TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/26 W115 2230629-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.03.2021
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Entscheidungsdatum

26.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35 Abs2

Spruch


W115 2230629-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX für rechtswidrig erklärt.

II.      Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III.    Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am XXXX gemeinsam mit seiner Familie unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.    Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

1.2.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

1.3.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

1.4.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 146, 147 Abs. 2, 148 1. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt. Die bedingte Nachsicht dieser Verurteilung wurde in weiterer Folge widerrufen.

1.5.    Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, wobei die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt. Die bedingte Nachsicht dieser Verurteilung wurde in weiterer Folge widerrufen.

1.6.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 114 Abs. 1, 114 Abs. 3 Z 1 FPG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 und 28a Abs. 1 5. Fall SMG sowie §§ 50 Abs. 1 Z 1, 50 Abs. 1 Z 2 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

1.7.    Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 83 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.8.    Aufgrund seiner Straffälligkeit wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX der ihm zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf acht Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

1.9.    Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen.

1.10.   Am XXXX stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag).

1.11.   Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme am XXXX wurde vom Bundesamt mit mündlich verkündetem Bescheid der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

1.12.   Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen ist und wurde der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom XXXX aufgehoben.

1.13.   Nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft ordnete das Bundesamt mit Bescheid vom XXXX über ihn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an.

1.14.   Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX hat das Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom XXXX , GZ XXXX , unter Spruchpunkt I. der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes vom XXXX stattgegeben und diesen für rechtswidrig erklärt. Unter Spruchpunkt II. wurde der Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft stattgegeben und die Anhaltung von XXXX bis XXXX für rechtswidrig erklärt. Unter Spruchpunkt III. wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlagen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes das Bundesamt mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen hätte finden müssen, da es keine schlüssigen Hinweise für die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers geben würde. Ein dringender Sicherungsbedarf oder eine „Sicherungsnotwendigkeit“ durch eine Anhaltung in Schubhaft sei aufgrund der Umstände des gegenständlichen Falles nicht gegeben. So lebe der Beschwerdeführer in Österreich gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen sieben Kindern. Sie würden über einen gemeinsamen Hauptwohnsitz verfügen und sei der Beschwerdeführer seit XXXX behördlich gemeldet. Auch habe er sich bislang nie dem Zugriff der Behörden entzogen und habe von Gelegenheitsarbeiten gelebt. Aus diesen Gründen sei der angefochtene Bescheid gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG aufzuheben und gleichzeitig die Anhaltung seit XXXX für rechtswidrig zu erklären gewesen. Da diese Erwägungen auch zum Entscheidungszeitpunkt unverändert gelten würden, sei daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen gewesen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.15.   In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und vom Bundesamt gegen ihn mit Mandatsbescheid vom XXXX gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gelinderen Mittel der Unterkunftnahme an der Wohnadresse seiner Familie sowie einer periodischen Meldeverpflichtung bei einer namentlich genannten Dienststelle einer Landespolizeidirektion angeordnet.

1.16.   Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom XXXX wurde die gegen den Beschwerdeführer angeordnete periodische Meldeverpflichtung bei einer namentlich genannten Dienststelle einer Landespolizeidirektion bis auf Widerruf ausgesetzt.

1.17.   Aufgrund der am XXXX erfolgten Festnahme und Einlieferung des Beschwerdeführers in eine Justizanstalt, wurden vom Bundesamt die gegen ihn mit Bescheid vom XXXX angeordneten gelinderen Mittel aufgehoben.

1.18.   Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 Z 1 und 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Aufgrund dieser Verurteilung befand sich der Beschwerdeführer bis XXXX in Strafhaft.

1.19.   Am XXXX langte beim Bundesamt von der russischen Vertretungsbehörde die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein und war diese bis zum XXXX gültig.

1.20.   Auf Ersuchen des Bundesamtes wurde die Frist zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bis zum XXXX verlängert.

1.21.   Am XXXX wurde von der Staatsanwaltschaft XXXX gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen des Verdachtes des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, 15 StGB, des Vergehens der Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach §§ 223 Abs. 1, 12 2. Fall StGB erhoben.

1.22.   Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Weiters wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

1.23.   Mit Schreiben des Bundesamtes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit geboten dazu eine Stellungnahme abzugeben.

1.24.   Im Rahmen der am XXXX eingebrachten Stellungnahme wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers zusammengefasst ausgeführt, dass die Verhängung der Schubhaft unzulässig sei, da der Beschwerdeführer alle angeordneten Auflagen erfüllt hätte.

2.       Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am XXXX in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten.

2.1.    Die vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft erhobene gegenständliche Beschwerde langte am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Verweis auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde ausgeführt, dass im Falle des Beschwerdeführers mit der Anordnung von gelinderen Mitteln nach wie vor das Auslangen gefunden werden könne. Die Familie des Beschwerdeführers lebe weiterhin in Österreich und der Beschwerdeführer sei schon in der Vergangenheit den ihm auferlegten Verpflichtungen nachgekommen. Somit sei nachgewiesen, dass sich dieser an die entsprechenden Auflagen halte. Zudem sei beabsichtigt, gegen den Bescheid des Bundesamtes, mit dem der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen worden sei, Beschwerde zu erheben. Da somit das Asylverfahren noch länger andauern werde, erweise sich die angeordnete Schubhaft als unverhältnismäßig.

Im Rahmen der Beschwerde wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Ein Kostenersatz wurde seitens des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers nicht beantragt.

2.2.    Das Bundesamt legte am XXXX den Verwaltungsakt vor und erstattete im Zuge der Aktenvorlage eine begründete Stellungnahme, in der insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer durch seine wiederholte Straffälligkeit gezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers zeige eindeutig, dass im gegenständlichen Verfahren Fluchtgefahr gegeben sei und der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, im Falle einer durchsetzbaren Entscheidung seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Auch eine erneute Anordnung des gelinderen Mittels erscheine nicht ausreichend, da die in Österreich lebenden Familienangehörigen den Beschwerdeführer nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten hätten können. Es sei vielmehr zu befürchten, dass er in Freiheit und auch bei einer nochmaligen Wohnsitznahme bei seiner Gattin, den Aufforderungen der Behörde keine Folge leisten werde. Da ihn seine Ehefrau schon in der Vergangenheit bei der Beschaffung von gefälschten Dokumenten unterstützt habe, sei vielmehr zu befürchten, dass diese ihn dabei unterstützen würde, sich im Falle von weiteren fremdenrechtlichen Maßnahmen im Verborgenen zu halten. Im gegenständlichen Verfahren liege bereits die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates vor und es sei beabsichtigt den Beschwerdeführer im Falle, dass die abweisende Entscheidung in seinem derzeitigen Asylverfahren durchführbar werde, mittels nächstmöglichen Charter am XXXX in sein Heimatland abzuschieben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

Der volljährige Beschwerdeführer führt die im Spruch ersichtlichen Personalien. Er ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer wurde bis zum Entscheidungszeitpunkt insgesamt sieben Mal wegen (schweren) Körperverletzungen, gefährlicher Drohung, schwerem Betrug, Schlepperei, Suchtmittelhandel, unbefugtem Besitz verbotener Waffen, Nötigung und Sachbeschädigung rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Am XXXX wurde gegen ihn erneut Anklage wegen des Verdachtes der Vergehen des schweren Betruges, der Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden sowie der Urkundenfälschung erhoben.

Der Beschwerdeführer wurde von XXXX bis XXXX in Schubhaft angehalten. Seit XXXX wird der Beschwerdeführer neuerlich in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

Die russische Vertretungsbehörde hat der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer zugestimmt. Diese Zustimmung ist bis XXXX befristet.

1.2.    Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise im Jahr XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde ihm mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Aufgrund seiner Straffälligkeit wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX der ihm zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf acht Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag). Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen ist und wurde der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom XXXX aufgehoben.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erstinstanzlich negativ abgeschlossen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gegen diesen Bescheid ist bisher keine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt; die Beschwerdefrist ist nach wie vor offen.

Der Beschwerdeführer hält sich seit dem Jahr XXXX nahezu durchgehend in Österreich auf und hat bis dato durchgehend eine aufrechte Hauptwohnsitzmeldung und hat sich bisher nie einem behördlichen Verfahren durch Untertauchen entzogen.

Der Beschwerdeführer ist auch den gegen ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordneten gelinderen Mittel der Unterkunftnahme an der Wohnadresse seiner Familie sowie einer periodischen Meldeverpflichtung bei einer namentlich genannten Dienststelle einer Landespolizeidirektion nachgekommen. Die Aufhebung dieser gelinderen Mittel durch das Bundesamt am XXXX erfolgte aufgrund der Festnahme und Einlieferung des Beschwerdeführers in eine Justizanstalt.

In Österreich lebt der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen sieben Kindern. Sie verfügen über einen gemeinsamen Hauptwohnsitz. Im Bundesgebiet leben weiters die Eltern, sein Bruder und zwei Schwestern.

Der Beschwerdeführer übte im Bundesgebiet seit XXXX bis XXXX unterschiedliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen aus und bezog Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über Barmittel in Höhe von € 470,-- und wird darüber hinaus von seiner Familie finanziell unterstützt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahlen XXXX und XXXX ), in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das vorangegangene Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers zur Geschäftszahl XXXX , in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie einer durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Sozialversicherungsdatenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren).

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

Die Feststellungen zur Identität, der Staatsangehörigkeit und der Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Verwaltungsakt noch wurde dies vom Beschwerdeführer vorgebracht.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers. Der Umstand, dass von der zuständigen Staatsanwaltschaft am XXXX gegen den Beschwerdeführer erneut Anklage wegen des Verdachtes der Vergehen des schweren Betruges, der Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden sowie der Urkundenfälschung erhoben worden ist, ist aktenkundig (Schreiben der Staatsanwaltschaft XXXX ).

Dass der Beschwerdeführer seit XXXX wieder in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Zeitangabe zu seiner vorangegangenen Anhaltung in Schubhaft ergibt sich aus dem im Verwaltungs- und Gerichtsakt zur vorangegangenen Schubhaft einliegenden Auszug aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Auch im Rahmen der Beschwerde wurde nichts Gegenteiliges vorgebracht. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er sich in Schubhaft befindet, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

Der Stand des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ergibt sich aus den Ausführungen des Bundesamtes im Zuge der Aktenvorlage erstatteten Stellungnahme und aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister.

2.3.    Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

Der Stand des Asylverfahrens und der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund der unbestrittenen Aktenlage.

Der Aufenthalt im Bundesgebiet und die Wohnsitzmeldung beruhen auf einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister und den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX , wo er angab lediglich einmal für eineinhalb Monate nach Tschetschenien ausgereist zu sein und einmal in Tschechien war sowie zur Arbeit in Deutschland, ansonsten sich seit seiner Einreise im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dieser Sachverhalt wurde auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX im vorangegangenen Schubhaftverfahren zur Geschäftszahl XXXX zugrunde gelegt.

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, dass sich der Beschwerdeführer jemals dem Zugriff der Behörden entzogen hätte. Dies wurde seitens des Bundesamtes auch nicht substantiiert vorgebracht. Vielmehr weist der Beschwerdeführer während seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich eine durchgehende aufrechte Hauptwohnsitzmeldung auf und ist seit XXXX an der gleichen Adresse wohnhaft.

Dass der Beschwerdeführer auch den gegen ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordneten gelinderen Mittel der Unterkunftnahme an der Wohnadresse seiner Familie sowie einer periodischen Meldeverpflichtung bei einer namentlich genannten Dienststelle einer Landespolizeidirektion nachgekommen ist, ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Verwaltungsakt. Dass die Aufhebung dieser gelinderen Mittel durch das Bundesamt am XXXX aufgrund der Festnahme und Einlieferung des Beschwerdeführers in eine Justizanstalt erfolgte, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden diesbezüglichen Aktenvermerk des Bundesamtes vom XXXX

Die Feststellungen zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt im Rahmen seiner Einvernahmen im Asylfolgeantragsverfahren sowie seinen damit übereinstimmenden Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX . Es sind keine Umstände hervorgekommen, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die getroffenen Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und des Bezuges von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe während seines Aufenthaltes in Österreich ergeben sich aus einer durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Sozialversicherungsdatenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren) vom XXXX . Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer aktuell über Barmittel in Höhe von € 470,-- verfügt, ergibt sich aus einem Auszug der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus von seiner Familie finanziell unterstützt wird, ergibt sich u.a. aus einer im vorangegangenen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers zur Geschäftszahl XXXX dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten finanziellen Unterstützungserklärung seiner Mutter samt Bestätigungen und Gehaltsnachweisen. Gründe dafür, dass die Familie des Beschwerdeführers nicht bereit wäre, ihn finanziell zu unterstützen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG das Bundesverwaltungsgericht.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

3.2.    Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.2.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) [...]

(3) [...]

(4) [...]“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.2.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Schubhaft darf stets nur „ultima ratio“ sein (vgl. VwGH 02.08.2013, 2013/21/0054; 11.06.2013, 2012/21/0114, 24.02.2011, 2010/21/0502; 17.03.2009, 2007/21/0542; 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“. Bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.01.2011, 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese „Einstellungsänderung“ durch Haftdauer zu erwirken (so auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

§ 76 Abs. 2 Z 1 FPG in der durch das FrÄG 2018 geänderten Fassung (ErläutRV 189 BlgNR 26. GP 18 f) stellt sich als Umsetzung des Haftgrundes des Art. 8 Abs. 3 lit. e der Aufnahme-RL (Richtlinie 2013/33/EU) in seiner Ausprägung - Erfordernis der Haft aus Gründen der öffentlichen Ordnung - dar, sodass in dessen Rahmen nunmehr (auch außerhalb von durch die Z 3 des § 76 Abs. 2 FPG erfassten „Dublin-Konstellationen“) Schubhaft grundsätzlich auch gegen Asylwerber mit „Bleiberecht“ in Betracht kommt (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305; 5.10.2017, Ro 2017/21/0009. Der genannte Schubhaftgrund verlangt als Tatbestandsvoraussetzung nicht nur die Annahme von Fluchtgefahr, sondern auch das Vorliegen einer vom Aufenthalt des Fremden ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß § 67 FPG, somit eine „tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“ (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367, mit Verweis auf VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0204; 16.05.2019, Ra 2018/21/0177).

Bei der Erstellung von Gefährdungsprognosen ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dessen Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne Weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367, mit Verweis auf VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305).

Die Verhängung von Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 1 FPG ist daran geknüpft, dass sich die konkrete Schubhaft als verhältnismäßig erweist. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung und ist im Übrigen auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Im Rahmen der demnach vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch die Frage der voraussichtlichen Dauer des Asylverfahrens bzw. eines dem Asylwerber weiterhin zukommenden „Bleiberechts“ einzubeziehen (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367, mit Verweis auf VwGH 17.04.2020, Ro 2020/21/0004).

3.2.3.  Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.2.4.  Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG angeordnet.

Die Schubhaft hat im vorliegenden Fall demnach nur angeordnet werden dürfen, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig gewesen ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 FPG gefährdet hat, Fluchtgefahr vorgelegen und die Schubhaft verhältnismäßig gewesen ist.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, warum es eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer als gegeben ansieht. Insbesondere wurde dabei auf die insgesamt sieben strafgerichtlichen Verurteilungen verwiesen und zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bisher nicht gewillt gewesen sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Dieser Beurteilung ist zuzustimmen und besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer auch aufgrund der unterschiedlichen Deliktsarten (schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung, schwerer Betrug, Schlepperei, Suchtmittelhandel, unbefugter Besitz verbotener Waffen, Nötigung und Sachbeschädigung) ohne jeden Zweifel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt, zumal der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Verurteilungen und dem Verspüren des Haftübels auch nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden konnte.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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