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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofräte Dr. Thoma und MMag. Maislinger als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision von Dr. P P, Rechtsanwältin in S, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Juni 2020, L521 2231218-1/2E, betreffend Versagung der Rückzahlung von Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Für ihre am 14. Jänner 2020 beim Bezirksgericht Salzburg eingebrachte Mahnklage über € 5.113,43 entrichtete die Revisionswerberin Pauschalgebühr nach TP 1 GGG im Betrag von € 314,--.
Nach Erhebung eines Einspruchs durch die dort Beklagte und außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen zog die Revisionswerberin die Klage mit Schriftsatz vom 26. Februar 2020 unter Anspruchsverzicht zurück, was dem Bezirksgericht laut Beschluss vom 4. März 2020 zur Kenntnis diente.
In ihrer Eingabe vom 20. April 2020 beantragte die Revisionswerberin die Erstattung der halben Pauschalgebühr gemäß Anmerkung 2 zu TP 1 GGG, weil die Klage auf Grund eines mit der Beklagten geschlossenen Vergleichs vor der ersten Verhandlung unter Anspruchsverzicht zurückgezogen worden sei.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 2020 erfolgte Versagung der Rückzahlung der Pauschalgebühr als unbegründet ab, wies einen Antrag der Revisionswerberin auf Kostenersatz als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 25. Februar 2021, E 2044/2020-11, die Behandlung dieser Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat:
Die vorliegende Beschwerde rüge - so die Begründung dieses Beschlusses - die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.
Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob der Revisionswerberin nach Anmerkung 2 zu TP 1 GGG die halbe Pauschalgebühr zu erstatten sei, insoweit nicht anzustellen.
Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe:
Dem Gesetzgeber stehe bei der Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Es stehe ihm frei, an formale äußere Tatbestände anzuknüpfen, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu ermöglichen (vgl. VfSlg. 18.070/2007). Eine strenge Äquivalenz im Einzelfall in dem Sinn, dass die Gebühren dem bei Gericht verursachten Aufwand entsprechen müssten, sei nicht erforderlich (vgl. VfSlg. 19.666/2012).
4 In der sodann gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Juni 2020 erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin „in ihrem Recht, dass die Ausgestaltung des Gerichtsgebührensystems in sich konsistent sein“ müsse, verletzt.
Sie beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache gemäß § 42 Abs. 1 und 4 VwGG selbst zu entscheiden und der Revision Folge zu geben, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und Aufwandersatz zuzusprechen.
Die Zulässigkeit ihrer Revision legt sie zusammengefasst im Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit der Anmerkung 2 zu TP 1 GGG mit der Forderung dar, auf den revisionsgegenständlichen Sachverhalt die in Rede stehende Bestimmung analog anzuwenden.
5 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 14.1.2020, Ra 2019/16/0216, mwN).
6 So gibt es weder ein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung noch ein abstraktes Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren oder auf „richtige Entscheidung oder Rechtsanwendung“ oder auf „richtige und ordnungsgemäße Abgabenbemessung“ (vgl. VwGH 14.1.2020, Ra 2019/16/0216, mwN).
7 Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, also des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas stellt (vgl. etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2017/16/0076, mwN).
8 Mit ihrem Revisionspunkt wendet sich die Revisionswerberin gegen die gesetzliche Ausgestaltung des Gerichtsgebührensystems; die Überprüfung von Gesetzen fällt jedoch nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (Art. 133 Abs. 5 B-VG).
Die Frage der Ausgestaltung des Gerichtsgebührengesetzes war im Übrigen Gegenstand des zitierten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2021, auf dessen Begründung verwiesen wird.
9 Soweit im Revisionspunkt auch die Anwendung des „Gerichtsgebührensystems“ auf den Revisionsfall angesprochen sein sollte, umschreibt er damit keinen tauglichen Prozessgegenstand.
10 Die vorliegende Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 12. Mai 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021160030.L00Im RIS seit
07.06.2021Zuletzt aktualisiert am
28.06.2021