Entscheidungsdatum
12.04.2021Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W154 2238191-3/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein pakistanischer Staatsbürger reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein. Er stelle am 06.11.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Während seines ersten Asylverfahrens wurde der BF straffällig. Er wurde am 05.08.2017 vom Bezirksgericht Innere Stadt wegen Urkundenfälschung (§ 223 StGB) zu einer Gelstrafe von insgesamt € 320,- im NEF zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt, weil er sich mit einem gefälschten pakistanischen Führerschein bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle auswies.
3. Im November 2017 wurde der BF erneut von der Polizei betreten, als er ein KFZ lenkte ohne im Besitz eines gültigen Führerscheins zu sein. Der BF wurde Ende 2017 deswegen mit Strafverfügung der LPD Wien mit einer Geldstrafe von 363,- € bestraft
4. Anfang April 2018 wurde der BF wiederholt von der Polizei betreten, als er ein KFZ lenkte ohne im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung hierfür zu sein. Der BF wurde mit Strafverfügung der LPD Wien mit einer Geldstrafe von 880,- € bestraft
5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.04.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf die Gewährung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich subsidiären Schutzes vollinhaltlich abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt; gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Pakistan für zulässig erklärt und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gesetzt. Der BF erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde, welche vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 02.08.2018 zur GZ L516 2195843-1/4E vollinhaltlich abgewiesen wurde.
6. Das Bundesamt leitete im Dezember 2018 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) mit der pakistanischen Botschaft ein, die jedoch im März 2019 mitteilte, der BF könne nicht als Pakistani identifiziert werden. Das Bundesamt führte daraufhin ein weiteres HRZ Verfahren mit der Botschaft Afghanistans. Das Bundesamt versuchte dem BF hierzu am 05.04.2019 einen Mitwirkungsbescheid gem. § 46 Abs. 2a u. 2b FPG iVm § 19 AVG an seine damalige Wohnadresse zuzustellen, jedoch konnte er an seiner Meldeadresse nicht angetroffen werden.
7. Am 12.07.2019 wurde der BF von der Polizei aufgegriffen, er in ein Polizeianhaltezentrum (PAZ) gebracht und vom Bundesamt am 13.07.2019 (erstmals) die Schubhaft über den BF verhängt. Am 17.07.20219 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.07.2019 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen und mir einer neuerlichen Rückkehrentscheidung auch dein 3jähriges Einreiseverbot erlassen.
8. Der BF wurde am 23.08.2019 der Afghanischen Delegation vorgeführt, wo festgestellt wurde, dass er kein afghanischer Staatsbürger ist. Der Konsul teilte mit, dass der BF ein pakistanischer Staatsbürger sei. Am 23.08.2019 wurde der BF daraufhin aus der Schubhaft entlassen und wurde am 26.08.2019 neuerlich ein Verfahren zur Ausstellung eines HRZ mit Pakistan gestartet.
9. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 27.07.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.09.2019 zur GZ L 516 2195843-2/7E als unzulässig zurückgewiesen, da bei der Fertigung des Bescheides vom 27.07.2019 nur eine Paraphe, aber keine Unterschrift unter die Urschrift des Bescheides gesetzt wurde und dieser Erledigung somit die Bescheidqualität fehlte.
10. Der vorgenannte Bescheid wurde in identer Form nach korrekter Fertigung dem BF zu eigenen Handen im November 2019 durch postalische Hinterlegung zugestellt und erwuchs Ende November 2019 in Rechtskraft. Gegen den BF besteht somit eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot.
11. Am 14.01.2020 wurde von der Pakistanischen Botschaft der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zugestimmt. Das Bundesamt meldete den BF für eine Sammelabschiebung nach Pakistan Anfang März 2020 an. In Folge wurde mehrfach versucht, den BF an seiner Wohn-/ bzw. Meldeadresse festzunehmen, dies jedoch wie schon im Jahr 2019 erfolglos, da sich der BF dort nicht aufhielt. Eine Buchung des BF für die Sammelabschiebung im Mai 2020 wurde aufgrund der COVID-19 Pandemie storniert. Das Bundesamt unternahm im August 2020 einen erneuten Anlauf und buchte den BF für die Sammelabschiebung nach Pakistan am 18.08.2020. Erneut konnte der BF aber im Vorfeld an seiner Wohn-/ bzw. Meldeadresse nicht angetroffen und nicht festgenommen werden; der BF war schon seit Beginn des Jahres 2020 untergetaucht. Auch eine Einmeldung des BF für den Frontex-Charter am 14.10.2020 nach Pakistan musste widerrufen werden, da der BF erneut an seiner Wohn- bzw. Meldeadresse mehrfach nicht anzutreffen war und nicht festgenommen werden konnte.
12. Ende Oktober 2020 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gegen den BF, der am 20.11.2020 vollzogen werden konnte, als der BF zufällig im Rahmen einer Verkehrskontrolle von der Polizei angehalten wurde. Der BF wurde in ein PAZ gebracht und dort zur Verhängung der Schubhaft einvernommen. Am 21.11.2020 wurde über den BF mit Mandatsbescheid des Bundesamtes die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt, der BF wird seit diesem Tag in Schubhaft angehalten.
13. Von 25.12.2020 bis 08.01.2021 befand sich der BF in einem Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft freizupressen. Der BF beendete den Hungerstreik freiwillig.
14. Gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft erhob der BF durch seine Vertretung am 30.12.2020 Beschwerde, die vom Bundesverwaltungsgericht mit am 05.01.2021 mündlich verkündetem und am 02.02.2021 gekürzt ausgefertigtem Erkenntnis zur GZ W283 2238191-1/21Z als unbegründet abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorlägen. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde dem BF jedenfalls bekannt, dass er Anfang Februar 2021 im Rahmen einer Chartabschiebung nach Pakistan abgeschoben werden sollte.
15. Der BF stellte nur wenige Tage nach Abweisung seiner Schubhaftbeschwerde am 10.01.2021 seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt folgte dem BF umgehend einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG aus, wonach dieser Antrag nur zur Verzögerung der Abschiebung gestellt worden sei. Aufgrund der nur noch kurzen verbleibenden Zeitspanne bis zur bevorstehenden Abschiebung des BF Anfang Februar 2021 konnte das Bundesamt dem BF nicht mehr fristgerecht den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 - unter Berücksichtigung der Notwendigkeit der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht - aberkennen, weshalb die Buchung des BF auf den Charter für Februar 2021 storniert werden musste und der BF für eine Charterabschiebung im April 2021 gebucht wurde.
16. Am 10.03.2021 wurde der BF vom Bundesamt zu seinem zweiten Folgeantrag einvernommen. Im Anschluss an die Einvernahme wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz hinsichtlich dieses Folgeantrags gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Der Akt wurde am 15.03.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur amtswegigen Prüfung der Aberkennung vorlegt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.03.2021, GZ L527 2195843-4/8E, wurde der Bescheid des BFA vom 10.03.2021 als nicht rechtmäßig aufgehoben.
17. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 12.03.2021 die Akten zusammen mit einer schriftlichen Stellungnahme vom 11.03.2021 gemäß §22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft über den vierten Monat hinaus vor. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.03.2021, GZ W282 2238191-2/8E, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
18. Mit Bescheid des BFA vom 26.03.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 10.01.2021 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Das Verfahren befindet sich gegenwärtig in der Rechtsmittelfrist.
19. Am 07.04.2021 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Akten gemäß §22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft vor. Die am 08.04.2021 übermittelte Stellungnahme des BFA ist mit der schriftlichen Stellungnahme im Vorverfahren vom 11.03.2021 weitgehend identisch, lediglich nahm das BFA aktuell Bezug auf die Aufhebung des Bescheides bezüglich faktischer Abschiebeschutz durch das Bundesverwaltungsgericht und stellte die Abschiebung des BF nach Abschluss des Asylverfahrens und Erlangung des Heimreisezertifikates mit dem nächstmöglichen Charter in Aussicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF ist Staatsangehöriger von Pakistan. Er ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, er gilt derzeit jedoch als Asylwerber.
Der BF ist gesund und haftfähig. Der B BF leidet an Rückenschmerzen. Er nimmt regelmäßig Schmerztabletten. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich. Der BF hat eine Freundin, die in Ungarn lebt. Der BF hat drei Freunde in Österreich, deren Nachnamen er nicht kennt. Eine besondere Beziehungsintensität zu diesen Personen liegt nicht vor.
1.2. Zum Verfahrensgang und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
Der BF stellte in Österreich drei Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstantrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.04.2018 abgewiesen, die dagegen erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht blieb erfolglos. Der erste Folgeantrag des BF wurde (letztlich) mit 27.11.2019 rechtskräftig zurückgewiesen. Gegen den BF liegen seit 27.11.2019 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme und ein Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren vor. Der BF stellte aus dem Stande der Schubhaft am 10.01.2021, nur wenige Tage nach Abweisung seiner Schubhaftbeschwerde und nach bereits fast zweimonatiger Anhaltung in Schubhaft, seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz, nachdem ihm im Verfahren W283 2238191-1 bekannt geworden war, dass er Anfang Februar 2021 nach Pakistan abgeschoben werden sollte.
Das Bundesamt folgte dem BF am 11.01.2021 nachweislich einen wohlbegründeten Aktenvermerk § 76 Abs. 6 FPG aus und teilte dem BF hiermit mit, dass das Bundesamt davon ausgehe, dass der zweite Folgeantrag des BF nur zur Verzögerung der Abschiebung gestellt worden sei.
Im Rahmen der Einvernahme des BF zu seinem zweiten Folgeantrag hat das Bundesamt am 10.03.2021 dem BF den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 mit mündliche verkündetem Bescheid aberkannt. Der Akt wurde zur amtswegigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aberkennung am 15.03.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.03.2021, GZ L527 2195843-4/8E, wurde der Bescheid des BFA vom 10.03.2021 als nicht rechtmäßig aufgehoben.
Mit Bescheid des BFA vom 26.03.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 10.01.2021 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Das Verfahren befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt in der Rechtsmittelfrist.
Der BF ist nicht subsidiär Schutzberechtigter, er ist zum Entscheidungszeitpunkt Asylwerber.
Der BF wurde am 05.08.2017 von einem Bezirksgericht wegen Urkundenfälschung (§ 223 StGB) zu einer Gelstrafe von insgesamt € 320,- im NEF zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt, weil er sich mit einem gefälschten pakistanischen Führerschein bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle auswies.
Der BF wurde von der LPD Wien bereits zwei Mal rk. mit Strafverfügungen aufgrund Übertretung des § 37 Abs. 3 FSG mit Geldstrafen bestraft, da er ein KFZ lenkte, ohne im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung hierfür zu sein.
Am 13.02.2021 wurden in der Zelle des BF im PAZ eine in seinem Besitz befindliche große Anzahl von Tabletten vorgefunden und sichergestellt.
1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Gegen den BF besteht (letztmalig) seit 27.11.2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren, die zum Entscheidungszeitpunkt durch die Folgeantragstellung jedoch (noch nicht wieder) durchsetzbar ist. Dem zweiten Folgeantrag wurde der faktische Abschiebeschutz jedoch vom Bundesamt nach Einvernahme des BF am 10.03.2021 aberkannt; mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.03.2021, Zahl: L527 2195843-4/8E, wurde der Bescheid des BFA vom 10.03.2021 als nicht rechtmäßig aufgehoben. Mit Bescheid des BFA vom 26.03.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 10.01.2021 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Das Verfahren befindet sich gegenwärtig in der Rechtsmittelfrist.
Festgestellt wird, dass der BF den Folgeantrag am 10.01.2021 nur zur Verhinderung bzw. Verzögerung seiner Abschiebung im Februar 2021 gestellt hat.
Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich und ist nicht sozial verankert. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und über Bargeld iHv € 500 oder € 600. Der BF hat aufgrund seiner unrechtmäßigen Erwerbstätigkeit als Zeitungszusteller ein monatliches Einkommen in Höhe von durchschnittlich € 600 erzielt. Der BF ist Eigentümer eines Kraftfahrzeuges.
Der BF verfügt auch nicht über einen gesicherten Wohnsitz. Der BF konnte im Jahr 2020 mehrfach nicht an seiner Meldeadresse angetroffen werden. Der BF lebte an einer anderen Unterkunft und war nicht an seiner Meldeadresse aufhältig. Daher war der BF nicht für die Behörden greifbar. Der BF hat das Meldegesetz missachtet, um sich seiner bevorstehenden Abschiebung zu entziehen.
Der BF wurde erst über eine ausgestellte Vollmacht am 07.12.2020 in Österreich behördlich mit Nebenwohnsitz an der Wohnung eines Freundes angemeldet, zu diesem Zeitpunkt befand sich der BF bereits in Schubhaft. Der tatsächliche Aufenthaltsort des BF war dem Bundesamt das ganze Jahr 2020 über nicht bekannt, an seiner früheren Meldeadresse in Wien 12 konnte der BF wiederholt und mehrfach bei Festnahmeversuchen nicht angetroffen werden, da er sich dort nicht aufhielt. Das Bundesamt musste aufgrund des unbekannten Aufenthaltsortes des BF einen Festnahmeauftrag erlassen. Der BF wurde im Rahmen einer Zufallskontrolle von der Polizei im November 2020 kontrolliert und festgenommen. Der BF war in Österreich von 13.10.2020 bis zu seiner Festnahme überhaupt nicht behördlich gemeldet.
Der BF missachtete in der Vergangenheit die Bestimmungen des österreichischen Strafgesetzes und des Meldegesetzes. Der BF hat dem Bundesamt seinen tatsächlichen Aufenthaltsort bewusst nicht bekannt gegeben. Der BF ist seiner behördlichen Meldeverpflichtung nicht nachgekommen.
Der BF befand sich von 25.12.2020 bis 08.01.2021 in einem freiwilligen Hungerstreik um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erpressen.
Die Abschiebung des BF war bereits für 02.03.2020 organisiert. Der BF konnte jedoch nicht an seiner Meldeadresse angetroffen werden. Auch für einen Abschiebe-Charter am 18.08.2020 konnte der Beschwerdeführer nicht an seiner (damaligen) Meldeadresse in Wien 12 angetroffen werden. Dies wiederholte sich am 14.10.2020. Erst am 20.11.2020 wurde der BF im Zuge einer zufälligen polizeilichen Verkehrskontrolle aufgrund eines Festnahmeauftrages festgenommen.
Der BF wird seit 21.11.2020 in Schubhaft angehalten. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit untertauchen und sich vor den Behörden erneut verborgen halten. Der BF ist nicht ausreisewillig. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in hohem Maß vertrauensunwürdig und nicht kooperativ.
Vom Bundesamt wurde zeitgerecht ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet. Nach einmaliger Ablehnung der HRZ-Ausstellung durch Pakistan und Führung eines Verfahrens mit Afghanistan stimmte schließlich die pakistanische Botschaft am 14.01.2020 der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zu. Diese Zusage konnte zur tatsächlichen Ausstellung eines HRZ nicht genutzt werden, da der BF für das Bundesamt nicht greifbar, sondern (mit falscher behördlicher Wohnsitzmeldung) untergetaucht war. Im Rahmen des Verfahrens W283 2238191-1 wurde dem BF sein Abschiebetermin Anfang Februar 2021 bekannt. Der BF stellte hierauf am 10.01.2021 seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz, und konnte so seine Abschiebung verhindern.
Die Abschiebung des BF innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist wahrscheinlich.
Eine relevante Änderung der Umstände seit der letzten Feststellung des Vorliegens der maßgeblichen Voraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft liegt nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen W283 2238191-1, W282 2238191-2, L516 2195843-1 und 2195843-2, L512 2195843-3 sowie L527 2195843-4 und durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu der in Österreich geführten Identität des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem Zentralen Fremdenregister und der Anhaltedatei des Bundesministeriums.
Die Feststellungen zur gänzlich fehlenden sozialen und beruflichen Integration, dem fehlenden Wohnsitz ergeben sich aus seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht im Verfahren W283 2238191-1 (NS OZ 21). Die Feststellungen zu seinen finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums. Die Tatsache, dass der BF im Bundesgebiet nie legal berufstätig war, ergibt sich aus einem Versicherungsdatenauszug.
Die Feststellung zur Unterkunftnahme im Verborgenen ergibt sich aus dem ZMR, da bis Oktober 2020 dort eine Wohnsitzmeldung in Wien 12 aufscheint, wobei der BF das ganze Jahr 2020 über, wie aus dem Verwaltungsakt hervorgeht, an dieser Wohnadresse wiederholt nicht angetroffen bzw. festgenommen werden konnte, da er sich dort faktisch nicht aufhielt. Ab Mitte Oktober bis zur Festnahme des BF Ende November 2020 scheint dann überhaupt keine Meldung des BF im ZMR mehr auf. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher aufgrund dieser Fakten und der Angaben des BF im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.01.2021 keinen Zweifel daran, dass der BF dem Bundesamt bewusst seinen wahren Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben hat, um sich seiner Abschiebung zu entziehen.
Insbesondere ist es dem BF schon im Rahmen des Verfahrens W283 2238191-1 nicht gelungen, seine Ausreisewilligkeit und Kooperationsbereitschaft glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund seiner bevorstehenden Abschiebung ist nicht zu erwarten, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich seiner Abschiebung stellen wird, zumal er seine Abschiebung erneut durch einen zweiten Folgeantrag vereitelt hat.
2.2. Zum Verfahrensgang und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, dass der BF nicht volljährig wäre.
Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid und der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom November 2019 samt Einreiseverbot ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt. Durch die Folgeantragstellung des BF am 10.01.2021 ist diese Rückkehrentscheidung derzeit nicht durchsetzbar, der BF gilt zum Entscheidungszeitpunkt als Asylwerber, dem (noch) ein Bleiberecht zukommt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.03.2021, GZ L527 2195843-4/8E, wurde der Bescheid des BFA vom 10.03.2021 als nicht rechtmäßig aufgehoben. Mit Bescheid des BFA vom 26.03.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 10.01.2021 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Das Verfahren befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt in der Rechtsmittelfrist. Dies ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
Aus dem Verwaltungsakt geht die nachweisliche Zustellung des Aktenvermerks gemäß § 76 Abs. 6 FPG an den BF am 11.01.2021 hervor. Das Bundesamt geht hierin – und darin schließt sich das Bundesverwaltungsgericht uneingeschränkt an – zu Recht davon aus, dass der BF seinen zweiten Folgeantrag nur zur Vereitelung seiner Abschiebung Anfang Februar 2021 gestellt hat. Zum einen geht dies schon aus dem Zeitpunkt der Antragstellung hervor: Der BF stellte diesen Antrag nur kurz nach Abweisung seiner Schubhaftbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht am 05.01.2021, wobei ihm in diesem Verfahren auch jedenfalls der Abschiebetermin Anfang Februar 2021 bekannt wurde. Weiters gibt es keine vernünftige Erklärung, warum der BF erst 1 ½ Monate nach Beginn seiner Anhaltung in Schubhaft diesen Folgeantrag stellen sollte, hätte er doch bereits seit Ende November 2020 diese Möglichkeit gehabt. Aus diesen Gründen war festzustellen, dass der BF den Folgeantrag vom 10.01.2021 nur zu dem Zweck gestellt hat, seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln bzw. zu verzögern.
Die Feststellung, wonach der BF haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, gegenteiliges wurde vom BF auch nicht vorgebacht.
Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergibt sich die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen § 223 StGB. Die festgestellten Strafverfügungen der LPD Wien liegen jeweils in Kopie im Verwaltungsakt ein.
2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Dass der BF nicht rückkehrwillig und unkooperativ ist, ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten im bisherigen Verfahren. So hat er bereits vor dem Bundesamt mehrfach angegeben, nicht freiwillig seiner Ausreisepflicht nachkommen zu wollen. Weiters tauchte der BF im Anschluss der Zurückweisung seines ersten Folgeantrags unter und entzog sich bewusst der Greifbarkeit des Bundesamtes. Der BF war das gesamte Jahr 2020 über, wie aus dem Verwaltungsakt hervorgeht, an seiner Wohn- bzw. Meldeadresse nicht anzutreffen und konnte dort nicht festgenommen werden, was zum Schluss führt, dass der BF das Bundesamt bewusst über seinen Aufenthaltsort täuschen wollte. Tatsächlich war der BF bereits Anfang 2020 untergetaucht, um sich seiner Abschiebung zu entziehen. Ab Mitte Oktober bis zur Festnahme des BF Ende November 2020 scheint überhaupt keine behördliche Meldung des BF mehr auf. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher aufgrund dieser Fakten und der Angaben des BF im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.01.2021 keinen Zweifel daran, dass der BF dem Bundesamt bewusst seinen wahren Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben hat, um sich seiner Abschiebung zu entziehen.
Die Feststellungen zu mangelnden sozialen Verankerung ergeben sich aus den Angaben des BF im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.01.2021, bei der er keine tragfähigen Angaben zu seinen Freunden bzw. seiner behaupteten Freundin in Ungarn gemacht hatte. Auch gab der BF selbst an, seine Freundin lebe wieder in Ungarn und sei nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig. Jedenfalls ergibt sich aus der Anhaltedatei, dass der BF bis dato nur von seiner Rechtsberatung in Schubhaft besucht wurde. Die am 07.12.2020 vorgenommene behördliche Anmeldung des BF mit Nebenwohnsitz bei einem „Freund“ wurde bereits vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren W283 2238191-1 zu Recht verworfen, da keine Anzeichen ersichtlich sind, dass diese Anmeldung nicht ebenso wie die Anmeldung in Wien 12 bis Oktober 2020 nur wieder der Täuschung der Behörden dient. So gab er BF bei seiner Einvernahme am 05.01.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst an, die Anmeldung sei nur deshalb gemacht worden, weil er erfahren habe, das Bundesamt könnte ihn dann aus der Schubhaft entlassen.
Dass der BF weiterhin nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des BF, aus seiner strafrechtlichen Verurteilung, den Verstößen gegen das Meldegesetz, seinen rk. Verwaltungsstrafen, sowie dem unkooperativen Verhalten und dem Untertauchen. Der BF hat – wie bereits erörtert – weiters einen aussichtslosen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, um seine Abschiebung im Februar 2021 zu vereiteln, was ihm letztlich auch gelungen ist. Weiters hat der BF durch einen fast zweiwöchigen Hungerstreik versucht, seine Entlassung aus der Schubhaft zu erpressen, wie er selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 05.01.2021 sinngemäß zugestand.
Das Gericht geht daher davon aus, dass der BF bei einer Entlassung aus der Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erneut untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird, im Gegenteil hat der BF seine fortgesetzte mangelnde Kooperationsbereitschaft durch Stellung eines objektiv aussichtslosen Folgeantrags in der Absicht seine Abschiebung zu verzögern, demonstriert.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit Ergehen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.01.2021 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Die Feststellungen zum Stand des HRZ-Verfahrens des BF und der Organisation der Abschiebung basieren auf dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.01.2021 und dem diesbezüglichen Teil des Verwaltungsaktes, in dem die Korrespondenz mit der zuständigen Abt. B/II des Bundesamtes einliegen, weiters auf den von dieser Abteilung bereitgestellten Informationen zu Rückführungen (OZ 6). Da Flugbuchungen für den Abschiebeflug des BF nach den notwendigen Stornierungen aufgrund des unkooperativen Verhaltens des BF in den letzten Monaten immer wieder möglich waren, ist auch zum Entscheidungszeitpunkt von der Abschiebung des BF innerhalb der Schubhafthöchstdauer auszugehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A. – Fortsetzung der Schubhaft
3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.
Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des §76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf die Vorerkenntnisse zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft keine Änderung ergeben, sodass aufgrund unveränderter Lage auf die dortigen Ausführungen verwiesen und diese auch zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben werden.
Die Schubhaft ist also weiterhin jedenfalls wegen erheblicher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des BF – siehe Darstellung im Rahmen des Verfahrensganges und der Feststellungen – mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.
3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.
Zur Dauer der Schubhaft:
Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil
1.
die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck
der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.
eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht
vorliegt,
3.
der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)
widersetzt, oder
4.
die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen
oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.
Gegenständlich ist jedenfalls der Tatbestand der Z. 4 verwirklicht. Somit erweist sich die bisherige Anhaltung am soeben angeführten Maßstab als verhältnismäßig, da sie sich immer noch im unteren Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt.
Der BF hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich die Behörde zügig um die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bemüht hat, auch verhältnismäßig.
Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren (immer noch) zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Wie aus der Stellungnahme des Bundesamtes vom 08.04.2021 hervorgeht, ist - nach Abschluss des Asylverfahrens, welches sich gegenwärtig in der Rechtsmittelfrist befindet, sowie der danach zu erwartenden raschen Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF - die zeitnahe Abschiebung des BF als wahrscheinlich anzusehen.
3.4. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
Zu Spruchpunkt B. - Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Asylwerber Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Meldepflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Vereitelung Verhältnismäßigkeit VerwaltungsstrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W154.2238191.3.00Im RIS seit
09.06.2021Zuletzt aktualisiert am
09.06.2021