TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/4 96/18/0432

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Veröffentlicht am 04.04.1997
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §90;
AufG 1992 §5 Abs1;
AuslBG §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Juli 1996, Zl. SD 773/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Juli 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, der erstmalig am 27. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist sei, habe bis zum 7. April 1993 über einen Sichtvermerk verfügt. Ein weiterer Sichtvermerksantrag sei von der Erstbehörde gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG abgewiesen worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer am 5. Juni 1993 das Bundesgebiet verlassen, um am 31. August 1993 mit einem von der österreichischen Botschaft Belgrad ausgestellten Touristensichtvermerk, der vom 20. August bis zum 23. September 1993 Gültigkeit gehabt habe, wieder einzureisen. Nach Ablauf dieses Sichtvermerkes sei er weiterhin im Bundesgebiet verblieben und habe am 6. Mai 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt, der im Hinblick auf die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG rechtskräftig abgewiesen worden sei. Demnach halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodaß die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG gegeben seien.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so liege aufgrund des relativ langen, wenn auch zum Teil illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und im Hinblick auf seine familiären Bindungen (Ehefrau) ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor.

Dessen ungeachtet sei die Ausweisung des Beschwerdeführers zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit langem unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz der rechtskräftigen Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz und trotz Bestrafung wegen illegalen Aufenthaltes, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei, und infolge des Vorliegens des Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, der gemäß § 5 Abs. 1 AufG zur Abweisung seines Antrages führe, auch nicht die erforderliche Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden dürfe. Bei einer Abstandnahme von der Ausweisung würde sich der Beschwerdeführer unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmungen den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen können, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderliefe.

Der mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe komme insoferne kein entscheidendes Gewicht zu, weil die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, zu dem der Beschwerdeführer rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptende Beschwerde mit dem Antrag, ihn deshalb aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen unbestritten. Die auf diese Sachverhaltsannahme gegründete Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer nach Ablauf seines Touristensichtvermerks am 23. September 1993 keine Aufenthaltsberechtigung mehr zukam und er sich seither unrechtmäßig in Österreich aufhalte, bleibt unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken. Die belangte Behörde hatte demnach - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. zu verfügen.

2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde eine rechtswidrige Anwendung des § 19 FrG vor. Der Beschwerdeführer habe 1993 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und lebe "in aufrechter Ehe-, Wohn- und Hausgemeinschaft" in Wien. Sofern in Österreich eine Eheschließung einer Österreicherin mit einem Fremden erlaubt sei, müsse hier auch deren Zusammenleben gestattet werden; außerdem habe die Ehefrau des Beschwerdeführers gegenüber diesem - unter Hinweis auf § 90 ABGB - "Anspruch auf umfassende Lebensgemeinschaft und Hilfe". Weiters besitze der Beschwerdeführer einen Befreiungsschein und gehe einer geregelten Beschäftigung nach; er sei bloß "formal" nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung. Dem Beschwerdeführer kämen daher ein "hoher Integrationsgrad" durch seine Berufstätigkeit und starke familiäre Bindungen in Österreich zu. Bei richtiger Würdigung seiner "persönlichen Verhältnisse" habe der Beschwerdeführer einen Anspruch darauf, nicht ausgewiesen zu werden.

2.2. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde nahm angesichts des "relativ langen, wenn auch zum Teil illegalen" Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner familiären Bindungen einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 FrG an. Diese Beurteilung kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Gleiches gilt aber auch für die - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgende - Auffassung der belangten Behörde, daß der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukomme (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435 mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse wurde durch den fast drei Jahre dauernden unerlaubten Aufenthalt des Beschwerdeführers - und zwar auch nach und trotz der unbestrittenen Abweisung seines Antrages auf Aufenthaltsbewilligung und seiner ebenfalls nicht bestrittenen Bestrafung wegen unberechtigten Aufenthaltes in Österreich - erheblich beeinträchtigt. Dazu kommt, daß, worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist, der Beschwerdeführer zuletzt mit einem Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist ist und er daher nicht in der Lage ist, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet vom Inland aus zu legalisieren.

Dieses erhebliche Gewicht des genannten öffentlichen Interesses wird durch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten privaten und familiären Interessen nicht aufgewogen. Nach der Beschwerde wurde die Ehe des Beschwerdeführers im Jahr 1993 geschlossen. Im Hinblick darauf ist der Auffassung der belangten Behörde, daß dieser Ehe kein entscheidendes Gewicht zukomme, nicht entgegenzutreten, kam doch dem Beschwerdeführer im Jahr 1993 nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nur für den Zeitraum vom 20. August bis zum 23. September 1993 eine Aufenthaltsberechtigung, und zwar auf der Grundlage eines Touristensichtvermerkes zu, an welchen (wie schon erwähnt) zeitlich weder ein Sichtvermerk noch eine Aufenthaltsbewilligung anschließen darf (vgl. § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG sowie § 5 des Aufenthaltsgesetzes iVm dieser Bestimmung). Von daher gesehen ist das Gewicht des in Rede stehenden familiären Interesses des Beschwerdeführers nicht unwesentlich gemindert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1997, Zl. 97/18/0001). Der Beschwerdehinweis auf den Anspruch der Ehefrau des Beschwerdeführers auf umfassende Lebensgemeinschaft und Hilfe ist ebenfalls nicht zielführend. Zum einen kann der Beschwerdeführer seine Ehefrau auch aus dem Ausland unterstützen, zum anderen ist der von der Beschwerde ins Treffen geführte Anspruch nicht auf ein bestimmtes Gebiet bezogen und kann - Gegenteiliges wird in der Beschwerde nicht behauptet - die eheliche Gemeinschaft auch im Ausland ohne unüberwindbares Hindernis verwirklicht werden. Dem Beschwerdevorbringen, daß dann, wenn in Österreich die Eheschließung mit einer Österreicherin erlaubt sei, auch ein Zusammenleben des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau in Österreich gestattet werden müsse, ist entgegenzuhalten, daß die Eheschließung eines Fremden im Inland nicht die Anwendbarkeit der für die Einreise und Aufenthalt von Fremden in Österreich geltenden rechtlichen Regelungen ausschließt.

Was die von der Beschwerde ins Treffen geführte Berufstätigkeit sowie die behauptete Erteilung eines Befreiungsscheines betrifft, so vermag ein Befreiungsschein - entgegen der Beschwerdemeinung, wonach der Beschwerdeführer lediglich "formal" nicht im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung sei - eine fehlende Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (auch materiell) nicht zu ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1997, Zl. 97/18/0027). Daß der Beschwerdeführer einem geregelten Beruf nachgehe und deshalb zum "wirtschaftlichen Wohl des Landes" beitrage, kann schon deshalb nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, weil dieser behauptete Umstand nicht dem Bereich des Privat- und Familienlebens zuzurechnen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 95/18/0721).

Schließlich vermag auch das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei "unbescholten", nicht das Vorliegen einer zugunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigenden Tatsache darzutun (vgl. ebenfalls das soeben zitierte Erkenntnis vom 30. Jänner 1997).

3. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe sich "rechtswidrig mit den Zielen und Grundsätzen des Art. 8 Abs. 2 MRK nicht auseinandergesetzt", der "illegale Aufenthalt" des Beschwerdeführers dürfe bei der Beurteilung nach § 19 FrG nicht zum Tragen kommen, und der (unberechtigte) Aufenthalt des Beschwerdeführers habe in Österreich überhaupt keine "konkreten, negativen Auswirkungen", der Boden entzogen. Gleiches gilt für die Beschwerdemeinung, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall für die Ausweisung "keine besondere Dringlichkeit anführen" habe können.

4. Nach dem Gesagten liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor. Da dies bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996180432.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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