TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/21 LVwG-2020/13/0342-10

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Veröffentlicht am 21.04.2021
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Entscheidungsdatum

21.04.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG 2014 §14
VwGVG 2014 §15
VwGVG 2014 §7 Abs4
ZustG §17 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Rechtsanwältin in **** Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.12.2019, Zl ***, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 17.01.2020, Zl ***, betreffend die Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig/zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensverlauf:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 15.10.2019, GZ *** wurde der Beschwerdeführer AA, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO verwaltungsbehördlich bestraft. Die Zustellung dieser Strafverfügung an den Beschwerdeführer erfolgte am 30.10.2019.

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter CC mit E-Mail vom 27.11.2019 bei der belangten Behörde Einspruch erhoben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 28.11.2019, GZ *** wurde dieser Einspruch als verspätet zurückgewiesen.

Der vom Beschwerdeführer mit Eingabedatum 05.12.2019 bei der belangten Behörde am 09.12.2019 eingelangte Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu Einbringung eines Einspruches gegen obgenannte Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 15.10.2019, Zl *** wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.12.2019, als unbegründet abgewiesen.

Dieser nunmehr angefochtene Bescheid vom 11.12.2019, GZ *** wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin am 13.12.2019 durch Hinterlegung zugestellt, ebenso wurde am 13.12.2019 eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin eine Beschwerde ein. Diese Beschwerde wurde am 13.01.2020 zur Post gebracht und langte bei der belangten Behörde am 14.01.2020 ein.

Mit Bescheid vom 17.01.2020, Zl ***, wies die Bezirkshauptmannschaft Z diese Beschwerde durch Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz als verspätet zurück.

Begründend wurde darin ausgeführt, dass die Zustellung an den Beschwerdeführer am Freitag, den 13.12.2019 durch Hinterlegung erfolgt sei. Die gegenständliche Beschwerde wäre somit bis spätestens Freitag, den 10.01.2020, 24:00 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Z einzubringen gewesen. Die tatsächlich erfolgte Beschwerdeerhebung am 13.01.2020 (Postaufgabedatum) sei somit als verspätet anzusehen, weswegen spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin am 21.01.2020 zugestellt.

Am 03.02.2020 langte bei der belangten Behörde der Antrag des Beschwerdeführers ein, seine Beschwerde vom 13.01.2020 (bei der belangten Behörde am 14.01.2020 eingelangt) gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.12.2019, GZ ***, der Rechtsmittelbehörde zur Entscheidung vorzulegen.

In diesem Vorlageantrag wurde ausgeführt wie folgt:

„Es wird gestellt der

ANTRAG

die eingebrachte Beschwerde der Rechtsmittelbehörde zur Entscheidung vorzulegen.

Begründung:

Mit Bescheid vom 17.01.2020, zugestellt am 21.01.2020 wurde die eingebrachte Beschwerde als verspätet zurückgewiesen und in der Begründung ausgeführt, dass die Zustellung des Bescheides vom 11.12.2019 *** am 13.12.2019 durch Hinterlegung erfolgt sei, und sohin die gegenständliche Beschwerde spätestens bis Freitag 10.01.2020, 24 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Z einzubringen gewesen sei, tatsächlich die Beschwerdeerhebung erst am Montag, 13.01.2020 und sohin verspätet erfolgt sei.

Dies ist tatsächlich unrichtig, die Beschwerde wurde rechtzeitig eingebracht:

Die Kanzlei der Vertreterin des Beschwerdeführers ist täglich von Montag bis Freitag ab 8 Uhr geöffnet. Die Kanzlei der Vertreterin des Beschwerdeführers befindet sich seit über 20 Jahren im 2. Stock des Gebäudes Adresse 1, **** Z und ist - seit über 20 Jahren – deutlich mit Kanzleitafeln gekennzeichnet

Am Freitag, den 13.12.2019 war die Kanzlei ebenfalls ab 8 Uhr geöffnet und sowohl RA BB als auch die Mitarbeiterin DD in der Kanzlei anwesend. In der Früh um 8 Uhr war keine Post im Briefkästchen, das sich im Erdgeschoss des Gebäudes befindet. Dies ist klar erkennbar, wenn man das Haus Adresse 1 betritt und in die Kanzlei geht, da man direkt an den Briefkästchen vorbeigeht und durch im Briefkästchen unten angebrachte Schlitze klar sieht, ob sich Post im Postkästchen befindet oder nicht. Um ca. 11:30 Uhr ging die Kanzleimitarbeiterin DD zum Briefkästchen, um die Post zu entnehmen. Es fand sich nunmehr diverse Post im Briefkästchen, unter anderem der gelbe Benachrichtigungszettel über die hinterlegte Sendung der BH Z (sohin der Bescheid der BH Z vom 11.12.2019). Die Hinterlegung des gelben Benachrichtigungszettels im Briefkästchen erfolgte sohin zwischen 8 Uhr und 11:30 Uhr, ohne dass der Briefträger in die Kanzlei gekommen wäre, um den gesetzlich gebotenen Zustellversuch vorzunehmen. Wäre er nämlich in die Kanzlei gekommen, hätte die Zustellung ordnungsgemäß in der Kanzlei erfolgen und die Sendung in der Kanzlei der anwesenden Rechtsanwältin bzw. der anwesenden Sekretärin zugestellt werden können. Die Kanzlei war am 13.12.2019 von 8 Uhr bis 12:30 Uhr durchgehend besetzt, wäre der Briefträger in die Kanzlei bekommen, wozu er verpflichtet gewesen wäre, hätte die Sendung in der Kanzlei in Empfang genommen werden können. Tatsächlich ist die Hinterlassung des gelben Benachrichtigungszettels im Postfach ohne vorherigen Zustellversuch in der Kanzlei erfolgt, sohin gesetzwidrig.

RA BB ist mit dem gelben Benachrichtigungszettel noch am Freitag 13.12.2019 zur Postfiliale in **** Z gegangen und hat sich dort über die gesetzwidrige Zustellung und Hinterlassung des Benachrichtigungszettels ohne vorherigen Zustellversuch beschwert. Gleichzeitig ersuchte RA BB um Ausfolgung der hinterlegten Sendung. RA BB wurde in der Postfiliale mitgeteilt, dass der hinterlegte Brief nicht ausgehändigt werden könnte, weil dieser - noch - nicht da war.

Da der Bescheid sohin am Freitag 13.12.2019 nicht abgeholt werden konnte, wurde der hinterlegte Brief tatsächlich am 17.12.2019 abgeholt und ist sohin der gegenständliche Bescheid RA BB tatsächlich am 17.12.2019 zugekommen.

In weiterer Folge kam es noch zu weiteren gesetzwidrigen Zustellungen, weshalb sich RA BB mit Schreiben vom 14.01.2020 bei der zuständigen Beschwerdestelle der Post beschwerte und in diesem Schreiben daraufhin hinwies, dass seit einigen Wochen grobe Zustellmängel bestehen und in der Zeit, in der die Kanzlei geöffnet ist und in der ständig jemand in der Kanzlei erreichbar ist, bereits zum wiederholten Mal eine Benachrichtigung über die Hinterlegung eines RSa- oder RSb-Briefs vom Briefträger einfach ins Briefkästchen gelegt wurde, obwohl vorher kein Zustellversuch durch den Briefträger in der Kanzlei vorgenommen wurde. Die Post hat sich mit E-Mail vom 15.01.2020 entschuldigt.

Zusätzlich hat RA BB persönlich bei der Zustellbasis in Z vorgesprochen und sich über die gesetzwidrigen Zustellungen beschwert. Der eigentlich für den Bereich Adresse 1 und sohin für die Kanzlei zuständige Briefträger hat sich für die Zustellmängel persönlich bei RA BB entschuldigt und auch angeführt, dass er selbst die Zustellung am 13.12.2019 nicht vorgenommen habe, sondern „einer seiner Lehrlinge“ und da wohl im Weihnachtsstress ein Fehler passiert sei.

Nach Zustellung des Bescheides der BH Z vom 17.01.2020 hat RA BB wiederum persönlich beim Leiter der Zustellbasis in Z vorgesprochen, dieser konnte nachvollziehen, dass laut Computerliste zwar der eigentlich zuständige Briefträger für den Bereich Adresse 1 und sohin die Kanzlei von RA BB am 13.12.2019 eingeteilt war, tatsächlich die gegenständliche Hinterlegung von ihm aber nicht vorgenommen wurde, was am angebrachten Kürzel am Zustellnachweis ersichtlich ist.

Gemäß § 13 Absatz 4 Zustellgesetz ist, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, das Dokument in deren Kanzlei zuzustellen. Das heißt, der gegenständliche Bescheid vom 11.12.2019 hätte tatsächlich vom Briefträger (Lehrling) in der Kanzlei zugestellt werden müssen, das heißt der Briefträger (Lehrling) hätte in die Kanzlei gehen müssen, um den Zustellversuch vorzunehmen, die bloße Hinterlassung des gelben Benachrichtigungszettels im Briefkästchen der Rechtsanwältin ohne vorherigen Zustellversuch war gesetzwidrig.

Nach § 7 Zustellgesetz gilt, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Das Dokument ist RA BB tatsächlich am 17.12.2019 zugekommen, sodass die am 13.01.2020 zur Post gegebene Beschwerde rechtzeitig ist.

Beweis:

- Einvernahme RA BB

- Einvernahme Leiter Zustellbasis Z, Adresse 2, **** Z

In einem wird vorgelegt:

- Beschwerde E-Mail vom 14.01.2020 an die Beschwerdestelle der Post

- Antwortschreiben Post 15.01.2020“

Aufgrund dieses Vorlageantrages, der am 03.02.2020 bei der belangten Behörde infolge der Beschwerdevorentscheidung vom 17.01.2020 eingelangt ist, wurde der behördliche Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Es wurde am 25.02.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in dieser wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers als Zeugin, sowie durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsstrafakt, als auch in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, insbesondere in die von diesem eingeholten folgenden Unterlagen:

?    Übernahmebestätigung betreffend das behördliche Dokument (angefochtener Bescheid der BH Z vom 11.12.2019, Zl ***) der österreichischen Post AG samt deren E-Mail Schreiben vom 11.05.2020 12:57 Uhr

?    Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 14.05.2020, an die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers zur Wahrung des Parteiengehörs betreffend die Übernahmebestätigung samt E-Mail vom 11.05.2020

?    Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 26.05.2020 samt eidesstättiger Erklärung von DD (Kanzleimitarbeiterin von BB)

In dieser Stellungnahme ist ausgeführt wie folgt:

„Zur Hinterlegungsanzeige und Übernahmsbestätigung, übermittelt gemäß Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol am 19.05.2020, ergeht nachstehende

STELLUNGNAHME.

Es wird verwiesen auf das Vorbringen im Vorlageantrag vom 30.01.2020, welches aufrecht

erhalten wird. Ergänzend wird vorgebracht:

Am Freitag, den 13.12.2019 war die Kanzlei ab 08:00 Uhr geöffnet, und sowohl die Rechtsanwaltsangestellte DD als auch RA BB in der Kanzlei anwesend. In der Früh um 08:00 Uhr war keine Post im Briefkästchen. Als um ca. 11:30 Uhr DD zum Briefkästchen ging, um die Post zu entnehmen, fand sich unter diverser Post der gelbe Zettel über die Verständigung der Hinterlegung eines behördlichen Dokuments betreffend AA, abgesendet von der BH Z, im Briefkästchen. Vom Postler wurde der gelbe Hinterlegungszettel in der Zeit zwischen 08:00 Uhr und ca. 11:30 Uhr einfach im Postkästchen hinterlegt, ohne den vorgeschriebenen Zustellversuch in der Kanzlei vorzunehmen, wozu der Postler verpflichtet gewesen wäre. Wäre der Postler am 13.12.2019 in die Kanzlei gekommen, hätte die Sendung von der in der Kanzlei anwesenden Kanzleimitarbeiterin DD oder RA BB in Empfang genommen werden können. Ohne erfolgten Zustellversuch war die bloße Hinterlassung der Hinterlegungsanzeige rechtswidrig.

Wie bereits im Vorlageantrag ausgeführt, ging RA BB noch am Freitag, den 13.12.2019 Nachmittags zur Postfiliale in **** Z, beschwerte sich dort und ersuchte um Ausfolgung der hinterlegten Sendung. RA BB wurde mitgeteilt, dass die Post noch nicht da sei. Die Behebung der Sendung erfolgte dann am Dienstag, den 17.12.2019 durch die Kanzleiangestellte DD. Die Sendung ist sohin RA BB tatsächlich am 17.12.2019 zugekommen.

Wegen der gesetzwidrigen Zustellung erfolgte bereits am 14.01.2020 eine Beschwerde an das Kundenservice der Post, da sich die Zustellmängel in den letzten Wochen gehäuft hatten. Verwiesen wird auf das E-Mail an die Beschwerdestelle der Post vom 14.01.2020. Konkreter Anlass des Beschwerdeschreibens vom 14.01.2020 war, dass nicht nur am 13.12.2019, sondern wiederum am 14.01.2020 eine rechtswidrige Zustellung erfolgte, indem einfach vom Postler ein gelber Benachrichtigungszettel ins Postfach gegeben wurde, ohne einen Zustellversuch in der Kanzlei vorzunehmen.

Am 28.01.2020 hat RA BB beim Leiter der Zustellbasis der Post in **** Z vorgesprochen wegen dieser rechtswidrigen Zustellungen, dies unter Mitnahme des von der BH Z am 22.1.2020 an RA BB übermittelten Benachrichtigungszettels. Der Leiter der Zustellbasis in **** Z hat RA BB mitgeteilt, dass betreffend die Zustellung vom 13.12.2019 eigentlich der Name des Briefträgers eingetragen ist, der regelmäßig Zustellungen in der Kanzlei vornimmt. Der Leiter der Zustellbasis hat daraufhin diesen Briefträger ins Büro geholt. Der Briefträger gab dann an, er selbst habe die Zustellung am 13.12.2019 nicht vorgenommen, es sei dies nicht sein Zeichen am Zettel, er wisse selbst nicht, welcher „Lehrling“ an jenem Tag die Post ausgetragen habe, und hat er wegen der Hinterlegung des gelben Benachrichtigungszettels im Postfach den „Vorweihnachtsstress“ angeführt. Vom Leiter der Zustellbasis wurde mitgeteilt, er könne jetzt den Namen jener Person, die den Hinterlegungszettel am 13.12.2019 in das Postfach gegeben hat, nicht mehr eruieren.

Nur um die Zustellmängel generell zu verdeutlichen:

Vom Landesverwaltungsgericht Y wurden Zustellungen an anwaltliche Vertreter häufig als RSa-Sendungen vorgenommen. Je nach Postler gab es verschiedenen Handhabungen der Zustellung solcher Sendungen:

Ein Postler kam in die Kanzlei und teilte mit, dass er die RSa-Sendung an die Rechtsanwältin (als anwaltlicher Vertreter des Mandanten) nicht übergeben könne, er müsse sie bei der Post hinterlegen, er würde RA BB die Sendung nur aushändigen, wenn sie eine beglaubigte Vollmacht ihres Mandanten vorweisen könne; ein anderer Postler meinte, er müsse die die RSa Sendung an den Absender zurückschicken, wiederum ein anderer Postler hat eine RSa Sendung in die Kanzlei gebracht, dass RA BB die Sendung übernehmen kann, (es handelte sich dabei um ein laufendes Verfahren mit jeweils verschiedenen RSa-Briefen, jeweils denselben Mandanten betreffend). Ein Postler hat gemeint, er könne die RSa-Sendung RA BB in der Kanzlei nur aushändigen, wenn stehen würde in der Zustellverfügung RA BB als anwaltlicher Vertreter von Mandant xy nicht aber, wenn dort steht Mandant xy, vertreten durch Rechtsanwalt BB.

Dieses leidige Zustellthema wurde von RA BB beim Landesverwaltungsgericht Y thematisiert, welches nach Mitteilung der zuständigen Richterin Thema eines Jour fix wurde.

Die bloße Hinterlegung des gelben Benachrichtigungszettels am 13.12.2019 im Postkästchen, ohne vorher einen Zustellversuch in der Kanzlei zu machen, war gesetzwidrig. Es wird auf § 13 Absatz 4 Zustellgesetz verwiesen, dass dann, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, das Dokument in deren Kanzlei zuzustellen ist. Der Postler hätte sohin am 13.12.2019 einen Zustellversuch in der Kanzlei vornehmen müssen, die bloße Hinterlegung des gelben Benachrichtigungszettels im Postkästchen ohne vorherigen Zustellversuch war gesetzwidrig.

Nach § 7 Zustellgesetz gilt, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument den Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Das Dokument ist RA BB tatsächlich am 17.12.2019 zugekommen, als die Kanzleimitarbeiterin DD das hinterlegte Schriftstück bei der Post abgeholt hat. Die am 13.01.2020 zur Post gegebene Beschwerde ist damit rechtzeitig.

Beweis:

?    Einvernahme RA BB

?    Eidesstättige Erklärung DD

?    Einvernahme Leiter der Zustellbasis Z, Adresse 2, **** Z

?    Beschwerde-E-Mail BB an Post 14.01.2020 samt Antwort-E-Mail Kundenservice Post 15.01.2020

?    Beschwerde-E-Mail BB 22.01.2020 samt Antwort-E-Mail Kundenservice Post 23.01.2020

?    Z an RA BB am 22.1.2020 übermittelter Benachrichtigungszettel“

?    Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 09.06.2020 an die österreichische Post AG, Kundenservice/Rechtsauskunft

?    Antwort E-Mail vom 19.06.2020 11:11 Uhr des Kundenservice/Rechtsauskunft der österreichischen Post AG

II.      Nachfolgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Unbestritten ist, dass das behördliche Dokument (angefochtener Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.12.2019, Zl ***) von der Kanzleiangestellten der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers DD am Dienstag, den 17.12.2019 bei der Postgeschäftsstelle in **** Z, Adresse 3 abgeholt hat. Dieser angefochtene Bescheid der BH Z vom 11.12.2019, GZ *** wurde ohne vorhergehenden Zustellversuch am 13.12.2019 bei der Postgeschäftsstelle **** Z, Adresse 3, hinterlegt. Der betreffende RSb-Rückschein weist als Beginn der Abholfrist den 13.12.2019 auf. Der Übernahmebestätigung der österreichischen Post AG ist zu entnehmen, dass die Postgeschäftsstelle **** Z, Adresse 3, in der Zeit von Montag bis Freitag von 08:00 – bis 18:00 Uhr geöffnet ist und das behördliche Schriftstück, der gegenständlich angefochtene Bescheid der BH Z vom 11.12.2019, GZ *** vom 13.12.20019 (Freitag) ab 16:30 Uhr oder wieder ab Montag (16.12.2019) ab 09:00 Uhr bis zum 27.12.2019 abholbereit ist.

Dieses behördliche Dokument (der gegenständlich angefochtene Bescheid) wurde – wie bereits oben ausgeführt – unbestritten von der Kanzleiangestellten der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers DD am Dienstag, den 17.12.2019 abgeholt. Laut E-Mail Schreiben der österreichischen Post AG, Kundenservice/Rechtsauskunft vom 19.06.2020, 11:11 Uhr, ist der gegenständliche Rückschein-Brief (angefochtener Bescheid der BH Z vom 11.12.2019, GZ ***) am Freitag, den 13.12.2019 vor 16:30 Uhr, in der Postfiliale **** Z, Adresse 3, eingelangt.

Nach den Ausführungen der Rechtsvertreterin anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung suchte sie noch am Freitag, dem 13.12.2019 zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr die Postfiliale in **** Z, Adresse 3, auf um das behördliche Schriftstück (den angefochtenen Bescheid der BH Z vom 11.12.2019, GZ ***), zu beheben. Sie hat jedoch das Schriftstück nicht bekommen, da es ja noch vor 16:30 Uhr gewesen ist. Ein Mitarbeiter der Post hat ihr den Rat gegeben, sie solle es noch einmal kurz vor 18:00 Uhr versuchen, dann werde der Brief da sein. Sie ist jedoch am Freitag, dem 13.12.2019 nicht mehr noch einmal vor 18:00 Uhr zur Postfiliale gegangen. Sie hat die gegenständliche Angelegenheit für Montag, den 16.12.2019 kalendriert, da es in der Kanzlei an diesem Montag viel tun gegeben hat, hat sie zu ihrer Kanzleimitarbeiterin gesagt, sie soll das Schriftstück dann am Dienstag, den 17.12.2019 beheben. Wie bereits mehrmals ausgeführt, hat die Kanzleiangestellte der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers DD den gegenständlich angefochtenen Bescheid am 17.12.2019 von der Postfiliale abgeholt.

III.     Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei aus den genannten bzw in Klammer angeführten Beweismittel, sowie aus der Aussage der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

IV.      Rechtliche Beurteilung:

Betreffend die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 13.01.2020 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.12.2019, GZ ***, welche am 14.01.2020 bei der belangten Behörde eingelangt ist, traf die Bezirkshauptmannschaft Z mit Bescheid vom 17.01.2020, GZ *** eine Beschwerdevorentscheidung. Sie wies diese Beschwerde als verspätet zurück. Dieser Bescheid wurde der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers am 21.01.2020 eigenhändig zugestellt. Am 03.02.2020 langte bei der belangten Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Z ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nunmehr über die gegenständliche Beschwerde des Beschwerdeführers vom 13.01.2020 wie folgt erwogen:

Der gegenständlich angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.12.2019, GZ *** wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin am Freitag, dem 13.12.2019 durch Hinterlegung zugestellt. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid hätte somit bis spätestens Freitag, dem 10.01.2020, 24:00 Uhr erhoben werden müssen. Die tatsächlich erfolgte Beschwerdeerhebung am 13.01.2020 (Postaufgabedatum) ist somit als verspätet anzusehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen einen Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (im gegenständlichen Fall war dies der 13.12.2019). Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Zum Vorbringen im Vorlageantrag, wonach die bloße Hinterlassung des Benachrichtigungszettels im Briefkasten der Rechtsanwältin ohne vorhergehenden Zustellversuch gesetzwidrig wäre, wird ausgeführt, dass die Bestimmung des § 21 Abs 2 Zustellgesetz bereits am 31.12.2007 außer Kraft getreten ist.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

Schlagworte

Verspätung; Zurückweisung eines Einspruchs

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.13.0342.10

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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