TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/9 96/01/0568

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.1997
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

B-VG Art7 Abs1 impl;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs3;
StGG Art2 impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der G in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. April 1996, Zl. Gem(Stb)-36.090/6-1996/Sch, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. April 1996 den Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen Rumäniens, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen hat.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Verleihungsantrages der Beschwerdeführerin, die unbestritten erst seit 2. Juli 1990 ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz in Österreich hat, damit begründet, daß im Fall der Beschwerdeführerin ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG nicht vorliege. Die Beschwerdeführerin habe - mit diesem Sachverhalt konfrontiert - lediglich ausgeführt, unter traurigen Verhältnissen als Asylwerberin nach Österreich gekommen zu sein. Sie habe in ihrem Heimatland keine Bindungen und keine Existenzgrundlage mehr. Sie habe sich in Österreich eine Existenz aufgebaut und widme sich vorbildlich dem Gemeinwesen. So erledige sie Dolmetschertätigkeiten und unentgeltliche Reinigungsarbeiten im Pfarrhof sowie im Brucknermuseum. Dem sei entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin nicht als Flüchtling anerkannt worden sei, die Ausübung eines Berufes und materielle Absicherung der Existenz eine Selbstverständlichkeit darstellten und daß weder dem Erlernen der deutschen Sprache noch der Dolmetschertätigkeit der Stellenwert eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes beigemessen werden könne. Die unentgeltliche Mitarbeit in der Pfarre A. sei zwar bemerkenswert, stelle aber ebenfalls keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund dar.

Gemäß § 10 Abs. 3 StbG kann bei Verleihung der Staatsbürgerschaft von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 (seit zehn Jahren ununterbrochen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik) abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1996, Zl. 96/01/0573, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Die Beschwerdeführerin führt zur Darlegung des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes aus, sie lebe seit mehr als sechs Jahren in einer Familie, die sich seit Jahren durch unentgeltliche Dolmetschertätigkeiten, Maurer-, Elektro-, Malerei-, Gärtner- und Reinigungsarbeiten für die Pfarre und die Gemeinde im öffentlichen Interesse engagiere. Diese Umstände hätten im Zusammenhang mit dem guten Leumund und dem Mangel an Beziehungen der Beschwerdeführerin zu Rumänien als besonders berücksichtigungswürdige Gründe anerkannt werden müssen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, diesen Sachverhalt festzustellen. Da die Mindestzeit (des ununterbrochenen Aufenthaltes in Österreich) von vier Jahren um zwei Jahre überschritten sei und die "Usance" bestehe, ab einer Aufenthaltsdauer ab sechs Jahren auch ohne Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes die Staatsbürgerschaft zu verleihen, hätte dies auch im Fall der Beschwerdeführerin erfolgen können.

Der belangten Behörde ist beizupflichten wenn sie die ins Treffen geführte Absicherung der Existenz nicht als besonders berücksichtigungswürdigen Grund gewertet hat, weil die Sicherung des Lebensunterhaltes - in der Regel durch eine unselbständige Erwerbsbetätigung - gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG eine zwingende Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft darstellt. Die geltend gemachten Dolmetscher- und Reinigungstätigkeiten, die zumindest teilweise unentgeltlich vorgenommen wurden, vermögen ebensowenig das Vorliegen eines solchen Grundes aufzuzeigen, hat doch die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet, daß eine dieser Tätigkeiten etwa in einen Bereich fiele, für den in Österreich ein akuter Mangel an Arbeitskräften verzeichnet würde. Soweit es sich bei den aufgezählten Tätigkeiten - zufolge des nicht näher konkretisierten Vorbringens ist nicht ersichtlich, welche Familienmitglieder welche Tätigkeiten ausgeführt haben - um unentgeltliche Bemühungen für eine Pfarre handelt, kann auch daraus ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund, der für eine vorzeitige Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin spräche, nicht abgeleitet werden. Ebensowenig kann in dem ins Treffen geführten guten Leumund oder aus dem Mangel von Bindungen in Rumänien ein derartiger Grund ersehen werden (vgl. abermals das oben zitierte Erkenntnis). Dem in dieser Hinsicht gerügten Verfahrensmangel der Unterlassung entsprechender Feststellungen kommt somit keine Bedeutung zu.

Aus der geltend gemachten "Usance" der Verwaltungsbehörden, ab sechs Jahren Aufenthalt auch ohne Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes die Staatsbürgerschaft zu verleihen, kann die Beschwerdeführerin keinen Rechtsanspruch ableiten, sodaß sie durch ein allenfalls als Abgehen von solchen Gepflogenheiten zu wertendes Vorgehen der Behörde in keinem subjektiven Recht verletzt worden ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010568.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten