TE Vwgh Beschluss 1997/4/8 94/07/0123

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Veröffentlicht am 08.04.1997
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Index

L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
80/01 Land- und forstwirtschaftliches Organisationsrecht;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z2;
FlVfGG §21;
FlVfLG Krnt 1979 §88;
FlVfLG Krnt 1979 §93;
FlVfLG Krnt 1979 §95;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, in der Beschwerdesache

1) des IH und 2) der DH, beide in D und beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 14. Juni 1993, Zl. Z.Agrar 11-523/3/93, betreffend Abänderung der Verwaltungssatzungen einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Parteien: 1) F in G, 2) S in D, und 3) G in D), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der "X-Alpe", einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, haben die Beschwerdeführer kraft ihres Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ 31 KG X je zur Hälfte 98 von 182 Anteilen und damit die Majorität, während den mitbeteiligten Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) kraft ihrer Eigentumsrechte an den anderen Stammsitzliegenschaften die restlichen Anteile zukommen.

Im Gefolge mehrerer Streitigkeiten innerhalb der Agrargemeinschaft, welche nach den von einigen der MP an die Agrarbezirksbehörde Villach (AB) gerichteten Eingaben ihre Wurzel darin hatten, daß der Erstbeschwerdeführer und schon zuvor sein Rechtsvorgänger als nach der bestehenden Anteilsmajorität gewählter Obmann Verfügungen getroffen hatte, ohne die übrigen Agrargemeinschaftsmitglieder in der von ihnen als erforderlich angesehenen Weise zu informieren, stellten die MP mit einer am 23. Jänner 1991 bei der AB eingelangten Eingabe den Antrag auf Abänderung der Verwaltungssatzungen bezüglich des Stimmrechtes in der Agrargemeinschaft von einem Stimmrecht nach Anteilen in ein solches nach Köpfen.

Die AB führte am 6. September 1991 eine Verhandlung durch, in welcher die MP vorbrachten, daß sie in den letzten Jahren vom Obmann in vielen Fällen von seinen Verfügungen hinsichtlich der Agrargemeinschaft überhaupt nicht informiert worden seien und daß Beschlüsse vielfach gar nicht oder erst nachträglich gefaßt worden seien. Die 3. MP hatte tags zuvor ihren Antrag auf Abänderung der Verwaltungssatzungen zurückgezogen.

In einem bei der AB am 17. September 1991 eingelangten, namens der Agrargemeinschaft vom Erstbeschwerdeführer als ihrem Obmann unterfertigten Schreiben wurde auf die Rückziehung des Antrages durch die 3. MP verwiesen, ferner geltend gemacht, daß den verbleibenden Antragstellern gesetzlich eine Antragslegitimation auf Abänderung der Verwaltungssatzungen nicht zukomme und schließlich noch ausgeführt, aus welchen im einzelnen gelegenen Erwägungen in der Sache die von den MP an die AB herangetragenen Beschwerden unberechtigt gewesen seien.

Mit Bescheid vom 27. Jänner 1992 änderte die AB die Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft ab. In § 5 des Verwaltungsstatutes wurde für die Beschlußfähigkeit der Versammlung das Erfordernis der Anwesenheit so vieler Teilgenossen, welche mindestens die Hälfte aller Anteile besitzen, durch das Erfordernis der Hälfte der eigenberechtigten oder gesetzlich vertretenen Teilgenossen ersetzt. In § 8 des Statuts wurde die Bestimmung, daß zum Beschluß jener Antrag erhoben werde, auf welchen sich mehr als die Hälfte aller nach der Größe der Anteile zu berechnenden Stimme vereinigten, durch die Wendung ersetzt, daß zum Beschluß jener Antrag erhoben werde, auf welchen sich mehr als die Hälfte, nach Köpfen berechneten Stimmen vereinigt. Die Bestimmung des § 9 des Statuts, nach welcher der Obmann und dessen Stellvertreter von der Teilhaberversammlung mit absoluter Mehrheit der nach Anteilen zu berechnenden Stimmen gewählt werden sollte, wurde durch folgenden Wortlaut dieses Paragraphen ersetzt:

"§ 9

Der Obmann und dessen Stellvertreter werden von der Teilhaberversammlung mit absoluter Mehrheit der nach Köpfen zu berechnenden Stimmen gewählt. Für den Wahlgang gelten sinngemäß die einschlägigen Bestimmungen der Gemeindewahlordnung betreffend die Wahl des Gemeindevorstehers; hinsichtlich der Zahl der anwesenden Wähler jedoch die Bestimmung des § 5 dieses Statutes. Teilhaber, welche nach dem Gesetze nicht in den Gemeindeausschuß und Vorstand wählbar sind, sind auch vom Obmannamte ausgeschlossen.

Eine Ablehnung der Wahl ist aus wichtigen nachzuweisenden Gründen möglich; ob solche vorhanden sind, entscheidet die Teilhaberversammlung und im Beschwerdefalle endgültig die Agrarbezirksbehörde. Das Wahlergebnis ist der Agrarbezirksbehörde anzuzeigen. Diese fertigt dem Obmanne und seinem Stellvertreter die Legitimation aus. Der Obmann und sein Stellvertreter versehen ihr Amt unentgeltlich; so gebühren ihnen nur die mit der Geschäftsführung verbundenen baren Auslagen.

Ihre Amtsperiode dauert drei Jahre, nach welcher Zeit sie wieder wählbar sind, jedoch ohne Angaben von Gründen die Wahl ablehnen können."

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß die in den letzten fünf bis sechs Jahren bei der AB anhängigen Beschwerden im wesentlichen immer davon gekennzeichnet gewesen seien, daß sich die übrigen drei Mitglieder der Agrargemeinschaft durch die absolute Anteilsmehrheit der Beschwerdeführer "überfahren" gefühlt hätten und in einigen Fällen sogar erst im nachhinein von den Verfügungen des mit einer absoluten Anteilsmehrheit ausgestatteten Obmannes erfahren hätten. Diese Vorgangsweise des Obmannes habe verständlicherweise zu groben Spannungen zwischen dem Obmann und den übrigen Mitgliedern der Agrargemeinschaft geführt, sodaß beinahe jede Vollversammlung bei der AB beeinsprucht worden sei. Die Vereinigung der absoluten Anteilsmehrheit in der Hand eines Liegenschaftseigentümers führe zu mangelnder Kompromißbereitschaft des Inhabers dieser Mehrheit, sodaß es angebracht erscheine, bei Vorliegen solcher Mehrheitsverhältnisse eine grundsätzliche Abstimmung nach Köpfen anzuordnen. Am statutengemäß vorgesehenen Beschwerderecht gegen Mehrheitsbeschlüsse ändere sich dadurch nichts. Diese Entscheidung sei von der AB von Amts wegen getroffen worden, weil sie zur Ansicht gelangt sei, daß die Umstellung auf Kopfstimmrecht sachlich geboten erscheine.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung behob die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die erstinstanzlich verfügte Abänderung der §§ 5 und 8 der geltenden Verwaltungssatzungen, während sie der von der AB abgeänderten Bestimmung des § 9 der Verwaltungssatzungen bei unverändertem Wortlaut des zweiten und dritten Absatzes dieses Paragraphen für den ersten Absatz dieses Paragraphen folgende Neufassung gab:

"Der Obmann und dessen Stellvertreter werden von der Teilhaberversammlung mit absoluter Mehrheit der nach Köpfen zu berechnenden Stimmen gewählt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Für den Wahlgang gelten sinngemäß die einschlägigen Bestimmungen der Gemeindewahlordnung betreffend die Wahl des Gemeindevorstehers. Für die Beschlußfähigkeit der Vollversammlung ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder oder deren Vertreter, nach Köpfen gerechnet, erforderlich. Teilhaber welche nach dem Gesetz nicht in den Gemeindeausschuß und Vorstand wählbar sind, sind auch vom Obmannamt ausgeschlossen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde auf § 95 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (FLG 1979) und führte im wesentlichen aus, daß das Anteilsrecht im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes das Maß der internen Nutzungsbefugnis wiederspiegle, zu welcher das einzelne Agrargemeinschaftsmitglied an der agrargemeinschaftlichen Substanz nach Maßgabe der entsprechenden Wirtschaftsvorschriften teilzunehmen berechtigt sei. Die Nutzungen als Ausfluß des Anteilsrechtes bezögen sich auf die agrargemeinschaftlichen Grundstücke und deren Ertragsfähigkeit. Gleichzeitig bilde das Anteilsrecht aber auch die Grundlage für die Mitwirkung bei der Verwaltung der Agrargemeinschaft im Innenverhältnis. Die Vorgangsweise der AB, den Verfügungsanspruch der Beschwerdeführer über die Substanz des agrargemeinschaftlichen Vermögens gegen deren Willen insofern einzuschränken, als sie angeordnet habe, daß bei Beschlüssen jedweder Art jener Antrag zum Beschluß zu erheben sei, auf welchen sich mehr als die Hälfte der nach Köpfen berechneten Stimmen vereinigte, finde in der Bestimmung des § 95 FLG 1979 keine Deckung. Insoweit sei der Berufung Folge zu geben gewesen. Für die Obmannwahl habe hinsichtlich der Abänderung des § 9 des Verwaltungsstatutes allerdings anderes zu gelten. Insoweit liege auch keine Einschränkung der den Beschwerdeführern zustehenden Nutzungs-, Verwaltungs- und Bewirtschaftungsrechte vor; die von der AB geäußerte Befürchtung von Informationsdefiziten der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft werde von der belangten Behörde geteilt, welche die von der AB getroffene Regelung lediglich um eine Regelung zur Lösung von Pattsituationen ergänzt habe.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom 14. Juni 1994, B 2252/93, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der meritorischen Erledigung dieser Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof steht jedoch der Umstand entgegen, daß die Beschwerdeführer den Instanzenzug nicht ausgeschöpft haben.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 2 AgrBehG 1950 ist gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates die Berufung an den Obersten Agrarsenat hinsichtlich der Fragen der Gesetzmäßigkeit der Abfindung bei der Teilung agrargemeinschaftlicher Grundstücke und der Gesetzmäßigkeit der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte zulässig. Zum Begriff der Gesetzmäßigkeit der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte im Sinne der genannten Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, daß mit dieser Formulierung der Rahmen der an den Obersten Agrarsenat heranzutragenden Angelegenheiten weit gesteckt ist, indem dieser Gesetzeswortlaut die Überprüfungsbefugnis des Obersten Agrarsenates auf alle Fälle erstreckt, in denen die Übereinstimmung einer Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte mit den dafür bestehenden gesetzlichen Grundlagen in Streit steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Slg.NF.Nr. 13.755/A).

Nach § 88 FLG 1979 besteht der Regulierungsplan aus der Haupturkunde, dem Wirtschaftsplan (der Wirtschaftseinteilung), einer planlichen Darstellung des Gebietes und gegebenenfalls den Verwaltungssatzungen.

Satzungen von Agrargemeinschaften sind somit Bestandteile des Regulierungsplanes dieser Agrargemeinschaften und entfalten mit dem Regulierungsplan ihre Rechtskraftwirkung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1996, 95/07/0215, und vom 19. April 1994, 90/07/0074). Eine Abänderung von Verwaltungssatzungen stellt daher inhaltlich einen Akt der Regulierung dar, was die Behörden beider Instanzen im Beschwerdefall durch die Gründung ihres Bescheides auf § 95 FLG 1979, welche Bestimmung mit "Abänderung von Regelungsplänen" überschrieben ist, auch erkannt haben. Bedeutet die im Beschwerdefall verfügte Änderung der Verwaltungssatzungen damit inhaltlich eine Änderung der Regulierung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte, dann unterliegt aber auch die Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieses Rechtsaktes durch die vorliegendenfalls abändernde Entscheidung der belangten Behörde gemäß § 7 Abs. 2 Z. 2 AgrBehG der Überprüfung durch den Obersten Agrarsenat.

Mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges durch die Beschwerdeführer durch Anrufung des Obersten Agrarsenates gegen den Bescheid der belangten Behörde war die vorliegende Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG aus dem Grunde offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Bodenreform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994070123.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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