TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/15 W137 2196346-1

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Veröffentlicht am 15.04.2021
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Entscheidungsdatum

15.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35

Spruch


W137 2196346-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA Mag. Titus TRUNEZ, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Maßnahmenbeschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 FPG (in der damals geltenden Fassung) iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen.

II. Darüber hinaus werden die Anträge als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.       Die (minderjährige) Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation. Sie reiste gemeinsam mit ihren Eltern ins Bundesgebiet ein und stellte (durch die gesetzlichen Vertreter) im Juni 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Dieser wurde erstinstanzlich gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und mit einer Ausweisung in den Herkunftsstaat verbunden worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.03.2018 rechtskräftig abgewiesen. Hinsichtlich der Eltern ergingen gleichlautende Entscheidungen.

3.        Am 18.04.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG. Mit Beschluss vom 20.04.2018 hat der Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Verfahrenshilfe wegen (scheinbarer) Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung (hinsichtlich des Asylverfahrens) abgewiesen.

4.       Am Abend des 21.05.2018 wurde die Beschwerdeführerin festgenommen. Dabei wurde ihr die bevorstehende Abschiebung am 24.05.2018 zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom 23.05.2018 brachte der bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführerin (ein Rechtsanwalt) eine Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung (samt weiteren Anträgen) beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. Dieses leitete den Schriftsatz umgehend dem Bundesverwaltungsgericht weiter.

5.       Am 24.05.2018 (mittags) wurden die Beschwerdeführerin und ihre Familie erfolgreich in den Herkunftsstaat abgeschoben.

6.       Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 18.07.2018 die außerordentliche Revision der Beschwerdeführerin (hinsichtlich der Entscheidung im Asylverfahren) zurückgewiesen.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation. Zum Zeitpunkt der Festnahme am 21.05.2018 lag eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen sie vor; der faktische Abschiebeschutz kam ihr zu diesem Zeitpunkt nicht zu.

Am 24.05.2018 wurde sie gemeinsam mit ihren Eltern in den Herkunftsstaat abgeschoben. Die Festnahme erfolgte weniger als 72 Stunden vor der Abschiebung.

Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Festnahme sowie während der Anhaltung grundsätzlich gesund und haftfähig.

Eine Beschwerde gegen die Abschiebung wurde von RA Mag. Titus TRUNEZ nicht eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zahl 1023264604-14748412. Er ist hinsichtlich der gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Entscheidungen auch unstrittig.

Dass der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Festnahme faktischer Abschiebeschutz nicht zukam, ergibt sich aus der zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftigen Rückkehrentscheidung.

1.2. Die Feststellungen zur Abschiebung und dem Zeitpunkt der Festnahme ergeben sich aus der Aktenlage.

1.3. In der Beschwerde konnte keine fehlende Haftfähigkeit dargelegt werden; sie wurde auch nicht behauptet.

1.4. Dass gegen die am 24.05.2018 vollzogene Abschiebung keine Beschwerde eingebracht worden ist, ergibt sich aus der Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichts.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der damals gültigen Fassung, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

2.3. Die Beschwerde richtet sich angesichts der Formulierung der Anträge im Schriftsatz (Seite 5) zweifelsfrei gegen die Festnahme und Anhaltung; sie ist daher als Maßnahmenbeschwerde zu begreifen. Dazu kommen weitere Anträge.

Zu Spruchteil A)

2.4. Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) in der damals geltenden Fassung, lautet:

„§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1.         gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2.         wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3.         der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1.         dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2.         gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3.         gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4.         gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5.         auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.“

2.5. Gemäß § 40 Abs 1 Z 1 BFA-VG (in der damals geltenden Fassung) sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag besteht. Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 FPG (in der damals geltenden Fassung) kann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung erfolgen soll.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde in der Beschwerde nicht nachvollziehbar bestritten.

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Festnahme am 21.05.2018 und Anhaltung bis zur Abschiebung am 24.05.2018

3.1. Gemäß § 40 Abs 1 Z 1 BFA-VG (in der damals geltenden Fassung) sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag besteht. Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 FPG (in der damals geltenden Fassung) kann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung erfolgen soll.

3.2. Dass die Voraussetzungen für die Festnahme nicht vorlagen oder sich diese auf eine falsche rechtliche Grundlage stützen würde, ist in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet worden.

3.3. Dass das Asylverfahren aufgrund der noch offenen Revisionsfrist „nicht abgeschlossen“ sei erweist sich ebenso als irrige Rechtsansicht wie die Behauptung, dem Beschwerdeführer komme durch die offene Revisionsfrist faktischer Abschiebeschutz zu. Ebenso irrig ist die Ansicht, dass ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG einen faktischen Abschiebeschutz darstellen oder die (bereits eingetretene) Rechtskraft einer vom Bundesverwaltungsgericht bereits bestätigten Rückkehrentscheidung aussetzen könnte.

3.4. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen die Festnahme am 21.05.2018 und die darauf gestützte Anhaltung (bis zur Abschiebung am 24.05.2018) abzuweisen.

4. Weitere Anträge im Schriftsatz vom 23.05.2018

4.1. Darüber hinaus stellte die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge den „geplanten Abschiebeflug umgehend aussetzen“.

Einer derartigen Handlung des Bundesverwaltungsgerichts gebricht es jedoch an jeglicher Rechtsgrundlage. Auch in der Beschwerde wird eine solche nicht einmal versuchsweise dargetan. Dies auch unter der Annahme, dass nur die Abschiebung der Beschwerdeführerin und nicht „der Flug“ als solcher – also eine Charter-Abschiebung von 10 Personen – ausgesetzt werden soll.

4.2. Der Antrag, die Beschwerdeführerin „umgehend aus der Haft zu entlassen“ erweist sich aufgrund der bereits am Tag nach der Beschwerdeeinbringung erfolgten Abschiebung als obsolet. Unabhängig davon überschreitet jedoch der Antrag auf Anordnung einer Haftentlassung bereits die Kognitionsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts. Diesem kommt auch keine Weisungsmöglichkeit gegenüber dem Bundesamt zu.

4.3. Vor diesem Hintergrund sind die angeführten Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Soweit eine Parteienvernehmung als Beweismittel angeführt ist, wird in der Beschwerde nicht dargelegt, zu welchem entscheidungsrelevanten Sachverhaltselement diese vorgeschlagen wird. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich. Darüber hinaus wurde weder durch den Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin noch durch das Bundesamt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (ausdrücklich) beantragt.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Beide Verfahrensparteien haben jedoch keinen Antrag auf Kostenersatz gestellt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Dass weder eine offene Revisionsfrist (hinsichtlich einer Rückkehrentscheidung) noch ein offenes (erstinstanzliches) Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG einen faktischen Abschiebeschutz bewirken ist gesicherte Judikatur.

Die Revision ist daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Anhaltung Festnahme Festnahmeauftrag Kostenersatz Maßnahmenbeschwerde Minderjährigkeit Rechtsgrundlage Rückkehrentscheidung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2196346.1.00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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