TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/31 W156 2239370-1

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Veröffentlicht am 31.03.2021
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Entscheidungsdatum

31.03.2021

Norm

ASVG §18a
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W156 2239370-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 18.11.2020, GZ: XXXX , betreffend die Ablehnung der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG für die Zeit der Pflege ihres Kindes, XXXX , geb. am XXXX , vom 01.10.2011 bis 31.10.2017 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

1. Am 05.11.2019 hat XXXX (in weiterer Folge: BF) den gegenständlichen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG für Zeiten der Pflege ihres Kindes, XXXX , geb. am XXXX , bei der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien (in weiterer Folge: belangte Behörde), gestellt.

2. Mit Schreiben vom 30.01.2020, urgiert am 02.04.2020, ersuchte die belangte Behörde die BF, bekanntzugeben, wie viele Wochenstunden sie auf Grund ihrer Erwerbstätigkeit im Zeitraum von 02.07.2018 bis 28.02.2019 sowie von 24.04.2019 bis zum damaligen Zeitpunkt gearbeitet hat und - im Falle, dass sie mehr als 30 Wochenstunden gearbeitet hätte - den beiliegenden Fragebogen ausgefüllt und unterschrieben zu retournieren.

3. Mit nicht datiertem Schriftsatz brachte die BF zusammengefasst vor, im Zeitraum von 02.07.2018 bis 28.02.2019 selbständig erwerbstätig gewesen zu sein und im Zeitraum von 24.04.2019 bis zum damaligen Zeitpunkt diversen unselbständigen Erwerbstätigkeiten im Ausmaß von jeweils 25, 23 bzw. 30 Wochenstunden nachgegangen zu sein.

4. Mit Schreiben vom 10.07.2020 brachte die belangte Behörde ein Ersuchen an das „Kompetenzzentrum Begutachtung“ ein und beantragte eine Feststellung des chefärztlichen Dienstes, ob für den Zeitraum vom 01.11.2017 bis laufend eine Selbstversicherung für Zeiten der Pflege des Kindes der BF gemäß § 18a ASVG iVm § 669 Abs. 3 ASVG gewährt werden kann.

5. Mit Stellungnahme des chefärztlichen Bereiches vom 13.07.2020 wurde beim Sohn der BF eine angeborene Fehlbildung im Bereich des Urogenitaltraktes, eine Gaumenspalte, eine Intelligenzminderung sowie eine Entwicklungsstörung diagnostiziert und festgestellt, dass auf Grund des Leidenszustandes für den angefragten Zeitraum eine Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege des Sohnes der BF gerechtfertigt sei.

6. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 18.11.2020, Zl. XXXX wurde dem Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für den Zeitraum ab 01.11.2017 stattgegeben, für den Zeitraum von 01.10.2011 bis 31.10.2017 abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass im genannten Zeitraum kein Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376 vorliege.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die BF rechtzeitig Beschwerde und führte darin aus, dass sie bereits 2011 einen Antrag auf Pflegegeld bzw. im Dezember 2016 eine Erhöhung des Pflegegeldes gestellt hatte, wobei ihr ein Pflegegeld der Stufe 1 gewährt, schließlich jedoch durch eine Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts das Pflegegeld auf Stufe 4 erhöht worden wäre. Die BF führte dazu aus, dass – wäre ihr das Pflegegeld bereits 2011 bewilligt worden – sie sogleich eine Selbstversicherung hätte beantragen können, weshalb sie nunmehr ersuche, die Selbstversicherung ab dem 01.10.2011 in eventu ab 01.12.2016 zu berücksichtigen.

8. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.02.2021 vorgelegt.

9. Mit Parteiengehör vom 22.02.2021 wurde die belangte Behörde aufgefordert, den Anstaltsakt unverzüglich anher zu übermitteln, insbesondere jene Unterlagen, aus denen der Bezug der Familienbeihilfe ersichtlich sei.

10. Mit Schreiben vom 25.02.2021 wurde unter anderem ein Auszug aus der Familienbeihilfendatenbank vom 01.03.2021, der Fragebogen Kindererziehungszeiten, der ausgefüllte Antrag der BF vom 05.11.2019 sowie die Stellungnahme des chefärztlichen Bereiches vom 13.07.2020 vorgelegt und weiteres vorgebracht, dass ein Familienbeihilfebezug im Rahmen einer erhöhten Familienbeihilfe erst ab November 2017 vorliege.

11. Mit Parteiengehör vom 09.03.2021 wurde die BF aufgefordert, binnen zwei Wochen den Nachweis zu erbringen, ob die erhöhte Familienbeihilfe für ihren Sohn bereits vor November 2017 bezogen worden wäre.

12. Am 31.03.2021 langte die von der BF übermittelte Bestätigung des Finanzamtes XXXX über den Bezug der Familienbeihilfe für das Kind XXXX für den Zeitraum September 2011 bis September 2012 ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die BF ist die Mutter des am XXXX geborenen Kindes, XXXX , der mit ihr im verfahrensrechtlichen Zeitraum im gemeinsamen Haushalt wohnte und von einer angeborenen Fehlbildung im Bereich des Urogenitaltraktes, Gaumenspalte, Intelligenzminderung sowie einer Entwicklungsstörung betroffen ist.

Ab November 2017 wurde durch die BF eine erhöhte Familienbeihilfe bezogen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde. Der Sachverhalt ist soweit hier wesentlich unbestritten.

Dass der Sohn der BF an einer angeborenen Fehlbildung im Bereich des Urogenitaltraktes, Gaumenspalte, einer Intelligenzminderung sowie einer Entwicklungsstörung leidet und für die BF wegen ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege des Sohnes gemäß § 18a ASVG eine Selbstversicherung für den angefragten Zeitraum ab 01.11.2017 gerechtfertigt ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des chefärztlichen Bereiches vom 13.07.2020.

Aus der am 31.03.2021 vorgelegten Bestätigung geht lediglich hervor, dass die BF im Zeitraum September 2011 bis September 2012 für ihren Sohn Familienbeihilfe bezogen hat. Dass die geforderte erhöhte Familienbeihilfe gewährt wurde, kann daraus nicht ersehen werden. Aus dem Auszug aus der Familienbeihilfendatenbank vom 01.03.2021 geht jedoch hervor, dass für den Sohn der BF erst ab November 2017 eine erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376 gewährt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Anwendbares Recht

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

§ 18a ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 2/2015:

Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes

§ 18a (1): Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.

(….)

(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.

(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,

1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,

2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.

Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.

(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Die BF stellte am 05.11.2019 den Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG für Zeiten der Pflege ihres Sohnes. Nach § 18a ASVG ist der Bezug der erhöhten Familienbeihilfe als Voraussetzung für die Selbstversicherung anzusehen. Dies ergibt sich auch unmittelbar aus dem Wortlaut des § 18a Abs. 1 ASVG. Insofern laufen die Ausführungen der BF, wonach sie bereits 2016 ein Pflegegeld in der Höhe der Stufe 4 erhalten hätte, ins Leere.

Wie beweiswürdigend ausgeführt, ergab eine seitens der belangten Behörde durchgeführte Abfrage der Familienbeihilfedatenbank, dass für den Sohn der BF, ein Familienbeihilfenbezug gemäß § 8 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376 jedoch erst ab 01.11.2017 aufscheint. Im Umkehrschluss folgt, dass für den Zeitraum zwischen der Geburt des Sohnes der BF (20.11.2011) bis einschließlich 31.10.2017 kein erhöhter Familienbeihilfebezug besteht bzw. bestanden hat. Vielmehr war dem Auszug aus der Familienbeihilfendatenbank vom 01.03.2021 zu entnehmen, dass vor November 2017 keine erhöhte Familienbeihilfe bestand.

Somit erfolge die Abweisung des Anspruchs im Ergebnis zu Recht, weswegen die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Die BF hat einen solchen Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von Amts wegen auch gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).

Der Sachverhalt erschien zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt, weil er in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die Pensionsversicherungsanstalt festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde.

Der Sachverhalt war auch in wesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch Ra 2014/20/0017, wonach sich die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt).

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anspruchsvoraussetzungen erhöhte Familienbeihilfe Kind Pensionsversicherung Selbstversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W156.2239370.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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