Entscheidungsdatum
25.03.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I403 2240520-1/4Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Deutschland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde kommt gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zu.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist seit dem 10.09.2020 in der Justizanstalt XXXX hauptgemeldet.
Am 12.09.2020 wurde über den Beschwerdeführer aufgrund des Verdachts des gewerbsmäßig schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 1 Z 1, 148 1. Fall StGB die Untersuchungshaft verhängt.
Mit Schriftsatz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 16.09.2020 ("Parteiengehör") wurde dem Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Untersuchungshaft zur Kenntnis gebracht, dass gegen ihn ein Verfahren hinsichtlich der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei und ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von vierzehn Tagen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse bei der belangten Behörde einzubringen.
Mit Schriftsatz vom 24.09.2020 brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme bei der belangten Behörde ein. Inhaltlich brachte er im Wesentlichen vor, dass er sich in Untersuchungshaft befinde und es ihm leider nicht möglich sei, seine Angaben mit schriftlichem Beweismitteln zu untermauern. Aus diesem Grund möge sich die belangte Behörde mit seiner Verlobten sowie mit seinen Eltern in Verbindung setzen. Er habe die Grundschule XXXX , das Gymnasium XXXX und die Freie Schule XXXX besucht. Eine Ausbildung zum Automobilkaufmann und zum staatlich geprüften Sport- und Gymnastiklehrer habe er zwar begonnen, jedoch nicht abgeschlossen. Des Weiteren habe er eine Ausbildung zum Skilehrer (Grundstufe) absolviert. Seit ungefähr April 2017 befinde er sich in Österreich, seine Eltern würden nicht in Österreich leben. Zuletzt sei er in Deutschland in München gemeldet gewesen. In der Bundesrepublik Deutschland könne ein Bewährungswiderruf erfolgen, da er beim Bewährungshelfer nicht erschienen sei und sich auch nicht gemeldet habe. Jedenfalls befinde sich sein Lebensmittelpunkt seit dem 28.07.2017 in XXXX . An diesem Tag sei er mit seiner Verlobten XXXX zusammengezogen. Seit dem XXXX 2020 sei er zudem Vater eines Sohnes. Er sehe ein, dass er Fehler begangen habe und wolle diese auch wiedergutmachen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 05.11.2020, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB, 148 zweiter Fall, 15 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.02.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß „§ 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß „§ 70 Abs. 3 FPG“ wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Überdies wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß „§ 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 19.02.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Inhaltlich wurde insbesondere ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer nicht, wie von der belangten Behörde behauptet, erst seit dem 28.07.2017 im Bundesgebiet aufhalte, sondern bereits seit April 2017. Zudem habe er sich in Österreich eine Unterkunft genommen, da er seit dem 28.07.2017 mit seiner Lebensgefährtin zusammen wohne und auch Miete bezahle. Er könne beweisen, dass er in Österreich bereits mehrmals „legal“ gemeldet gewesen sei und unter anderem als Skilehrer gearbeitet habe. Die belangte Behörde kenne weder ihn noch seine Lebensgefährtin. Eine Kontaktaufnahme der belangten Behörde mit der Lebensgefährtin habe nie stattgefunden. Die belangte Behörde habe es verabsäumt die Umstände genau zu prüfen. Es gehe nicht nur um die Interessen des Beschwerdeführers, sondern auch um die seines zehn Monate alten Sohnes. Er habe kein Kapitalverbrechen begangen, weshalb die öffentlichen Interessen zu vernachlässigen seien. Das Kindeswohl und die Pflicht des Staates zum Schutz der Familie stünden in seinem Fall im Vordergrund. Es sei auch nicht nachvollziehbar, was für eine Gefahr von ihm ausgehe, zumal er wegen Betruges zu zwei Jahren Haft verurteilt worden sei und keinen Massenmord begangen habe. Er sei bis zu seiner jetzigen Verurteilung in Österreich nicht vorbestraft gewesen. Dass die belangte Behörde von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe, stehe in keinem Verhältnis zu dem von dem Beschwerdeführer begangenen Straftaten, weder zu den Straftaten in Deutschland noch zu denen in Österreich. Aus all diesen Gründen lege er Beschwerde ein.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 18.03.2021 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Deutschland und somit EU-Bürger. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer ist seit 10.09.2020 mit Hauptwohnsitz in der Justizanstalt XXXX melderechtlich erfasst. Zuvor war er nur von 14.12.2010 bis 15.04.2011 mit einem Nebenwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet.
Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sowie ihr gemeinsamer Sohn leben in Österreich.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt der belangten Behörde.
Die Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik. Dass die Lebensgefährtin und der gemeinsame Sohn des Beschwerdeführers in Österreich leben, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme und in der Beschwerde.
Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde seitens der belangten Behörde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Absatz 5 des mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" überschriebenen § 18 BFA-VG (in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020) lautet:
„§ 18. (5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.“
Die zur Verfügung stehende Aktenlage ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausreichend, um dies zu beurteilen. Es wurden in der Stellungnahme sowie in der Beschwerde Sachverhaltselemente hinsichtlich der Bindungen des Beschwerdeführers an Österreich und seine hier lebenden Angehörigen angeführt, welche im angefochtenen Bescheid keine ausreichende Berücksichtigung fanden. Der Beschwerdeführer macht ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen geltend. Um insbesondere eine abschließende Beurteilung im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich zu ermöglichen und eine eventuelle Verletzung des Art. 8 EMRK im Falle seiner Rückkehr nach Deutschland auszuschließen, erscheint eine mündliche Beschwerdeverhandlung, in welcher auch die in Österreich lebende Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen wird, unumgänglich.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung Diebstahl Gewerbsmäßigkeit Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat TeilerkenntnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2240520.1.00Im RIS seit
07.06.2021Zuletzt aktualisiert am
24.06.2021