TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/29 W227 2215320-1

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Veröffentlicht am 29.03.2021
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Entscheidungsdatum

29.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §49 Abs1
StudFG §51 Abs1 Z3
StudFG §6 Z1

Spruch


W227 2215320-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 15. Jänner 2019, Zl. 431637301, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22. Juli 2018 einen Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe für das Bachelorstudium „Wirtschaftsberatung“ an der Fachhochschule Wiener Neustadt.

Mit Bescheid vom 1. August 2018 bewilligte die Studienbeihilfenbehörde dem Beschwerdeführer ab August 2018 Studienbeihilfe in Höhe von monatlich 564,-- Euro.

2. Aufgrund des Präsenzdienstes der Beschwerdeführers sprach die Studienbeihilfenbehörde mit Bescheid vom 20. August 2018 gemäß § 49 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 Z 3 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) aus, dass der Anspruch auf Studienbeihilfe von August 2018 bis Dezember 2018 ruhe und der Beschwerdeführer 564,-- Euro zurückzahlen müsse.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung und stellte gegen die Vorstellungsvorentscheidung einen Vorlageantrag.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte der Senat der Studienbeihilfenbehörde, dass gemäß § 49 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG der Anspruch auf Studienbeihilfe von August 2018 bis Dezember 2018 ruhe und der Beschwerdeführer 564,-- Euro zurückzahlen müsse.

Begründend führte der Senat im Wesentlichen aus:

Da der Beschwerdeführer den Präsenzdienst ableiste, werde er gemäß § 12 ff Heeresgebührengesetz (HGG) „voll umfassend vom Staat versorgt“, weshalb keine staatliche Förderung mehr möglich sei.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er zusammengefasst vorbringt:

Von einer „vollumfassenden Versorgung“ durch die öffentliche Hand könne nicht ausgegangen werden, weil eine solche mit einer „umfangreicheren bis hin zur gänzlichen Kostentragung aller den konkreten Umständen anfallenden Lebenshaltungskosten gleichzusetzen“ wäre.

Auch sähe § 30 Abs. 3 StudFG keine Verminderung der Studienbeihilfe um die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern bei Selbsterhaltern vor. Daraus könne abgeleitet werden, dass Unterhaltsleistungen der Eltern, auch wenn diese tatsächlich geleistet würden, nicht in Abzug zu bringen seien. Führe der Senat der Studienbeihilfenbehörde aber diese „vollumfassende Versorgung“ und die mit ihr untrennbar einhergehenden Sachleistungen als Argument für eine Versagung der Studienbeihilfe an, führe dies im Ergebnis zur gegenteiligen Wirkung des nach § 30 Abs. 3 StudFG vorgesehenen Ausschlusses der Miteinbeziehung solcher Leistungen.

Überdies könne der einem Präsenzdiener gebührende Bezugsansatz (i.H.v. 321,80 Euro) keinesfalls als eine Art Unterhaltsleistung oder eine Art staatliche Förderung angesehen werden. Der Präsenzdiener erhalte diese Geld- (aber auch Sachleistungen) aufgrund einer von ihm zu erbringenden Ausbildung, welche von der Gesellschaft und vom Gesetzgeber „ausdrücklich erwünscht bzw. sogar gesetzlich verankert“ sei. Es handle sich also um eine Art Entschädigung für eine Berufstätigkeit (Ausbildungsverhältnis) i.S.d. StudFG und nicht etwa um eine Transferleistung oder andere Art der staatlichen Förderung, für die typischerweise keine Gegenleistung zu erbringen sei.

Wenn es sich bei dieser Entschädigung aber um keine Transferleistung, keinen Unterhalt und um keine staatliche Förderung handle, könne dieser Bezug auch nicht der Gewährung eines Selbsterhalterstipendiums entgegenstehen, zumal es keinen Anlass dafür gäbe und dieser Bezug auch nicht dem Förderungsziel der Studienbeihilfe widerspreche.

Weiters liege ein Widerspruch zu § 27 Abs. 3 StudFG vor, denn zum einen seien Zeiten des Präsenzdienstes gemäß § 27 Abs. 3 StudFG ebenfalls Zeiten des Selbsterhaltes und zum anderen werde begründet, dass gemäß § 49 Abs. 1 StudFG ein Ruhensgrund vorliege, da in dieser Zeit eben kein Selbsterhalt vorliege. Verstärkend trete hinzu, dass bei einem Bezug einer anderen Leistung (wie etwa einer Transfer- oder Versicherungsleistung) kein Grund für ein Ruhen des Anspruchs gegeben sei. Die differenzierte Behandlung eines Selbsterhalters, der den Präsenzdienst ableiste, und eines Selbsterhalters, der Erwerbseinkünfte oder Transfer-/Versicherungsleistungen beziehe, führe zu einem unsachlichen Ergebnis und verstoße aus diesem Grund gegen das allgemeine Gleichheitsgebot.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer leistete von 9. Juli 2018 bis 8. Jänner 2019 seinen Präsenzdienst ab. Im Wintersemester 2018/2019 war er zum Bachelorstudium „Wirtschaftsberatung“ an der Fachhochschule Wiener Neustadt zugelassen.

Ab August 2018 wurde dem Beschwerdeführer Studienbeihilfe in Höhe von monatlich 564,-- Euro bewilligt. Im August 2018 wurden ihm 564,-- Euro Studienbeihilfe ausbezahlt.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Die zum Antragszeitpunkt (22. Juli 2018) maßgeblichen Bestimmungen lauten:

Nach § 6 Z 1 StudFG ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende sozial bedürftig ist.

Gemäß § 49 Abs. 1 StudFG ruht der Anspruch auf Studienbeihilfe während der Semester, in denen Studierende nicht grundsätzlich im vollen Umfang zum Studien- und Prüfungsbetrieb zugelassen sind (§ 3 Abs. 6), und während der vollen Monate, in denen sie am Studium überwiegend behindert sind oder durch mehr als zwei Wochen den Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst oder eine Tätigkeit im Rahmen einer Maßnahme gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 des Freiwilligengesetzes (FreiwG) leisten. Abweichend davon tritt trotz Nichtvorliegens einer Fortsetzungsmeldung kein Ruhen des Anspruches ein, wenn Studierende innerhalb der allgemeinen Zulassungsfrist oder der Nachfrist für die Fortsetzungsmeldung ihr Studium abschließen.

Gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG haben Studierende Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen.

3.1.2. Die Voraussetzung der sozialen Bedürftigkeit muss während des gesamten Zeitraums des Bezugs von Studienbeihilfe erfüllt sein (siehe etwa VwGH 29.11.2011, 2011/10/0038).

Die Ableistung des Präsenzdienstes unterbricht jede Ausbildung (vgl. VwGH 22.10.1997, 96/13/0060, m.w.N.).

Das Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe tritt ex lege bei Vorliegen der im Gesetz abschließend geregelten Tatbestände ein. Das Vorliegen eines Ruhenstatbestandes (selbst wenn dieser im Zeitpunkt der Antragstellung des Studierenden auf Gewährung der Studienbeihilfe gegeben ist) führt nicht zur Vernichtung des Anspruches, denn der Eintritt des Ruhens des Anspruches lässt die rechtliche Existenz des Anspruches selbst in jedem Fall unberührt, schließt er doch lediglich bestimmte aus dem Anspruch abgeleitete Folgen vorübergehend, d.h. für die Dauer des Vorliegens des Ruhenstatbestandes, aus (siehe VwGH 18.12.2003, 99/12/0159, m.w.H.).

Aus der Systematik des § 51 StudFG ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber eine abschließende Regelung der Rückzahlungspflicht getroffen hat und der gutgläubige Empfang/Verbrauch der Studienbeihilfe nicht die Rückzahlungsverpflichtung, soweit sie nach den Rückforderungstatbeständen überhaupt in Betracht kommt, ausschließt. Ebenso sind Studienbeihilfen, die trotz Kenntnis der Studienbeihilfenbehörde vom Vorliegen eines Ruhenstatbestandes ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen (vgl. VwGH 06.09.1995, 95/12/0074; 08.01.2001, 2000/12/0301).

3.1.3. Für den Fall des Beschwerdeführers bedeutet das:

Dem Beschwerdeführer wurde ab August 2018 Studienbeihilfe bewilligt; im August 2018 wurden ihm 564,-- Euro Studienbeihilfe ausbezahlt.

Er leistete jedoch von 9. Juli 2018 bis 8. Jänner 2019 seinen Präsenzdienst ab.

Damit tritt ex lege der Ruhenstatbestand des § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG ein: Ableisten des Präsenzdienstes über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen.

Da er jedoch im Wintersemester 2018/2019 zum Bachelorstudium „Wirtschaftsberatung“ an der Fachhochschule Wiener Neustadt zugelassen war, kommt in seinem Fall der zweite Teil des § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG zur Anwendung, also ein Ruhen nach Monaten (und nicht nach Semestern).

Folglich ruhen in seinem Fall (nur) die Monate August 2018 bis Dezember 2018, da er in diesen Monaten jeweils mehr als zwei Wochen seinen Präsenzdienst ableistete; der Jänner 2019 ruht nicht hingegen.

Zu den Beschwerdeausführungen ist Folgendes festzuhalten:

Die Versorgung des Beschwerdeführers wird im Zuge der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes durch die öffentliche Hand vorgenommen (vgl. analog zum Anspruch auf Familienbeihilfe VwGH 22.04.1998, 98/13/0067, m.w.N.). Damit fehlt es bereits an der sozialen Bedürftigkeit des Beschwerdeführers. Die soziale Bedürftigkeit ist jedoch nach § 6 Z 1 StudFG eine zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Studienbeihilfe ist. Folglich hegt das Bundesverwaltungsgericht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 49 Abs. 1 StudFG (siehe dazu auch BVwG 09.10.2018, W227 2133031-1; 05.03.2021, W227 2214500-1).

Die Studienbeihilfenbehörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund des Präsenzdienstes des Beschwerdeführers die Monate August 2018 bis Dezember 2018 nach § 49 Abs. 1 erster Satz (zweiter Teil) StudFG ruhen und die (bereits) ausbezahlte Monatsrate von August 2018 in Höhe von 564,-- Euro gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG zurückzuzahlen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die Ruhensbestimmung des § 49 Abs. 1 erster Satz StudFG ex lege eintritt und Studienbeihilfen, die trotz Kenntnis eines Ruhenstatbestandes ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen sind, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Bachelorstudium Präsenzdienst Rückzahlung Ruhen des Anspruchs soziale Bedürftigkeit Studienbeihilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W227.2215320.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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