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20/02 Familienrecht;Norm
EheG §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Jänner 1997, Zl. SD 1155/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Jänner 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der im Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer habe am 27. Februar 1992 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht. Aufgrund des damit erworbenen Befreiungsscheines habe er Sichtvermerke bis 9. April 1995 erhalten. Sein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sei vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 27. April 1995 abgewiesen worden, die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Februar 1996.
Die vom Beschwerdeführer geschlossene Ehe sei vom Bezirksgericht Donaustadt mit Urteil vom 27. November 1995 (rechtskräftig seit 12. Juli 1996) gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Aus den Urteilsgründen gehe hervor, daß die Ehe nur geschlossen worden sei, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu verschaffen, zunächst eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in der Folge so rasch wie möglich die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Anläßlich der Einvernahme der "Scheinehegattin" am 9. Mai 1996 habe diese angegeben, daß ihr für die Eheschließung S 70.000,-- versprochen worden wären, von welchem Betrag sie lediglich S 5.000,-- erhalten hätte; der Beschwerdeführer wäre nur zum Schein bei ihr gemeldet gewesen, es hätte nie eine Wohngemeinschaft bestanden, die Ehe wäre nie vollzogen worden.
Aufgrund dieses Sachverhaltes seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG gegeben. Das im Grunde dieser Gesetzesstelle relevante Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin - daß diese vom Gericht rechtskräftig für nichtig erklärt worden sei, bleibe in der Berufung unbestritten - zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (Befreiungsschein, Aufenthaltsberechtigung) zu erblicken. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers handle es sich bei diesem Rechtsmißbrauch um ein die öffentliche Ordnung erheblich beeinträchtigendes, seinem Gehalt nach dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzusetzendes Verhalten, das eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 leg. cit. darstelle, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung, konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen rechtfertige.
Bei Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 1 FrG sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern dem nicht die §§ 19 oder 20 FrG entgegenstünden. Der Beschwerdeführer halte sich seit sechs Jahren im Bundesgebiet auf, habe hier allerdings keine Angehörigen. Der aus der Dauer des Aufenthaltes sich ergebende Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers sei aber zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Errichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, dringend geboten. Wer nämlich, wie der Beschwerdeführer, grob rechtsmißbräuchlich nur zu dem Zweck vorgehe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung notwendig erscheinen ließen. Bei Annahme eines Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers und der demnach - neben der Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei - auch erforderlichen Interessenabwägung gemäß § 20 FrG sei die Zulässigkeit dieser Maßnahme auch nach dieser Bestimmung zu bejahen. Da weder familiäre noch sonstige Bindungen des Beschwerdeführers hätten festgestellt werden können und auch das Ausmaß seiner Integration im Hinblick darauf, daß Aufenthalt und Beschäftigung auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen seien, nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen sei, wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Feststellung der belangten Behörde, daß die Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 27. November 1995 gemäß § 23 Ehegesetz mit der Begründung für nichtig erklärt worden sei, die Ehe sei nur zum Zweck der Beschaffung einer Beschäftigungsbewilligung und einer Aufenthaltsbewilligung (sowie in der Folge der österreichischen Staatsbürgerschaft) für den Beschwerdeführer geschlossen worden, unbestritten.
Auf dem Boden dieser Feststellung und unter Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stößt die rechtliche Schlußfolgerung der belangten Behörde, es handle sich bei dieser Eheschließung auf Seiten des Beschwerdeführers um einen Rechtsmißbrauch, der als gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Femdenwesens) anzusehen sei und solcherart die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, auf keine Bedenken. Gleiches gilt für die von der belangten Behörde - nach Bejahung eines i.S. des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers durch diese Maßnahme - vertretene Ansicht, daß die Verhängung des Aufenthaltsverbotes mit Rücksicht auf den Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und demnach gemäß § 19 FrG zulässig sei. (Vgl. zum Ganzen etwa die Erkenntnisse vom 28. November 1996, Zl. 96/18/0511, und vom 30. Jänner 1997, Zl. 95/18/0854, jeweils mwN.)
Daß die Eheschließung knapp fünf Jahre zurück liegt, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, ist doch diese Zeitspanne im vorliegenden Zusammenhang noch nicht so lang, um die durch das rechtsmißbräuchliche Verhalten des Beschwerdeführers herbeigeführte Ordnungsgefährdung als nicht mehr gegeben ansehen zu können.
2.1. Erkennbar unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 1 FrG führt die Beschwerde ins Treffen, daß die belangte Behörde auf den mehrjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie seine durchgehende Beschäftigung hätte Bedacht nehmen müssen. Der Beschwerdeführer sei hier polizeilich gemeldet, sozial integriert und habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich.
2.2. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers wie auch dessen Beschäftigung hinsichtlich der jeweiligen Berechtigung auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zurückzuführen sei, und daraus ebenso zutreffend den Schluß gezogen, daß eine sich aus der Dauer des Aufenthaltes (fünf und nicht wie im angefochtenen Bescheid festgestellt sechs Jahre) und der Beschäftigung ergebende Integration des Beschwerdeführers nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen sei. Da im übrigen die Feststellung der belangten Behörde, daß weder familiäre noch sonstige Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich vorhanden seien, nicht bestritten wird, kann das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180159.X00Im RIS seit
20.11.2000