TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/8 94/07/0090

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Veröffentlicht am 08.04.1997
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Index

L66203 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §59 Abs1;
GSGG §2;
GSLG NÖ §2 Abs1;
GSLG NÖ §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der Johanna G in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Jänner 1994, Zl. VI/3-B-119/3, betreffend Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes (mitbeteiligte Parteien: 1) Leopold L in G, 2) Angela L, ebendort, 3) Karin K in G,

4) Marie B in G, und 5) Herbert Gl in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) sind Eigentümer von Grundstücken in der Katastralgemeinde G, die von Fremdgrundstücken eingeschlossen keine Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz haben. Es handelt sich hiebei von Westen nach Osten um das im Eigentum der 3. MP und der 4. MP stehende Grundstück Nr. 92/1, um das im Eigentum 1. MP und der 2. MP stehende Grundstück Nr. 92/2 und um die im Eigentum der 5. MP stehenden Grundstücke Nr. 67/1 und (südlich daran anschließend) Nr. 67/2. Die Grundstücke Nr. 92/1 und 92/2 weisen die Widmung "Weingarten" auf, die Grundstücke Nr. 67/1 und 67/2 die Widmung "landwirtschaftlich genutzt". Zwischen dem Grundstück Nr. 67/1 der 5. MP und einem im Norden verlaufenden öffentlichen Weg Nr. 2145/2 liegt das als Weingarten genutzte Grundstück Nr. 74 der Beschwerdeführerin und östlich daran anschließend das als Weingarten genutzte Grundstück Nr. 73 des Karl B.

Mit Bescheid vom 6. September 1993 räumte die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (AB) den MP über ihren Antrag zu Lasten der Grundstücke Nr. 73 des Karl B. und Nr. 74 der Beschwerdeführerin ein Bringungsrecht ein, das im Spruch des Bescheides der AB wie folgt beschrieben wurde:

"Dieses besteht aus dem zeitlich unbegrenzten Recht, auf den belasteten Grundstücken zum Zwecke der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der begünstigten Grundstücke zu gehen und zu fahren, insbesondere zum Zwecke des Transportes von Lesegut und von zur Bearbeitung der Grundstücke erforderlichen Gerätschaften auf folgender Trasse:

Ausgehend vom öffentlichen Weg Nr. 2145/2, KG G, über eine bestehende Auffahrtsrampe (welche auf das Grundstück Nr. 74 führt) weiter zwischen jenen zwei Weingartenzeilen im Bereich der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 73 und 74, auf diesen Grundstücken in südliche Richtung bis zum Grundstück Nr. 67/1, KG G. Die Wegbreite beträgt 2 m, die Gesamtlänge 95 m."

Die MP wurden des weiteren zur Leistung einer Entschädigung von S 5.400,-- an die Eigentümer der belasteten Grundstücke verhalten, wovon S 3.975,-- der Beschwerdeführerin und S 1.425,-- dem Eigentümer des Grundstückes Nr. 73 gebühren sollten. In der Begründung ihres Bescheides vertrat die AB die Auffassung, daß das eingeräumte Bringungsrecht die zweckmäßigste, kürzeste und kostengünstigste Aufschließung der begünstigten Grundstücke darstelle. Diese Trasse sei gefahrlos befahrbar, ein Ausbau sei nicht erforderlich. Die alternativ in Betrachtung gezogene Möglichkeit, zu den notleidenden Grundstücken ausgehend von einem unbestrittenen Rechtsweg in südlicher Richtung über das an das Grundstück Nr. 92/1 westlich anschließende Grundstück Nr. 95/1 zu gelangen, lasse eine Gefährdung von Menschen und Sachen in Benützung dieser Trasse nicht ausschließen, weil diese Trasse Neigungen über 17 % aufweise und der Boden sehr sandig sei, sodaß die Trasse befestigt werden müsse, wobei sich im nördlichen Bereich zusätzlich noch ein Wassergraben befinde, der überquert werden müßte.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß ihr Grundstück Nr. 74 zur Einräumung des beantragten Bringungsrechtes nicht, jedenfalls aber weniger geeignet sei als die in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides erwähnte Alternativtrasse. Während diese Alternativtrasse eine maximale Steigung von nur 17 % aufweise, befinde sich beim Grundstück der Beschwerdeführerin in einem Teilbereich eine Steigung von mehr als 25 % im Bereiche der Auffahrt. Der bei der Alternativtrasse erwähnte Wassergraben bestehe nicht wirklich, sondern stelle lediglich eine kleine Vertiefung dar, welche das Begehen oder Befahren nicht hindere. Die Beschwerdeführerin habe ihren Weingarten erst vor kurzem ausgesetzt; in einigen Jahren werde nach entsprechendem Wachstum ein geringerer Streifen als 2 m für das Befahren übrig bleiben. Wenn im Bescheid der AB behauptet werde, daß die Beschwerdeführerin auch selbst mit Traktor und Anhänger im Bereich des eingeräumten Bringungsrechtes fahre, sei dies unzutreffend, weil von ihr äußerstenfalls mit dem Traktor dort gefahren werde, nie jedoch mit Geräten oder Anhängern, die über die Traktorbreite hinausragten, was aber für die Berechtigten aus dem Bringungsrecht erforderlich wäre. Durch das Befahren des Grundstreifens würde auch eine Bodenverdichtung eintreten, die für die Weingartenkultur von Nachteil wäre; auch die Gefahr der Auswaschung und des Abtragens der Bodenschichte sei zu bedenken. Die 5. MP habe bisher ihr Grundstück nicht bewirtschaftet und werde es mit Sicherheit auch in Hinkunft nicht tun, da sie über keine landwirtschaftlichen Maschinen und über keinen Betrieb verfüge. Für deren Grundstück sei daher keinesfalls ein Bringungsrecht erforderlich. Das eingeräumte Bringungsrecht wäre für die Beschwerdeführerin mit einem so großen Nachteil verbunden, daß der dadurch eventuell gegebene Vorteil für die Berechtigten jedenfalls mehr als aufgewogen würde. Zudem wäre die Variante 1 als günstiger anzusehen.

Der der belangten Behörde als Senatsmitglied angehörende landwirtschaftliche Sachverständige erstattete einen Erhebungsbericht, in welchem im wesentlichen folgendes ausgeführt wurde:

Eine am 25. November 1994 vorgenommene Besichtigung der Örtlichkeit habe ergeben, daß das als Alternativvariante in Betracht gezogene Grundstück Nr. 95/1 gegen Süden mit 17 % abfalle. Der Wassergraben bestehe in der Natur nur als Bodenvertiefung, die allerdings nach Regenfällen Wasser führen könne, während bei Trockenheit der Graben kein Hindernis darstelle. Die Variante 2 im Sinne des eingeräumten Bringungsrechtes führe vom öffentlichen Weg über eine steile Rampe mit einer Steigung von bis 25 % auf das Grundstück Nr. 74 der Beschwerdeführerin. Die weitere Durchfahrt entlang der Grenze der Grundstücke Nr. 73 und Nr. 74 verlaufe jedoch nahezu eben. Es handle sich dabei um die Durchfahrt zwischen zwei Weinstockreihen, wobei die Entfernung zwischen den Reihen etwa 2,4 m betrage. Die Weinstöcke auf dem Grundstück Nr. 73 wüchsen nicht gerade, sondern neigten sich nach Osten, sodaß die Durchfahrt derzeit breiter als 2 m sei. Die Benützung eines 2 m breiten Grundstreifens zwischen den Reihen sei gefahrlos und es sei nicht nötig, Weinstöcke zu entfernen. Die Abfahrt auf Grundstück Nr. 67/1 der 5. MP und von dort weiter auf Grundstück Nr. 92/2 müßte durch das Aufschütten einer Rampe auf dem Grundstück Nr. 67/1 und das Abtragen einer Böschung zwischen diesem Grundstück und dem Grundstück Nr. 92/2 bewerkstelligt werden. Die Eigentümer dieser Grundstücke hätten sich bereit erklärt, die Zufahrt auf ihren Grundstücken herzustellen. Andere Möglichkeiten zur Erschließung der notleidenden Grundstücke erschienen nicht zweckmäßig. So scheitere etwa eine Durchfahrt durch Grundstück Nr. 73 ohne Berührung des Grundstückes Nr. 74 an der schwierigen Auffahrt, da von der Rampe aus nicht zwischen die betreffenden Reihen eingebogen werden könne, sodaß einige Stöcke gerodet werden müßten. Es stünden auch die Reihen enger als auf der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 73 und Nr. 74, weshalb auch die Durchfahrt schmäler als 2 m wäre. Auf anderen Grundstücken könne eine Zufahrt nicht ohne umfangreiche Schubarbeiten hergestellt werden. Auch wenn die Weinstöcke auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin älter würden, würde sich die Breite der Stöcke nicht wesentlich ändern; die Stöcke befänden sich bereits im Ertrag und hätten nahezu ihre endgültige Größe. Die Breite von 2 m reiche für mittlere Zugmaschinen und kleinere Geräte aus; nur darüber hinausragende Geräte oder größere Anhänger könnten Beschädigungen an der Kultur verursachen. Da das Bringungsrecht ausschließlich die Fahrten zum Zweck der Bewirtschaftung der notleidenden Grundstücke regele, könne man davon ausgehen, daß die Frequenz der Fahrten sehr gering sei. Schwere Maschinen könnten auf einer Trasse von 2 m ohnehin nicht geführt werden, könnten aber in den vorhandenen Weingärten 92/1 und 92/2 auch nicht eingesetzt werden, da dort die Entfernung zwischen den Reihen nicht größer sei als auf Grundstück Nr. 74. Diese Anordnung der Reihen entspreche der ortsüblichen Form der Bewirtschaftung, eine andere Art der Bewirtschaftung scheine wegen der Gefälleverhältnisse auch bei den Grundstücken Nr. 67/1 und 67/2 nicht angebracht. Der Eigentümer dieser Grundstücke habe anläßlich der Erhebung am 25. November 1993 den Wunsch geäußert, seine Grundstücke als Weingärten zu bewirtschaften. Da die Beschwerdeführerin keine Weinstöcke roden müsse, sondern in der bisherigen Form weiter wirtschaften könne, beschränke sich ihr Nachteil darauf, daß die Ranken zeitgerecht "eingestrickt" werden müßten, damit weghängende Ranken nicht beschädigt würden. Für die Grundstücke Nr. 67/1 und 67/2 würde erstmals eine maschinelle Bewirtschaftung ermöglicht, für die Weingärten 92/1 und 92/2 würde die Bewirtschaftung durch Maschineneinsatz wesentlich erleichtert.

Mit Verständigung vom 14. Dezember 1993 setzte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin von diesem Erhebungsergebnis mit der Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme in Kenntnis. Eine solche Stellungnahme unterblieb. In der am 18. Jänner 1994 stattgefundenen Verhandlung vor der belangten Behörde erklärte die mit ihrem Rechtsvertreter erschienene Beschwerdeführerin, die Auffahrt auf ihr Grundstück sei viel zu steil, während die Variante 1 höchstens 5 % Steigung habe. Sie sehe die Notlage ein, eine Zufahrt solle aber auf Variante 1 erfolgen. Die Beschwerdeführerin selbst fahre nur mit einem kleinen Traktor mit 1,35 m Breite.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der AB vom 6. September 1993 als unbegründet ab. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften, gestützt auf den Erhebungsbericht ihres landwirtschaftlichen Sachverständigen, im wesentlichen aus, daß die von der Beschwerdeführerin als günstiger angesehene Variante 1 nur die "zweitbeste" Möglichkeit darstelle, die notleidenden Grundstücke zu bewirtschaften. Einerseits erwiesen sich die Geländeverhältnisse auf Grundstück Nr. 95/1 mit einem Gefälle von 17 % und einem - wenn auch meist überfahrbaren - Graben ungünstiger als bei Variante 2, andererseits müßte die Trasse auf Parzelle 95/1 zur Gänze auf diesem Grundstück geführt werden, was eine Belastung nur eines einzelnen Grundeigentümers bedeuten würde und was weiters zur Folge hätte, daß unter Umständen die östlichste Weingartenzeile im Bereich des Trassenverlaufes entfernt werden müßte. Damit entstünde aber dem Grundeigentümer der Parzelle 95/1 ein wirtschaftlicher Schaden, der bei Variante 2 vermieden werden könne. Die Variante 2 weise zwar eine etwas größere Länge auf, habe aber den entscheidenden Vorteil, daß erstens die Wegtrasse auf zwei Grundstücke aufgeteilt werden könne und zweitens zwischen den bestehenden Weingartenzeilen durchgefahren werden könne, sodaß von einem vernachlässigbaren wirtschaftlichen Nachteil für die belasteten Grundeigentümer gesprochen werden könne. Der Nachteil bestehe überhaupt nur in der Tatsache, daß durch die etwas stärkere Frequenz auch eine größere Bodenverdichtung stattfände und damit auf lange Sicht gesehen ein gewisses Wachstumshemmnis in Kauf genommen werden müsse. Zum Einwand, daß auch die Auffahrtsrampe bei Variante 2 25 % aufweise, sei festzuhalten, daß diese Steigung nur im Bereich der Rampe und damit in einem relativ kurzen Bereich vorzufinden sei und die Benützung dieses Wegstücks auch deshalb keine Schwierigkeiten bereiten würde, weil beim Abtransport des Erntegutes mit vollem Fahrzeug diese Steigung bergab gefahren werde. Bei Variante 1 hingegen müßte die vorhandene Steigung bergauf bewältigt werden. Um Beschädigungen an ihren Weinstöcken zu verhindern, müsse die Beschwerdeführerin lediglich durch "Einstricken" der weghängenden Ranken für eine freie Luftraumbreite von 2 m sorgen, welche Tätigkeit der belangten Behörde auf Grund des geringen Arbeitsaufwandes als durchaus zumutbar erscheine. Die Trasse sei nur in einer Breite von 2 m eingeräumt, ein Befahren mit breiteren Maschinen sei den aus dem Bringungsrechte Begünstigten ohnehin nicht gestattet. Das Ausmaß der befürchteten Bodenschäden werde sich nicht nachteilig auswirken, weil es auf Grund der verwendeten Maschinen von maximal 2 m Breite und der durch die Weingartenbewirtschaftung bedingten geringen Frequenz der Fahrten sehr klein gehalten werden würde. Berücksichtige man die Tatsache, daß keine zusätzliche Fläche der Nutzung durch die Beschwerdeführerin entzogen werde, sondern nur eine Fläche, deren Verwendungszweck schon bisher ein Fahr- oder Gehweg zu den eigenen Weingartenzeilen gewesen sei, so müsse der für die Beschwerdeführerin entstehende Nachteil als wesentlich geringer eingestuft werden als der für die Antragsteller resultierende Vorteil, der in der erstmaligen Bewirtschaftungsmöglichkeit der notleidenden Grundstücke zu sehen sei. Nach den Angaben der Antragsteller und den örtlichen Erhebungen liege der Grund der bisher unterlassenen Bewirtschaftung der notleidenden Grundstücke vor allem darin, daß es an einer geeigneten Zufahrt gefehlt habe.

Dieser Bescheid wurde auf Grund eines der belangten Behörde offensichtlich unterlaufenen Versehens in der Zustellverfügung nicht dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin, sondern zum einen der Beschwerdeführerin persönlich und zum anderen jenem Rechtsanwalt zugestellt, der den bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor der belangten Behörde als Substitut vertreten hatte, wobei die belangte Behörde ebenso irrtümlich von einem Bevollmächtigungsverhältnis des als Substitut einschreitenden Rechtsanwaltes durch die 1.- und die 2. MP ausging. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof wurde ihr der angefochtene Bescheid persönlich am 3. Mai 1994 zugestellt, während ihrem ausgewiesenen Rechtsvertreter der Bescheid am 5. Mai 1994 dadurch zugegangen war, daß der als Substitut einschreitende Rechtsanwalt die ihm zugestellte Ausfertigung des Bescheides dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin übermittelt hatte. Nach Beschwerdeerhebung fertigte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid neuerlich aus, wobei sie diesmal den gegenüber der belangten Behörde bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin in die Zustellverfügung aufnahm. Die Beschwerdeführerin erklärte, ihre Beschwerde ungeachtet der neuerlichen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides inhaltlich aufrecht zu erhalten.

Es macht die Beschwerdeführerin mit ihrer gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie jene infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt die Bescheidaufhebung mit der Erklärung, sich in ihren Rechten insofern als verletzt anzusehen, als die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ihr durch einen ungesetzlichen Zustellvorgang zukommen lassen, das Erkenntnis mangelhaft begründet, ein fehlerhaftes und mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt, einen mangelhaften Spruch gefällt und das erstinstanzlich eingeräumte Bringungsrecht über ihr Grundstück bestätigt habe, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht erfüllt gewesen seien.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die MP haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 des Niederösterreichischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973 (im folgenden: GSLG) hat die Agrarbehörde ein Bringungsrecht auf Antrag des Eigentümers von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, einzuräumen, wenn

1.

die zweckmäßige Bewirtschaftung der Grundstücke oder die Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Möglichkeit besteht, und

2.

dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das öffentliche Interessen, insbesondere auf näher genannten Gebieten, nicht verletzt und den in § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht.

Nach der letztgenannten Bestimmung hat die Agrarbehörde Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes so festzusetzen, daß

1.

die durch die Einräumung und Ausübung eines Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen;

2.

weder Menschen noch Sachen gefährdet werden;

3.

fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und

4.

möglichst geringe Kosten verursacht werden.

Die Beschwerdeführerin rügt eine unzureichende Bestimmtheit des im angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltenen Spruches, mit welchem das bekämpfte Bringungsrecht eingeräumt worden war. Dessen Beschreibung sei mangelhaft, weil sich nicht ergebe, ob das Bringungsrecht zur Herstellung oder Ausgestaltung oder lediglich zur Benützung einer bereits bestehenden Bringungsanlage eingeräumt worden sei. Die spruchgemäß getroffene Anordnung sei nicht nachvollziehbar; Art, Umfang und Inhalt des Bringungsrechtes würden nicht eindeutig festgesetzt. Der Spruch hätte festlegen müssen, in welchem Zustand sich die Trasse zwischen Grundstück Nr. 73 und 74 befindet; die Einschränkung auf eine Wegbreite von 2 m lasse keinen Schluß zu, mit welchen Zugfahrzeugen und Gerätschaften gefahren werden dürfe. Anhänger müßten zwingend über die Trassenführung hinaus auf das Grundstück der Beschwerdeführerin bewegt werden, sodaß sie genötigt wäre, ihre östlichste Weingartenzeile zu roden. Das Bringungsrecht in der eingeräumten Form habe "keine Konturen". Auf welche Weise die 5. MP ihre Grundstücke landwirtschaftlich nutzen würden, sei durchaus offen; das eingeräumte Bringungsrecht schließe ein Befahren mit schweren Lastfahrzeugen nicht aus, was zumal für die erforderliche Planierung zwischen Grundstück Nr. 67/1 und 67/2 ohnehin erforderlich sei, ohne daß eine solche Einplanierung vom Bringungsrecht umfaßt werden sollte.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken nicht. Der oben wiedergegebene Spruch des erstinstanzlichen Bescheides setzt Art, Inhalt und Umfang des eingeräumten Bringungsrechtes ausreichend deutlich fest. An Verlauf und Lage jener Grundstücksfläche, über die von den MP zu den im Spruch des Bescheides ausreichend beschriebenen Zwecken gegangen und gefahren werden darf, kann bei verständiger Lesart des Bescheides kein Zweifel bestehen. Diese Flächen liegen zwischen der östlichsten Weinstockzeile des Grundstückes Nr. 74 und der westlichsten Weinstockzeile des Grundstückes Nr. 73 und umfassen die Mitte des solcherart eingegrenzten Streifens in einer maximalen Breite von 2 m. Entgegen der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Auffassung reicht die Angabe der Breite der vom Fahrtrecht betroffenen Fläche dazu aus, die Beschwerdeführerin davor zu schützen, daß die MP diese Fläche mit Fahrzeugen befahren, die breiter als 2 m sind. Mit der Behauptung, die eingeräumte Wegbreite reiche nicht dazu aus, um den Bringungsbedarf der Grundstücke der MP zu decken, setzt sich die Beschwerdeführerin in Widerspruch mit den Ausführungen des der belangten Behörde angehörenden landwirtschaftlichen Sachverständigen, denen sie im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten war. Soweit die Beschwerdeführerin im weiteren Verlauf ihrer Beschwerdeausführungen die Ermittlungsergebnisse des landwirtschaftlichen Sachverständigen der belangten Behörde als unrichtig darzustellen versucht, muß ihr dies vor dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt bleiben, wenn sie es im Verwaltungsverfahren trotz gebotener Gelegenheit verabsäumt hatte.

Die Beschwerdeführerin bringt des weiteren vor, die 5. MP habe keinen landwirtschaftlichen Betrieb und sei Pensionist. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 1 GSLG die Einräumung eines Bringungsrechtes nicht bloß für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung der Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, sondern auch für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung bloß der zweckmäßigen Bewirtschaftung von Grundstücken vorsieht, soweit diese Grundstücke land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, welchen letzteren Umstand aber auch die Beschwerdeführerin für die Grundstücke der 5. MP nicht zu bestreiten vermag. Daß die 5. MP vor einiger Zeit ein im Süden der nunmehr notleidenden Grundstücke gelegenes Grundstück verkauft hat, ist eine in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, die schon wegen ihres Verstoßes gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot unbeachtlich ist.

Daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die in § 3 Abs. 1 Z. 1 GSLG angeordnete Interessenabwägung nicht vorgenommen hätte, wirft ihr die Beschwerdeführerin zu Unrecht vor. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die gesetzlich vorgesehene Interessenabwägung vorgenommen und auf der Basis der schlüssigen Bekundungen ihres landwirtschaftlichen Sachverständigen die Erwägungen ihrer Interessenabwägung auch nachvollziehbar begründet. Die Beschwerdeführerin ist den ihr bekannt gegebenen Erwägungen des Erhebungsberichtes vor der belangten Behörde nicht mit Sachargumenten entgegengetreten. Ihre nunmehr dazu vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Ausführungen verstoßen im Bereiche ihrer nunmehrigen Tatsachenbehauptungen zur Gänze gegen das Neuerungsverbot, weshalb es sich erübrigt, in eine Untersuchung der Tragweite ihrer auf unzulässige Neuerungen gestützten Schlußfolgerungen einzutreten. Ob der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gewählte Begründungsansatz, die Verteilung der Belastung durch ein Bringungsrecht auf zwei belastete Grundstücke anstatt auf eines wie bei Variante 1 vermindere den mit dem Bringungsweg verbundenen Nachteil, für sich allein betrachtet einer rechtlichen Überprüfung standhalten könnte, kann dahingestellt bleiben, weil diesem Begründungselement, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend aufzeigt, angesichts der übrigen in die Interessenabwägung eingeflossenen Aspekte keine tragende Bedeutung zukam. Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, daß es im Falle einer hypothetischen Grundstücksteilung im Bereiche der begünstigten Grundstücke zu einer "Potenzierung" der Fahrten über ihr Grundstück kommen würde, erweist sich dieses Argument schon deswegen als untauglich, weil es in dieser Form von jedem durch ein Bringungsrecht belasteten Grundeigentümer gegen jedes Bringungsrecht vorgetragen werden könnte und damit im Ergebnis das gesetzlich normierte Rechtsinstitut des Bringungsrechtes als solches in Frage stellt. Daß die Beschwerdeführerin, wie sie vorbringt, die einzige unter den Streitparteien sei, welche einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, trägt angesichts der schon zuvor gegebenen Erinnerung an den Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 1 GSLG zur Lösung des Beschwerdefalles nichts bei.

Inwieweit die Beschwerdeführerin schließlich durch das der belangten Behörde bei der Zustellung des angefochtenen Bescheides unterlaufene Versehen in der im Beschwerdepunkt genannten Weise in ihren Rechten verletzt worden sein soll, führt sie in den Beschwerdegründen nicht mehr aus und ist auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994070090.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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