Entscheidungsdatum
29.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W183 2223418-1/33E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Wirleitner Oberlindober Gursch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 18.06.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2021 betreffend Denkmalschutz zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Stellung unter Denkmalschutz betreffend die Objekte XXXX auf die Außenerscheinung und im Inneren auf den Dachstuhl beschränkt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 19.04.2018 teilte das Bundesdenkmalamt (BDA), die nunmehr belangte Behörde, den Verfahrensparteien mit, dass es beabsichtige, die patriarchale Industriedenkmal-Anlage von Josef Werndl und der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft 1870 bis 1929/21 in Steyr unter Denkmalschutz zu stellen. Beigeschlossen war ein Amtssachverständigengutachten von XXXX vom 12.12.2017. Darin werden die Geschichte der Waffenerzeugung und späteren Waffenfabrik in Steyr sowie das Leben von Josef WERNDL und die Baumeister der Waffenfabrik dargestellt. Im Anschluss wird die Anlage und ihre einzelnen Bestandteile, bestehend aus Industriebauten, Brücken und Wehr, Arbeitersiedlungen und -wohnbauten, Beamtenwohnhaus, Villenbauten, Nebenbauten und Schwimmschule beschrieben. Die (beschwerdegegenständliche) Arbeitersiedlung sei demnach Teil der Anlage und bestehe aus zehn Arbeiterwohnhäusern in zwei Blöcken in Zeilenbauweise. Der Anlage komme laut Gutachtern eine geschichtliche, sozialgeschichtliche, bauhistorische, städtebauliche und kulturelle Bedeutung zu.
Im behördlichen Verfahren wurde seitens der grundbücherlichen Eigentümerin (und nunmehrigen Beschwerdeführerin) im Wesentlichen vorgebracht, dass Veränderungen (zB bei den Fenstern) erfolgt seien. Gebäude in anderen Gassen seien besser erhalten. Auch befänden sich die Objekte in einem schlechten Erhaltungszustand und seien sie hochwassergefährdet. Sanierungen seien erforderlich, doch würde eine Unterschutzstellung zu höheren Kosten führen. Zum Beweis dafür wurde ein Gutachten von Dipl. Ing. Dr. techn. XXXX , datiert mit 18.07.2018, vorgelegt.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid (dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zugestellt am 26.06.2019) wurde die patriarchale Industriedenkmal-Anlage von Josef Werndl und der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft 1870 bis 1929/21 und damit auch die Anlagenteile XXXX , Gst.Nrn. . XXXX , teilweise gem. §§ 1 und 3 DMSG im Sinne einer Teilunterschutzstellung gem. § 1 Abs. 8 DMSG unter Denkmalschutz gestellt. Aus dem im Spruch erwähnten Amtssachverständigengutachten folgt, dass der Umfang der Unterschutzstellung auf die Außenerscheinung und im Inneren den Flur- und Stiegenhausbereich sowie den Dachstuhl beschränkt wird. Begründend wurde ausgeführt, die Raumstrukturen im Inneren der beschwerdegegenständlichen Objekte seien partiell verändert, weshalb sie keine Denkmalbedeutung haben.
Das öffentliche Interesse an einer Erhaltung wurde damit begründet, dass die Anlage eine funktional und lokal zusammengehörige Einheit aus Industriebauten, Brücken, Arbeitersiedlungen, Wohnhäusern und Infrastruktureinrichtungen dokumentiere. Die Anlage weise auf eine Zeit hin, in der die Waffenproduktion in Steyr einen herausragenden Stellenwert gehabt habe und belege die immense wirtschaftliche Komponente in der Region. Der Fabrikseigner habe eine Planung nach zeittypischen internationalen Vorbildern vorgenommen und versucht, sie in die lokale Bauweise zu integrieren. Das Nebeneinander von Arbeiten, Wohnen und sozialem Leben könne anschaulich anhand der Baustruktur abgelesen werden. Die Anlage befinde sich in einem guten Erhaltungszustand und weise auf die frühe Entwicklung von Industrieanlagen in Österreich ab 1870 hin. In dieser überlieferten Form sei sie herausragend, beinahe einzigartig in Österreich.
3. Mit am 24.07.2019 fristgerecht übermitteltem Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass das Amtssachverständigengutachten die im Eigentum der Einschreiterin befindlichen Häuser nur sehr allgemein beschreibe. Es handle sich nur um eine Hauszeile mit zwei Wohnblöcken, die auch nicht in der Nähe weiterer Gebäude stehe. Es werde von der Behörde versucht, eine Gesamtanlage an Gebäuden zu kreieren. Es sei nicht erforderlich, auch die gegenständlichen Häuser in den Schutz einzubeziehen. Weiteres seien die Häuser in ihrer Substanz erheblich beeinträchtigt. Dies betreffe die Decken- und Fußbodenkonstruktionen und die Haustechnik. Um zeitgemäße Wohnungen zu schaffen, müssten wesentliche Veränderungen in der Substanz vorgenommen werden. Auch gebe es Risse. § 1 Abs. 10 DMSG sei gegeben. Zusätzlich befänden sich die Objekte im Hochwassergebiet. Durch eine Unterschutzstellung würde es zu erheblich höheren Sanierungskosten kommen. Andere Siedlungen innerhalb der Anlage seien besser erhalten. Die gegenständlichen Gebäude haben keinen Seltenheitswert. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung auch der gegenständlichen Objekte sei nicht gegeben.
4. Mit Schriftsatz vom 09.09.2019 (eingelangt am 13.09.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache abgenommen und der nun zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht informierte mit Schriftsatz vom 10.02.2020 die Legalparteien über den Eingang der Beschwerde.
5. Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts teilte der Magistrat der Stadt Steyr mit Schreiben vom 03. und 05.03.2020 mit, dass betreffend die beschwerdegegenständlichen Objekte keine baubehördlichen Aufträge erteilt oder Sicherungsmaßnahmen angeordnet worden seien. Weiters wurde mitgeteilt, dass eine außen sichtbare massive Schädigung der Bausubstanz bzw. eine allfällige Gefährdung derzeit offensichtlich nicht gegeben seien. Die Objekte zeigen keine gravierenden Schäden. Es zeige sich ein typisches Erscheinungsbild für Objekte, bei denen in den letzten 2-3 Jahrzehnten keine Investitionen getätigt worden seien.
Dazu nahm die Beschwerdeführerin Stellung und teilte mit, dass lediglich acht Objekte bewohnt werden. Im Falle einer Sanierung müssten die Wohnungen vollständig neu hergestellt werden. Die Sanierung wäre unwirtschaftlich.
6. Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 04.06.2020 mit, dass nach Überprüfung einer Amtssachverständigen an zwei Objekten Risse vorhanden seien, welche nicht zwingend statisch problematisch seien. Eine massive Schädigung der Bausubstanz könne aus den Schäden nicht zwingend abgeleitet werden. In einem weiteren Schreiben teilte die belangte Behörde mit, dass verschiedene Typen von Arbeitersiedlungen geschaffen worden seien, welche sich mitunter wiederholen. Nur in ihrer Vielzahl geben sie Zeugnis für die Bedeutung der Anlage. Die internationale Vergleichbarkeit der Anlage zeige deren herausragende Bedeutung.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.07.2020 einen Augenschein durch, an welchem die zuständige Richterin, die Beschwerdeführerin samt Gatten und ihr Rechtsvertreter teilnahmen. Im Rahmen des Augenscheins wurden sämtliche beschwerdegegenständliche Objekte innen und außen begangen und eingehend besichtigt. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass sich in den Objekten Wohnungen befinden, welche teilweise bewohnt werden. Zahlreiche Wohnungen sind aber leerstehend und konnte bei diesen ein offenkundig sanierungsbedürftiger Zustand (z.B. unebene, morsche Böden, Schimmelbefall, aufsteigende Feuchte, Nässe) wahrgenommen werden. Bei Haus Nr. XXXX konnten mehrere Risse im Mauerwerk festgestellt werden. Abweichungen zur Beschreibung der beschwerdegegenständlichen Objekte laut Amtssachverständigengutachten wurden nicht festgestellt.
Diese Augenscheinsergebnisse wurden den Verfahrensparteien zum Parteiengehör gebracht und wurde mitgeteilt, dass zur weiteren Abklärung des Bauzustands sowie der Bedeutung der Objekte ein Sachverständigengutachten beauftragt werde.
8. Mit Schriftsatz vom 22.07.2020 wurde DI XXXX (SV) als Mitglied des Denkmalbeirats als Sachverständiger beigezogen und mit der Erstellung eines Gutachtens betreffend Denkmalbedeutung und Erhaltungszustand beauftragt.
9. Das von XXXX erstellte, mit 28.10.2020 datierte Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass die beschwerdegegenständlichen Objekte eine geschichtliche und kulturelle Bedeutung als Teil der Anlage haben. Die Veränderungen an Dachhaut, Fenstern und Fassaden haben nur eine marginale Auswirkung auf die Denkmalbedeutung. Im Inneren weisen Stiegenhäuser und Flure keine wesentlicheren Bedeutungsmerkmale als die bereits ausgenommenen Wohneinheiten auf und seien auszunehmen. Die Objekte befänden sich in einem vernachlässigten, aber sanierbaren Zustand. Die Sanierungsmaßnahmen würden Dokumentationswert und Bedeutung der Objekte nicht maßgeblich berühren.
Dieses Gutachten wurde den Verfahrensparteien zum Parteiengehör gebracht.
10. Die Beschwerdeführerin teilte daraufhin mit, dass sich die Gebäude im Hochwassergebiet befänden. Auch nach umfassender Sanierung wären sie der Feuchtigkeit ausgesetzt. Hohe Kosten wären zu erwarten. Es sei offen, wer die Kosten für die Maßnahmen zu tragen hätte. Auch gebe es andere Siedlungen, welche in einem besseren Erhaltungszustand seien. Für sich alleine komme den gegenständlichen Häusern kein Denkmalwert zu und seien sie auch nicht selten.
Das Bundesdenkmalamt teilte zu dem Gutachten des SV mit, dass sich nicht erschließe, warum auch die halböffentlichen Bereiche auszunehmen seien, da auch sie Dokumentationscharakter hätten.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.03.2021 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde sowie der vom Gericht beigezogene SV teilnahmen. Die Niederschrift der Verhandlung wurde den nicht anwesenden weiteren Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht.
12. Das Bundesverwaltungsgericht führte zuletzt am 26.03.2020 eine Grundbuchsabfrage durch, woraus die Beschwerdeführerin als alleinige grundbücherliche Eigentümerin der beschwerdegegenständlichen Liegenschaften ersichtlich ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Objekte XXXX in Steyr. Diese Grundstücke stehen im grundbücherlichen Eigentum der Beschwerdeführerin, welche damit beschwerdelegitimiert ist. Die Unterschutzstellung anderer Bestandteile der Anlage, welche vom angefochtenen Bescheid ebenfalls umfasst sind, wurde von den jeweiligen grundbücherlichen Eigentümern nicht angefochten und erwuchs der Bescheid in diesem Umfang bereits in Rechtskraft.
1.2. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die patriarchale Industriedenkmal-Anlage von Josef Werndl und der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft 1870 bis 1929/21.
Zu den Baumeistern der ab 1870 entstandenen Anlage zählt unter anderem Franz Xaver ARBESHUBER Jun. Räumlich umfasst die Anlage Bauten der Österreichischen Waffenfabrik im äußeren Bereich des Wehrgrabens und der XXXX . Mit den Bauten von 1870 bis 1920/21 entstand die mit internationalen Beispielen vergleichbare, funktional und räumlich zusammengehörige Anlage aus Industriebauten, Brücken und Wehr, Arbeitersiedlungen und -wohnbauten, Beamtenwohnhaus, Villenbauten, Nebenbauten und Schwimmschule. Der Anlage kommt geschichtliche, sozialgeschichtliche, bauhistorische, städtebauliche und kulturelle Bedeutung und somit Denkmaleigenschaft zu. Diese Bedeutung wurde von keiner der Verfahrensparteien bestritten.
Die Anlage befindet sich in einem guten Erhaltungszustand und ist herausragend bis einzigartig in Österreich.
1.3. Die beschwerdegegenständlichen Objekte (Arbeitersiedlung) in der XXXX befinden sich in einem räumlichen Zusammenhang zu anderen Teilen der Anlage. Es handelt sich um die letzten zehn Arbeiterwohnhäuser, die noch zu Lebzeiten von Josef WERNDL geplant wurden. Pläne von Franz Xaver ARBESHUBER Jun. aus dem Jahr 1889 haben sich erhalten. Die gegenständliche Arbeitersiedlung ist in strenger Zeilenbauweise errichtet. Sie gleicht Arbeiterwohnhäusern in anderen Gassen.
Sowohl räumlich als auch funktional und historisch betrachtet sind die Objekte in der XXXX Teil der eine Denkmalbedeutung aufweisenden patriarchalen Industriedenkmal-Anlage von Josef Werndl und der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft 1870 bis 1929/21.
1.4. Die Außenerscheinung der beschwerdegegenständlichen Arbeitersiedlung wurde kaum verändert und wurden im Wesentlichen nur die historischen Fenster gegen Kunststofffenster getauscht, sowie die Dachhaut und die Fassaden erneuert. Das Äußere ist in der Grundform (zeilenförmige Verbauung, Aneinanderreihung von Hausabschnitten) und Kubatur sowie Substanz erhalten; ebenso die historischen Türen an Vorder- und Rückseite. Unverändert sind weiters Art und Größe der Fenster- und Türöffnungen und deren Achsen. Die Grundstruktur der Fassade in ihrer Schlichtheit und Funktionalität, wie es für Arbeiterwohnhäuser dieser Zeit typisch war, ist erhalten und symbolisiert die Vorstellung von sozialem Wohnbau. Im Inneren bestehen die bauzeitlichen Dachstühle.
Im Inneren wurden die Raumstrukturen verändert. Flur- und Stiegenhausbereiche wurden in ihren Oberflächen verändert und sind teils desolat. Sie weisen keine Bedeutungsmerkmale auf.
Dokumentationswert kommt somit der Außenerscheinung und im Inneren dem Dachstuhl zu.
1.5. Die beschwerdegegenständlichen Objekte sind teilweise bewohnt. Da das Innere der Objekte bis auf den gut erhaltenen Dachstuhl von der Unterschutzstellung auszunehmen ist, wird auf den Erhaltungszustand und Sanierungsbedarf im Inneren in der Folge nicht eingegangen und beziehen sich die folgenden Feststellungen auf das Äußere.
Die beschwerdegegenständlichen Objekte befinden sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Baubehördliche Aufträge oder Sicherungsmaßnahmen wurden nicht angeordnet. Die Schäden umfassen aufsteigende Feuchtigkeit im Erdgeschoss und partielle Schimmelbildung sowie bei den Häusern Nr. XXXX statische Risse.
Die zu setzenden Maßnahmen wären die Ableitung von Wässern und Trockenlegung, eine Niveauabsenkung der Gehsteige, der Austausch der Fenster, die Sanierung der oberen Kaminbereiche und die Überprüfung der statischen Risse samt punktuellen Maßnahmensetzungen an den Fundamenten. Es handelt sich hierbei um klassische Reparaturmaßnahmen im Altbau.
Eine Umsetzung der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen würde nicht zu einer Beeinträchtigung oder einem Verlust der Denkmaleigenschaft der beschwerdegegenständlichen Objekte führen. Die Maßnahmen betreffen auch nur einen kleinen Bereich – gerade im Hinblick auf die Arbeitersiedlung als Teil der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vollständig vorgelegten Verwaltungsunterlagen (insbesondere Amtssachverständigengutachten, angefochtener Bescheid, Gutachten von XXXX ), der Stellungnahme des Magistrats der Stadt Steyr, dem vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Augenschein, dem vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Gutachten XXXX , den Stellungnahmen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie dem aktuellen Grundbuchsauszug.
2.2. Zur Feststellung der Denkmaleigenschaft der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage und der Feststellung, wonach die beschwerdegegenständlichen Objekte im spruchgemäßen Umfang Bestandteil dieser Anlage sind
Zur Feststellung der Denkmaleigenschaft der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage ist insbesondere das Amtssachverständigengutachten relevant. Dazu ist festzuhalten, dass die das Gutachten verfassenden Amtssachverständigen (ASV) als akademisch facheinschlägig ausgebildete Mitarbeiter des BDA die erforderliche Fachkenntnis aufweisen, um ein solches Gutachten abzugeben. Sie verfügen über die spezifische und auch lokale Expertise und praktische Kenntnis des österreichweiten Denkmalbestandes. Befangenheitsgründe sind im gesamten Verfahren nicht aufgetreten bzw. vorgebracht worden.
Das Gutachten der ASV ist in seiner Beurteilung der Denkmaleigenschaft der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage schlüssig, klar im Aufbau und inhaltlich nachvollziehbar, weil es zum einen einen ausführlichen Befund enthält, welcher alle und somit auch die beschwerdegegenständlichen Objekte näher beschreibt sowie auf Genese, Lage, Erhaltungszustand und Veränderungen eingeht. Die ASV besichtigten das Objekt vor Ort. Die Bedeutung wird ebenfalls umfassend und nach Bedeutungsebenen gegliedert begründet. Das Gutachten ist wissenschaftlich fundiert, weil es auf Literaturquellen verweist. Es ist somit vollständig und fachlich geeignet, eine Denkmalbedeutung der Anlage nachzuweisen. Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens konnte der Befund der beschwerdegegenständlichen Objekte anlässlich des Augenscheins verifiziert werden.
Für die im Rahmen von § 1 Abs. 2 DMSG zu prüfenden Kriterien (regionaler/überregionaler Vergleich) liefert das ASV-Gutachten eine wesentliche Grundlage, indem es Vergleiche zu anderen Anlagen zieht. Für das Bundesverwaltungsgericht wurde somit schlüssig dargelegt, dass der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage österreichweit ein Seltenheitswert beizumessen ist.
Ergänzend wird darauf verwiesen, dass auch der von der Beschwerdeführerin beauftragte SV, welcher aufgrund seiner Ausbildung und Stellung fachlich geeignet ist, ein gleichrangiges Gutachten abzugeben, in seinem Gutachten die Denkmalbedeutung der Anlage nicht in Zweifel zieht und auch den beschwerdegegenständlichen Objekten eine künstlerische, kulturelle und geschichtliche Bedeutung zuerkennt. Er gelangt in seiner Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass die beschwerdegegenständlichen Objekte zweifellos einen historischen Wert als Teil der Arbeitersiedlungen der Stadt Steyr im ausgehenden 19. Jahrhundert haben. Er ist allerdings der Meinung, dass es innerhalb der Anlage Siedlungen gebe, die besser erhalten oder qualitätsvoller seien. Da es sich bei dieser Aussage jedoch um ein rechtlich zu beurteilendes Thema handelt, wird darauf unter Punkt 3. eingegangen.
Der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Sachverständige XXXX ist Mitglied des Denkmalbeirats, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger und verfügt über eine langjährige Berufserfahrung im Bereich Altbausanierung und Denkmalschutz. Er besichtigte die beschwerdegegenständlichen Objekte vor Ort und war bei der mündlichen Verhandlung anwesend. Es wurden von keiner Verfahrenspartei Befangenheitsgründe gegen seine Person bzw. Zweifel an seiner fachlichen Eignung vorgebracht. In seinem Gutachten geht er ausführlich auf die Geschichte und Architektur der Anlage und der gegenständlichen Arbeitersiedlung ein. Er belegt seine Ausführungen mit zahlreichen (auch historischen) Plänen und Fotos. Insgesamt liefert das Gutachten einen ausführlichen Befund. Daraus folgend zog der SV in seinem Gutachten die Schlussfolgerungen und führte diese auch in der mündlichen Verhandlung nochmals aus. Sein Gutachten steht auf demselben fachlichen Niveau wie jenes der ASV und ist er auch persönlich geeignet gewesen, ein solches Gutachten abzugeben. Er kam zu dem Ergebnis, dass die beschwerdegegenständlichen Objekte geschichtliche und kulturelle Bedeutung aufweisen und Teil der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage sind.
Die Bedeutung der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage von Josef Werndl und der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft 1870 bis 1929/21 als Denkmal wurde von keiner Verfahrenspartei bestritten. Aufgrund der vorliegenden Gutachten der ASV, sowie der von der Beschwerdeführerin und dem Bundesverwaltungsgericht beauftragten bzw. beigezogenen Sachverständigen ist auch schlüssig belegt, dass die beschwerdegegenständlichen Objekte Bestandteil dieser Anlage sind und ihnen somit eine Denkmalbedeutung zukommt.
Die Feststellung, wonach die Flur- und Stiegenhausbereiche keine Bedeutungsträger sind, basiert auf dem Gutachten XXXX , welches schlüssig ausführt, dass diese Bereiche keine wesentlicheren Bedeutungsmerkmale aufweisen als die bereits ausgenommenen Wohnungsgrundrisse. Auch anlässlich des Augenscheins konnten in diesen Bereichen keine entsprechenden Merkmale festgestellt werden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung schloss sich die belangte Behörde dieser Beurteilung an.
2.3. Zum Erhaltungszustand und den zu setzenden Sanierungsmaßnahmen sowie deren Auswirkung auf die Denkmalbedeutung
Zu diesen Feststellungen ist das Gutachten XXXX als Grundlage heranzuziehen. Es befasst sich ausführlich und konkret mit den Schadensbildern und den zu setzenden Maßnahmen. Inhaltlich geht auch die belangte Behörde von einem Sanierungsbedarf aus und hält auch das Gutachten XXXX im Wesentlichen dieselben Schadensbilder fest. XXXX kommt zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass Sanierungsmaßnahmen nur zu unwirtschaftlichen Kosten möglich wären. Auch daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht, dass eine Sanierung grundsätzlich möglich ist. Seitens der Beschwerdeführerin wurde nicht entgegnet, dass diese Sanierungsmaßnahmen technisch nicht möglich wären. Sie bezieht sich diesbezüglich vielmehr auf den hohen wirtschaftlichen Aufwand. Auf diese Fragestellung wird, da es sich um eine rechtliche Frage handelt, unter Punkt 3. einzugehen sein.
Es steht für das Bundesverwaltungsgericht somit zweifelsfrei fest, dass die festgestellten Schäden vorhanden sind und technisch einer Sanierung zugeführt werden können.
Die für das Verfahren relevante Fragestellung, ob nach Setzten der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen die Denkmalbedeutung weiterhin gegeben ist, wurde lediglich vom Sachverständigen XXXX ausführlich beantwortet. Dieser hält in seinem Gutachten und der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar fest, dass die zu setzenden Maßnahmen im Altbau klassische Reparaturmaßnahmen bedeuten, mitunter punktuelle Maßnahmen sind und nach außen hin wohl kaum zu sichtbar sein werden. Betreffend die Risse liegt eine Stellungnahme der belangten Behörde vom 04.06.2020 vor, wonach diese behebbar seien und nicht die beschriebenen Denkmalwerte beeinträchtigen würden. Es ist somit schlüssig belegt, dass es zu keiner Schmälerung oder keinem Verlust der Denkmalbedeutung im Falle einer Sanierung kommt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 (DMSG), sind Denkmale von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Diese Bedeutung ergibt sich aus der in der Fachwelt vorherrschenden Wertschätzung. Sie ist die ausschließliche Grundlage des öffentlichen Interesses an einer Erhaltung (VwGH 20.10.1991, 91/09/0047). Für die Begründung der Denkmaleigenschaft genügt es, wenn die Bedeutung in einem der drei genannten Bereiche (geschichtlich, künstlerisch oder kulturell) besteht (VwGH 03.06.2004, 2001/09/0010).
Gemäß § 1 Abs. 3 2. Satz DMSG gelten Mehrheiten unbeweglicher Denkmale, die bereits von ihrer ursprünglichen oder späteren Planung und/oder Ausführung her als im Zusammenhang stehend hergestellt wurden (wie Schloss-, Hof- oder Hausanlagen mit Haupt- und Nebengebäuden aller Art) als Einzeldenkmale.
Die Denkmalbedeutung ist eine Tatsache, die durch Sachverständigenbeweis zu ermitteln ist (Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht2 § 1 Rz 31). Der Sachverständige hat die Tatsachen zu erheben (Befund) und aus diesen Tatsachen aufgrund besonderer Fachkunde tatsächliche Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten). Ein Gutachten besteht somit aus zwei Teilen: dem Befund und dem eigentlichen Gutachten (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2009, 199).
Zur Begründung der Denkmaleigenschaft hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 09.11.2009, 2008/09/0322, fest: „Für die Lösung der Frage, ob einem Objekt eine geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt, ist die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend. Dabei ist insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen. Grundlage der Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, aus dem sich jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung ableiten lässt, aus der der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist.“ Vgl. auch VwGH 20.02.2014, 2013/09/0154 mwN, 28.03.2017, Ro 2016/09/0009
In ähnlicher Weise erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass Grundlage einer Unterschutzstellung ein Fachgutachten ist, aus dem sich die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung ergibt sowie jener Dokumentationscharakter iSd § 1 Abs. 2 DMSG näher dargelegt wird, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist (VwGH 22.03.2012, 2009/09/0248). Inhalt eines Denkmalschutzgutachtens sollen Ausführungen zur geschichtliche Entwicklung, eine Beschreibung des Objektes samt Veränderungen sowie Ausführungen zur Bedeutung sein (vgl. VwGH 16.09.2009, 2009/09/0044).
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass dem Fachgutachten des Amtssachverständigen zur geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung außer bei Unschlüssigkeit oder ersichtlicher Tatsachenwidrigkeit solange zu folgen ist, als seine Richtigkeit nicht im Verwaltungsverfahren durch Gegenausführungen und Gegenbeweise von vergleichbarem Aussagewert widerlegt wurde (VwGH 20.02.2014, 2013/09/0154 mwN, vgl. auch VwGH 03.06.2004, 2002/09/0134).
Im gegenständlichen Fall wurde mit dem angefochtenen Bescheid eine Anlage unter Denkmalschutz gestellt. Die patriarchale Industriedenkmal-Anlage von Josef Werndl und der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft 1870 bis 1929/21 in Steyr besteht aus mehreren Bestandteilen, welche alle in einem zeitlichen (1870-1920/21) und räumlichen (äußerer Bereich des Wehrgrabens und XXXX ) Zusammenhang stehen und funktional Bestandteile der Waffenfabrik von Josef WERNDL sind.
Wie bereits festgestellt, wurde die Bedeutung dieser Anlage von keiner der Verfahrensparteien bestritten und steht aufgrund des schlüssigen Amtssachverständigengutachtens fest, dass die Anlage Denkmaleigenschaft hat.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist daher lediglich zu prüfen, ob auch die „Arbeitersiedlung XXXX “ repräsentativer Bestandteil dieser Anlage ist und wenn ja, in welchem Umfang. Da sich die beschwerdegegenständlichen Objekte (Arbeitersiedlung) sowohl lagemäßig als auch zeitmäßig (die Pläne stammen aus dem Jahr 1889) in die patriarchale Industriedenkmal-Anlage eingliedern, die Pläne von Franz ARBESHUBER Jun., der auch für weitere Bauten der Anlage verantwortlich zeichnet, stammen und gerade Arbeitersiedlungen bzw. -wohnhäuser wesentlicher Bestandteil dieser patriarchalen Industriedenkmal-Anlage, mit der Produktion, Wohnen und Leben im Zusammenhang mit der Waffenfabrik dokumentiert werden sollen, sind, gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Objekte der XXXX Teil der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage sind.
Wenn seitens der Beschwerdeführerin vorgebracht wird, dass es weitere Arbeitersiedlungen im Raum Steyr gebe und diese auch besser erhalten seien, so verkennt sie damit, dass bei der Unterschutzstellung einer Anlage nur die Frage relevant ist, ob einzelne Teile Bestandteil der Gesamtanlage sowie Bedeutungsträger sind und dieser Anlage insgesamt Bedeutung zukommt. Es ist nicht erforderlich, dass jeder einzelne Bestandteil für sich alleine Denkmalbedeutung aufweist. An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass die von der Beschwerdeführerin angeführte Judikatur auf Ensembles abstellt, gegenständlich aber eine Anlage Verfahrensgegenstand ist.
3.2.2. Welche Kriterien für die Entscheidung der Rechtsfrage, somit der Frage, ob die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, maßgeblich sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 2 DMSG. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Erhaltung dann im öffentlichen Interesse liegt, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.
Eine Konkretisierung der Kriterien des § 1 Abs. 2 DMSG ergibt sich aus den Materialien zum DMSG bzw. erfolgt sie durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Demnach besteht ein öffentliches Interesse jedenfalls, wenn ein Denkmal einmalig oder selten ist, über ähnliche Denkmale deutlich hinausragt oder ein besonders gutes oder gut erhaltenes Beispiel einer bestimmten Art von Denkmalen ist (Regierungsvorlage 1769 BlgNR 20. GP). Nicht jedes Objekt von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung ist als Denkmal unter Schutz zu stellen. Voraussetzung für eine Feststellung gem. § 1 Abs. 2 DMSG ist vielmehr ein Mindestmaß an Seltenheit sowie ein Dokumentationscharakter (VwGH 12.11.2013, 2012/09/0077 mwN). Wesentlich ist auch, ob ein Denkmal als Repräsentant einer bestimmten Epoche anzusehen ist (VwGH 15.09.2004, 2001/09/0126) und ob ähnliche Denkmale regional häufig sind, von Anfang an selten waren oder wegen Zerstörung selten geworden sind (VwGH 03.06.2004, 2002/09/0134). Einem Denkmal muss, damit seine Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, keinesfalls "Alleinstellungscharakter" im Sinn einer Einzigartigkeit zukommen (VwGH 28.06.2017, Ra 2016/09/0091). Voraussetzung ist zwar ein Mindestmaß an Seltenheit sowie der von den Denkmalbehörden festzustellende Umstand, dass dem Objekt ein Dokumentationscharakter zukommt (vgl. VwGH 12.11.2013, 2012/09/007), eine "hervorragende" oder "außerordentliche" Bedeutung des Objektes ist aber nicht gefordert (vgl. VwGH 15.09.2004, 2001/09/0219). Das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Objekts ist im Hinblick auf seine Denkmaleigenschaften als Einheit zu beurteilen. Die Gesichtspunkte für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung sind dabei kumulativ für die Begründung heranzuziehen (VwGH 28.06.2017, Ra 2016/09/0091).
Das öffentliche Interesse ist ausschließlich anhand der Bedeutung zu prüfen (Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht2 § 1 Rz 15) und es ist unerheblich, ob es mit anderen öffentlichen Interessen kollidiert (VwGH 25.01.1952, 974/47).
Im gegenständlichen Fall geht aus den Feststellungen hervor, dass es sich bei der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage um eine funktional und lokal zusammengehörige Einheit aus Industriebauten, Brücken, Arbeitersiedlungen, Wohnhäusern und Infrastruktureinrichtungen handelt. Die Anlage befindet sich in einem guten Erhaltungszustand und ist herausragend bis einzigartig in Österreich.
Für das Bundesverwaltungsgericht steht damit auch vor dem Hintergrund der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur fest, dass die Kriterien der Vielzahl, Vielfalt und Verteilung im gegenständlichen Fall erfüllt sind und der von § 1 Abs. 2 DMSG geforderte Seltenheitswert gegeben ist, woraus folgt, dass es sich bei der patriarchalen Industriedenkmal-Anlage (im spruchgemäßen Umfang) um ein zu schützendes Denkmal handelt.
3.2.3. Zum Schutzumfang der beschwerdegegenständlichen Objekte (Teilunterschutzstellung)
Bereits die belangte Behörde gelangte zu dem Ergebnis, dass bei den Objekten in der XXXX nur die Außenerscheinung und im Inneren der Flur- und Stiegenhausbereich sowie der Dachstuhl Denkmalbedeutung aufweisen und nahm die übrigen Teile vom Schutzumfang aus.
Aufgrund des vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten SV-Gutachtens sind jedoch auch weitere Bereiche, konkret der Flur- und Stiegenhausbereich keine wesentlichen Bedeutungsträger, weshalb eine weitergehende Teilunterschutzstellung zu prüfen ist:
Grundsätzlich ist der ganze Gegenstand unter Schutz zu stellen, der die geforderte Bedeutung hat und zivilrechtlich eine Einheit bildet (VwGH 25.01.2016, Ro 2015/09/0010; 01.07.1998, 96/09/0216). Aus § 1 Abs. 8 DMSG folgt, dass die Teilunterschutzstellung eines Denkmals möglich ist und eine solche aufgrund des Grundsatzes der geringstmöglichen Unterschutzstellung (VwGH 25.06.2013, 2011/09/0178; 04.10.2012, 2010/09/0079) auch geboten ist, wobei aber stets die sachlichen Voraussetzungen vorliegen müssen.
Für den gegenständlichen Fall folgt aus dem Gutachten des vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen SV, dass Flur- und Stiegenhausbereiche keine wesentlichen Bedeutungsträger im Hinblick auf die patriarchale Industriedenkmal-Anlage sind und stimmte dem auch die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung zu. Seitens der Beschwerdeführerin wurde in der Beschwerde ebenfalls die Ausnahme des Flur- und Stiegenhausbereiches angesprochen. Im Rahmen des Augenscheins und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind überdies keine Sachverhaltselemente in Bezug auf diese Bereiche hervorgekommen, welche eine Denkmalbedeutung nahelegen würden. Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatzes der geringstmöglichen Unterschutzstellung sind daher die Flur- und Stiegenhausbereiche von der Unterschutzstellung iSd § 1 Abs. 8 DMSG auszunehmen. Eine weitergehende Einschränkung der Unterschutzstellung ist jedoch fachlich nicht gerechtfertigt.
Was die übrigen, an den beschwerdegegenständlichen Objekten durchgeführten Veränderungen (zB Fenster, Dachhaut, Fassade) anbelangt, verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (zB VwGH 05.09.2013, 2012/09/0018), wonach spätere Veränderungen den Charakter eines Gebäudes als Denkmal für sich allein nicht zu hindern vermögen (Hinweis E 10. Oktober 1974, 665/74). Für das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals ist nicht wesentlich, ob dieses in allen Details im Originalzustand erhalten ist (Hinweis E 20. November 2001, 2001/09/0072; E 18. Dezember 2001, 2001/09/0059); entscheidend ist vielmehr, ob dem Denkmal noch Dokumentationscharakter zukommt.
Veränderungen an historischen Bauten sind Teil der Baugeschichte des Denkmals. Insbesondere bei Objekten wie einfachen Wohnhäusern, welche auf eine lange Entwicklungs- und Nutzungsgeschichte zurückblicken, kann nicht davon ausgegangen werden, dass seit der Errichtung keine Veränderungen mehr erfolgten. In der Denkmalpflege wird deshalb der Begriff des „gewachsenen Denkmals“ verwendet (vgl. auch § 4 Abs. 1 DMSG, der von einer gewachsenen Erscheinung spricht). Veränderungen sind somit Teil der Baugeschichte des Denkmals. Im gegenständlichen Fall konnten in Bezug auf die Außenerscheinung keine Veränderungen festgestellt werden, welche zu einem Verlust der Denkmalbedeutung geführt haben.
3.2.4. Zum Erhaltungszustand der beschwerdegegenständlichen Objekte
§ 1 Abs. 10 DMSG sieht vor, dass die Erhaltung dann nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfasst diese Bestimmung aber nur jene besonders schweren Schäden, die von vornherein jede denkmalgerechte Erhaltungsmöglichkeit ausschließen, so dass das Denkmal bereits de facto zerstört ist und nur durch eine Rekonstruktion ersetzt werden könnte (VwGH 20.02.2014, 2014/09/0004; 22.03.2012, 2009/09/0248). Die Frage des Zustands ist für den Zeitpunkt der Unterschutzstellung zu beurteilen. Welche Schäden in näherer oder fernerer Zukunft erwartet werden müssen oder welche Veränderung der Eigentümer vornehmen möchte, ist in einem Unterschutzstellungsverfahren nicht zu berücksichtigen (VwGH 15.09.2004, 2003/09/0010; vgl. auch VwGH 21.05.2003, 2002/09/0176).
Im gegenständlichen Fall wurde zwar ein grundsätzlicher Sanierungsbedarf festgestellt und weisen Teile der Bausubstanz Schäden auf. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die gegenständlichen Gebäude aktuell und insgesamt in einem derart desolaten Zustand sind, sodass § 1 Abs. 10 DMSG erfüllt wäre. Es gibt keine Hinweise, wonach die gesamten Gebäude durch eine Rekonstruktion zu ersetzten wären und liegen zu dieser Annahme auch keine nachvollziehbaren Gutachten vor. Der Verwaltungsgerichtshof erkannte in diesem Zusammenhang, dass die bloße Behauptung der Unsanierbarkeit aufgrund einer Durchfeuchtung ohne nähere (technische) Untermauerung angesichts der allgemein bekannten bautechnischen und bauphysikalischen Möglichkeit zur Trockenlegung feuchten Mauerwerks nicht ausreichend ist, den Zustand einer "Ruine" iSd § 1 Abs. 10 DMSG 1923 darzutun (VwGH 29.04.2011, 2010/09/0230).
In seiner Entscheidung vom 15.12.2004, 2003/09/0121, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass etwa die teilweise Unterfangung des Fundaments oder die Schließung der Mauerrisse sich nicht als derart tiefgreifend erweisen, dass damit so große Veränderungen an der Substanz verbunden wären, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maß zugesprochen werden könnte. Allfällige erforderliche Veränderungen wären in einem Verfahren nach § 5 Abs. 1 DMSG zu prüfen (vgl. VwGH 18.06.2014, 2013/09/0131).
3.2.5. Auf wirtschaftliche und private Interessen betreffende Argumente kann in einem Unterschutzstellungsverfahren gemäß §§ 1 und 3 DMSG nicht eingegangen werden. Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Feststellung des öffentlichen Interesses ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung des Objektes zu prüfen. Es findet auch keine Abwägung mit anderen öffentlichen oder privaten Interessen statt (VwGH 15.12.2004, 2003/09/0121). Die Argumente der Beschwerdeführerin insbesondere im Hinblick auf eine zukünftige Sanierung und deren wirtschaftlichen Folgen können somit im gegenständlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Was die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen anbelangt, so ist abermals auf ein gesondert nach § 5 Abs. 1 DMSG zu führende Verfahren zu verweisen.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Augenschein Denkmalbedeutung Denkmaleigenschaft Denkmalschutz Dokumentationscharakter Erhaltungsinteresse historische Bedeutung kulturelle Bedeutung öffentliche Interessen Sachverständigengutachten Sanierungsmaßnahme Seltenheitswert Teilstattgebung Teilunterschutzstellung UnterschutzstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2223418.1.00Im RIS seit
09.06.2021Zuletzt aktualisiert am
09.06.2021