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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Tirol vom 23. April 1993, Zl. IVa-7022 B, betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 20. Jänner 1993 beim Arbeitsamt Innsbruck einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Laut Arbeitsbescheinigung der Ebenseer Betonwerke sei der Beschwerdeführer zuletzt vom 1. Oktober 1992 bis 19. Jänner 1993 als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen. Das Dienstverhältnis habe durch Kündigung des Dienstgebers geendet.
Am 25. Februar 1993 wurde dem Beschwerdeführer vom Arbeitsamt Innsbruck eine Dauerstelle als Hubstaplerfahrer bei der T. GmbH in Innsbruck mit überkollektivvertraglicher Entlohnung "ab sofort" angeboten.
In einer am 2. März 1993 aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer zum Nichtzustandekommen dieser Beschäftigung an, daß er selbst kein Fahrzeug habe und die Fahrverbindungen nach Innsbruck sehr schlecht wären. Er habe außerdem bereits eine fixe Stelle (gemeint: bei seinem früheren Dienstgeber) mit Mitfahrgelegenheit und relativ guter Bezahlung.
Die T. GmbH bestätigte im wesentlichen die Angaben des Beschwerdeführers.
Mit Bescheid vom 10. März 1993 sprach das Arbeitsamt Innsbruck aus, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 25. Februar 1993 bis 24. März 1993 den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG verloren habe; eine Nachsicht werde nicht erteilt. Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer die ihm zugewiesene Beschäftigung bei der T. GmbH nicht angenommen habe. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, die T. GmbH sei nur an einem Mitarbeiter interessiert gewesen, welcher über einen längeren Zeitraum zur Verfügung gestanden wäre. Die zugewiesene Tätigkeit habe daher aufgrund der Ablehnung des genannten Unternehmens nicht aufgenommen werden können. Zum Beweis dieser Tatsache machte der Beschwerdeführer zwei Zeugen namhaft.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid des Arbeitsamtes. Begründend wurde ausgeführt, daß die dem Beschwerdeführer vom Arbeitsamt Innsbruck am 25. Februar 1993 vermittelte Stelle nach Auffassung des Vermittlungsausschusses zumutbar im Sinne des § 9 AlVG gewesen sei; dies insbesondere deshalb, weil es sich bei dieser Stelle um einen Dauerarbeitsplatz gehandelt habe und der Beschwerdeführer hiedurch immer wiederkehrende saisonelle Arbeitslosigkeit vermieden hätte. Unter Hinweis auf die mit 1. Jänner 1992 in Kraft getretenen novellierten Bestimmungen des AlVG 1977 sei eine vom Arbeitsamt vermittelte Stelle auch dann zumutbar, wenn der Arbeitslose über eine Wiedereinstellungszusage verfüge. Der Beschwerdeführer habe dadurch, daß er auf einer Wiedereinstellung bei seinem alten Arbeitgeber beharrt habe, eine Einstellung beim vermittelten Unternehmen vereitelt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 28. Februar 1994, B 1082/93-3, ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, der Beschwerdeführer hätte sehr wohl die ihm zugewiesene Tätigkeit aufgenommen, er sei aber von der T. GmbH nicht eingestellt worden, weil er von vornherein darauf hingewiesen habe, nur solange das Arbeitsverhältnis aufrechterhalten zu wollen, bis er von seiner "Stammfirma" wiederum aufgenommen werde. Es könne dem Arbeitslosen nicht angelastet werden, wenn der vermittelte Dienstgeber den vermittelten Arbeitslosen trotz dessen Arbeitswilligkeit nicht annehme, weil ihm die im Hinblick auf die Wiedereinstellungsvereinbarung in Aussicht gestellte Beschäftigungsdauer zu kurz erscheine. In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer auch Verfahrensfehler der belangten Behörde dahingehend geltend, daß diesbezüglich augenscheinlich weder Beweise aufgenommen worden seien bzw., wenn dies doch geschehen sein sollte, diese dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.
Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz AlVG verliert der Arbeitslose, wenn er sich weigert, eine ihm vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung ist nach § 9 Abs. 2 bis 5 AlVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 682/1991 vorzunehmen. Nach der zuletzt genannten Bestimmung des § 9 Abs. 5 AlVG ist eine vom Arbeitsamt vermittelte Beschäftigung auch dann zumutbar, wenn dem Arbeitslosen eine Wiedereinstellungszusage von einem früheren Dienstgeber erteilt wurde oder sich der Arbeitslose schon zur Aufnahme einer Beschäftigung in Zukunft verpflichtet hat (Einstellungsvereinbarung).
Die belangte Behörde ist nach der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbar vom Vorliegen einer Einstellungsvereinbarung ausgegangen. Dies findet eine Bestätigung sowohl in der Aktenlage (nach einer Stellungnahme des Arbeitsamtes vom 2. März 1993 sollte dieser im April 1993 seine Beschäftigung zum früheren Dienstgeber wieder aufnehmen) als auch im Beschwerdevorbringen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, 94/08/0156, ausgeführt hat, erklärt § 9 Abs. 5 AlVG selbst bei gegebener Einstellungsvereinbarung im Sinne dieser Bestimmung eine vom Arbeitsamt vermittelte Beschäftigung als zumutbar. Zumutbar ist demnach nicht nur eine Beschäftigung zwischen dem Ende der vorangegangenen Beschäftigung und dem Beginn der zukünftigen Beschäftigung, sondern auch eine als Dauerstellung angebotene Beschäftigung. Auf die nähere Begründung des Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Die Zuweisungstauglichkeit der dem Beschwerdeführer von der erstinstanzlichen Behörde vermittelten Beschäftigung ist im Beschwerdefall gegeben; auch in der Beschwerde wird dies nicht bestritten. Es ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch sein Verhalten die Annahme dieser Beschäftigung vereitelt hat.
Unter dem Begriff der Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muß nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüber hinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben.
Eine solche Vereitelung hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt auch dann bejaht (vgl. zum Beispiel Erkenntnis 17. November 1992, 92/08/0101, und Erkenntnis 27. April 1993, 92/08/0147), wenn der Arbeitslose beim Vorstellungsgespräch, wenn auch wahrheitsgemäß, seine Intention zum Ausdruck bringt, die mit der Spezifikation einer Dauerstellung angebotene zumutbare Beschäftigung nur als Übergangslösung zu betrachten, weil er damit - bezogen auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz als Dauerstellung - seine Arbeitswilligkeit in Zweifel stellt.
Dadurch, daß der Beschwerdeführer - seinem eigenen Beschwerdevorbringen zufolge - gegenüber der T. GmbH erklärt hat, das Arbeitsverhältnis nur bis zur Wiedereinstellung durch den früheren Dienstgeber aufrechterhalten zu wollen, nahm er zumindest das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf.
Die Berufung des Beschwerdeführers auf die Einstellungsvereinbarung muß wegen § 9 Abs. 5 AlVG, der die Bedachtnahme darauf ausschließt, versagen.
Die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel sind schon deshalb nicht von Bedeutung, da die belangte Behörde aufgrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zu keinem anderen Ergebnis kommen konnte, womit die Wesentlichkeit der Verfahrensfehler nicht gegeben ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, jedoch begrenzt durch das hinter den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung zurückbleibende Kostenbegehren im Schriftsatz.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994080072.X00Im RIS seit
18.10.2001