Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision der Datenschutzbehörde in 1030 Wien, Barichgasse 40-42, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2019, Zl. W258 2223924-1/6E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Musikverein S vertreten durch Obfrau B K in D, und 2. Ing. S N in D), denBeschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Aus dem angefochtenen Erkenntnis ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:
2 Der Zweitmitbeteiligte war bis 9. Februar 2018 Mitglied des erstmitbeteiligten Vereins. Frau K ist die vertretungsbefugte Obfrau dieses Vereins.
3 Der Zweitmitbeteiligte richtete am 23. August 2018 ein Schreiben an die Obfrau des Erstmitbeteiligten und begehrte Auskunft gemäß Art 15 DSGVO über seine personenbezogenen Daten, die der Erstmitbeteiligte gespeichert habe. In einem Antwortschreiben des Erstmitbeteiligten wurde darauf verwiesen, dass sämtliche personenbezogenen Daten gelöscht worden seien.
4 Der Zweitmitbeteiligte erhob in der Folge Beschwerde an die belangte Behörde (im Folgenden: Revisionswerberin) wegen Verletzung seines Rechts auf Auskunft.
5 2. Mit Bescheid der Revisionswerberin vom 21. August 2019 wurde die Beschwerde des Zweitmitbeteiligten abgewiesen. Die Revisionswerberin begründete die Abweisung zusammengefasst dahingehend, dass der Zweitmitbeteiligte ursprünglich ein datenschutzrechtliches Auskunftsbegehren an den Erstmitbeteiligten gerichtet habe. Der Zweitmitbeteiligte habe in seinem Antrag an die Revisionswerberin ausdrücklich Frau K als Beschwerdegegnerin bezeichnet, sodass Gegenstand des Verfahrens die behauptete Verletzung des Rechts auf Auskunft durch diese sei. An Frau K habe der Zweitmitbeteiligte jedoch zu keinem Zeitpunkt ein Auskunftsbegehren gerichtet, weshalb die Beschwerde abzuweisen sei.
6 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Zweitmitbeteiligten Folge, hob den bekämpften Bescheid auf und verwies gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG die Rechtssache an die Revisionswerberin zurück. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
7 In seiner Begründung führte es zusammengefasst aus, der Zweitmitbeteiligte habe zwar in der Beschwerde an die Revisionswerberin Frau K als Beschwerdegegnerin genannt, ohne dieser die Bezeichnung „Obfrau“ beizufügen. Dies stehe in Widerspruch zu dem dieser Datenschutzbeschwerde angefügten Schreiben, das an Frau K als Obfrau des Erstmitbeteiligten gerichtet gewesen sei. Jedoch habe der Zweitmitbeteiligte als Adresse der Beschwerdegegnerin diejenige Anschrift des Erstmitbeteiligten angegeben, wobei es sich um die im Vereinsregister hinterlegte Adresse des Erstmitbeteiligten handle. Auch habe der Zweitmitbeteiligte in seinen Beschwerdeausführungen auf sein Auskunftsbegehren an den Verein verwiesen und das entsprechende Schreiben seinem Antrag beigelegt. Auch die ebenso vorgelegte Antwort stamme vom Zweitmitbeteiligten bzw. von Frau K als Obfrau des Vereins. Unter Berücksichtigung dieser Aktenlage und des Umstandes, dass die unrichtige Bezeichnung des Beschwerdegegners zur Abweisung der Beschwerde führen müsse, habe die Bezeichnung des Beschwerdegegners im verfahrensleitenden Antrag nur dahingehend verstanden werden können, dass sich der Zweitmitbeteiligte bei der Bezeichnung des Beschwerdegegners insofern vergriffen habe, als er den Zusatz „als Obfrau des Erstmitbeteiligten“ vergessen habe.
8 Da die Revisionswerberin aufgrund der Rechtsansicht, die Datenschutzbeschwerde sei gegen die falsche Person gerichtet gewesen, kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, sei es im Sinne einer raschen und kostengünstigeren Erledigung, dass die Rechtssache an die Behörde zurückverwiesen werde.
9 4. Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der belangten Behörde.
10 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 5.1. Die Revision bringt zur Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung ab, weil es davon ausgehe, dass ein eindeutiges Parteienvorbringen umzudeuten sei.
14 Dem ist zu erwidern, dass das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall ausgehend von den Feststellungen zum Akteninhalt und dem Beschwerdevorbringen des Zweitmitbeteiligten im Verfahren vor der Datenschutzbehörde davon ausging, dass sich der Rechtsschutzantrag des Zweitmitbeteiligten erkennbar gegen den Erstmitbeteiligten richtete und die Anführung des Namens der Obfrau als „Beschwerdegegnerin“ diese nur in ihrer Funktion als Vertreterin des Vereins bezeichnete.
15 Vor dem Hintergrund dieser Begründung im angefochtenen Erkenntnis ist die Revision auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden kann bzw. dass einer vertretbaren Auslegung keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann erfolgreich mit Revision bekämpfbar, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen wäre (vgl. etwa VwGH 28.9.2020, Ra 2020/04/0044, uva.).
16 Inwiefern die rechtliche Beurteilung im Zusammenhang mit der Bezeichnung der Parteien im Sinne des § 24 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 davon abweichend behandelt werden sollte, ist nicht ersichtlich, zumal es sich auch hier um eine im Einzelfall auszulegende - allenfalls der Berichtigung zugängliche - Parteienerklärung handelt.
17 5.2. Insofern die Revision ferner vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe die Rechtssache zu Unrecht zurückverwiesen, ist dem zu entgegnen, dass die fallbezogene Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Auslegung dieser Bestimmung keine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft, zumal sich das vom Verwaltungsgericht erzielte Ergebnis - geeignete Ermittlungsschritte der Verwaltungsbehörde fehlen - als zutreffend erweist (vgl. dazu VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063 [Pkt. II.2.6.3] und ferner VwGH 8.8.2019, Ra 2018/04/0115).
18 5.3. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. April 2021
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019040138.L00Im RIS seit
21.06.2021Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021