TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/8 W209 2230896-1

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Veröffentlicht am 08.04.2021
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Entscheidungsdatum

08.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4
GSVG §25

Spruch


W209 2230896-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Loranth Steuerberatungs GmbH, Wiener Straße 8/7, 7400 Oberwart, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Burgenland, vom 21.04.2020 betreffend Verpflichtung zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen zur Selbständigenvorsorge samt Nebengebühren für den Zeitraum von 01.01.2017 bis 31.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit in Beschwerde gezogenem Bescheid vom 21.04.2020 verpflichtete die belangte Behörde (im Folgenden: SVS) den Beschwerdeführer für die Zeit von 01.01.2017 bis 31.12.2018 folgende Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge zur Selbständigenvorsorge und Nebengebühren zu leisten:

a) Krankenversicherung: für Jänner bis Dezember 2017 monatlich € 187,90; für Jänner bis Dezember 2018 monatlich € 139,50.

b) Pensionsversicherung: für Jänner bis Dezember 2017 monatlich € 492,57; für Jänner bis Dezember 2018 monatlich € 337,35.

c) Beitragszuschlag: für Jänner bis Dezember 2017 monatlich € 63,28; für Jänner bis Dezember 2018 monatlich € 44,35.

d) Unfallversicherung, vorzuschreiben gemäß § 250 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG): für Jänner bis Dezember 2017 monatlich € 9,33; für Jänner bis Dezember 2018 monatlich € 9,60.

e) Selbständigenvorsorge: für Jänner bis Dezember 2017 monatlich € 40,74; für Jänner bis Dezember 2018 monatlich € 27,90.

Begründend führe die SVS aus, dass der Beschwerdeführer als Landwirt (Betriebsführer) und seit 07.03.2013 als persönlich haftender Gesellschafter der XXXX KG, FN XXXX , erwerbstätig sei. In den Jahren 2017 und 2018 sei er auch Bediensteter der Gemeinde XXXX und Funktionär des Wasserverbandes XXXX , XXXX XXXX gewesen. In den Jahren 2017 und 2018 habe die XXXX KG über keine Gewerbeberechtigung verfügt.

Der Beschwerdeführer habe (ausgenommen seine nicht verfahrensgegenständlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) nachstehende Einkünfte erzielt:

Laut Einkommensteuerbescheid 2017 vom 04.10.2018: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 17.699,70, Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 22.132,10, Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 9.818,30.

Laut Einkommenssteuerbescheid 2018 vom 03.10.2019: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 19.542,39, Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 22.780,00, (negative) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € -897,83.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb habe der Beschwerdeführer als persönlich haftender Gesellschafter der XXXX KG, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Funktionär des Wasserverbandes XXXX erzielt.

Die Pflichtversicherung für den Zeitraum von 01.01.2017 bis 31.12.2018 habe erst nach Vorliegen der Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 im 1. Quartal 2020 rückwirkend festgestellt werden können.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die SVS daraus, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner in den Jahren 2017 und 2018 durchgehend ausgeübten Erwerbstätigkeiten als persönlich haftender Gesellschafter der XXXX sowie als Funktionär des Wasserverbandes XXXX Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach §§ 23 und 22 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) über der Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 GSVG) erzielt habe. Auf Grund dieser selbständigen Erwerbstätigkeiten sei keine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) oder einem anderen Bundesgesetz eingetreten.

Selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 erzielen, seien in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist (§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG).

Bei der Beurteilung des Vorliegens der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sei der Sozialversicherungsträger an die Qualifikation der Einkünfte im rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid gebunden (ständige Rechtsprechung des VwGH, mit ausführlicher Begründung VwGH vom 29.03.2006, 2005/08/0006). Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenzen übersteigende Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, bestehe nach dieser Bestimmung Versicherungspflicht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist. Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, sei im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen (VwGH vom 14.03.2013, 2010/08/0163, mwN).

Im vorliegenden Fall habe dies zur Konsequenz, dass die materiell durch einen rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage, ob die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers als Funktionär des Wasserverbandes XXXX nach § 29 EStG 1988 (wie dies seine steuerliche Vertretung vorbringe) und nicht nach § 22 EStG 1988 zu versteuern (gewesen) wäre, im Verfahren vor dem Sozialversicherungsträger nicht mehr erneut zu prüfen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer unterliege daher im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als Neuer Selbständiger der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.

Für die Ermittlung der Beitragsgrundlagen seien die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte heranzuziehen (§ 25 Abs. 1 GSVG). Damit ergäben sich folgende monatliche Beitragsgrundlagen:

a) 2017: Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 22.132,10 und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 9.818,30, in Summe € 31.950,40 / 12 = € 2.662,53 in der Pensionsversicherung, in der Krankenversicherung auf Grund des Mehrfachversicherungsabgleiches mit dem B-KUVG gemäß § 35b Abs. 4 GSVG reduziert auf € 2.456,18;

b) 2018: Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 22.780,00 und (negative) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € - 897,83, in Summe € 21.882,17 / 12 = € 1.823,51 in der Pensions- und Krankenversicherung.

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 GSVG in der 2017 und 2018 geltenden Fassung hätten die Pflichtversicherten als Beitrag in der Krankenversicherung in Summe 7,65 % der Beitragsgrundlage zu leisten. Es bestehe daher eine Beitragspflicht in der Krankenversicherung nach dem GSVG im Jahr 2017 von monatlich € 187,90 und im Jahr 2018 von monatlich € 139,50.

Gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 GSVG in der 2017 und 2018 geltenden Fassung hätten die Pflichtversicherten als Beitrag in der Pensionsversicherung 18,5 % der Beitragsgrundlage zu leisten. Es bestehe daher eine Beitragspflicht in der Pensionsversicherung nach dem GSVG im Jahr 2017 von monatlich € 492,57 und im Jahr 2018 von monatlich € 337,35.

Hinzu kämen monatliche Beiträge zur Unfallversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG, die gemäß § 250 GSVG von der SVS vorzuschreiben seien, in Höhe von € 9,33 für das Kalenderjahr 2017 und € 9,60 für das Kalenderjahr 2018.

Von Jänner 2017 bis Dezember 2018 habe überdies eine Beitragspflicht in der Selbständigenvorsorge bestanden (§ 52 Abs. 1 bis 3 iVm §§ 51 Z 1 und 49 Abs. 2 Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz – BMSVG) von monatlich € 40,74 (2017) und € 27,90 (2018).

Versicherte, deren Pflichtversicherung nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides für das maßgebliche Beitragsjahr rückwirkend festgestellt wird, hätten zu den Beiträgen auf Grund der Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG einen Zuschlag in der Höhe von 9,3 % der Beiträge zu leisten.

2. In der dagegen binnen offener Rechtsmittelfrist durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers erhobenen Beschwerde wurde (zusammengefasst) ausgeführt, dass für die Bemessungsgrundlage 2017 und 2018 die vom Beschwerdeführer als Funktionär des Wasserverbandes XXXX erzielten Funktionärsgebühren gemäß § 29 Z 4 EStG 1988 herangezogen worden seien, welche jedoch sozialversicherungsfrei seien.

Von der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG seien nur Einkünfte gemäß § 22 und 23 EStG 1988 erfasst. Einkünfte gemäß § 29 EStG 1988 unterlägen nicht der Pflichtversicherung, wobei nicht die Veranlagung seitens der Finanzverwaltung, sondern die tatsächlichen Gegebenheiten ausschlaggebend seien.

Es werde daher ersucht, die Vorschreibungen 2017 und 2018 dahingehend richtig zu stellen, dass die Einkünfte gemäß § 29 EStG 1988, nämlich für 2017 € 24.750 und für 2018 € 27.000, bei der Festlegung der Beitragsgrundlagen unberücksichtigt bleiben.

3. Am 13.05.2020 einlangend legte die SVS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der in Rechtskraft erwachsene Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2017 weist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 17.699,70, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 27.653,61, Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 22.132,10 und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 9.818,30 aus.

Der in Rechtskraft erwachsene Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 2018 weist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 19.542,39, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 34.164,01, Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 22.780,00 und (negative) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € -897,83 aus.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat der Beschwerdeführer als persönlich haftender Gesellschafter der XXXX KG, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Funktionär des Wasserverbandes XXXX erzielt. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen der Pflichtversicherung gemäß § 1 Abs. 1 Z 8 bis 11 B-KUVG.

Die oben genannte Gesellschaft verfügte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum über keine Gewerbeberechtigung.

Die Pflichtversicherung konnte erst nach Vorliegen der Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist.

Gemäß § 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des GSVG die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Die im ASVG vorgesehene Möglichkeit der Antragstellung auf Entscheidung durch einen Senat kommt daher im Bereich des GSVG nicht zum Tragen. Gegenständlich hat die Entscheidung daher (jedenfalls) durch einen Einzelrichter zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Im gegenständlichen Fall gelangen (zeitraumbezogen) folgende maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung:

§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG idF BGBl. I Nr. 162/2015:

„Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung

§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. bis 3. …

4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. (...)“

§ 4 Abs. 1 Z 5 GSVG idF BGBl. I Nr. 162/2015 und BGBl. I Nr. 53/2016:

„Ausnahmen von der Pflichtversicherung

§ 4. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sind ausgenommen:

1. bis 4. …

5. Personen hinsichtlich ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4, deren Einkünfte (§ 25) aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr das Zwölffache des Betrages nach § 25 Abs. 4 nicht übersteigen; dies gilt nicht für Personen, die eine Erklärung nach § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz abgegeben haben;

7. bis 9. …

(2) bis (4) …“

§ 25 GSVG idF BGBl. I Nr. 29/2017:

„Beitragsgrundlage

§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten;

3. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§ 35 Abs. 3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.

(3) Hat der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten, so ist die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

(4) Die Beitragsgrundlage nach Abs. 2 beträgt für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).

(Anm.: Abs. 4a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

(5) Die Beitragsgrundlage darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Höchstbeitragsgrundlage für den Beitragsmonat ist der gemäß § 48 jeweils festgesetzte Betrag.

(6) Die endgültige Beitragsgrundlage tritt an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen.

(6a) Auf Antrag sind die Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung im Kalenderjahr des erstmaligen Eintrittes einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 4 und den darauf folgenden zwei Kalenderjahren auf die für diese Kalenderjahre geltenden Höchstbeitragsgrundlagen zu erhöhen (Höchstbeitragsgrundlagen aus Anlass von Betriebsgründungsinvestitionen). Ein solcher Antrag ist vom/von der Versicherten bzw. Hinterbliebenen spätestens gleichzeitig mit dem Pensionsantrag bzw. innerhalb einer vom Versicherungsträger eingeräumten längeren Frist zu stellen, wobei eine der zeitlichen Lagerung der Beitragszahlung entsprechende Aufwertung (§ 108c ASVG) zu erfolgen hat.

(7) Vorläufige Beitragsgrundlagen gemäß § 25a, die gemäß Abs. 6 zum Stichtag (§ 113 Abs. 2) noch nicht nachbemessen sind, gelten als Beitragsgrundlagen gemäß Abs. 2.

(Anm.: Abs. 8 aufgehoben.)

(9) Beitragsgrundlage für die gemäß § 3 Abs. 2 und 5 Pflichtversicherten ist das Dreißigfache des Betrages gemäß § 44 Abs. 6 lit. a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.

(10) Als Beitragsmonat gilt jeweils der Kalendermonat, für den Beiträge zu entrichten sind.“

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Versicherungsträger bei der Beurteilung des Vorliegens der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG an die Qualifikation der Einkünfte in den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden gebunden ist.

Zu dieser Frage hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2003/08/0231, ausgeführt:

"Mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände ... lässt der Gesetzgeber … keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen. Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich daher nach der Einkommensteuerpflicht ..., sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung besteht, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz … eingetreten ist."

Im vorliegenden Fall hat die Abgabenbehörde die die Versicherungsgrenze überschreitenden Einkünfte des Beschwerdeführers (als Funktionär des Wasserverbandes XXXX ) der Jahre 2017 und 2018 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit, somit als solche gemäß § 22 EStG 1988, festgestellt.

Dass es sich bei den Einkünften um Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständigen Erwerbstätigen handelt (§ 22 Z 4 EStG), die im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgenommen sind, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet; dies ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage.

Soweit der Beschwerdeführer mit Hinweis auf die Versicherungsfreiheit des Einkommens von kapitalistischen Kommanditisten relevierte, dass auch dieses nicht der Pflichtversicherung unterliegt, wenn es im Einkommensteuerbescheid als Einkommen aus Gewerbebetrieb veranlagt wird (vgl. VwGH 02.09.2013, Zl. 2011/08/0357), ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.12.2003, 2000/08/0068, mit der Frage, ob der Wortfolge "auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ein selbständiger Aussagewert gegenüber dem weiteren Tatbestandsmerkmal der Erzielung von Einkommen aus selbständiger Arbeit bzw. Gewerbebetrieb im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 oder 23 EStG 1988 zukommt, auseinander gesetzt hat und zum Ergebnis gekommen ist, dass die Versicherungspflicht der "neuen Selbständigen" für jedes Erwerbseinkommen bestehen soll, das nicht der Privatsphäre zuzurechnen ist.

Dass die Einkünfte des Beschwerdeführers als Funktionär des Wasserverbandes XXXX – im Gegensatz zu rein kapitalistischen Einkünften als Kommanditist – der Privatsphäre zuzurechnen sind, ist nicht ersichtlich.

Damit kann es sich bei den festgestellten Einkünften nur um solche handeln, die im Sinne der dargestellten Rechtsprechung – ohne weitere Prüfung durch den Versicherungsträger – die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG begründen.

Dies gilt auch für den Fall, dass die Einkünfte – entgegen der Zuordnung im Einkommensteuerbescheid – Funktionärsgebühren iSd § 29 Z 4 EStG 1988 darstellen, die (an sich) nicht der Pflichtversicherung unterliegen. In diesem Fall bestünde gemäß § 293a Bundesabgabenordnung (BAO) aber die Möglichkeit, eine mittels Steuerbescheid falsch angegebene Einkunftsart auf Antrag berichtigen zu lassen. Voraussetzung dafür ist, dass die Partei durch die falsche Einkunftsart in ihren rechtlichen Interessen verletzt wurde, was der Fall ist, wenn aus der Qualifikationsänderung ein Wegfall der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG resultiert. Der Antrag auf Berichtigung unterliegt nicht der Frist nach § 302 Abs. 1 BAO und ist daher zeitlich unbegrenzt möglich (vgl. Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 GSVG Rz 59).

Ausgehend von den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden erfolgte die Einbeziehung der Einkünfte des Beschwerdeführers als Funktionär des Wasserverbandes XXXX in die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG jedenfalls zu Recht, weswegen diese Einkünfte gemäß § 25 Abs. 1 GSVG auch für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen waren.

Die Richtigkeit der Berechnung der monatlichen Beitragsgrundlagen, Beiträge und Nebengebühren auf der Grundlage der von der SVS herangezogenen Einkünfte wurde nicht bestritten. Auch Anhaltspunkte, dass diese unrichtig wäre, liegen nicht vor.

Damit war die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Beschwerdeführer hat einen solchen Antrag nicht gestellt. Der fehlende ausdrückliche Antrag in der von einem rechtskundigen Vertreter verfassten Beschwerde ist als impliziter Verzicht auf Abhaltung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu verstehen (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054), zumal in der Beschwerde auch keine diesem Verständnis entgegenstehenden Beweisanträge gestellt worden sind (vgl. VwGH 22.05.2014, Ro 2014/21/0047).

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die amtswegige Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der der Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich die Entscheidung stützt, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen betriebliche Tätigkeit Einkommenssteuerbescheid Pflichtversicherung selbstständig Erwerbstätiger Versicherungsgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2230896.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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