TE OGH 2021/4/29 9ObA40/21d

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Veröffentlicht am 29.04.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Cadilek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Moser Mutz Rechtsanwälte GesbR in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 10.000 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Februar 2021, GZ 7 Ra 62/20x-19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       1. Ein Vertrag kommt durch die übereinstimmenden Willenserklärungen (mindestens) zweier Personen zustande (§ 861 ABGB). Die einleitende Willenserklärung, das Anbot, ist der Vorschlag, einen Vertrag bestimmten Inhalts abzuschließen.

[2]            Entgegen den Ausführungen in der Revision ist das Berufungsgericht nicht davon ausgegangen, dass ein Anbot, sei es generell oder im konkreten Fall, unverbindlich ist. Um zur Annahme geeignet zu sein, muss ein Anbot inhaltlich ausreichend bestimmt sein und einen endgültigen Bindungswillen des Offerenten zum Ausdruck bringen (RS0013981). Bindungswirkung heißt, dass der Anbietende sein Anbot nicht mehr einseitig widerrufen kann, es vielmehr allein beim Empfänger liegt, ob er den Vertrag zustande bringen will oder nicht. Der Empfänger hat also ein Gestaltungsrecht.

[3]            2. Die Bindungswirkung des Anbots ist allerdings zeitlich begrenzt. Trifft der Anbietende keine ausdrückliche Anordnung, so greifen die gesetzlichen Dispositivnormen ein (§ 862 ABGB). Diese bestimmen, dass mündliche Anbote sogleich angenommen werden müssen. Bei schriftlichen Anboten dauert die Bindung bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anbietende bei Berücksichtigung der Beförderungszeit des Anbots, einer angemessenen Überlegungsfrist und der Beförderungszeit für die Antwort die Annahme erwarten darf (9 Ob 77/04w). Die Dauer der Angemessenheit bestimmt sich nach der Wichtigkeit des Geschäfts, der Schwierigkeit seiner Beurteilung, aber auch danach, ob der Anbietende Eile bekundet. Auch die Annahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird daher ebenfalls erst wirksam, wenn sie dem Anbietenden zugeht. Ist dieser Zugang rechtzeitig erfolgt, also innerhalb der Annahmefrist, so kommt der Vertrag zustande (§ 862a Satz 1 ABGB). Ansonsten erlischt das Anbot mit dem Ende der Annahmefrist (9 ObA 262/01x mwN).

[4]            3. Im vorliegenden Fall war dem Kläger 2017 schriftlich eine „Prämie“ für den Fall des freiwilligen Wechsels der Dienststelle angeboten worden, wobei dieses Anbot auch eine Generalbereinigungsklausel enthielt.

[5]            Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Annahme dieses Anbots durch den Kläger erst 2020 nach Durchsetzung seiner offenen Ansprüche unabhängig von dem schon 2017 durchgeführten Wechsel der Dienststelle nicht fristgerecht erfolgte, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.

[6]            4. Soweit der Kläger davon ausgeht, dass der Anspruch auf Zahlung der Prämie nur den Ressortwechsel voraussetzt, übergeht er, dass die Beklagte die Prämie vom Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung abhängig machte, die nicht nur den Ressortwechsel, sondern auch eine Generalbereinigung vorsah. Zu einer solchen Vereinbarung ist es aber mangels fristgerechter Annahme des Anbots durch den Kläger gerade nicht gekommen. Dass die Bereinigungswirkung nur die durch den Ressortwechsel wegfallende Zulagen betreffen sollte, lässt sich dem Wortlaut des Anbots nicht entnehmen, im Gegenteil bezieht sich dieses ausdrücklich auf „besoldungsrechtliche Ansprüche gleich welcher Art“.

[7]            Da der Kläger seinen Anspruch in erster Instanz ausschließlich aus einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung abgeleitet hat, ist auf die Ausführungen in der Revision zur Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bzw einer einseitigen Bindung der Beklagten (offenbar im Sinn einer Auslobung) nicht weiter einzugehen.

[8]       5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E131747

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00040.21D.0429.000

Im RIS seit

07.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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