Entscheidungsdatum
28.04.2021Index
82/03 Ärzte, sonstiges SanitätspersonalNorm
GuKG §3bText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr. Voppichler-Thöni über die Beschwerde der Frau AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.06.2020, Zl ***, betreffend ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen in Höhe von je Euro 3.600,00 (EFS je 336 Stunden) auf je Euro 500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe je 4 Tage) herabgesetzt werden.
2. Die Kosten des Behördenverfahrens werden mit je Euro 50,00 (insgesamt Euro 400,00) neu bestimmt.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.6.2020, Zahl *** wurde der Beschuldigten wie folgt vorgeworfen:
I. Verfahrensgang:
„Übertretung 1.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG die selbständige Personenbetreuerin, Frau AA, geb **.**.****, zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Frau AA durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist, indem Sie den betreuungsbedürftigen, familienfremden volljährigen Personen,
Frau EE, geb. **.**.****, Pflegestufe mit Bescheid vom 04.09.2019 abgelehnt,
Frau FF, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 3 befand,
Frau GG, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 1 befand, ein Antrag auf Erhöhung der Pflegegeldstufe ist derzeit im Gang
Frau JJ, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 6 befand,
Frau KK, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 6 befand,
Frau LL, geb. **.**.**** die sich in der Pflegestufe 6 befand,
Frau MM, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 6 befand,
Frau NN, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 6 befand,
Herr OO, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 5 befand,
Herr PP, geb. **.**.****, der sich in der Pflegestufe 6 befand,
Herr QQ, geb. **.**.****, der sich in der Pflegestufe 3 befand,
Frau RR, geb. **.**.****, die sich in der Pflegestufe 6 befand,
also Personen, die vorübergehend, dauernd oder während eines Teils des Tages der Betreuung oder Hilfe bedürfen, eine Wohnmöglichkeit sowie die entsprechende Hilfs- und Betreuungsleistung angeboten haben, obwohl der Betrieb Ihrer Einrichtung von der Tiroler Landesregierung nicht bewilligt wurde. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27.01.2020 zu GZ. *** wurde der Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 28.06.2019 zu GZ ***, bestätigt, dass die sofortige gänzliche Untersagung des Betriebes des Heimes am Standort Adresse 1 in **** Z gemäß § 14 Abs 4 Tiroler Heimgesetz 2005, LGBI Nr 23/2005 idF LGBI Nr 144/2018 auch die Tätigkeit der CC gemeinnützige Genossenschaft eG umfasst.
Übertretung 2.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Frau DD, geb. **.**.****, zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Frau DD durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist.
Übertretung 3.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Frau SS zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Frau SS durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist.
Übertretung 4.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Frau TT zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Frau TT durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist.
Übertretung 5.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Herrn UU, zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Herr UU durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist.
Übertretung 6.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Herrn VV, zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Herr VV durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist.
Übertretung 7.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Frau WW zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Frau WW durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist
Übertretung 8.)
Tatzeit: zumindest am 15.10.2019
Tatort: **** Z, Adresse 1 (Sitz „BB GmbH“, „CC gemeinnützige Genossenschaft eG“)
Sie, Frau AA, geb. am **.**.****, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH, FN ***, sowie als Obfrau und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC gemeinnützige Genossenschaft eG, ***, mit Sitz in **** Z, Adresse 1, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass die genannte als Einheit betriebene Einrichtung gegen § 105 Abs. 1 Z. 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verstoßen hat, indem sie als Vertreterin der BB GmbH und CC gemeinnützige Genossenschaft eG Herrn XX, zu Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegehilfe herangezogen haben, obwohl Herr XX durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht dazu berechtigt ist.
Die Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen nach:
1.) § 3b Abs 3 iVm § 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
2.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
3.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
4.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
5.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
6.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
7.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
8.) § 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.2019
und wurde über Sie folgende Geldstrafen verhängt:
Geldstrafe von Euro
EFS
Gemäß
1.) 3.600,00
336 Stunden
§105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
2.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
3.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
4.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
5.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
6.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
7.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
8.) 3.600,00
336 Stunden
§ 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997, BGBl I Nr 108/1997 idF vom 15.10.201
Dagegen erhob die Beschuldigte fristgerecht Beschwerde, teilte mit, dass sie ihrem Rechtsvertreter RA YY erteilte Vollmacht zu ihrer Vertretung in diesem Verfahren aufgekündigt habe und beantragte, das Straferkenntnis aufzuheben oder, falls es nicht aufgehoben werde, die Strafe auf insgesamt 500 Euro herabzusetzen.
Weiters führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus:
1. Sie habe zur Kenntnis genommen, dass das Landesverwaltungsgericht den Bescheid der Tiroler Landesregierung auf Untersagung eines vorgeblichen Heimbetriebs der BB bestätigt und insofern ausgeweitet habe, als durch das LVwG auch die Tätigkeit der CC eG untersagt worden sei (*** vom 27.1.2020). Die außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes sei vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund eines bedauerlichen Fehlers ihres Rechtsvertreters zurückgewiesen worden. Es habe daher keine höchstgerichtliche Entscheidung getroffen werden können. Aufgrund des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts habe die CC eG unmittelbar nach Zustellung der Zurückweisung der außerordentlichen Revision gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28.6.2019, *** ihre Tätigkeit eingestellt. Sie sei bis zu diesem Zeitpunkt überzeugt gewesen, dass ihre Tätigkeit als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB GmbH sowie vom pflegefachlichen Gutachter ursprünglich festgestellt nicht als Betrieb eines Heimes qualifiziert werden könne und dass diese ihre rechtliche Auffassung auch von dem Verwaltungsgerichtshof durchsetzbar sein würde. Sie sei auch noch heute der Auffassung, dass die Tätigkeiten der BB GmbH (und auch die Tätigkeit der von der BB GmbH unabhängigen Genossenschaft CC eG) keinen Heimbetrieb darstellen.
Das Tiroler Heimgesetz sei im Gefolge der Bund-Länder Vereinbarung gemäß Art 15 B-VG über gemeinsame Maßnahmen für pflegebedürftige Personen (BGBl 866/1993) beschlossen worden. Die Bund-Länder Vereinbarung stütze sich auch die Vorarbeiten der Arbeitsgruppe „Vorsorge für pflegebedürftige Personen“. Diese Arbeitsgruppe habe einen Bericht vorgelegt, dessen 3. Teil mit „Alternative Systeme zu bestehenden Heimstrukturen“ überschrieben sei und einleitend feststellt, dass diese Hilfs- und pflegebedürftige Menschen nur deswegen in Pflegeheimen unterbracht seien, weil ihnen Alternativen dazu fehlen (Bericht S.10). Der Abschnitt 3.1.10 des Berichts trage die Überschrift „Institutionenvielfalt erzeugt Leistungsvielfalt“. In der auf diesem Bericht aufbauenden Bund-Länder Vereinbarung seien als anzubietende Dienste in der Anlage A dieser Vereinbarung ausdrücklich „Wohngemeinschaften“ und in Anlage B „Seniorenwohngemeinschaften“ angeführt.
Die BB GmbH stelle insbesondere alten Menschen eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung. Zusätzlich könnten die Mieterinnen und Mieter den Gastronomiebereich der BB nutzen. Eine persönliche Betreuung und Unterstützung sei mit dem Mietvertrag nicht verbunden, die BB würden derartige Leistungen auch nicht anbieten.
Die CC eG sei gegründet worden, um die sozialen Tätigkeiten ihrer Mitglieder zur Verbesserung ihrer (eigenen) sozialen Integration und zur Begleitung alter und insbesondere auch dementer Personen bei allen Aktivitäten des Lebens zu fördern. Unternehmensgegenstand dieser Genossenschaft sei gemäß § 2 ihrer Satzung vor allem die Begleitung gemeinschaftlicher Wohnprojekte für alte Menschen sowie die Begleitung der Bewohnerinnen und Bewohner dieser Projekte bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens mit dem Ziel, ein hohes Maß an Selbstbestimmung und Mitspracherecht der Bewohnerinnen und Bewohner zu erhalten.
Nach § 3 der Satzung dieser Genossenschaft würden insbesondere Personen, die in der Begleitung alter und insbesondere dementer Personen sozial tätig werden wollen sowie Personen, die die Begleitung durch die Genossenschaft in Wohnbereichen, in denen die Genossenschaft tätig ist, in Anspruch nehmen wollen (Nutzerinnen und Nutzer) sowie Personen, die Nutzerinnen und Nutzern durch Zuneigung verbunden sind, Mitglieder der Genossenschaft werden können.
Die CC eG sei Inhaberin des freien Gewerbes der Personenbetreuung und biete diese Dienstleitungen den Mieterinnen und Mietern der BB GmbH an. Diese können Betreuungsleistungen aber auch durch andere Anbieter beziehen und seien in keiner Weise daran gebunden, die Leistungen der CC eG in Anspruch zu nehmen.
Der Pflegesachverständige ZZ habe dieses Konzept ursprünglich nicht als Heim bewertet, was der BB GmbH mit Schreiben der Abteilung Soziales vom 17.4.2019 (GZ ***, unterzeichnet von AB) mitgeteilt worden sei. Der entscheidende Absatz dieses Schreibens laute wie folgt:
Die im Anschluss [an die Begehung vom 27.3.2019] stattgefundene Befragung mit Ihnen durch den Sachverständigen Bakk. ZZ ergab, dass sich mit Stand 27.3.2019 zehn Personen in der BB GmbH befunden haben, wobei keine Anhaltspunkte auf pflegerische Handlungen (Vorbehaltstätigkeiten nach dem GuKG) bei mehr als 3 Personen in der Einrichtung hervor gekommen sind. Es ist somit vorläufig festzustellen, dass die BB GmbH mit Stand 27.3.2019 nach den vorliegenden Informationen kein Heim im Sinne des Tiroler Heimgesetztes 2005 sind.
In seinem pflegefachlichen Gutachten zur Einrichtung „BB GmbH“ vom 4.11.2019 habe der Sachverständige verschiedene Tätigkeiten in der BB als Verletzung von Vorschriften des Tiroler Heimgesetzes, beurteilt, er leite seine Beurteilung allerdings mit folgendem Satz ein:
Die nachstehende Beurteilung erfolgt unter der Berücksichtigung der Annahme, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol in seiner Entscheidung vom Betrieb eines Heimes nach dem Tiroler Heimgesetz ausgeht.
Diese Aussage sei zu entnehmen, dass sich der Sachverständige in seinem Gutachten einer Aussage darüber enthalte, ob die BB ein Heim nach dem Tiroler Heimgesetz betreibe. Dies erwecke den Eindruck einer Distanzierung von der Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichts, weil derselbe Sachverständige zur Frage, ob die BB ein Heim betreiben, wenige Monate zuvor und in Bezug auf den nahezu identischen betreuten Personenkreis die oben wiedergegebene eindeutige Aussage zu dieser Frage getätigt habe, nämlich dass die BB kein Heim seien.
Ihre Tätigkeit sei von medizinscher Seite mehrfach positiv bewertet worden, zu einen durch Dr. med. univ. AC, der regelmäßig mit der CC zusammengearbeitet habe und der in einem ärztlichen Attest (siehe Beilage!) ausdrücklich hervorhebe, dass es uns ein großes Anliegen sei, sedierende Medikamente soweit es geht zu vermeiden und Leute so gut als möglich in den Alltag zu integrieren und auf diesem Weg Psychopharmaka einzusparen. Zum anderen hätten ihnen auch die AD mehrere Bewohner zugewiesen (zu einer davon siehe Entlassungsberief Ärztlich vom 6.12.2018, Beilage), wobei Dr. AC zu dieser Bewohnerin am 4.7.2019 folgende Mitteilung (Beilage) gemacht habe:
Bei Frau NN habe nach guter Eingewöhnung in den BB und Stabilisierung der Stimmung sämtliche Psychopharmaka (außer Memantin gegen ihre Demenz) bis auf weiteres abgesetzt werden können.
Aufgrund der Zurückweisung der außerordentlichen Revision der BB gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 27.1.2020, Zl ***, habe die CC eG die Personenbetreuung in den BB eingestellt. Da die Mieterinnen und Mieter aufgrund ihrer Mietvertrage weiterhin das Recht haben, in den gemieteten Räumlichkeiten zu wohnen und dies auch wollen, haben nunmehr die Angehörigen die Aufgabe übernommen, die erforderlichen Personenbetreuung zu organisieren. Diese Aufgabe gestalte sich ohne die Hilfe der Genossenschaft als mühevoll und schwierig, was nicht nur die Lebensqualität der Angehörigen, sondern vor allem jene der pflegebedürften Personen erheblich beeinträchtige.
Dies sei auch in einer Besprechung mit dem Verbandsjuristen des für die CC eG zuständigen Rückenwind-Revisionsverbandes am 15.7.2020 erörtert worden. Der dazu angefertigte Aktenvermerk des Verbandsjuristen AE (siehe Beilage) gebe die einhellige Meinung der anwesenden sechs Angehörigen von Mieterinnen und Mietern wieder, dass die Betreuung durch die CC ausgezeichnet funktioniert habe und es ihren Angehörigen aufgrund dieser Betreuung sehr gut gegangen sei.
Die BB GmbH biete Wohnmöglichkeiten an und gastronomische Leistungen. Sie sei als Seniorenwohngemeinschaft zu qualifizieren. Angehörige von pflegebedürftigen Personen und pflegebedürftige Personen selbst würden in der Rechtsform einer Genossenschaft durch die AF eG Pflegebetreuungsleistungen für Mieterinnen und Mietern der BB GmbH organisieren. Beide Einrichtungen seien unabhängig voneinander, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass sie in der BB GmbH Mehrheitseigentümerin, in der Genossenschaft aber lediglich eines von derzeit sechs Mitgliedern sei.
Die BB GmbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin sie sei, habe keine Personen betreut. Auch das Landesverwaltungsgericht habe in seiner Bestätigung des Untersagungsbescheides diesen abgeändert, weil es die Auffassung vertreten habe, dass die BB GmbH die Einrichtung in Z, Adresse 1, gemeinsam und einheitlich mit der CC eG betreibe. Sie teile die Auffassung des Landesverwaltungsgerichts nicht und sei auch der Meinung, dass die restriktive Auslegung des Heimgesetzes der Entwicklung einer vielfältigen Angebotsstruktur im Bereich der Betreuung pflegebedürftiger Personen diametral entgegenstehe und darüber hinaus deren Freiheitsrechte bei der Wahl ihrer Wohnumgebung verletze. Allerdings gehe aus dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 27.1.2020 nach ihrer Auffassung unmissverständlich hervor, dass die Tätigkeit der BB GmbH für sich allein keinen Heimbetrieb darstelle, sondern erst in Zusammenhang mit der Tätigkeit der CC eG. Aus diesem Grund sei auch ihre Bestrafung ausschließlich aufgrund meiner Tätigkeit als handelsrechtliche Geschäftsführerin der BB rechtswidrig, was für sowohl für die Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs 1 lit a in Verbindung mit § 4 als auch für die Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs 1 lit b in Verbindung mit § 14 Abs 4 Tiroler Heimgesetz gelte.
Zur Strafbemessung führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie einen großen Teil ihres beruflichen Lebens der Begleitung dementer Personen gewidmet habe. Sie sei der Auffassung, dass im Hinblick auf ihre Person folgende besondere Milderungsgründe des § 34 StGB, der gemäß § 19 Abs. 2 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden seien, zu treffen:
• Begehung der Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 34 Abs. 1Z. 12 StGB; sie sei nach wie vor der Meinung, dass das Konzept der BB GmbH in Kombination mit der CC Genossenschaft zulässig sei)
• Ausbleiben eines Schadens (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB)
• Begehung der Tat aus achtenswerten Beweggründen (§ 34 Abs 1Z 3; das Motiv für ihre Tätigkeit sei der Wunsch, pflegebedürftigen Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen).
Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben oder -falls das Landesverwaltungsgericht nicht auf Aufhebung erkennt - die Strafe für jede der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auf jeweils 250 Euro herabzusetzen.
II. Sachverhalt:
1. Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, insbesondere in den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28.6.2019, Zl ***, samt Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27.1.2000, GZ ***, in das pflegefachliches Gutachten zur Einrichtung „BB GmbH“, den Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Y vom 11.2.2000, GZ ***, in die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24.2.2020, die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 17.3.2020, sowie in die eingebrachte Beschwerde.
Weiters wurde der Akt des Landesverwaltungsgerichtes zu GZ *** betreffend Beschwerde gegen den Untersagungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 28.6.2019 (Zl ***) eingeholt.
2. Das Landesverwaltungsgericht kommt aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse, insbesondere aufgrund der Feststellungen anlässlich der oben erwähnten unangekündigten Einschau und den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichtes im Beschwerdeverfahren zu GZ *** zu nachstehenden Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin sowie Frau DD und Frau SS sind Gesellschafter und Geschäftsführer der BB GmbH, wobei jede von ihnen selbstständig vertretungsbefugt ist. Als Hauptansprechperson tritt Frau AA auf.
Bei der gegenständlichen Einrichtung handelt es sich um ein ehemaliges Hotel (AG) mit 70 Betten, welches nicht barrierefrei erschlossen ist.
Ein Vertrag, welcher das Rechtsverhältnis zwischen der BB GmbH als Eigentümerin des Gebäudes Adresse 1 in Z und der CC regelte, existiert nicht bzw konnte ein solcher Vertrag dem erkennenden Gericht nicht vorgelegt werden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Z vom 11.12.2018, Zahl ***, wurde der BB GmbH die Baubewilligung für das Vorhaben Umbau und die Verwendungszweckänderung von Hotelanlage in eine Heimunterkunft für demenzkranke Personen mit teilweise öffentlicher Gastronomie auf Gst **1, EZ **** KG Z, in **** Z, Adresse 1, erteilt.
Aufgrund einer anonymen Beschwerde im Zusammenhang mit Missständen in der Einrichtung der BB GmbH erfolgte am 06.06.2019 eine unangekündigte Heimeinschau nach § 14 Tiroler Heimgesetz 2005, wobei neben bautechnischen Mängel auch schwere Mängel in der BewohnerInnenversorgung, der BewohnenInnensicherheit und in der professionellen Pflege festgestellt wurden, weshalb sich das gegenständliche Gebäude in keiner Weise für den Betrieb als Alten-, Wohn-und Pflegeheim nach dem Tiroler Heimgesetz 2005 eignet.
So waren am Tag der unangekündigten Einschau lediglich AA und eine Mitarbeiterin vor Ort. Bei der Begehung wurde eine Bewohnerin mehrmals mit einer spitzen Nagelschere in der Hand durch das Treppenhaus wandernd eingetroffen. Auf den Hinweis der Heimanwältin, dass dies gefährlich ist und der Bewohnerin die Nagelschere abgenommen werden sollte, reagiert die Beschwerdeführerin nicht weiter. Es wurden keine Angaben zu allfälligen Dienstplänen, einer etwaigen Pflegedokumentation oder zur Medikamentenverabreichung gemacht. Eine verwahrlos wirkende Bewohnerin gab an, dass sie sich aufgrund ihrer Diabeteserkrankung mehr ärztliche Versorgung wünsche (nicht regelmäßig), eine Bewohnerin gab an, dass sie die Medikamente vom Personal verabreicht bekommt. Bei einer Bewohnerin wurden Medikamente vorgefunden, die sie laut Aussagen der Beschwerdeführerin selbständig einnimmt.
Viele BewohnerInnen konnten in der Nacht ihr Zimmer nicht verlassen, da die Zimmer von außen abgesperrt wurden. Eine gab an, dass sie keinen Zimmerschlüssel besitzen und sich dadurch in ihrer Privatsphäre eingeschränkt fühle.
Im gesamten Haus gab es keine Rufanlage mit Alarmierung und quittieren sowie Protokollierung derselben. Es waren lediglich 3 mobile Anlagen (Funkglocke) im Übergangsbereich zum Frühstücks -bzw. Aufenthaltsbereich, welche mit Namen beschriftet sind, vorhanden. Ein Bewohner bemängelte bei der Einschau am 06.06.2019, dass er nach Verlust seines privaten Mobiltelefons keine Möglichkeit habe, zu telefonieren.
In der Einrichtung wurden unterschiedliche Begleitungsmodelle angeboten und sind die von den BewohnerInnen zu tragenden Kosten je nach Begleitungsbedarf gestaffelt. Der Homepage der BB GmbH - Abfrage des LVwG vom 20.11.2019 (im Akt des Landesverwaltungsgerichtes zu Zl ***) ist zu „unser Begleitungsangebot“ zu entnehmen wie folgt:
„Unser Begleitungsangebot
Wir sind eine Alternative zum Altersheim, die günstig ist und eine 24 Stunden Begleitung durch ein professionelles Team gewährleistet. Wir bieten unterschiedliche Begleitungsmodelle, unsere Unkostenbeiträge sind je nach Begleitungsbedarf gestaffelt.
Kosten für Vollpension und 24 Stundenbegleitung (Personenbetreuung):
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 1: 43,40 €/Tag - 1.300,- €/Monat
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 2: 50,00 €/Tag - 1.500,- €/Monat
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 3: 56,70 €/Tag - 1.700,- €/Monat
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 4: 63,40 €/Tag - 1.900,- €/Monat
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 5: 66,70 €/Tag - 2.000,- €/Monat
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 6: 70,00 €/Tag - 2.100,- €/Monat
Individueller Bedarf wie Pflegestufe 7: 80,00 €/Tag - 2.400,- €/Monat
Kurzfristiger Aufenthalt, unter zwei Wochen im Hotel
Niedriger Aufwand: 100,00 €/Tag
Hoher Aufwand: 120,00 €/Tag
Kurzfristiger Aufenthalt, über zwei Wochen im Hotel
Niedriger Aufwand: 83,00 €/Tag
Hoher Aufwand: 100,00 €/Tag
Für Fragen zur Begleitung, den Zimmern und Unkosten stehen wir jederzeit zur Verfügung. Gerne können Sie unser Haus besichtigen kommen.“
Ebenso wird auf der Homepageseite auf die Sozialgenossenschaft CC (Non-Profit) als eine Alternative zum Altersheim, die preisgünstig ist und eine 24-Stunden-Begleitung (Personenbetreuung) durch ein professionelles Team gewährleistet, verwiesen. In dieser sollen zusammengefasst die alten Menschen selbst bzw deren Angehörige ein hohes Maß an Selbstbestimmung und Mitspracherecht erhalten.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung als zuständige Aufsichtsbehörde gemäß § 14 Heimgesetz 2005, vom 28.6.2019 wurde in der Folge der BB GmbH, der Betrieb des Heimes mit Standort Adresse 1, **** Z, untersagt, wogegen die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhob.
Nach Erlassung dieses Bescheides wurde am 31.07.2019 die CC gemeinnützige Genossenschaft eG mit der Rechtsform als Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft und mit der Geschäftsanschrift Adresse 1,**** Z, sowie mit dem Geschäftszweig Begleitung Alter und insbesondere demente Personen im Firmenbuch eingetragen. Als Vorstand firmieren Frau AA, Diplom-Fachsozialbetreuung als Obfrau, sowie Frau DD, Diplom-Fachsozialbetreuerin, als Obmann-Stellvertreterin. Die Satzung der CC gemeinnützige Genossenschaft eG (in der Folge kurz: CC) wurde in der Gründungsversammlung am 18.06.2019 beschlossen. Seit dem 05.08.2019 ist die CC Inhaberin des freien Gewerbes Personenbetreuung, gewerberechtliche Geschäftsführerin ist Frau AA.
Die BB GmbH schloss mit den pflegebedürftigen Personen jeweils einen unbefristeten Hauptmietvertrag (dzt Mietzins € 700 netto) ab und verrechnet diesen die Kosten für Vollpension (€ 280,-- netto Stand 01.09.2019). Die CC wiederum schloss mit den pflegebedürftigen Personen sogenannte Personenbetreuer-Verträge ab, nach welchen diese die Dienste der CC bezüglich Personenbetreuung laut Einstufung in Anspruch nahmen. Nach der geltenden Hausordnung der BB und der CC konnte der Mitbewohner Mitglied der gemeinnützigen Genossenschaft CC werden, welche für die Personenbetreuung zuständig war. Falls die Personenbetreuung nicht von der Genossenschaft übernommen wurde, konnte der Mieter der BB nicht Mitglied der Genossenschaft werden (mit Stand 08.01.2020 war noch keine einzige in der Einrichtung aufgenommene pflegebedürftige Person Mitglied der Genossenschaft).
Die gegen den Untersagungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 28.6.2019 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 27.1.2020 (Zl ***) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die sofortige gänzliche Untersagung des Betriebes des Heimes am Standort Adresse 1 in **** Z gemäß § 14 Abs 4 Tiroler Heimgesetz 2005, LGBl Nr 23/2005 idF LGBl Nr 144/2018 auch die Tätigkeit der CC gemeinnützige Genossenschaft eG umfasst.
Im Zuge einer Visitation der Einrichtung Adresse 1 in Z – BB GmbH – Zimmervermietung und Gastronomie sowie CC – Personenbetreuung – durch den pflegefachlichen Amtssachverständigen ZZ, Bakk, am 15.10.2019, wurde festgestellt, dass in der als Einheit von der BB GmbH und der CC betriebenen Einrichtung in Z, Adresse 1,zwölf pflege- und hilfsbedürftige Personen untergebracht waren und aktuell elf Personen Pflegegeld zuerkannt wird, wobei sich davon eine Person in der Pflegestufe 5 und sieben Personen in der Pflegestufe 6 befinden. Zwei dieser pflegebedürftigen Personen (Frau EE. und Frau LL.) waren nach Auskunft der Beschwerdeführerin bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 08.01.2020 in der Psychiatrie in Hall untergebracht. Neben zusätzlichen, teilweise schweren Erkrankungen, weisen die bei der durchgeführten Visitation angetroffenen Personen nach den ärztlichen Entlassungsbriefen folgende Diagnosen auf:
EE.: paranoide Schizophrenie; FF: mittelschwere Demenz vom Alzheimertyp; Depression; GG: rez. depressive Störung – ggw. schwere Episode ohne psychotische Symptomatik; Niereninsuffizienz Grad III; JJ: V.a. beginnende Demenz; KK: Alzheimer-Demenz; LL: Demenz bei Alzheimer-Krankheit, atypische oder gemischte Form; MM: Demenz bei Alzheimer-Krankheit, atypische oder gemischte Form; akute Harnwegsinfektion; essentielle (primäre) Hypertonie; chronische Niereninsuffizienz; NN: schwer ausgeprägte Demenz vom Alzheimer-Typ; OO: Alzheimer-Erkrankung; PP: Demenz bei Alzheimer-Krankheit, mit spätem Beginn; QQ: vaskuläre Demenz; ua auch dialysepflichtige Niereninsuffizienz; Z.n. Blasen–Ca 2008; Herzinsuffizienz, pulmonale Hypertonie; RR: Delir bei Demenz; Herzinsuffizienz.
Alle pflegebedürftigen Personen hatten einen deutlichen ärztlichen, pflegerischen und sozialen Unterstützungsbedarf, deren Überlassung in Alleinverantwortung war nicht möglich. Für sie bestand eine akute Gefährdungssituation, dies aufgrund der aufgezeigten baulichen Mängel und vor allem, weil diplomiertes Gesundheits – und Krankenpflegepersonal und somit auch eine für die Pflege berufsrechtlich verantwortlich geeignete Person fehlte.
Bei allen bei der Visitation am 15.10.2019 angetroffenen untergebrachten Personen waren aufgrund ihrer Erkrankungen Medikamente bereitzustellen und es besteht die Notwendigkeit zur Hilfestellung bzw Motivation und Überwachung der Medikamenteneinnahme. Bei zehn Personen bestand die Notwendigkeit der Unterstützung und/oder Anleitung bei der Körperpflege.
Bei neun Personen bestand eine zum Teil deutlich ausgeprägte kognitive Beeinträchtigung aufgrund einer demenziellen Erkrankung. Acht Personen benötigen eine damit verbundene, notwendige Motivation und psychosoziale Begleitung in der Tagesgestaltung.
Vier Personen benötigten ein Hilfsmittel in Form einer Inkontinenzeinlage und eine damit verbundene Hilfestellung bzw Pflege im Rahmen der Ausscheidung.
Bei zwei Personen war zusätzlich eine regelmäßige Vitalwertkontrolle durchzuführen. Bei einer Person bestand die Notwendigkeit der Kontrolle des Blutzuckers und einer damit verbundenen subkutanen Insulinverabreichung.
Zwei Personen benötigten eine Hilfestellung bzw Unterstützung im Rahmen der Mobilisation.
Eine Heimleitung gab es nicht. Personenbetreuerverträge lagen bei der Befundaufnahme durch den pflegefachlichen Amtssachverständigen am 15.10.2019 nur für zehn Bewohner vor.
Eine für die Pflege berufsrechtlich verantwortlich geeignete Person (diplomierte Gesundheits – und Krankenpflegeperson) gab es nicht.
Frau AA und Frau DD, Gesellschafterinnen und Geschäftsführerinnen der BB GmbH bzw Obfrau und Obfraustellvertreterin der CC, sind im Gesundheitsberufsregister als Diplom-Sozialbetreuerinnen mit Schwerpunkt Altenarbeit und als Pflegeassistentin registriert, die weitere Gesellschafterin SS ist als „Sozialhilfskraft“ anzusehen. Weder Frau AA noch Frau DD erfüllten die notwendige Voraussetzung (Qualifikation), um als für die Pflege verantwortliche Person tätig zu sein.
Die Beschwerdeführerin gab hiezu an, für Tätigkeiten, welche innerhalb der Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie angesiedelt sind, die Hauskrankenpflege des Gesundheits– und Sozialsprengels hinzuzuziehen. Entsprechende Aufzeichnungen bzw Unterlagen dazu gibt es nicht. Am Dienstplan wurden sechs Mitarbeiter (sog Personenbetreuer) geführt, die keine pflegefachliche Ausbildung oder Berufsanerkennung in einem Gesundheits– und Krankenpflegeberuf bzw Sozialbetreuungsberuf in Österreich nachweisen konnten, jedoch in der unmittelbaren Bewohnerpflege tätig waren. Seit der Visitation am 15.10.2019 wurden fünf dieser Personenbetreuer durch andere Personenbetreuer, ebenfalls ohne die oben beschriebene Qualifikation, ersetzt. Eine Kontinuität in der Pflege und Betreuung war damit ausgeschlossen.
Eine zusammenfassende Analyse des Dienstplanes vom 09.10.2019 bis 11.10.2019 zeigte, dass in der von der BB GmbH gemeinsam mit der CC als Einheit geführten Einrichtung kein Mitarbeiter des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege tätig war. Ein eigenes Pflege- und Betreuungskonzept sowie einen strukturiert geplanten Beschäftigungs- bzw Aktivitätenplan gab es nicht, Pflegestandards und Assessmentinstrumente kommen nicht zur Anwendung.
Mit 15.10.2019 waren Personen im Heim tätig wovon 8 mit der Personenbetreuung eingesetzt wurden. Es handelte sich dabei um nachstehende Personen:
? die Beschuldigte ist Diplom-Sozialbetreuerin mit Schwerpunkt alten Arbeit und im Gesundheitsberufe Register als Pflegeassistentin eingetragen.
? Frau DD ist Diplom-Sozialbetreuerin mit Schwerpunkt alten Arbeit und im Gesundheitsberufe Register als Pflegeassistentin registriert.
? Frau SS ist „Sozialhilfskraft“. Es gibt keinen Nachweis/Berufsanerkennung in Österreich.
? Frau TT ist um die Qualifikation. Es gibt ebenfalls keinen Nachweis/Berufsanerkennung in Österreich.
? Herr UU hat ein ungarisches Dokument. Ihm fehlt ebenfalls ein Nachweis/Berufsanerkennung in Österreich.
? VV, Frau WW, XX und AH sind jeweils ohne Qualifikation letztere als Reinigungskraft -und nicht in der Pflege- tätig ist.
Zusammenfassend:
Die von der BB GmbH und der CC gemeinsam und einheitlich betriebenen Einrichtung war kein MitarbeiterIn des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege tätig. Die pflegerische Versorgung der BewohnerInnen war nicht gegeben und waren Mängel in der BewohnerInnenversorgung, BewohnerInnensicherheit und der professionellen Pflege festzustellen. Die Pflegetätigkeit wurde von Personal übernommen und ausgeführt, die nicht ausreichend qualifiziert waren. Vielmehr hätten sie nur nach Anordnung und Aufsicht von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege tätig sein dürfen. Die Visitation durch den Pflegesachverständigen ZZ, Bakk. am 15.10.2019 ergab, dass sechs MitarbeiterInnen vorhanden waren, die keine pflegefachliche Ausbildung oder Berufsanerkennung in einem Gesundheits- und Krankenpflegeberuf bzw in einem Sozialbetreuungsberuf in Österreich nachweisen konnten.
Das von der CC verfügte freie Gewerbe der Personenbetreuung (§§ 159 – 160 GewO 1994) erlaubt lediglich die Ausübung von Tätigkeiten der Unterstützung bei der Lebensführung, wenn keine Umstände vorliegen, die aus medizinischer Sicht für die Durchführung dieser Tätigkeiten durch Laien eine Anordnung durch einen Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erforderliche machen. Solche Umstände liegen im gegenständlichen Fall vor. Ein geeignetes Pflege- und Betreuungskonzept für die Einrichtung war nicht vorhanden und war auch kein strukturierter Beschäftigung-bzw. Aktivitätenplan und auch keine Pflegestandards und Assessment-Instrumente angewendet. Auch konnte dem pflegefachlichen Amtssachverständigen die nach dem Tiroler Heimgesetz 2005 verlangte Pflege- und Therapiedokumentation, die die Pflege und die Therapie betreffende Feststellungen sowie angeordnete durchgeführte und geplante Pflege- und Therapiedokumentation die die Pflege und therapiebezogene Maßnahmen und insbesondere alle Aufzeichnungen enthält, die nach den einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften zu führen ist, nicht vorgelegt werden. Mit der vom Amtssachverständigen geschilderte Situation ist eine nach dem Heimgesetz 2005 fachgerechten und zeitgemäßen Standard entsprechende Betreuung und Pflege der HeimbewohnerInnen sowie die bestmögliche Wahrung und Förderung ihrer Rückständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung sowie Sicherung der Pflegequalität nicht gegeben. Auch geeignetes Pflegepersonal war nicht vorhanden. Den Heimbewohnern wurde die Sicherung eines bedarfsgerechten Netzes an stationären Dienstleistungen, das Hilfs-, Betreuungs- oder pflegebedürftigen, insbesondere älteren Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht, versagt.
Am 11.2.2020 gegen 9.00 Uhr wurde die BB GmbH einer unangekündigten Kontrolle durch die erkennende Behörde unterzogen, wobei festgestellt werden konnte, dass das Heim immer noch betrieben wurde.
III. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen betreffend die Person der Beschwerdeführerin sowie jene zur BB GmbH sowie der CC gemeinnützige Genossenschaft eG ergibt sich aus den Auszügen aus dem Unternehmensregister, dem Firmenbuch und aus dem GISA.
Die festgestellte Sachverhalt stützen sich auf die im Akt des Landesverwaltungsgerichtes zu GZ Landesverwaltungsgericht-***, den aktenkundigen fachlichen Gutachten und Stellungnahmen (hochbautechnische Stellungnahme von Ing. AI vom 23.10.2019, OZl *, unter Verweis auf sein hochbautechnisches Gutachten vom 07.06.2019, ***, pflegefachliches Gutachten von ZZ, Bakk., vom 04.11.2019, OZl **, amtsärztliche Stellungnahme von Dr. AJ vom 07.06.2019) und auf den Akt der belangten Behörde sowie jenen des Landesverwaltungsgerichtes.
IV. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Die Beschwerdeführerin hat weder in seinem Rechtsmittel noch zu irgendeinem Zeitpunkt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt. Ebenso wenig wurden einen Verhandlungsantrag miteinschließende Beweisanträge gestellt. Gleichermaßen hat die belangte Behörde keinen derartigen Antrag an das Landesverwaltungsgericht Tirol herangetragen und hat auch das Gericht eine solche nicht als geboten erachtet. Fragen des Sachverhaltes waren nicht wirklich zu klären, es waren lediglich Rechtsfragen zu lösen.
Die Aktenunterlagen haben erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ. Einem Entfall der Verhandlung standen weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.