Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers DI F*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin Mag. S*****, vertreten durch Mag. Sonja Fragner, Rechtsanwältin in Krems, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 28. Jänner 2021, GZ 2 R 91/20z-49, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 29. Juli 2020, GZ 7 Fam 10/18a-43, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden, soweit sie über den unbekämpft gebliebenen Zuspruch einer Ausgleichszahlung von 36.144 EUR hinausgehen, aufgehoben.
Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zurückverwiesen und diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
[1] Die Streitteile heirateten am 16. Mai 2013 und trennten sich am 1. 4. 2016. Die Ehe wurde aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes mit Urteil vom 15. 3. 2018 geschieden. Es ist zwischen den ehemaligen Eheleuten nicht mehr strittig, dass der Hälfteanteil der Frau an der Liegenschaft mit der Ehewohnung dem Mann übertragen wird, er die zur Finanzierung aufgenommenen Kredite zu übernehmen und zumindest eine Ausgleichszahlung von 36.144 EUR zu leisten hat.
[2] Schon im Rekursverfahren ging es – wie im Revisionsrekursverfahren – allein um die Frage, ob und in welcher Höhe eine noch höhere Ausgleichszahlung zu leisten ist. Der Mann wendet sich (nur) dagegen, dass ihm eine weitere Ausgleichszahlung in Höhe von 36.206 EUR (insgesamt also 72.350 EUR) auferlegt wurde.
[3] Zum wesentlichen Vermögensgut, der Liegenschaft mit der Ehewohnung (Haus), stellte das Erstgericht fest, dass der Verkehrswert am 7. 12. 2018 315.500 EUR betrug. Der Mann hatte zur Anschaffung der Ehewohnung 70.000 EUR (aus Schenkungen Dritter bzw aus vorehelich angesparten Mitteln) „beigebracht“. Die Frau hatte einen vorehelich angesparten Betrag von 12.000 EUR zur Finanzierung des Hauses verwendet. Ein dem Mann gewährter Gehaltsvorschuss in Höhe von 7.200 EUR wurde für die Anschaffung einer Küche verwendet und ist bereits beglichen. Der Frau wurde „im Winter 2015“ ein Gehaltsvorschuss in Höhe von 7.300 EUR gewährt, wobei sie „das Geld für eine Terrassenüberdachung verwendete“. Dieser Vorschuss wurde und wird von ihr (in monatlichen Raten von 60,80 EUR) durch Gehaltsabzüge abgestattet. Zu weiteren Geldzuwendungen des Vaters des Mannes (insgesamt 48.150 EUR) während der Ehe steht nicht fest, wofür diese verwendet wurden.
[4] Zur Finanzierung des Hauses waren ein Bauspardarlehen in Höhe von 180.000 EUR und ein Wohnbauförderungsdarlehen in Höhe von 29.000 EUR aufgenommen worden. Das Bauspardarlehen zahlt(e) der Mann zurück. Die Raten des Wohnbauförderungsdarlehens wurden und werden von der Mutter der Frau beglichen.
[5] Das Erstgericht hielt fest, es könne weder zum Bauspar- noch zum Wohnbauförderungsdarlehen feststellen, in welcher Höhe es am 12. 5. 2020 (das ist der Tag der letzten Tagsatzung) ausgehaftet habe (und stellte die Salden des Wohnbauförderungsdarlehens per 15. 3. 2019 mit 8.856,32 EUR, per 1. 4. 2020 mit 5.058,06 EUR und des Bauspardarlehens per 30. 4. 2018 mit 156.457,20 EUR und per 9. 3. 2020 mit 137.129,64 EUR fest). Die Kreditsalden im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (1. 4. 2016) stellte es nicht fest.
[6] Die Frau bewohnt das Haus (noch) mit einem der beiden gemeinsamen Kinder.
[7] Im Jahr 2014 verkaufte der Mann seinen vor der Ehe erworbenen PKW um 2.800 EUR. Im selben Jahr erwarb er einen PKW Toyota Hilux um 27.500 EUR. Dieser hatte am 1. 4. 2016 einen Wert von 16.000 EUR. Der von der Frau im Jahr 2014 gekaufte PKW Fiat Panda hatte am 1. 4. 2016 einen Wert von rund 3.500 EUR.
[8] Das Erstgericht verpflichtete im zweiten Rechtsgang die Frau zur Räumung der Liegenschaft bis spätestens 31. 8. 2020 und erlegte dem Mann eine Ausgleichszahlung von insgesamt 72.350 EUR (also weiteren 36.206 EUR) auf. Diese mittelte es wie folgt aus:
[9] Es zog vom Wert der Liegenschaft mit der Ehewohnung (im Dezember 2018) von 315.500 EUR die (aktuellen) offenen Verbindlichkeiten in der Höhe ab, wie sie zuletzt (soweit festgestellt) bestanden hatten. Von dem dadurch ermittelten Differenzbetrag von 173.500 EUR zog es die zur Anschaffung der Ehewohnung verwendeten vor- bzw außerehelichen Mittel ab (beim Mann 70.000 EUR, bei der Frau 36.000 EUR [weil es zu den vorehelichen 12.000 EUR an Barmitteln die durch die Mutter bis zuletzt beglichenen Wohnbauförderungsraten hinzurechnete]). Daraus ergab sich ein Betrag von 67.500 EUR, den es nach dem (unbekämpften) Aufteilungsschlüssel 1 : 1 aufteilte. Der so ermittelten Zuweisung an die Frau von 33.750 EUR schlug das Erstgericht ihre „eingebrachten Beträge“ von 36.000 EUR (Zahlung der Wohnbauförderung und voreheliche Mittel in Höhe von 12.000 EUR) hinzu. Die Gehaltsvorschüsse ließ es beiderseits mit der Begründung, sie hätten nahezu die gleiche Höhe und seien beide für die Anschaffung bzw Erweiterung der ehelichen Liegenschaft verwendet und von beiden im gleichen Ausmaß zurückbezahlt worden, unberücksichtigt. Zur letztlich insgesamt mit 72.350 EUR bemessenen Ausgleichszahlung gelangte es dadurch, dass es weiters eine Wertedifferenz der den Streitteilen jeweils verbliebenen PKW (in Höhe von 4.850 EUR) berücksichtigte.
[10] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass der Mann „– unter Berücksichtigung des bereits in Rechtskraft erwachsenen Zuspruchs von 36.144 EUR – eine weitere Ausgleichszahlung von 36.206 EUR“ zu leisten habe. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil im vorliegenden Fall keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage erörtert oder von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
[11] Der vom Mann gegen diese Entscheidung erhobene (und von der Frau beantwortete) Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage bei auf einer Ehewohnung lastenden Kreditverbindlichkeiten zulässig und auch berechtigt.
[12] 1. Der Mann bemängelt eine zu hohe Bemessung der weiteren Ausgleichszahlung (die nach seiner Ansicht zur Gänze zu entfallen habe). Es sei im Hinblick auf die nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (weiterhin) allein durch ihn bewirkte Kredittilgung für ihn nachteilig vorgegangen worden. Geldgeschenke Dritter an ihn seien zu gering, der Wohnvorteil der Frau dagegen zu wenig berücksichtigt worden. Zuletzt fordert er eine unterschiedliche Behandlung der jeweils gewährten Gehaltsvorschüsse zu seinen Gunsten ein.
[13] 2. Zur Berücksichtigung des Schuldenstands:
[14] 2.1. Beide Vorinstanzen zogen vom aktuellen Wert (s 1 Ob 120/17d mwN) der Liegenschaft den aktuellen Schuldenstand ab. Die Tatsache, dass der Mann seit Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft aus danach erwirtschafteten Geldmitteln die Rückzahlungsraten beim Bauspardarlehen alleine getragen hatte, berücksichtigte das Rekursgericht nicht. Für diese Vorgangsweise berief es sich (schon im ersten Rechtsgang) auf die zu 1 Ob 44/18d ergangene Entscheidung, und zwar auf folgende – allerdings nur auszugsweise wiedergegebene – Formulierung: „Vom Verkehrswert einer Sache zur Zeit der Entscheidung sind in der Regel die konnexen Schulden im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzuziehen. Diese Berechnung unterstellt, dass sich die Schulden bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz (beitragslos) nicht verändert haben; andernfalls ist auch für die Schulden auf den Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Der sich daraus errechnenden Ausgleichszahlung ist jener Betrag hinzuzurechnen, mit dem der Ehepartner, der die Sache nicht erhält, nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft Rückzahlungen geleistet hat. Die Reduktion des Kreditsaldos durch den Ehegatten, dem die Sache verbleibt oder der sie erhält, vermindert dagegen die Ausgleichszahlung nicht, weil ihm dieser Wert zukommt“.
[15] Der Halbsatz „andernfalls ist auch für die Schulden auf den Entscheidungszeitpunkt abzustellen“ bezog sich, wie aber schon in dieser Entscheidung durch den an ihn angefügten – in der Entscheidung des Rekursgerichts fehlenden – Verweis „(vgl 1 Ob 182/16w = RIS-Justiz RS0057644 [T8]: Bewertung eines Fremdwährungskredits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung in erster Instanz, für den laufend nur Zinsen zu zahlen waren und dessen Negativsaldo sich gegenüber dem Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft wegen einer ungünstigen Veränderung des Wechselkurses erhöhte)“ (nur) auf den Fall von Veränderungen des („in der Ehe erwirtschafteten“) Schuldenstands durch Umstände, die weder mit der Ehe etwas zu tun haben, noch mit späteren Beiträgen (die nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft typischerweise mit „außerehelichen“ Mitteln finanziert werden). Solche von (nachehelichen) Beiträgen unabhängigen Veränderungen (aufgrund der Marktverhältnisse) treffen beide Ehepartner und sind zu berücksichtigen.
[16] Bleibt etwa – wie in 1 Ob 44/18d ausgeführt – der nominelle Schuldenstand eines endfälligen Fremdwährungskredits („beitragslos“) bis zum Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung gleich, ändert sich aber dessen „Wertgehalt“, weil sich der Umrechnungskurs ändert, so ist diese Veränderung – in gleicher Weise wie die beitragslos bewirkte Änderung des Marktwerts der Liegenschaft – zu Gunsten oder zu Lasten der Eheleute zu berücksichtigen.
[17] Anders verhält es sich mit den Veränderungen des Schuldenstands und auch des [Sach-]Werts der Liegenschaft, die auf Beiträgen eines der ehemaligen Eheleute (nach Aufhebung der Ehe und) mit nicht während der Ehe erwirtschafteten Mitteln zurückzuführen sind. Diese Vorteile sollen – geht es doch im Aufteilungsverfahren im Kern um die Aufteilung (bloß) der ehelichen Errungenschaft (RS0057287; vgl auch RS0057349 [T1]; RS0057486) – allein demjenigen zugute kommen, der sie „außerhalb“ der Ehe erwirtschaftet hat. Dies wurde schon zu 1 Ob 44/18d deutlich gemacht: „'Wertschöpfungen', die durch die Tätigkeit eines Ehegatten erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft entstanden sind, sind demnach nicht in die Aufteilung einzubeziehen. Gleiche Grundsätze müssen auch für die Berücksichtigung von nachträglichen Schuldtilgungen gelten.“ Bei Festsetzung einer Ausgleichszahlung sind daher grundsätzlich die mit ehelichen Mitteln geschaffenen (verminderten) Schuldenstände maßgeblich, nicht aber mit außerehelichen Mitteln herbeigeführte spätere Veränderungen.
[18] Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen (entgegen diesen Grundsätzen) den im Vergleich zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft allein vom Mann mit nachehelichen Mitteln verminderten Schuldenstand (zu seinen Lasten) vom Verkehrswert abgezogen. Er zeigt im Rechtsmittel zu Recht auf, dass diese Vorgangsweise zum Ergebnis führte, dass derjenige, der mit nachehelichen Mitteln den Schuldenstand reduziert, dem anderen eine umso höhere Ausgleichszahlung zu leisten hätte, je mehr (länger) er bis zur Entscheidung über die Aufteilung einseitig an (aufteilungsrechtlich irrelevanten) außerehelichen Mitteln zur Kredittilgung aufbringt. Ausgehend von dieser (unrichtigen) Basis, wurde im nachfolgenden Schritt – insoweit der ja von anderer Grundlage ausgehenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Reduktion des Kreditsaldos durch den Ehegatten, dem die Sache verbleibt oder der sie erhält, die Ausgleichszahlung nicht vermindert, folgend – der Frau eine zu hohe Ausgleichszahlung für die Ehewohnung zuerkannt.
[19] Nach dem zu der von den Vorinstanzen zitierten – aber teilweise missverstandenen – Entscheidung 1 Ob 44/18d gebildeten Rechtssatz ist wie folgt vorzugehen:
[20] Vom Verkehrswert einer Sache zur Zeit der Entscheidung sind die konnexen Schulden im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzuziehen. Das Ergebnis dieser Differenz ist entsprechend dem Aufteilungsschlüssel zwischen den Ehegatten aufzuteilen. Der sich daraus errechnenden Ausgleichszahlung ist jener Betrag hinzuzurechnen, mit dem der Ehepartner, der die Sache nicht erhält, nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft Rückzahlungen geleistet hat. Die Reduktion des Kreditsaldos durch den Ehegatten, dem die Sache verbleibt oder der sie erhält, vermindert dagegen die Ausgleichszahlung nicht, weil ihm dieser Vorteil ohnehin zukommt.
[21] 2.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass in einem ersten Schritt der Verkehrswert zeitnah zum Zeitpunkt der Entscheidung in erster Instanz zu ermitteln sein wird. Der zuletzt im Verfahren erster Instanz für den 7. 12. 2018 festgestellte Verkehrswert kann in Ansehung der mittlerweile verstrichenen Zeit von 28 Monaten nicht mehr als aktuell angesehen werden. Vom aktuellen Verkehrswert der Liegenschaft wird der im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bestandene Schuldenstand abzuziehen sein. In einem weiteren Schritt ist die (Vorweg-)Zuweisung der bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft geleisteten vor- bzw außerehelichen Beiträge beider Ehegatten nach ihrem Anteil am derzeitigen Wert des Hauses vorzunehmen (genauer dazu etwa 1 Ob 89/18x; 1 Ob 97/19z) und nicht nach dem seinerzeitigen Geldwert. Richtigerweise wurde die Reduktion des Wohnbauförderungsdarlehens mit Mitteln der Mutter der Frau nur dieser zugerechnet. Der so ermittelte Wert ist in der Folge nach dem unbekämpften Schlüssel aufzuteilen. Die nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erfolgte Reduktion des Kreditsaldos durch den Mann ist dann nicht weiter zu berücksichtigen, weil er derjenige ist, dem die Sache verbleibt bzw der sie erhält.
[22] Anders verhält es sich bei der Frau. Bei der Bemessung der der Frau zu leistenden Ausgleichszahlung ist (wie das Erstgericht ohnehin schon angenommen hat) nicht nur der ermittelte Hälftewert zu berücksichtigen, vielmehr ist – neben ihren vor der Ehe (auch durch ihre Mutter) geleisteten und fortwirkenden „außerehelichen“ Beiträgen – auch die nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung in erster Instanz) von ihrer Mutter bewirkte Reduktion des Kreditsaldos des Wohnbauförderungskredits zu berücksichtigen.
[23] 3. Zu den Gehaltsvorschüssen:
[24] 3.1. Mit seiner Behauptung, die Frau habe ihren während der Ehe bezogenen Gehaltsvorschuss (zur Gänze) aus ehelichem Einkommen zurückbezahlt, entfernt sich der Mann vom festgestellten Sachverhalt. Das Rekursgericht legte zu diesem Gehaltsvorschuss (dessen Berücksichtigung die Frau in ihrem Rekurs gefordert hatte) zugrunde, dass zum Stichtag 1. 4. 2016 ein Betrag von ca 6.500 EUR an „Verbindlichkeiten offen“ gewesen und dieser Betrag für die Terrassenüberdachung bei der Ehewohnung verwendet worden sei. Es komme dem Einwand der Frau, daraus könne sich eine Erhöhung des Ausgleichsbetrags um einen Betrag von 3.250 EUR ergeben, „prinzipiell“ Berechtigung zu, es werde, aber für unbillig gehalten, den Mann mit „diesen Kosten zu belasten, weil die Antragstellerin ein langfristiges Rückzahlungsmodell gewählt“ habe, „wobei dieser Gesichtspunkt im Zusammenhang mit dem unten beschriebenen Ergebnis betreffend Wohnkosten zu verbinden“ sei. Die Umstände des Auszugs des Mannes ließen es [zwar] nicht zu, ihm einen entsprechenden „Anteil“ für Wohnkosten zuzubilligen. Dieses Ergebnis habe jedoch im Rahmen einer Gesamtabwägung „auch die Situation hinsichtlich Gehaltsvorschuss und Terrassenüberdachung zu berücksichtigen“.
[25] 3.2. Bei einem Gehaltsvorschuss handelt es sich wirtschaftlich betrachtet um eine besondere Form eines (vom Arbeitgeber gewährten) Kredits. Dessen „Aufnahme“ einschließlich der Vereinbarung über die Dauer der Rückzahlung und seine Verwendung erfolgte während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft. Da es nicht Aufgabe des Aufteilungsverfahrens ist, die wirtschaftliche Gebarung während der Ehe im Nachhinein zu korrigieren, kommt es im Aufteilungsverfahren nur darauf an, dass dieser gewährte Kredit während der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausmaß von 6.500 EUR für die Ehewohnung (Terrasse) verwendet wurde, er aber nun mit außerhalb der Ehe erwirtschafteten Mitteln allein von der Frau „abbezahlt“ wird. Richtigerweise wäre der zum Aufteilungsstichtag noch offene Vorschuss als Schulden, die iSd § 81 Abs 1 Satz 2 EheG im Zusammenhang mit der Ehewohnung stehen, anzusehen und ihre einseitige Reduktion nach der Trennung bzw die „Übernahme“ dieser Schulden zu Gunsten der Frau zu berücksichtigen, sofern es im Innenverhältnis dabei bleiben sollte, dass die Frau den offenen Vorschuss allein abzustatten hat.
[26] Mit dem (bereits getilgten) Gehaltsvorschuss des Mannes wurde die Küche angekauft. Auch dieser Betrag ist, als Beitrag des Mannes, der im Wert der Liegenschaft fortwirkt, zu berücksichtigen.
[27] 4. Zur geforderten Abgeltung des „Wohnvorteils“:
[28] Der Vorhalt des Mannes, das Rekursgericht habe dazu überhaupt nicht Stellung bezogen trifft – wie schon die Ausführungen zu Punkt 3. gezeigt haben – nicht zu.
[29] Der Vorteil, den ein Ehegatte dadurch erlangt hat, dass er während des Aufteilungsverfahrens die Ehewohnung benutzt und sich die Kosten einer anderen Wohnmöglichkeit erspart hat, kann bei der Aufteilungsentscheidung – allerdings nur im Rahmen der Billigkeit – zu berücksichtigen sein (RS0131883). Allerdings kann, gerade in Fällen, in denen dieser Ehegatte aus dem Haus wird ausziehen müssen, dabei auch dem Umstand Rechnung zu tragen sein, dass dieser vom Ehegatten, der die Ehewohnung zugewiesen erhält, durch eine Geldzahlung bei der Beschaffung einer neuen Wohnung zu unterstützen sein kann (RS0057574). Bei der Aufteilung – die vom Grundsatz der Billigkeit beherrscht wird – soll im Übrigen in einer Gesamtabwägung und unter Berücksichtigung des Grundsatzes des „Wohlbestehenkönnens“ insgesamt ein für beide Teile tragbares wirtschaftliches Ergebnis gefunden werden (RS0057910). Eine abschließende Beurteilung kann ohnehin erst auf der schon wegen der zu Punkt 3. erörterten Mängel zu verbreiternden Sachverhaltsbasis stattfinden. Der Entscheidung des Erstgerichts ist zur Nutzung des Hauses – wenn auch erst im Rahmen der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung – (nur) zu entnehmen, dass die Frau das Haus (noch) mit der gemeinsamen Tochter bewohnt. Das Rekursgericht ging in seinem Beschluss im ersten Rechtsgang davon aus, dass die Frau das Haus nicht allein, sondern mit den aus der Ehe stammenden Kindern bewohnt habe. In seinen Ausführungen zu diesem Punkt deutete es im zweiten Rechtsgang an, dass „die Umstände des Auszugs“ es nicht zuließen, dem Mann einen „entsprechenden Anteil“ für die Wohnkosten zuzubilligen. Welche Umstände es dabei zugrunde legte, bleibt aber offen. Im weiteren Verfahren werden daher auch nähere Feststellungen zur Nutzung der Ehewohnung durch die Frau (mit einem oder mit zwei Kindern?), allenfalls auch zur zwischenzeitigen Wohnmöglichkeit des Mannes (bzw zu seinem Auszug) zu treffen sein. Haben gemeinsame Kinder das Haus mit der Mutter bewohnt und hat diese die Kinder überwiegend betreut, wird (jedenfalls im Verhältnis zu den Kindern) in der Zurverfügungstellung von Wohnraum Naturalunterhalt liegen.
[30] 5. Zuletzt behauptet der Mann, es seien zu Unrecht Zuwendungen von dritter Seite nicht berücksichtigt worden.
[31] Zu berücksichtigen sind im Aufteilungsverfahren aber nicht Zuwendungen von dritter Seite per se, sondern deren Fortwirken in einem (der Aufteilung unterliegenden und) im Zeitpunkt der Aufteilung noch vorhandenen Vermögenswert. Nur an einem solchen hätte demjenigen, dessen „außerehelicher“ Wert darin noch fortwirkt, ein größerer Anteil (als nach dem Aufteilungsschlüssel) zuzukommen (zum „Einbringungsanteil“ s 1 Ob 64/18w; 1 Ob 89/18x). Es trifft insbesondere – anders als der Mann meint – nicht zu, dass diese Zuwendungen deshalb hätten berücksichtigt werden müssen, weil die Frau dazu „nicht einmal behauptet“ hätte, dass diese Mittel „familienfeindlich alleine verbraucht“ worden wären. Wesentlich ist nur, ob (und mit welchem Anteil) diese Mittel in einem konkreten, der Aufteilung unterliegenden Vermögenswert nachweisbar fortwirken. Dies hat sich nicht erweisen lassen.
[32] Weder ist daher die Ausgleichszahlung der Frau um 48.150 EUR zu verringern, noch „zumindest aber um den Wert des Toyota Hilux“ in Höhe von 16.000 EUR. Offenbar erachtet der Mann dieses Fahrzeug als aus vorehelichen Mitteln angeschafft. Dies ergibt sich aus den Feststellungen nicht. Einen aus vorehelichen Mitteln finanzierten PKW verkaufte er um 2.800 EUR, „wobei er den gesamten Kaufpreis erhielt“. Weiters steht (nur) fest, dass er einen PKW „Toyota Hilux“ im selben Jahr um 27.500 EUR erwarb und dass dieses Auto im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft einen Zeitwert von 16.000 EUR hatte. Dass dieser Wagen (auch nur teilweise) aus vorehelichen Mitteln angeschafft worden wäre, steht (bisher) nicht fest. Im Übrigen ergäbe sich auch dann nur ein anteiliges Fortwirken dieser Teilfinanzierung, nicht aber ein Vorwegabzug des gesamten Betrags zugunsten des Mannes.
[33] 6. Zusammenfassend bedarf es der Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinn, um die Höhe der von der Frau zu leistenden Ausgleichszahlung beurteilen zu können.
[34] Angemerkt sei, dass bisher der Kreditgeberin die gemäß § 98 EheG getroffenen Entscheidungen nicht zugestellt wurden (vgl § 93 Abs 3 AußStrG).
[35] 7. Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass noch keine die Sache zur Gänze erledigende Entscheidung iSd § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG vorliegt (vgl RS0123011 [T5]).
Textnummer
E131756European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00035.21K.0421.000Im RIS seit
07.06.2021Zuletzt aktualisiert am
19.11.2021