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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Jänner 1997, Zl. SD 1223/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Jänner 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die belangte Behörde nahm es als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer - der nicht bestreite lediglich für den Zeitraum vom 20. Juli 1995 bis 6. Juli 1996 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt zu haben - in der Zeit von März 1995 bis April 1996 zweimal wegen Übertretung des Fremdengesetzes (unrechtmäßigen Aufenthaltes), einmal wegen Übertretung des Meldegesetzes, zweimal wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 StVO und dreimal wegen Verstoßes gegen § 64 Abs. 1 KFG rechtskräftig bestraft worden sei. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt. Das Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers (neben dem unrechtmäßigen Aufenthalt zahlreiche schwerwiegende Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung und das Kraftfahrgesetz) beeinträchtige die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Verkehrssicherheit in hohem Maß, sodaß auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG entgegenstünden.
Diesbezüglich sei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer zwar behaupte, seit fünf Jahren im Bundesgebiet aufhältig zu sein, jedoch nur für den Zeitraum vom 20. Juli 1995 bis 6. Juli 1996 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe. Da er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und seinem Kind in Österreich lebe, sei jedenfalls ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers anzunehmen. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zu bejahen. Wer, wie der Beschwerdeführer, nicht nur die für ihn maßgeblichen fremdenpolizeilichen Vorschriften, sondern darüber hinaus bedeutende Normen des Kraftfahrrechtes und der Straßenverkehrsordnung wiederholt mißachte, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot dringend geboten erscheinen ließen.
Bei der nach § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei im Zusammenhang mit dem etwa fünfjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers einerseits zu bedenken, daß der überwiegende Teil seines Aufenthaltes unrechtmäßig gewesen sei, andererseits zu berücksichtigen, daß einer allfälligen Integration des Beschwerdeführers schon deshalb kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch die schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen in hohem Maß beeinträchtigt werde. Seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Kind könne er auch aus dem Ausland nachkommen. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, vorliegend sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht und auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen (den oben I.1. wiedergegebenen rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen bzw. den ihnen zugrunde liegenden Verstößen) bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 1996, Zl. 95/18/0976, mwN).
2. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid wegen unrichtiger Interessenabwägung (nach § 19 und § 20 Abs. 1 FrG) für rechtswidrig. Der Beschwerdeführer lebe seit sechs Jahren ohne Unterbrechung im Bundesgebiet und sei mit einer integrierten bosnischen Staatsangehörigen, die demnächst die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten werde, verheiratet; dieser Ehe entstamme ein Kind. Der Beschwerdeführer komme seinen Unterhaltspflichten "in vollem Umfang" nach. Diese Unterhaltspflichten vermöge er - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - vom Ausland aus nicht zu erfüllen, da es bei der derzeitigen Lage in Bosnien unmöglich sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen, die so viel abwerfe, daß er den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner in Österreich lebenden Familie entsprechend dem hier gegebenen Lebensstandard nachkommen könne. Darüber hinaus hätte berücksichtigt werden müssen, daß sich der Beschwerdeführer "seit den ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wohl verhalten (hat)". Die belangte Behörde habe sich "nicht damit auseinandergesetzt, inwieweit das Aufenthaltsverbot dringend geboten erscheint". Infolge der "tiefgreifenden Integration" des Beschwerdeführers, der "noch dazu als bosnischer Kriegsflüchtling anzusehen ist", ergebe sich somit, daß die Interessenabwägung "sachlich nicht richtig durchgeführt wurde".
3.1. Die Behauptung, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit der Frage des Dringend-geboten-seins eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer auseinanderzusetzen, steht in Widerspruch zur Begründung des angefochtenen Bescheides, der sich eine Erörterung dieser Frage zweifelsfrei entnehmen läßt (vgl. oben I.1.). Die belangte Behörde ist hiebei zu dem Ergebnis gelangt, daß die Notwendigkeit des Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 MRK zu bejahen und demnach diese Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zulässig sei. Diese Auffassung ist nicht als rechtsirrig zu erkennen. Bei den i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (§ 5 Abs. 1 StVO) und des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung (§ 64 Abs. 1 KFG) handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um strafbare Handlungen, die zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung bzw. das Kraftfahrgesetz zählen (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 95/18/0976). Die dadurch herbeigeführte Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen ist dementsprechend von großem Gewicht. Von daher macht die dem Beschwerdeführer zur Last liegende mehrmalige Mißachtung wesentlicher, der Sicherheit des Straßenverkehrs dienender Normen die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über ihn vor allem zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) - auch unter Bedachtnahme auf seine privaten und familiären Verhältnisse - notwendig. Diese Notwendigkeit wird vorliegend noch dadurch unterstrichen, daß auch das einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens durch den langen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers - dessentwegen er gleichfalls zweimal rechtskräftig bestraft wurde - eine erhebliche Beeinträchtigung erfahren hat.
3.2. Unter Zugrundelegung des somit ganz erheblichen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich erweckt auch das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Zulässigkeitsprüfung nach § 20 Abs. 1 FrG keine Bedenken. Denn im Vergleich zu diesem Interesse ist das gegenläufige persönliche Interesse des Beschwerdeführers nicht sehr stark ausgeprägt, schlägt doch
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worauf im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen wurde
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sein mehrjähriger Aufenthalt und eine daraus allenfalls resultierende Integration im Hinblick darauf nicht nennenswert zu seinen Gunsten zu Buche, daß dieser Aufenthalt zum Großteil unrechtmäßig war und die für eine Integration wesentliche soziale Komponente durch die Vielzahl der vom Beschwerdeführer begangenen Übertretungen beträchtlich gemindert wurde. Die gewiß nicht unbeachtlichen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Gattin und das Kind des Beschwerdeführers wiegen nicht so schwer wie die in der geradezu beharrlichen Begehung schwerwiegender Gesetzesverstöße und der daraus sich ergebenden Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründeten nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme, zumal der Beschwerdeführer seiner Unterhaltspflicht auch vom Ausland nachkommen kann (wobei die diesfalls möglicherweise eingeschränkten Möglichkeiten des Beschwerdeführers verbunden mit einer allfälligen Minderung des Lebensstandards der in Österreich verbliebenen Familie in Kauf genommen werden müssen).
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180140.X00Im RIS seit
12.06.2001