TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/4 97/18/0146

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Veröffentlicht am 04.04.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Dezember 1996, Zl. SD 1151/96, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Dezember 1996 wurde aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 8. Februar 1996 gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß sie im Staatsgebiet von Bosnien-Herzegowina gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Zunächst sei festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin nicht bosnische, sondern Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation sei. Abgesehen davon seien dem Vorbringen der Beschwerdeführerin konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgungshandlungen bzw. -absichten staatlicher Behörden Bosnien-Herzegowinas nicht zu entnehmen. Der allgemeine Hinweis in der Berufung auf die Situation in Bosnien-Herzegowina sei jedenfalls nicht geeignet, eine Gefährdung bzw. Bedrohung der Beschwerdeführerin i.S. des § 37 Abs.1 und/oder Abs.2 FrG darzutun. Angesichts dieses Sachverhaltes könnten keine stichhaltigen Gründe für die Annahme objektiviert werden, daß die Beschwerdeführerin im Staatsgebiet von Bosnien-Herzegowina gemäß § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/18/1295, mwN).

2.1. Die Beschwerde bringt dazu unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vor, diese hätte als Angehörige der serbischen Bevölkerungsgruppe im Fall einer Rückkehr nach Bosnien "sofort durch die bosnischen Bevölkerungsteile - unter Billigung der Stadtverwaltung - Drangsalien zu erleiden, hätte keinen Zugang zum Berufsleben und hätte auch persönliche und körperliche Attacken zu befürchten". Der Friedensschluß von Dayton dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, daß der "tiefsitzende Hass" zwischen der serbischen und der bosnischen Bevölkerungsgruppe damit nicht beseitigt worden sei. Die bewaffneten Handlungen seien zwar größtenteils beendet, die Übergriffe von "bosnischen Bevölkerungsschichten" gegenüber den Serben würden medial aber nicht so "aufbereitet", wie dies "im umgekehrten Sinn" geschehe. Aufgrund der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin keinen Zugang zu öffentlichen Ämtern habe, sei klar, daß sie auch keine Möglichkeit habe, "durch ihrer eigenen Hände Arbeit den Unterhalt zu besorgen". Sie sei daher konkret in ihrer "Freizügigkeit und der freien Berufswahl" beschränkt. Dies widerspreche aber eindeutig den Bestimmungen der MRK und lasse sich "daher unter die Bestimmung des § 54 FrG bzw. § 36 Abs. 2 FrG subsumieren". Außerdem sei, wie aus der "beiliegenden Bestätigung" hervorgehe, die "Behausung" der Beschwerdeführerin vollständig zerstört worden. Die belangte Behörde hätte daher zu der Erkenntnis gelangen müssen, "daß das Leben und die Freiheit bzw. persönliche Integrität in Bosnien sehr wohl bedroht ist". Sie habe keinerlei Argumente anführen können, "daß die Situation in Bosnien nicht so ist, wie dies die Beschwerdeführerin dargestellt hat".

2.2. Mit der belangten Behörde ist der Gerichtshof der Ansicht, daß dieses allgemein gehaltene, auf das gespannte Verhältnis zwischen der serbischen und der bosnischen Bevölkerungsgruppe in Bosnien-Herzegowina abgestellte Vorbringen nicht geeignet ist, eine Gefährdung i.S. des § 37 Abs. 1 oder/und eine Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 2 leg. cit. glaubhaft zu machen. Es erschöpft sich in auf die politische Situation in Bosnien-Herzegowina generell Bezug nehmende Behauptungen und läßt mangels Darlegung konkreter, die Person der Beschwerdeführerin betreffender einschlägiger Fakten keinen Schluß auf die Annahme zu, sie hätte im Fall ihrer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina dort mit der Gefahr unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe (§ 37 Abs. 1 FrG) oder/und mit der Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Freiheit aus den im § 37 Abs. 2 leg. cit. genannten Gründen zu rechnen. Die - gleichfalls völlig unsubstantiierte - Behauptung, die Beschwerdeführerin sei in diesem Staat in ihrer Freizügigkeit und in der Freiheit der Berufswahl beschränkt, ist ebensowenig zielführend wie der Hinweis auf die (angebliche) Unmöglichkeit, die Mittel für ihren Unterhalt zu beschaffen, weil sie keinen Zugang zu öffentlichen Ämtern habe, wäre doch die Beschwerdeführerin dadurch weder der im § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Gefahr unterworfen noch aus den Gründen des § 37 Abs. 2 leg. cit. in ihrem Leben oder in ihrer Freiheit bedroht. Schließlich stellte die Tatsache der kriegsbedingten Zerstörung des Einfamilienhauses der Beschwerdeführerin im Jahr 1992 - auch wenn es sich bei diesem durch eine "Bestätigung" ("Beglaubigte Übersetzung") der Heimatgemeinde der Beschwerdeführerin vom 1. März 1997 belegten Vorbringen nicht um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) handelte - keinen Sachverhalt dar, der als solcher die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung oder Bedrohung nach § 37 Abs. 1 bzw. Abs. 2 FrG zu begründen vermöchte.

3. Soweit die Beschwerdeführerin für den Fall einer Abschiebung nach Serbien das Fehlen der Möglichkeit, dort eine Existenz aufzubauen, behauptet und solcherart erkennbar die Unzulässigkeit dieser Maßnahme in bezug auf die Bundesrepublik Jugoslawien geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, daß mit dem hier angefochtenen Bescheid spruchgemäß allein die Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina festgestellt wurde, folglich Beschwerdeausführungen, mit denen die Unzulässigkeit der Abschiebung in einen anderen Staat ins Treffen geführt wird, ins Leere gehen.

4. Unter Zugrundelegung der obigen Erwägungen (II.2.2.) ist der Verfahrensrüge betreffend Unschlüssigkeit und mangelnde Nachprüfbarkeit der Begründung des bekämpften Bescheides der Boden entzogen.

5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997180146.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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