TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/28 LVwG-2021/15/1100-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.04.2021

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG 2002 §27
VStG 1991 §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, vertreten durch BB Rechtsanwälte, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 22.03.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem AWG 2002,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als dass das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 4 VStG unter Erteilung einer Ermahnung eingestellt wird.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegte:

„Die CC Gesellschaft m.b.H., Adresse 2, ****, Y, verfügt aufgrund der Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, ZI. *** sowie vom 15.03.2013, ZI. ***über die Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von (nicht gefährlichen) Abfällen.

Mit Schriftsatz vom 04.02.2020 übermittelte die EE GmbH, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer DD, Adresse 2, **** Y, den Notariatsakt betreffend der vorgenommenen Umgründung. Dabei wurde mitgeteilt, dass die ehemalige CC Gesellschaft m.b.H. ihren laufenden Betrieb in die EE GmbH eingebracht hat.

Die Eintragung der „Erklärung über die Errichtung einer neuen Gesellschaft und Einbringung des Unternehmens CC Gesellschaft m.b.H. (nunmehr FF GmbH)“ in das Firmenbuch erfolgte am 31.10.2019. Eine Abfrage im Firmenbuch erfolgte durch die Behörde am 19.02.2020.

Die Umgründung erfolgte bereits im Oktober 2019. Die Abfallbehörde wurde über die Umgründung gemäß § 27 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 erst im Februar in Kenntnis gesetzt. Gemäß § 27 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 hat der Rechtsnachfolger bei Umgründungen (Verschmelzungen, Umwandlungen, Einbringungen, Zusammenschlüssen, Realteilungen oder Spaltungen) innerhalb von drei Monaten nach der Eintragung in das Firmenbuch die Umgründung unter Anschluss entsprechender Nachweise dem zuständigen Landeshauptmann zu melden. Sofern sich bei der Sammlung oder Behandlung von gefährlichen Abfällen der Erlaubnisumfang oder die abfallrechtlichen Verantwortlichen und ihr Aufgabenbereich ändern, ist innerhalb von drei Monaten eine neue Erlaubnis zu beantragen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag darf die Tätigkeit im bisherigen Umfang ausgeübt werden.

Sie, Herr AA, haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer demnach dafür zu sorgen, dass die Umgründung innerhalb von 3 Monaten der Behörde gemeldet wird.

Dadurch, dass Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH, dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, haben Sie folgende Verwaltungsübertretung begangen:

I.       § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 79 Abs. 3 Z 9 Abfallwirtschaftsgesetz 2002“

Aus diesem Grund wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs 1 in Verbindung mit § 79 Abs 3 Z 9 AWG 2002 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 450,00, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden, verhängt. Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet.

Dagegen richtet sich das fristgerechte erhobene Rechtsmittel in welchem zusammenfassend vorgebracht wird, dass die Verspätung der Meldung lediglich 4 Tage betragen habe. Hieraus ergebe sich, dass nur eine äußerst marginale Übertretung dieser Gesetzesvorschrift vorliege, welche weder aus general- noch aus spezialpräventiver Sicht Sanktionsbedürfnisse nach sich ziehe. Außerdem habe sich die belangte Behörde auch nicht mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, wonach er erst zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich über die Eintragung im Firmenbuch informiert worden sei. Der Beschwerdeführer habe frühestens am 07.11.2019 von der Änderung im Firmenbuch Kenntnis erlangt, wie auch in sonstigen Fällen sei er davon ausgegangen, dass die für ihn zu beachtende Frist erst mit der Zustellung an ihn beginne. Insofern habe sich die belangte Behörde auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob dem Beschwerdeführer die Übertretung in subjektiver Hinsicht anzulasten sei.

II.      Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wird im vorliegenden Fall zur Last gelegte, dass die am 31.10.2019 vorgenommen Umgründung erst mit dem 04.02.2020 dem Landeshauptmann gemeldet worden sei. Dadurch wurde die in § 27 Abs 1 AWG 2002 vorgesehene Frist von 3 Monaten um 4 Tage überschritten.

III.     Beweiswürdigung:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und ist nicht strittig.

IV.      Rechtslage:

Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) 2002

„Umgründung, Ruhen, Einstellung betreffend die Sammlung oder Behandlung von Abfällen

§ 27. (1) Bei Umgründungen (Verschmelzungen, Umwandlungen, Einbringungen, Zusammenschlüssen, Realteilungen oder Spaltungen) hat der Rechtsnachfolger innerhalb von drei Monaten nach der Eintragung in das Firmenbuch die Umgründung unter Anschluss der entsprechenden Nachweise dem zuständigen Landeshauptmann zu melden. Sofern sich bei der Sammlung oder Behandlung von gefährlichen Abfällen der Erlaubnisumfang oder die abfallrechtlichen Verantwortlichen und ihr Aufgabenbereich ändern, ist innerhalb von drei Monaten eine neue Erlaubnis zu beantragen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag darf die Tätigkeit im bisherigen Umfang ausgeübt werden.

(…)“

Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

         1.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

         2.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

         3.       Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

         4.       die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

         5.       die Strafverfolgung nicht möglich ist;

         6.       die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

(…)“

V.       Erwägungen:

Dem Beschwerdeführer wird im vorliegenden Fall eine Verletzung der in § 27 Abs 1 AWG 2002 normierten Meldepflicht von 3 Monaten zur Last gelegt, wobei die Verspätung der Meldung genau 4 Tage beträgt.

Soweit im Rechtsmittel vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich dem 07.11.2019 und nicht bereits dem 31.10.2019 von der Änderung Kenntnis erlangt habe, so wird auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hingewiesen, welcher auf den Tag der Eintragung im Firmenbuch abstellt und nicht auf den Tag der Mitteilung der Eintragung. Insofern steht die Übertretung in objektiver Hinsicht fest.

Dass der Beschwerdeführer irrtümlich davon ausgegangen ist, dass der Tag der Mitteilung an ihn für die Berechnung der in § 27 Abs 1 AWG 2002 normierten Pflicht ausschlaggebend sei, entschuldigt ihn nicht: Soweit er Zweifel an der Berechnung der gesetzlich normierten Meldepflicht gehabt hätte wäre es an ihm gelegen, diese Zweifel durch Nachfrage bei der zuständigen Behörde auszuräumen. Dies hat er offensichtlich unterlassen, weshalb die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht feststeht – wobei das Ausmaß des Verschuldens auf Grund der sehr geringfügigen Verspätung der Meldung offenkundig gering ist.

§ 45 Abs 1 Z 4 VStG privilegiert die Übertretung durch die Anordnung der Einstellung des Verfahrens in den Fällen, in welchen einerseits die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat, andererseits das Verschulden gering ist. Dieser Einstellungsgrund entspricht im Wesentlichen § 21 Abs 1 VStG aF, sodass die Judikatur des VwGH zu dieser Vorschrift grundsätzlich auf § 45 Abs 1 Z 4 VStG übertragen werden kann (vgl VwGH 21.03.2014, 2013/06/0246). Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist somit einerseits ein geringfügiges Verschulden und andererseits lediglich unbedeutende Folgen der Tat. Von einem geringen Verschulden ist nur dann auszugehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.

Der Unrechtsgehalt einer Übertretung gegen die Vorschrift des § 27 Abs 1 AWG 2002 ist im Wesentlichen daran zu bemessen, ob eine Umgründung dem Landeshauptmann tatsächlich mitgeteilt wird oder nicht. Eine Verspätung der Mitteilung um lediglich 4 Tage zeigt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsschuldgehalt zurückbleibt, da die Meldung tatsächlich erfolgt ist, wenngleich nicht exakt in der dafür vorgesehenen Frist. Negative Folgen sind mit der Tat nicht verbunden. Die Verspätung der Meldung um 4 Tage zeigt überdies, dass das Verschulden des Beschwerdeführers geringfügig war.

Bei der vorliegenden Meldeverpflichtung handelt es sich um eine formalrechtliche Vorschrift. Diese Vorschrift soll die Arbeit der Behörde erleichtern, allerdings ist es für das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht erkennbar, dass im Fall einer Verspätung der Meldung um 4 Tage tatsächlich ein relevanter Unrechtsgehalt verbleibt. Soweit die belangte Behörde bei der Begründung der Strafhöhe weiters ausführt, dass die Strafen generalpräventive Wirkung haben soll, wird festgehalten, dass dieser Aspekt für das Landesverwaltungsgericht Tirol im vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar ist.

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die Verspätung der Meldung um 4 Tage jedenfalls ein geringfügiges Verschulden zum Ausdruck bringt. Negative Folgen waren mit der Tat nicht verbunden. Insgesamt war der Verstoß nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes so geringfügig, dass er dem Normzweck im Wesentlichen nicht zuwidergelaufen ist (vgl dazu etwa VwGH 13.09.2016, Ra 2016/03/0065).

Insgesamt liegen daher die Voraussetzungen zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor, weshalb diese auch auszusprechen war. Gleichzeitig wird der Beschwerdeführer allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in Hinkunft Meldepflichten, die sich bereits aus dem Gesetz ergeben, exakt einzuhalten sind.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So handelt es ich vorliegenden Fall um eine sachverhaltsbezogene Einzelfallbeurteilung und nicht eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Umgründung; Meldepflicht; Ermahnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.1100.1

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten