TE Vwgh Beschluss 1997/4/8 97/07/0050

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Veröffentlicht am 08.04.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §26 Abs1 Satz1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §61;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über den Antrag 1. des JU und 2. der MU in Z, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 1996, Zl. VI/3-AO-167/231, betreffend die Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Bodenreformsache, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Den zu hg. Zl. 96/07/0168 beschwerdeführenden Parteien (Antragsteller) wurde über deren Antrag mit hg. Beschluß vom 21. November 1996 die Verfahrenshilfe gewährt und Dr. F, Rechtsanwalt in K als Verfahrenshelfer beigegeben. Mit dem vorzitierten hg. Beschluß vom 21. November 1996 wurde dem Verfahrenshelfer der Verbesserungsauftrag betreffend die von den Antragstellern am 30. August 1996 eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 1996, Zl.VI/3-AO-167/231, gemäß § 34 Abs. 2 VwGG übersendet und die nunmehr die Verfahrenshilfe genießenden Beschwerdeführer aufgefordert, sich mit dem zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt unverzüglich in Verbindung zu setzen und ihm alle ihre Rechtsangelegenheiten betreffenden Schriftstücke zur Verfügung zu stellen.

Mit Eingabe vom 11. Februar 1997 teilte der Verfahrenshelfer dem Verwaltungsgerichtshof mit, daß ihm der Beschluß über die Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie der Verbesserungsauftrag am 28. Jänner 1997 zugestellt worden sei, sich die Beschwerdeführer jedoch - trotz Aufforderung zur Vorsprache - nicht mit dem Verfahrenshelfer in Verbindung gesetzt hätten, weshalb diesem nicht möglich sei, dem Verbesserungsauftrag fristgerecht nachzukommen.

Infolge Ablaufs der gemäß § 34 Abs. 2 VwGG eingeräumten zweiwöchigen Mängelbehebungsfrist wurde das Verfahren betreffend die zu hg. Zl. 96/07/0168 protokollierte, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 1996, Zl. VI/3-AO-167/231, erhobene Beschwerde gemäß §§ 33 und 34 Abs. 2 VwGG eingestellt.

Mit Eingabe vom 24. Februar 1997 beantragten J und MU gemäß § 46 VwGG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Befolgung des hg.

Verbesserungsauftrages unter gleichzeitiger Nachholung desselben mit dem Vorbringen, die Beschwerdeführer hätten sich vom 7. Jänner 1997 bis 29. Jänner 1997 auf einem Kuraufenthalt und in der Folge bis einschließlich 9. Februar 1997 auf einem Ferienaufenthalt befunden. Das zuständige Postamt sei von den Beschwerdeführern dahingehend informiert worden, daß sie bis 9. Februar 1997 ortsabwesend seien und daher keine Zustellungen vorgenommen werden könnten. Der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes über die Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 21. November 1996 sei ihnen infolge ihrer Ortsabwesenheit nicht zugekommen, sie sei ihnen weder die Frist für die aufgetragene Verbesserung noch ihre Verpflichtung, sich mit dem Verfahrenshelfer unverzüglich in Verbindung zu setzen, bekannt geworden. Erst am 11. Februar 1997 habe der Erstantragsteller die bei der Post erliegenden Briefsendungen abgeholt. Unter diesen Schriftstücken hätten die Antragsteller ein mit 29. Jänner 1997 datiertes Schreiben des Verfahrenshelfers, mit welchem sie ersucht worden seien, unverzüglich in die Kanzlei zu kommen, gefunden. Der Erstantragsteller habe am 13. Februar 1997 die Kanzlei des Verfahrenshelfers aufgesucht, wo ihm mitgeteilt worden sei, daß ihm Verfahrenshilfe gewährt worden sei, allerdings nach der Aktenlage die Frist zur Verbesserung seiner Beschwerde bereits abgelaufen sei. Die Beschwerdeführer hätten sohin vom Verbesserungsauftrag nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt. Sie treffe kein Verschulden an der Versäumung der Frist zur Befolgung des Verbesserungsauftrages.

Mit Bestätigung vom 18. Februar 1997 teilte hiezu das Postamt Großweikersdorf mit, daß für die Antragsteller für den Zeitraum vom 7. Jänner 1997 bis 10. Februar 1997 ein "Urlaubsfach für die Hinterlegung der Postsendungen eingerichtet war". Der hg. Beschluß über die Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 21. November 1997 wurde den Antragstellern tatsächlich erst nach dem 12. Februar 1997 zugestellt.

Hat die beschwerdeführende Partei innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61 VwGG), so beginnt gemäß § 26 Abs. 3 VwGG für sie die Frist zur Erhebung der Beschwerde mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen. Der Bescheid ist durch den Verwaltungsgerichtshof zuzustellen. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen, so beginnt die Frist zur Erhebung der Beschwerde mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei.

Im Falle der Bewilligung der Verfahrenshilfe beginnt somit die im § 26 Abs. 1 erster Satz VwGG vorgesehene sechswöchige Beschwerdefrist im Grunde des § 26 Abs. 3 erster Satz VwGG mit dem Tage zu laufen, an dem der Bescheid über die Bestellung des Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer diesem zugestellt worden ist - sohin nicht mit der Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung der Verfahrenshilfe an die Partei persönlich (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 15. September 1987, Zl. 87/07/0110). Die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Beschluß über die Bewilligung der Verfahrenshilfe bzw. der Bescheid über die Bestellung des Rechtsanwaltes dem Beschwerdeführer selbst zugestellt wird, ist sohin für den Fristenlauf im Sinne des § 26 Abs. 3 erster Satz VwGG ohne Belang (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/1416). Gleiches gilt für die Frist zur Behebung von Mängeln im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages an den Verfahrenshelfer zu laufen (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 24. Mai 1995, Zlen. 95/03/0086 bis 0091, 95/03/0113 bis 0118). Auch für die Wahrung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist § 26 Abs. 3 VwGG sinngemäß anzuwenden (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 24. März 1988, Zl. 88/09/0038).

Die mit hg. Beschluß vom 21. November 1996 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gewährte Frist zur Behebung der Mängel der Beschwerdefrist ist im vorliegenden Fall ungenützt verstrichen, weshalb das hg. Beschwerdeverfahren Zl. 96/07/0168 gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 VwGG einzustellen war (vgl. den hg. Beschluß vom heutigen Tage, Zl. 96/07/0168).

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Aufgrund der durch den Akteninhalt gedeckten Behauptungen der Antragsteller in ihrem rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag war der bestellte Verfahrenshelfer deshalb nicht in der Lage, den gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Mängelbehebungsantrag fristgerecht zu erfüllen, weil die beschwerdeführenden Antragsteller diesem mangels Kenntnis des hg. Beschlusses vom 21. November 1996 - somit nicht vorwerfbar - keine rechtzeitige Information über den Beschwerdegegenstand geben konnten. Durch dieses unvorhergesehene Ereignis war der bestellte Verfahrenshelfer, welchem nicht einmal der angefochtene Bescheid bekannt war, nicht in der Lage, dem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Auftrag zur Behebung der Mängel der Beschwerdeschrift gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3, 4, 5 und 6 VwGG (vollständig) zu entsprechen. Es liegen somit die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG vor, weshalb dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand infolge Versäumung der gemäß § 34 Abs. 2 VwGG eingeräumten Frist durch ein unvorhergesehenes Ereignis stattzugeben war.

Schlagworte

FristVersäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997070050.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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