Entscheidungsdatum
24.03.2021Norm
AVG §76 Abs1Spruch
W112 2225527-1/37Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX , StA JORDANIEN, vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSHILFE gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2019, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft seit 06.11.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2019:
A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird der Beschwerdeführerin der Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher XXXX für die Sprache ARABISCH in der Verhandlung am 22.11.2019 iHv € 257,80 auferlegt.
Die Beschwerdeführerin hat den Betrag von € 257,80 auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC: BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Schriftsatz vom 18.11.2019 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsberaterin als gewillkürte Vertreterin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Mandatsbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 06.11.2019, mit dem gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über sie verhängt wurde, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 06.11.2019; die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des angefochtenen Bescheides und den Ausspruch, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, den Ausspruch im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung der Beschwerdeführerin nicht vorliegen und den Ersatz der Aufwendungen der Beschwerdeführerin gemäß der VwG-Aufwandersatzverordung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die die Beschwerdeführerin aufzukommen habe.
Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt vor und erstattete am 19.11.2019 eine Stellungnahme, in der es beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abweisen; es beantragte den Zuspruch von Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.11.2019 von 10:00 Uhr bis 12:15 Uhr eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des im Spruch genannten Dolmetschers für die Sprache ARABISCH durch, da die Beschwerdeführerin der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war.
Mit dem am 22.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und erklärte die Anhaltung in Schubhaft von 06.11.2019 bis 22.11.2019 für rechtswidrig (Spruchpunkt I.). Es stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlagen (Spruchpunkt II.). Der Abspruch über den Barauslagenersatz und über die Anträge auf Kostenersatz wurde einer separaten Entscheidung vorbehalten.
Keine der Parteien beantragte die schriftliche Ausfertigung des am 22.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses. Das Bundesverwaltungsgericht fertigte das Erkenntnis am 17.09.2020 gekürzt aus.
2. Der Dolmetscher legte mit Schriftsatz vom 22.11.2019, der fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, eine Kostennote iHv € 257,80. Mit Schriftsatz vom 06.10.2020 räumte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin Parteiengehör zur Kostennote des Dolmetschers ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
Mit Beschluss vom 08.03.2021 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche des Dolmetschers nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 257,80. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 08.04.2020 an.
3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.
II. Erwägungen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Barauslagenersatz
1. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63-73) sinngemäß anzuwenden.
2. Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.06.2003, 2001/01/0260, bejaht, dass diese Vorschrift auch im Maßnahmebeschwerdeverfahren anwendbar ist und der „Antragsteller“ die Barauslagen zu tragen hat.
Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde Dolmetschergebühren erwachsen. Der Dolmetscher verzeichnete € 202,50 an Gebühren; die Gebührennote musste vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden. Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 257,80 an Barauslagen entstanden, die von der Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Auferlegung des Barauslagenersatzes im Schubhaftverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG fehlt; eine solche besteht nur im Hinblick auf § 53 Abs. 4 BFA-VG und § 113 Abs. 1 Z 4 FPG (s. VwGH 19.05.2015, Ro 2014/21/0071) bzw. auf das Bescheidbeschwerdeverfahren (VwGH 12.10.2015, Ro 2015/22/0022).
Schlagworte
Barauslagen Dolmetschgebühren Ersatz mündliche Verhandlung Revision zulässig SchubhaftverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W112.2225527.1.01Im RIS seit
09.06.2021Zuletzt aktualisiert am
09.06.2021