Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** S*****, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. H***** R*****, 2. G***** R*****, beide vertreten durch Mag. Ulrich Nemec, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 131.420 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 36.300 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2021, GZ 3 R 134/20y-199, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf.
[2] 1. Nach ständiger Rechtsprechung darf eine Schmerzengeldergänzung insgesamt zu keinem höheren Zuspruch als bei einer einmaligen Globalbemessung führen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung des Schmerzengeldes ist der Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, wobei die seit dem Unfall eingetretene Geldentwertung zu berücksichtigen ist. Frühere Teilzahlungen sind daher bei der endgültigen Bemessung des Schmerzengeldes entsprechend der inzwischen gesunkenen Kaufkraft des Geldwertes aufzuwerten und anzurechnen (2 Ob 240/13b; 2 Ob 173/13z; 2 Ob 240/10y mwN; RIS-Justiz RS0031242).
[3] 2. Die Vorgangsweise des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung.
[4] Die Anrechnung bereits geleisteter Teilzahlungen ist eine Rechtsfolge der – hier unstrittigen – Tatsache der Teilzahlung und damit rechtliche Beurteilung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Berechtigung des ergänzenden Schmerzengeldanspruchs. Die Beklagten trifft daher keine besondere (über die Tatsache der Teilzahlung hinausgehende) Behauptungslast. Die Anrechnung ist nicht erst über ausdrücklichen Einwand, sondern von Amts wegen vorzunehmen.
[5] Ausgehend von den Werten des VPI 2000 zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten erfolgte die Aufwertung des im Vorprozess zugesprochenen Schmerzengeldbetrags – anders als die Klägerin behauptet – auch rechnerisch richtig (Urteil im Vorprozess 12/2003, Schluss der Verhandlung 11/2019 = Veränderungsrate 35).
[6] 3. Die Beurteilung der Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist eine Frage des Einzelfalls, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet. Anderes gilt nur im Fall einer eklatanten Fehlbemessung, die völlig aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt (RS0042887 [T10], RS0031075 [T7]).
[7] Eine derartige eklatante Fehlbemessung ist dem Berufungsgericht hier nicht unterlaufen. Insbesondere zeigt auch die Klägerin eine solche nicht auf:
[8] Schmerzengeld ist nicht nach starren Regeln zu bemessen (RS0125618); bei den festgestellten Schmerzperioden handelt es sich um keine Berechnungsmethode. Die Schmerzperioden dienen nur zur Orientierung als Bemessungshilfe (8 Ob 98/20z mwN).
[9] Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen sind nur bedingt (weniger gut, als die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 2 Ob 166/07m) vergleichbar, weil in diesen Fällen die „Grundverletzung“ jeweils eine ungleich schwerere war.
[10] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Textnummer
E131777European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00050.21W.0510.000Im RIS seit
09.06.2021Zuletzt aktualisiert am
09.06.2021