Entscheidungsdatum
14.04.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I421 2241064-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, XXXX vom XXXX 2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein algerischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX 2021 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am darauffolgenden Tag fand die Erstbefragung des BF statt, in dessen Zuge er hinsichtlich seiner Fluchtgründen ausführte, ihm gefalle die Politik seines Landes nicht.
3. Noch am selben Tag erfolgte auch die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde, BFA), wo er zu Protokoll gab, seine Fluchtgründe aufrecht zu halten. Er habe nach Österreich wollen, weil ihm Österreich gefalle. Weiters führte er im Wesentlichen aus, er habe keine passende Arbeit bekommen, auch sei die Sicherheitslage in Algerien nicht die Beste. Er versuche hier in Österreich Rechte zu erhalten und wolle auch Menschenrechte haben. Ihm selber sei nichts passiert, er habe immer gewünscht, in Europa zu leben.
4. Am XXXX 2021 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt. Dabei gab dieser zu Protokoll, er habe seine Probleme bereits in seiner letzten Einvernahme angegeben und wolle er nichts mehr vorbringen, was ihm wichtig erscheine.
5. Mit Bescheid vom XXXX 2021 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) ab. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihm wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung vollumfänglich die mit XXXX 2021 datierte Beschwerde, welche der belangten Behörde am selbigen Tag per E-Mail übermittelt wurde. Im Wesentlichen wurde das bisherige Vorbringen des BF wiederholt, wobei ergänzend ausgeführt wurde, dass der BF außerdem ein Mädchen auf der Straße gefunden habe, das von zuhause weggelaufen sei, worüber er seinen Bruder, einen Polizisten, informiert hätte. Die Polizei habe dann das Mädchen abgeholt und habe deren Familie geglaubt, dass der BF das Mädchen entführt hätte, weshalb sie den BF bedroht habe. Ihm sei unterstellt worden, Mitglied einer Bande zu sein und sei er dazu auch einvernommen worden, auch habe er eine Ladung vom Gericht erhalten. Aus Angst habe er dies im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens nicht geschildert. Es liege damit eine asylrelevante Verfolgung vor und bestehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative, da man ihn überall in Algerien finden und ihn niemand vor der geltend gemachten Verfolgung schützen könne. Im Falle einer Rückkehr nach Algerien würde er außerdem in eine existenzbedrohende Situation geraten und die Abschiebung für ihn eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellen, auch die Rückkehrentscheidung stelle einen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar.
7. Mit Schriftsatz vom XXXX 2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX 2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Algerien. Er gehört der Volksgruppe der Berber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er spricht muttersprachlich Amazir, weiters auch Arabisch und Französisch. Seine Identität steht nicht fest.
Der BF stammt aus dem Dorf XXXX , Algerien, wo er bis zu seiner Ausreise mit seinen Eltern und acht Geschwistern gelebt hat. Von Algier aus reiste der BF am XXXX 2019 legal per Flugzeug in die Türkei, bevor er über Griechenland und Osteuropa schließlich am XXXX 2021 Österreich erreichte und den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Im Zeitraum vom XXXX 2021 bis XXXX 2021 war der BF im Bundesgebiet melderechtlich mit Hauptwohnsitz erfasst.
Er leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig. Der BF fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.
In Algerien hat der BF die Schule bis zur vierten Klasse Hauptschule besucht. Er war in der Herstellung von Fenstern tätig und arbeitete auch neun Jahre bei der Wassersuche in einer Firma. Im Bundesgebiet geht er keiner Erwerbstätigkeit nach, er bezieht auch keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Die Eltern des BF sowie dessen acht Geschwister (vier Brüder und vier Schwester) leben in Algerien. Zu diesen steht der BF auch nach wie vor in Kontakt und pflegt ein gutes Verhältnis. Die Familienmitglieder des BF gehen in Algerien entsprechenden Beschäftigungen nach. Im Bundesgebiet verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte und über keine maßgeblichen privaten Beziehungen.
Eine Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Den BF haben zum Verlassen seines Herkunftsstaates wirtschaftliche Gründe bewogen.
Der BF wird in seinem Herkunftsland Algerien weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und ist in seinem Herkunftsstaat nicht gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden.
Der BF wird im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt sein. Im Fall seiner Rückkehr nach Algerien droht dem BF nicht die Gefahr, durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt in seinem Herkunftsstaat in seiner körperlichen Integrität verletzt zu werden. Ihm droht im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch keine reale Gefahr, in seiner Existenz bedroht zu werden.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:
Hinsichtlich der aktuellen Lage in Algerien sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX 2021 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Algerien, letzte Änderung eingefügt am 02.07.2020, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Zudem gilt Algerien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.
COVID 19-Situation in Algerien
(https://covid19.who.int/region/afro/country/dz)
Basierend auf den Daten der WHO (Stand: XXXX 2021) ergeben sich für Algerien 118.004 bestätigte COVID-19-Fälle mit 125 neuen Fällen und insgesamt 3.116 Verstorbenen.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX 2021 und der belangten Behörde am XXXX 2021 und XXXX 2021, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz vom XXXX 2021. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters, des Zentralen Fremdenregisters, des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung und des Strafregisters eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug. Zudem wurde Einsicht in die Homepage der WHO genommen.
2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Volljährigkeit, zum Familienstand, zur Staatsangehörigkeit und zur Religionszugehörigkeit ergeben sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom XXXX 2021, AS 3 f) und der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 26). Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme schilderte der BF glaubhaft, der Volksgruppe der Berber anzugehören (Protokoll vom XXXX 2021, AS 26), weiters auch, muttersprachlich Amazir, zudem auch Arabisch und Französisch zu sprechen, was er im Übrigen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bereits angeführt hat (Protokoll vom XXXX 2021, AS 3 f). In Ermangelung der Vorlage eines identitätszeugenden Dokumentes konnte seine Identität nicht festgestellt werden.
Der Umstand, dass der BF bis zu seiner Ausreise im Dorf XXXX , Algerien, lebte, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 26), was auch im Zuge der Beschwerde wiederholt wurde (AS 139). Vor der belangten Behörde konkretisierte er, mit seinen Eltern und seinen acht Geschwistern zusammengelebt zu haben (Protokoll vom XXXX 2021, AS 26). Hinsichtlich seiner Reiseroute bleibt auf die Ausführungen des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuweisen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 11). Das Datum der Asylantragstellung ergibt sich einerseits aus dem Erstbefragungsprotokoll (Protokoll vom XXXX 2021, AS 5), andererseits auch aus einer Checkliste der belangten Behörde (AS 1). In Zusammenhang mit der melderechtlichen Erfassung des BF bleibt auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu seiner Person zu verweisen.
Obgleich der BF noch vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu Protokoll gab, an der Krätze zu leiden und entsprechende Medikamente dagegen einzunehmen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 9), führte er vor der belangten Behörde aus, gesund zu sein, an keinen chronischen Erkrankungen zu leiden und nur Knieschmerzen zu haben (Protokoll vom XXXX 2021, AS 25) und brachte er auch bei seiner zweiten niederschriftlichen Einvernahme keine Änderungen seines Gesundheitszustandes vor (Protokoll vom XXXX 2021, AS 55). Aus einer Zusammenschau der Inhalte des Behördenaktes war daher die Feststellung zu treffen, dass der BF an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet, worauf auch die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit des BF unter Berücksichtigung seines erwerbsfähigen Alters fußt. Damit ergeben sich in der Folge auch keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202.
Die Feststellungen zu seinem Schulbesuch und seinen Tätigkeiten in Algerien basieren auf den glaubhaften Ausführungen des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 27), was auch mit den Ausführungen des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, wonach er zuletzt als Tischler gearbeitet habe, in Einklang zu bringen ist (Protokoll vom XXXX 2021, AS 5). Dass der BF im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, ergibt sich aus einem Sozialversicherungsdatenauszug zu seiner Person, der Umstand, dass er keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, aus einem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Übereinstimmend schilderte der BF sowohl vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom XXXX 2021, AS 7) als auch vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 27), dass seine Eltern und seine acht Geschwister in Algerien leben würden. Die weiteren Feststellungen zum Kontakt und Verhältnis zu seinen Familienmitgliedern basieren auf den diesbezüglichen Ausführungen des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom XXXX 2021, AS 27). Auch der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet über keine familiären bzw. sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte oder maßgeblichen privaten Beziehungen verfügt, war den Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom XXXX 2021, AS 7) und der belangten Behörde zu entnehmen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 29).
In Zusammenhang mit dem Nichtvorliegen einer Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht bleibt festzuhalten, dass der BF – wie bereits ausgeführt – keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und kein Deutsch spricht (Protokoll vom XXXX 2021, AS 29). Darüber hinaus ist der BF auch erst seit dem XXXX 2021 im Bundesgebiet aufhältig und ist eine maßgebliche Integration in einem Zeitraum von knapp etwa eineinhalb Monaten realistischerweise nicht möglich, wobei eine solche auch nicht vorgebracht wurde.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF lässt sich dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich vom XXXX 2021 entnehmen.
2.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens ist dabei auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der BF sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der BF den seiner Meinung nach, seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der BF nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.
Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines BF und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten – z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) – zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Im Zuge seiner Erstbefragung gab er zu Protokoll, ihm gefalle die Politik seines Landes nicht, wobei er bei seiner Rückkehr nach Algerien nichts zu befürchten habe (Protokoll vom XXXX 2021, AS 13).
Vor der belangten Behörde führte er im Zuge seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme aus, er habe keine passende Arbeit bekommen und sei die Sicherheitslage in Algerien nicht die beste. Er versuche, in Österreich Rechte zu erhalten und wolle auch Menschenrechte haben. Zuerst vermeinte er noch, geschlagen worden zu sein, wobei er dies später dahingehend korrigierte, dass ihm selbst sei nie etwas in Algerien passiert, er sei nicht geschlagen und auch nicht bedroht worden wäre (Protokoll vom XXXX 2021, AS 28 f). Bei seiner zweiten niederschriftlichen Einvernahme gab er zu Protokoll, alle Probleme bereits in der vorherigen Einvernahme angegeben zu haben und nichts Weiteres vorbringen zu wollen (Protokoll vom XXXX 2021, AS 57).
Der BF brachte damit weder im Rahmen der Erstbefragung am XXXX 2021 noch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde am XXXX 2021 und XXXX 2021 ein asylrelevantes Fluchtvorbringen vor, vielmehr lassen die Ausführungen erkennen, dass den BF wirtschaftliche Erwägungen zur Ausreise bewogen haben.
Im Zuge seiner Beschwerde vermeinte der BF nunmehr erstmalig, ein Mädchen auf der Straße gefunden zu haben, welches von zuhause weggelaufen sei. Darüber habe er seinen Bruder, einen Polizisten, informiert und hätte die Polizei dann das Mädchen abgeholt. Die Familie des Mädchens habe geglaubt, dass der BF das Mädchen entführt habe und hätten sie den BF bedroht. Ihm sei von der Sicherheitsorganisation des Verteidigungsministeriums/Armee unterstellt worden, Mitglied einer Bande zu sein und sei er dazu auch von dieser Sicherheitsorganisation einvernommen worden, auch habe er eine Ladung vom Gericht erhalten. Aus Angst habe er dies im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens nicht geschildert (Beschwerde vom XXXX 2021, AS 141).
Dieses erstmalig im Zuge der Beschwerde vorgebrachte, massiv gesteigerte Fluchtvorbringen des BF stellt sich für den erkennenden Richter als gänzlich unglaubhaft dar.
Dass der BF im Zuge seiner Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und im Rahmen der beiden niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde diesen Vorfall mit keinem einzigen Wort erwähnte, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Verstärkt wird dieser Eindruck zusätzlich noch dadurch, dass selbst nachdem die belangte Behörde dem BF am XXXX 2021 im Zuge seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme mitgeteilt hat, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, er weder diese Gelegenheit noch die der zweiten niederschriftlichen Einvernahme genutzt hat, um das entsprechende Vorbringen zu erstatten. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen ist, dass kein Asylwerber eine Gelegenheit ungenützt ließe, ein zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, vielmehr ist nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel auch bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend zu schildern.
Dem Beschwerdevorbringen, nämlich, dass ihm von einer Sicherheitsorganisation, welche dem Verteidigungsministerium/Armee angehört habe, unterstellt worden sei, Mitglied einer Bande zu sein, steht des Weiteren entgegen, dass der BF entsprechend seinen eigenen Angaben legal per Flugzeug aus Algerien in die Türkei ausreisen konnte, wobei er selbst ausführte, dass es bei der Sicherheitskontrolle zu keinen Problemen gekommen und auch sein Reisepass kontrolliert worden sei. Hätte tatsächlich ein derartiger Verdacht gegenüber dem BF vorgelegen, so hätte eine wie vom BF geschilderte problemlose Ausreise aus Algerien nicht erfolgen können. Dem Beschwerdevorbringen des BF steht weiters entgegen, dass er vor der belangten Behörde noch vermeinte, noch nie bedroht worden zu sein und ihm generell in Algerien nichts passiert wäre. Eine erkennungsdienstliche Behandlung habe entsprechend seinen Angaben ausschließlich bei der Ausstellung des Personalausweises stattgefunden, was den Ausführungen, wonach er in Algerien von der Sicherheitsorganisation einvernommen worden wäre, ebenfalls widerspricht.
Im Übrigen führte er aus, nicht von der Polizei, Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht worden zu sein und habe auch kein Haftbefehl gegen seine Person bestanden bzw. sei er nie verhaftet worden. Bereits im Zuge seiner Erstbefragung gab er zudem zu Protokoll, bei seiner Rückkehr in die Heimat nichts zu befürchten, im Falle seiner Rückkehr mit keinen Sanktionen zu rechnen zu haben und würde es zudem auch keine konkreten Hinweise unmenschlicher Behandlung, unmenschlicher Strafe oder der Todesstrafe geben. Bemerkenswert ist auch, dass der BF vor der belangten Behörde vermeinte, bereits vor neun Jahren den Entschluss gefasst zu haben, Algerien zu verlassen.
Der BF führte auch nicht substantiiert aus, weshalb er Angst gehabt habe, dieses Problem im erstinstanzlichen Verfahren zu schildern, nachdem es sich entsprechend seinen Angaben bei Österreich doch um ein Land mit Menschenrechten handle und er von Anbeginn an vorgehabt habe, nach Österreich zu kommen. Vielmehr ist das entsprechende Beschwerdevorbringen als reine Schutzbehauptung zu werten.
Es gilt im Übrigen noch abschließend anzumerken, dass das Vorbringen des BF selbst bei einer Wahrunterstellung keine Asylrelevanz entfalten würde. Vielmehr macht der BF mit dem vom ihm beschriebenen Prozedere – Einvernahme durch die Sicherheitsorganisation, Beistand eines Rechtsanwaltes, Gerichtsladung – deutlich, dass ein entsprechendes Rechtssystem in Algerien gewährleistet ist.
2.5. Zum Herkunftsstaat:
Algerien gilt – wie bereits ausgeführt – als ein sicherer Herkunftsstaat.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von etwa einem Monat haben sich auch keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben.
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Algerien und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche dargestellt wird, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die COVID-19-Daten zu Algerien entstammen dem Dashboard der Website der WHO. In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt es anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Algerien davon betroffen ist.
Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen auch im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen, sodass die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte nicht in Zweifel zu ziehen waren.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 10 FPG ist ein Drittstaatsangehöriger ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Algerien ist Drittstaatsangehöriger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmung.
Algerien ist gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019, ein sicherer Herkunftsstaat.
Zu A)
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Wie in den Feststellungen samt Beweiswürdigung unter Punkt II. 2.4. bereits ausführlich dargelegt, hat der BF keine asylrelevanten Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht, sondern haben ihn wirtschaftliche Erwägungen zum Verlassen seiner Heimat bewogen. Das im Zuge der Beschwerde dargelegte Vorbringen war als gänzlich unglaubhaft anzusehen.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – „real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2020, Ra 2020/14/0368).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Wie bereits dargelegt wurde, droht dem BF in Algerien keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF hat in Algerien die Schule besucht und kann Berufserfahrung bei der Herstellung von Fenstern und auch bei der Wassersuche vorweisen, zudem ist er jung, nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidend und arbeitsfähig, weshalb davon auszugehen ist, dass er durch die (Wieder)Aufnahme einer Beschäftigung in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt in Algerien sicherzustellen. Darüber hinaus leben seine Eltern sowie Geschwister nach wie vor in Algerien, mit welchen der BF bis zu seiner Ausreise zusammengelebt hat. Der BF ist bei einer Rückkehr folglich nicht auf sich allein gestellt, zudem könnten die Familienangehörigen ob ihrer Erwerbstätigkeiten den BF bei Bedarf auch finanziell unterstützen bzw. er – sofern notwendig – bei ihnen wie bereits bis vor seiner Ausreise Unterkunft nehmen.
Im Übrigen gilt auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, der zufolge eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um die Verletzung des nach Art 3 MRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 01.10.2020, Ra 2020/19/0196 mit Hinweis auf VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192).
Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, zumal die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Auch in der Beschwerde wurde nicht substantiiert dargelegt, weshalb der BF bei einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde. Dem Erfordernis einer konkreten und detaillierten Darlegung wurde somit nicht entsprochen und fehlen im gegenständlichen Falle alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem gilt Algerien als ein sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Algerien davon betroffen ist. Selbst unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie erweist sich das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs einer allfälligen Erkrankung für den BF als einen jungen Menschen ohne Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe als sehr gering.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtslage
Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Auf Grundlage des § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG – wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird – zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffenderweise auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.
Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.
Dabei stellt die Aufenthaltsdauer für sich zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Es gilt zu beachten, dass es sich bei einer Aufenthaltsdauer im Bereich von drei Jahren jedenfalls um eine "außergewöhnliche Konstellation" handeln muss, um die Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 MRK" zur Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens gemäß § 55 AsylG 2005 zu erfüllen (VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0306 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0049; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0058). Selbst einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289).
Gegenständlich dauerte das vorliegende Asylverfahren, gerechnet von der Antragstellung am XXXX 2021 bis zur Erlassung des Bescheides der belangten Behörde am XXXX 2021, lediglich knapp zwei Wochen und ist der BF insgesamt etwa erst eineinhalb Monate im Bundesgebiet aufhältig. Seine Aufenthaltsdauer alleine vermag damit gegenständlich keine Entscheidungsrelevanz entfalten.
In Zusammenhang mit seinem Privat- und Familienleben gilt festzuhalten, dass ein Eingriff in das Familienleben des BF bereits am Bestehen eines solchen scheitert und ein Eingriff auch nicht in Zusammenhang mit seinem Privatleben vorliegt, zumal es während des äußerst kurzen Zeitraums seines Aufenthalts realistischerweise nicht möglich ist, ein maßgebliches Privatleben zu entwickeln bzw. überhaupt erst erste Integrationsschritte in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht zu setzen.
Es sind bei einer Rückkehrentscheidung in weiterer Folge aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen. So sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0076). Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität des BF hervorgekommen.
Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF vermag seine Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht entscheidend zu verstärken (VwGH XXXX 2010, 2010/18/0029).
Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat Algerien, in dem er aufgewachsen ist und wo er die Schule besucht, gearbeitet sowie den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und weiters auch familiäre Anknüpfungspunkte, zumal seine Eltern und Geschwister in Algerien aufhältig sind. Er wird auch bei einer Rückkehr durch seine Berufserfahrung in der Lage sein, für sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt schwerer, als die nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher – nach Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen – nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.5.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat Algerien gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Im Übrigen handelt es sich bei Algerien um einen sicheren Herkunftsstaat nach der Herkunftsstaaten-Verordnung.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.
3.6. Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. und VII. des angefochtenen Bescheides):
3.6.1 Rechtslage
Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind ua die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).
Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.
3.6.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom XXXX 2021 die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt, zumal es sich bei Algerien gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG handelt.
Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Algerien keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG sowie § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG zur Anwendung gebracht und erweist sich die Beschwerde daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs 7 AsylG 2005): „Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf, zumal seit der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde und dem gegenständlichen Erkenntnis erst knapp ein Monat verstrichen ist. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen, die ergänzenden Erwägungen runden das Gesamtbild nur ab, sind aber für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht ausschlaggebend (vgl. VwGH vom 02.01.2017, Ra 2016/18/0323-5) und ergibt sich bereits aufgrund des Akteninhalts, dass die belangte Behörde den Sachverhalt vollständig ermittelt hat. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente, es wurde lediglich nunmehr ein gänzlich gegensätzliches und unglaubhaftes Vorbringen erstattet, wobei diesbezüglich auf die Ausführungen unter Punkt II. 2. 4. verwiesen wird. Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, erscheint vor diesem Hintergrund obsolet.
Festzuhalten ist auch, dass selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer ein günstigeres Ergebnis im Hinblick auf die Rückkehrentscheidung auszuschließen war (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423). Der Sachverhalt erscheint damit aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt und erlaubt § 21 Abs 7 BFA-VG auch das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316 mit Hinweis auf VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0052; VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039; VwGH XXXX 2016, Ra 2016/21/0022).
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2241064.1.00Im RIS seit
09.06.2021Zuletzt aktualisiert am
09.06.2021