sondern ausschließlich wirtschaftliche Gründe bzw. den Wunsch auf medizinische Behandlung in Europa.

Im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat Marokko wird der BF keiner Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt sein.

Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat Marokko entgegenstünden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder auf Grund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung ihrer durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder 13 zur EMRK geschützten Rechte oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Marokko ausgesetzt wäre.

Es gibt zudem keinerlei Hinweise darauf, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre (wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft) und er in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde. Er ist in der Lage, in Marokko eine einfache Unterkunft zu nehmen bzw. am Erwerbsleben teilzunehmen.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Lage in Marokko sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX 2021 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko, Stand 08.11.2019, letzte Information eingefügt am 09.07.2020, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Zudem gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.

COVID 19-Situation in Marokko und Österreich

https://covid19.who.int/region/emro/country/ma
https://covid19.who.int/region/euro/country/at

Basierend auf den Daten der WHO (Stand: XXXX 2021) ergeben sich in Marokko bei über 36 Millionen Einwohnern 489.096 bestätigte COVID-19 Fälle mit 159 neuen Fällen und 8.733 Verstorbenen. Bis zum XXXX 2021 wurden insgesamt 5.682.508 Impfdosen verabreicht. Im Vergleich zum Herbst 2020 sind die Infektionszahlen gravierend gesunken.

In Österreich bei etwas unter 9 Millionen Einwohnern ergeben sich mit Stand XXXX 2021 492.581 bestätigte COVID-19-Fälle mit 1.910 neuen Fällen und 8.691 Verstorbenen, wobei bis zum XXXX 2021 insgesamt 830.688 Impfdosen verabreicht wurden.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX 2021 und vor der belangten Behörde am XXXX 2021 sowie am XXXX 2021, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz vom XXXX 2021. Ergänzend dazu wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegisters (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) und dem Strafregister eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des BF. Zudem wurde Einsicht in die Homepage der WHO genommen.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zum Familienstand „ledig“ konnten aufgrund der übereinstimmenden Angaben des BF im Zuge seiner Erstbefragung (Protokoll vom XXXX 2021, AS 5 f) und der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 109 f) getroffen werden. Die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit und zur Konfession des BF basieren auf den Ausführungen desselben im Zuge der Erstbefragung (Protokoll vom XXXX 2021, AS 7), jene zur Kinderlosigkeit sowie zu den Sprachkenntnissen auf den Angaben des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 106 & AS 109). Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde führte der BF selbst aus, gegenwärtig gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 106). Seitens des XXXX wurde am rechten Bein des BF eine Metatarsalgie sowie ein Hallux ridigus diagnostiziert und ihm eine lokale Wärmeapplikation und Schmerztherapie sowie das Tragen von festem Schuhwerk empfohlen (Befund vom XXXX , AS 147). Der BF leidet an Druckschmerzen im Bereich des Vor- und Mittelfußes, wobei eine prompte Rekapillarisierung bei Druck auf die Zehenspitzen eintrat, zudem waren die Fußpulse kräftig palpabel und die Sensibilität nicht suffizient prüfbar (Befund vom XXXX , AS 149). Die Schmerzen im rechten Bein mögen für den BF nachvollziehbarerweise zwar unangenehm sein, die Beinverletzung an sich stellt jedoch keine lebensbedrohliche Erkrankung dar. Auch führt die Diagnose des XXXX nicht zu einem Ausschluss der Arbeitsfähigkeit des BF, zumal dieser – wie in den Feststellungen ausgeführt – auch Beschäftigungen in Istanbul und Bosnien nachgehen konnte. Unter Mitberücksichtigung des erwerbsfähigen Alters des BF war daher die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit desselben zu treffen. Des Weiteren haben sich keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202, ergeben.

Die zeitlichen Angaben des BF hinsichtlich seiner Ausreise samt dem weiteren Reiseverlauf im Zuge der Erstbefragung stellen sich als gänzlich unvereinbar dar – Marokko bis Sommer 2019, Türkei und Griechenland je zwei Monate, […], Bosnien 14 Monate, […], Österreich XXXX 2021 – weshalb vielmehr die Ausführungen des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme, auch ob der plausiblen Darlegung, in der Türkei als Helfer in einer Schneiderei gearbeitet zu haben, als glaubhaft anzusehen sind. Der Umstand, dass sich der BF seit mindestens ( XXXX 2021) in Österreich aufhält, ergibt sich aus dem Datum seiner Asylantragstellung mit selbigen Tag (Protokoll vom XXXX 2021, AS 7). Der BF führte selber aus, für seine Reise zwischen EUR 7.000,-- und EUR 8.000,-- aufgewendet zu haben (Protokoll vom XXXX 2021, AS 109).

Bereits im Zuge seiner Erstbefragung gab der BF zu Protokoll, dass sein Vater und Bruder in Marokko leben würden (Protokoll vom XXXX 2021, AS 9), was er auch vor der belangten Behörde bestätigte (Protokoll vom XXXX 2021, AS 107). In der Folge gab der BF auch die Tätigkeiten seiner Familienangehörigen zu Protokoll sowie den Umstand, dass er bis zu seiner Ausreise in dem im Eigentum des Vaters stehenden Haus gewohnt hat und von seinem Bruder unterstützt wurde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 107 f). Übereinstimmend schilderte der BF auch, über keine Familienangehörigen in Österreich oder Europa zu verfügen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 9; Protokoll vom XXXX 2021, AS 107), darüber hinaus, keine anderen Personen in Österreich zu haben, von denen er finanziell abhängig wäre bzw. in einem besonders engen Verhältnis steht (Protokoll vom XXXX 2021, AS 107).

Hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeiten bleibt auf die Ausführungen des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom XXXX 2021, AS 7) sowie jenen vor der belangten Behörde zu verweisen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 107). Der achtjährige Schulbesuch war dem Protokoll der Erstbefragung zu entnehmen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 7). Weiters schilderte der BF glaubhaft, im Sommer 2016 einen Autounfall erlitten zu haben sowie den weiteren Verlauf in Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung seines rechten Beines (Protokoll vom XXXX 2021, AS 108). Explizit führte er auch aus, sich in Marokko nach seiner Gipsentfernung zu keinem Arzt mehr zu begeben und sich um keine Arbeitsstelle mehr bemüht zu haben (Protokoll vom XXXX 2021, AS 108). Hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeiten in Istanbul und Bosnien bleibt ebenfalls auf die entsprechenden Darlegungen des BF zu verweisen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 109).

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom XXXX 2021.

Dass der BF keine Leistungen mehr von der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus dem Speicherauszug des Betreuungsinformationssystems. Der Umstand, dass er seit XXXX 2021 nicht mehr melderechtlich im Bundesgebiet erfasst ist, war einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX 2021 zu seiner Person zu entnehmen.

Dass der BF keine maßglichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, ist dem Umstand geschuldet, dass er erst seit (mindestens) XXXX 2021 im Bundesgebiet aufhältig war und eine Integration in derart kurzer Zeit realistischer Weise nicht möglich ist, zudem auch nicht vorgebracht bzw. urkundlich nachgewiesen wurde.

2.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der BF brachte weder im Rahmen der Erstbefragung (Protokoll vom XXXX 2021) noch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021 und XXXX 2021) ein asylrelevantes Fluchtvorbringen vor.

Bei der Erstbefragung gab er an, Marokko aufgrund der Wirtschaftssituation verlassen zu haben, in Bezug auf Bildung oder medizinische Versorgung keine Zukunft zu sehen, weiters, sich keine Existenz in Marokko aufbauen zu können und dass er nicht zum Wehrdienst einrücken habe wollen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 15).

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme ergänzte er, nach Österreich gekommen zu sein, um sich medizinisch behandeln zu lassen, wie folgender Auszug aus der niederschriftlichen Einvernahme belegt (Protokoll vom XXXX 2021, AS 109 f):

F: Warum haben Sie in keinem anderen Land in dem Sie durchgereist sind einen Asylantrag gestellt?

A: In diesen Ländern habe ich die Rechtsberater gefragt, wie es mit meiner Beinbehandlung weitergeht. Diese haben gesagt, dass die medizinische Versorgung zB. in Griechenland sehr schlecht ist und mir wurde gesagt, dass es in Österreich eine bessere medizinische Behandlung gibt.

[…]

F: Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen bzw. warum stellen Sie den gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?

A: Ich wollte meinen Fuß in Europa behandeln lassen, deswegen habe ich auch diesen Asylantrag in Österreich gestellt. Nachdem mein Fuß besser wird, kann ich auch wieder bessere Arbeiten ausführen.

F: Verstehe ich Sie richtig, Sie stellen diesen Antrag ausschließlich aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Ihrem Herkunftsstaat sowie der medizinischen Behandlung?

A: Ja, die Arbeitgeber geben keine Arbeit an Personen mit solchen Verletzungen wie mir.

[…]

F: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung?

A: Nein. Weitere Gründe habe ich nicht.

Den BF haben folglich ausschließlich wirtschaftliche Gründe bzw. der Wunsch einer medizinischen Behandlung zur Asylantragstellung in Österreich bewogen.

Hinsichtlich des Wehrdienstes ist – entsprechend den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid samt den darin wiedergegebenen Länderfeststellungen – auszuführen, dass ein solcher 2006 abgeschafft worden und erst seit 25.2019 wieder gesetzlich in Kraft getreten ist. Zumal das Gesetz die Wiedereinführung der Wehrpflicht für Marokkaner im Alter von 19 bis 25 Jahren vorsieht, ist der BF mit seinen 27 Jahren nicht von einer etwaigen Wehrpflicht betroffen, zudem führte er dazu auch selbst aus, vermutlich ob seiner Beinverletzung untauglich zu sein (Protokoll vom XXXX 2021, AS 16), weshalb sein Vorbringen in Zusammenhang mit der Wehrpflicht gegenständlich keine Entscheidungsrelevanz entfaltet.

Seinem Vorbringen war auch keine konkrete Rückkehrgefährdung zu entnehmen. Der BF ist abgesehen von seiner Beinverletzung gesund, jung und erwerbsfähig und war zudem in der Lage, sowohl in Istanbul als auch in Bosnien einer Beschäftigung nachzugehen, im Übrigen bemühte sich der BF in Marokko gar nicht erst um eine berufliche Anstellung. Gegenständlich ist daher davon auszugehen, dass er im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können wird. Seine beruflichen Erfahrungen als Transportfahrer, als Bäcker, als Helfer in einer Schneiderei bzw. auch im Verkauf sollten ihm dabei ebenso zugutekommen wie der Umstand, dass er familiäre Anknüpfungspunkte in der Person seines Bruders und seines Vaters, welcher Eigentümer eines Hauses ist, in welchem der BF bis zu seiner Ausreise gewohnt hat, bestehen. Wenn er vermeint, er habe in Armut gelebt und befinde sich seine Familie in einer schlechten Lebenssituation, so steht dem entgegen, dass der BF für seine Reise nach Europa EUR 7.000,-- bis EUR 8.000,-- aufwenden konnte, zudem konnte auch der Bruder den BF in der Vergangenheit ob seiner beruflichen Tätigkeit unterstützen und arbeitet auch der Vater gelegentlich als Taxifahrer. Der BF wird damit jedenfalls – auch ob seiner Berufserfahrung – in der Lage sein, sich ein Grundeinkommen zu sichern und steht ihm im Bedarfsfall eine Unterkunft im Haus seines Vaters zur Verfügung.

Auch angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie ergeben sich keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf den BF. Er ist nicht der COVID-19-Risikogruppe zugehörig, abgesehen von seiner Beinverletzung gesund und nimmt keine Medikamente ein. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit COVID-19 zudem mit nur geringen Symptomen, vergleichbar einer Grippe. Dabei ist die Sterblichkeit bei Personen in der Altersgruppe bis 39 Jahre sehr gering und liegt bei unter 1%. Es fehlt daher auch vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie fallgegenständlich an den geforderten außergewöhnlichen Umständen iSd Art 3 EMRK.

Weiters ist er auch angesichts der weitgehend stabilen Sicherheitslage nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht. Soweit in der Beschwerde Befürchtungen hinsichtlich etwaiger vorherrschender Versorgungs- und Lebensbedingungen geäußert wurden, reichen diese für sich gesehen nicht, um eine reale Gefahr aufzuzeigen.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Marokko gilt als ein sicherer Herkunftsstaat.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund einem Monat haben sich auch keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche dargestellt wird, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme führte der BF aus, es sei das medizinische System in Marokko zusammengebrochen und gebe es für ihn keine medizinische Versorgung in der COVID-19-Pandemie. Diesbezüglich bleibt jedoch auszuführen, dass die Infektionszahlen in Marokko im Vergleich zum Herbst 2020 gravierend gesunken sind und sich die COVID-19-Erkrankugen in Österreich auf einem erheblich höheren Niveau bewegen. Wesentlich ist gegenständlich jedoch, dass der BF selber aktuell keine medizinische Behandlung benötigt und er nicht aufzuzeigen vermochte, inwieweit er aktuell von dem – unsubstantiierten – Vorbringen betroffen wäre, zudem wurden keine neuen Quellen oder Berichte ins Verfahren eingebracht, welche seine Behauptungen bestätigen würden.

Im Übrigen hilft auch die Europäische Union Marokko mit 450 Mio. EUR, um die Behörden dabei zu unterstützen, die medizinische Versorgung im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie auszubauen und Maßnahmen zur Abmilderung der sozioökonomischen Auswirkungen zu ergreifen. Dank dieser Unterstützung konnte Marokko seine Reaktion auf die COVID-19-Pandemie verstärken, und zwar sowohl im Gesundheitssektor als auch in Bezug auf die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Seit Beginn der Pandemie hat Marokko strenge gesundheitspolizeiliche Maßnahmen ergriffen, darunter Abriegelungen, die sowohl die Wirtschaft als auch Zehntausende schutzbedürftiger Personen und Familien hart getroffen haben. Um die Familien, aber auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die das wirtschaftliche Gerüst Marokkos bilden, zu schützen, hat die marokkanische Regierung eine Reihe von Finanzhilfeprogrammen eingerichtet. Diese Unterstützungsprogramme – die unter anderem Steuerstundungen, garantierte Darlehen und Zuschüsse für KMU sowie Soforthilfe für schutzbedürftige Familien umfassen – haben die öffentlichen Finanzen stark belastet. Die EU unterstützt Marokko bei der erfolgreichen Umsetzung dieser Maßnahmen (vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 23.12.2020: Team Europa: EU zahlt 169 Mio. EUR aus ihrem COVID-19-Hilfspaket für Marokko aus, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_2524).

3. Rechtliche Beurteilung:

Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019, ein sicherer Herkunftsstaat.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Der BF machte keine asylrelevanten Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend, vielmehr hat er seinen Herkunftsstaat ausschließlich aus wirtschaftlichen Erwägungen bzw. zur Inanspruchnahme medizinischer Behandlung verlassen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2.    Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem BF droht in Marokko - wie bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF ist volljährig, arbeitsfähig und abgesehen von seiner seit dem Jahr 2016 bestehenden Beinverletzung auch gesund. Er hat in Marokko seine Schuldbildung erfahren und als Transportfahrer sowie als Bäcker gearbeitet, darüber hinaus auch in Istanbul als Helfer in einer Schneiderei, weiters hat er in Bosnien im Flüchtlingscamp Telefone und Schuhe an andere Asylwerber verkauft. Zudem ist sein Vater in Marokko Eigentümer eines Hauses, in dem auch der BF bis zu seiner Ausreise gelebt hat und hat der BF auch damals bereits Unterstützung durch seinen Bruder erfahren. Das Existenzminimum des BF wäre bei einer Rückkehr gesichert und ist die Grundversorgung sowie die medizinische Versorgung in Marokko gewährleistet. Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Marokko, diese betreffen jedoch jeden marokkanischen Staatsangehörigen in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.

Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Marokko derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

In Zusammenhang mit seinem Wunsch nach einer medizinischen Behandlung bleibt auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105 mit Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff).

Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 MRK. Solche liegen jedenfalls [erst dann] vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (VwGH 30.06.2017, Ra 2017/18/0086 mit Hinweis auf EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 183).

Wie bereits die belangte Behörde in ihrem Bescheid ausgeführt hat, handelt es sich bei der Beinverletzung des BF um keine akut zu behandelnde lebensbedrohliche Erkrankung, zudem führte der BF auch selber an, eine entsprechende Behandlung in Marokko erfahren und anschließend von sich aus keinen Arzt mehr aufgesucht zu haben.

Zumal entsprechend den im angefochtenen Bescheid zitierten Länderfeststellungen die medizinische Grundversorgung vor allem im städtischen Raum – obgleich nicht mit europäischen Standards vergleichbar – weitgehend gesichert ist, der BF in Marokko auch entsprechend seiner eigenen Angaben eine entsprechende Versorgung erfahren hat und er des Weiteren auf sein familiäres Netzwerk zurückgreifen kann, vermag die Beinverletzung des BF gegenständlich keine Entscheidungsrelevanz in Zusammenhang mit der Zuerkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten entfalten. Im Übrigen ist die bereits seit 2016 bestehende Verletzung nicht als „schwer“ bzw. lebensgefährlich anzusehen und liegen auch nicht derart außergewöhnliche Umstände vor, welche dazu führen würden, dass der BF dem realen Risiko ausgesetzt wäre, unter qualvollen Umständen zu sterben oder einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen würde.

Hinsichtlich der COVID-19-Sitution in Marokko bleibt auf die Ausführungen unter Punkt II. 2.4 zu verweisen und gilt es diesbezüglich nochmals zu betonen, dass das Risiko, an Covid-19 zu erkranken in Österreich nicht geringer als in Marokko ist und der BF zudem zu keiner Risikogruppe gehört, weiters auch aufgrund seines Alters bei einer Infektion von keinem schweren Krankheitsverlauf auszugehen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.4.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1.  Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

In Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet bleibt auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach es sich bei einer Aufenthaltsdauer im Bereich von drei Jahren jedenfalls um eine "außergewöhnliche Konstellation" handeln muss, um die Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 MRK" zur Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens gemäß § 55 AsylG 2005 zu erfüllen (VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0306 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0049; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0058).

Gegenständlich dauerte das vorliegende Asylverfahren, gerechnet von der Antragstellung am XXXX 2021 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am XXXX 2021, lediglich knapp einen Monat und sind entsprechend den Ausführungen des BF auch weder Verwandte, noch andere Personen, von denen der BF finanziell abhängig wäre bzw. mit denen er in einem besonders engen Verhältnis stünde, im Bundesgebiet aufhältig. Ein Eingriff in das Familienleben scheitert damit bereits am Bestehen eines solchen und liegt ein Eingriff auch nicht in Zusammenhang mit dem Privatleben des BF vor, zumal es während des äußerst kurzen Zeitraums seines Aufenthalts realistischer Weise nicht möglich ist, ein maßgebliches Privatleben zu entwickeln bzw. überhaupt erst erste Integrationsschritte zu setzen.

Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte, zumal sein Vater und sein Bruder in Marokko aufhältig sind.

Dem gegenüber besteht ein öffentliches Interesse daran, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), überwiegt gegenständlich angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer des BF, seiner fehlenden Integration sowie des Umstandes, dass er in Österreich kein iSd Art 8 EMRK geschütztes Familienleben führt, gravierend gegenüber etwaigen Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Es sind – unter der Schwelle des Art 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen. So sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine besonders zu berücksichtigende Situation liegt jedoch im Fall des BF nicht vor und kann diesbezüglich auf die Ausführungen unter Punkt II. 3.2.2. verwiesen werden.

Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF vermag seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5.    Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1.  Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Im Übrigen handelt es sich bei Marokko um einen sicheren Herkunftsstaat nach der Herkunftsstaaten-Verordnung.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.

3.6.    Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. und VII. des angefochtenen Bescheides):

3.6.1   Rechtslage

Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind ua die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.

3.6.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom XXXX 2021 die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt.

Marokko gilt gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG.

Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Marokko keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt – wie bereits ausgeführt – einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG sowie § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG zur Anwendung gebracht und erweist sich die Beschwerde daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs 7 AsylG 2005): „Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen." Die Regelung des § 21 Abs 7 BFA-VG steht auch mit Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) im Einklang (VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf, zumal seit der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde und dem gegenständlichen Erkenntnis nur knapp ein Monat verstrichen ist. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen und ergibt sich bereits aufgrund des Akteninhalts, dass die belangte Behörde den Sachverhalt vollständig ermittelt und richtig gewürdigt hat, zudem sind die wesentlichen Feststellungen unbestritten geblieben. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich weiters keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente, es wurde nur unsubstantiiert auf das bisher Vorgebrachte bzw. auf ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren verwiesen, wobei weder ausgeführt wurde, was konkret ergänzend zu ermitteln gewesen wäre – insbesondere, weshalb etwa Ermittlungen durch einen Verbindungsbeamten erforderlich wären – noch wurden exzeptionelle Umstände aufgezeigt, die gegen eine Rückkehr des BF sprechen würden. Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, wird vom erkennenden Richter gegenständlich nicht als zielführend erachtet, zumal keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vorliegen und auch keine Beweise aufzunehmen sind, vielmehr hat bereits die belangte Behörde an den Aussagen des BF nicht gezweifelt und diese ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei haben die Ermittlungen zweifelsfrei ergeben, dass den BF ausschließlich wirtschaftliche Gründe sowie der Wunsch nach einer medizinischen Behandlung zur Asylantragstellung in Österreich bewogen haben. Es konnte daher aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich im vorliegenden Fall auch keinen persönlichen Eindruck vom BF verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck angesichts der kurzen Aufenthaltsda

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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