Entscheidungsdatum
29.04.2021Index
90/02 FührerscheingesetzNorm
FSG 1997 §37 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Gstir über die Beschwerde des AA, geb. **.**.****, vertreten durch BB, beide wohnhaft in **** Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 11.09.2020, Zl ***, betreffend Übertretungen nach dem Führerscheingesetz - FSG und dem Kraftfahrgesetz - KFG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als
- die zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von Euro 2.180,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Tage) und eine primäre Freiheitstrafe von 14 Tagen auf nunmehr Euro 1.800,00 (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen) und eine primäre Freiheitsstrafe von 5 Tagen herabgesetzt wird,
und es dazu bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) nunmehr wie folgt zu lauten hat:
„§ 37 Abs 1 FSG iVm § 37 Abs 4 Z 1 FSG, in der Fassung“,
- die zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von Euro 3.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 604 Stunden) auf nunmehr
Euro 2.500,- (Ersatzfreiheitsstrafe 32 Tage) herabgesetzt wird,
und es dazu bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) nunmehr wie folgt zu lauten hat:
„§ 134 Abs 1 KFG, in der Fassung“,
- es in Spruchpunkt 3. bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) statt „Krad“ nunmehr „Kleinkraftrad“ zu lauten hat.
- Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die zu den Spruchpunkten 3. 4. und 5. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängten Strafen mit der Maßgabe bestätigt, dass es im Spruch bei den angeführten Strafsanktionsnormen (§ 44a Z 3 VStG) zu den Spruchpunkten 3., 4. und 5. nunmehr jeweils wie folgt zu lauten hat:
„§ 134 Abs 1 KFG, in der Fassung“
2. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens wird mit Euro 535,- neu festgesetzt.
3. Der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens wird mit Euro 70,- festgesetzt.
4. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Entscheidungswesentlicher Verfahrensgang und Sachverhalt:
Im dem gegenständlich bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 11.09.2020, Zl ***, wurde AA (in der Folge: Beschwerdeführer) folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Tatzeit: 16.03.2019 um 17:00 Uhr
Tatort: Gemeinde X auf der L** bei km 0,800 in Richtung X
Fahrzeuq(e): Kleinkraftrad einspurig, Piaggio - ohne Kennzeichen
1. Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, waren, da Ihnen diese mit Bescheid entzogen wurde. Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y, Bescheid vom 30.10.2018, GZ.: ***
2. Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug gelenkt, obwohl dieses nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen war. Fahrzeugart: Motorfahrrad Beschreibung des Fahrzeuges: Piaggio, violett.
3. Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass das betroffenen Fahrzeug nicht mit einem geeigneten Rückblickspiegel ausgerüstet war, obwohl einspurige Kraftfahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h mit mindestens einem geeigneten, entsprechend großen Rückblickspiegel ausgerüstet sein müssen.
4. Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim Krad vordere und hintere linke und rechte Fahrtrichtungsanzeiger nicht vorhanden waren.
5. Sie haben als Zulassungsbesitzerln des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das angeführte KFZ wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort AA gelenkt und wurde festgestellt, dass eine unzulässige Änderung an Teilen und Ausrüstungsgegenständen des genehmigten Fahrzeuges vorgenommen wurde, wodurch deren Eigenschaften oder Wirkung im Sinne der Verkehrs- oder Betriebssicherheit herabgesetzt wurden. Folgende unzulässige Änderung am KFZ wurde festgestellt. Der Kühler war ausgebaut.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1. § 37 Abs. 1 FSG i.V.m. § 1 Abs. 3 FSG
2. § 102 Abs. 1 i.V.m. § 36 lit. a KFG
3. § 102 Abs. 1 i.V.m. § 23 KFG und § 18a Abs. 1 Ziffer 1 KDV
4. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 19 Abs. 1 KFG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von Gemäß
Euro Ersatzfreiheitsstrafe von
1. 2180,00 42 Tage 14 Tagen § 37 Abs. 1 FSG i.V.m.
§ 37 Abs. 4 Z 1 FSG
2. 3000,00 604 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
3. 100,00 20 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
4. 100,00 20 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
5. 150,00 30 Stunden § 134 Abs. 1 KFG“
Weiters wurden gemäß § 64 VStG Kosten für das behördliche Strafverfahren in der Höhe von insgesamt Euro 693,- vorgeschrieben.
Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom 09.10.2020, in der die Herabsetzung der Strafe beantragt und in der Begründung Folgendes ausgeführt wurde:
„(…) Ich weiß, ich hab sehr viel Blödsinn gemacht, ich bemühe mich für alle meine Straftaten aufzukommen und alles zu regeln. Ich habe seit über 1 Jahr nichts mehr angestellt, habe eine Arbeitsstelle (kurze Unterbrechung wegen Corona) die mir sehr gut gefällt, daher bitte ich um Strafreduzierung. Wenn ich 14 Tage ins Gefängnis muss verliere ich meine Arbeitsstelle. Da leider noch nicht alle Straferkenntnisse die letzten Jahres vor Juli 2019 gekommen sind - bitte ich um Zusammenlegung der kompletten offenen Akten. Manchmal wächst mir alles über den Kopf, dann verstehe ich selber nicht warum ich immer wieder die gleichen Sachen angestellt habe, ABER bemühe mich alles zu regeln. Ich habe immer am Dienstag und Mittwoch frei, könnte dann auch meine Primärstrafe absitzen. (…)“
II. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Y sowie in die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzend eingeholten Unterlagen der belangten Behörde betreffend anhängige Verfahren des Beschwerdeführers sowie der Österreichischen Gesundheitskasse bezüglich seiner Berufstätigkeit.
Zudem wurde am 26.04.2021 eine Verhandlung am Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, zu der - trotz nachweislicher Ladung - weder der Beschwerdeführer noch seine Vertreterin erschienen ist.
III. Rechtslage:
Im gegenständlichen Verfahren sind insbesondere folgende Rechtsvorschriften entscheidungswesentlich:
Führerscheingesetz – FSG, BGBl I Nr 120/1997 in der Fassung BGBl I Nr 74/2015:
Strafausmaߧ 37
(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs. 3 Z 3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.
(…)
(4) Eine Mindeststrafe von 726 Euro ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl
1.
die Lenkberechtigung entzogen wurde oder
2.
gemäß § 30 Abs. 1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.
(…)
Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967, in der hier maßgeblichen Fassung :
§ 134Strafbestimmungen(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
(…)“
IV. Erwägungen:
1. Dem Beschwerdeführer wurden mit dem gegenständlich bekämpften Straferkenntnis Übertretungen nach dem Führerscheingesetz - FSG und dem Kraftfahrgesetz - KFG zur Last gelegt.
Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen deutlich ergibt, wurden die im gegenständlich bekämpften Straferkenntnis angelasteten Übertretungen nicht bestritten, und nur die verhängten Strafen bekämpft und die Herabsetzung der Strafen beantragt.
Damit ist der Schuldspruch der gegenständlich jeweils zur Last gelegten Übertretungen in Rechtskraft erwachsen und war sohin darauf auch nicht weiter einzugehen.
2. Hinsichtlich der gegenständlichen angelasteten Übertretungen nach dem FSG beträgt der Strafrahmen für Geldstrafen gemäß § 37 Abs 1 und 4 FSG von Euro 726,- bis zu
Euro 2 180,-.
Wurde der Täter wegen der gleichen Übertretung bereits einmal bestraft, so kann gemäß
§ 37 Abs 2 FSG an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden.
Wurde der Täter wegen der gleichen Übertretung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden.
Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.
Bezüglich der gegenständlich weiters angelasteten Übertretungen nach dem KFG beträgt der Strafrahmen gemäß § 134 Abs 1 KFG bis zu Euro 5.000,-.
3. Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Überdies sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) gemäß § 19 Abs 2 VStG die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Bei den Überlegungen zur Rechtmäßigkeit der durch die Behörde verhängten Geld- und primären Freiheitsstrafe ist grundsätzlich festzuhalten, dass eine Strafbemessung, die vom Gedanken getragen ist, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch die Verhängung einschneidender und im Wiederholungsfall entsprechend erhöhter Strafen zu erzwingen, insbesondere dann nicht gesetzwidrig ist, wenn das bisherige Strafausmaß nicht ausreichte, um eine Person zur Einsicht und zur Einhaltung der Vorschriften zu bringen (vgl VwGH 09.05.2001, 2001/04/0046; ua).
Im Falle der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe hat die Behörde entsprechend ausführlich zu begründen, warum dies im jeweils konkreten Fall aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist (vgl; uva).
4. Im gegenständlichen Fall hat sich hinsichtlich der Strafbemessung damit Folgendes konkret ergeben:
Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrrecht und ist auch hinsichtlich der weiteren im gegenständlich bekämpften Straferkenntnis angelasteten Übertretungen die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die jeweils gegenständlich angelasteten Taten nicht als unerheblich zu werten (vgl VwGH 22.7.2019, Ra 2019/01/0258).
5. Die Einkommens-und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sind – wie sich aus den Angaben in der Beschwerde, samt angeschlossenem Lohnzettel ergibt - als gerade schon durchschnittlich zu werten.
Sorgepflichten gab der Beschwerdeführer keine an.
Da der Beschwerdeführer nicht zur Verhandlung erschienen ist, war im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch nach wie vor von durchschnittlichen Einkommens und Vermögensverhältnissen auszugehen (vgl VwGH 21.10.1992, Zl 92/02/0145; ua).
6. Hinsichtlich des Verschuldens ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei den gegenständlich angelasteten Verwaltungsübertretungen um so genannte „Ungehorsamsdelikte“ im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG handelt.
Bei derartigen Delikten ist im gegenständlichen Fall dann Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
„Glaubhaftmachung“ bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird.
Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und Beweismittel zum Beleg desselben bekannt zu geben oder vorzulegen (vgl VwGH 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua).
Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" tritt somit im gegenständlichen Fall insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
7. Hinsichtlich der in den Spruchpunkten 1. und 2. des gegenständlich bekämpften Straferkenntnisses angelasteten Übertretungen ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer trotz 15 bzw 25 einschlägiger rechtskräftiger Strafvormerkungen das Fahrzeug weiter in Betrieb genommen hat, obwohl ihm die Lenkberechtigung entzogen worden war und das verfahrensgegenständliche Fahrzeug (Kleinkraftrad) auch nicht zum Verkehr zugelassen war.
Es ist daher hinsichtlich der in den Spruchpunkten 1. und 2. zur Last gelegten Übertretungen bezüglich des Verschuldens jedenfalls von Vorsatz auszugehen.
Bei den in den Spruchpunkten 3., 4. und 5. weiters angelasteten Übertretungen ist iSd
§ 5 VStG jedenfalls zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.
8. Als Erschwerungsgrund waren im gegenständlichen Fall die zahlreichen jeweils einschlägigen Strafvormerkungen des Beschwerdeführers zu werten.
So scheint der Beschwerdeführer – wie im gegenständlich bekämpften Straferkenntnis angeführt und unbekämpft geblieben - aufgrund folgender rechtskräftiger Verfahren bereits 39 mal strafvorgemerkt auf (***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***).
Wie von der belangten Behörde in der bekämpften Entscheidung ausgeführt, scheint der Beschwerdeführer hinsichtlich der in Spruchpunkt 1. des gegenständlich bekämpften Straferkenntnisses zur Last gelegten Übertretung nach § 37 Abs 1 FSG iVm § 1 Abs 3 FSG bereits 15 mal einschlägig vorgemerkt auf, hinsichtlich der in Spruchpunkt 2. zur Last gelegten Übertretung nach § 102 Abs 1 iVm § 36 lit a KFG insgesamt 25 mal, hinsichtlich der in Spruchpunkt 3. zur Last gelegten Übertretung nach § 102 Abs 1 iVm § 23 KFG und § 18a Abs 1 Ziffer 1 KDV ist der Beschwerdeführer 5 mal einschlägig vorgemerkt, bezüglich der in Spruchpunkt 3. zur Last gelegten Übertretung nach § 102 Abs 1 KFG iVm § 19 Abs 1 KFG ist der Beschwerdeführer 2 mal einschlägig vorgemerkt und wegen der in Spruchpunkt 5. zur Last gelegten Übertretung gemäß § 33 Abs 6 KFG ist der Beschwerdeführer bereits einmal strafvorgemerkt.
Weitere Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
9. Mildernd war demgegenüber allerdings zu werten, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt erst 19 Jahre alt war und er – wie von ihm selber bereits vorgebracht - zur damaligen Zeit einen problematischen Freundeskreis und eine schwierige Jugendzeit hatte.
Ab ca Mitte Juni 2019 ist es dann mehr als 1 ½ Jahre zu keiner weiteren Anzeige mehr gekommen.
Der Beschwerdeführer hatte dann auch eine fixe Arbeitsstelle und wohl auch ein strukturiertes Leben und ging regelmäßig der Arbeit nach, wie sich auch aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzend eingeholten Mitteilung der Österreichischen Gesundheitskasse bestätigt hat.
Weitere Milderungsgründe sind weder hervorgekommen noch wurde solche geltend gemacht. In diesem Zusammenhang ist ergänzend anzumerken, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowohl für die Strafbehörde als auch für das Landesverwaltungsgericht keine Verpflichtung besteht, Ermittlungen über das Vorliegen jedes nur denkmöglichen Milderungsgrundes anzustellen (vgl VwGH 28.2.1997, 95/02/0173).
Vielmehr hätte den Beschwerdeführer diesbezüglich eine gewisse Mitwirkungspflicht getroffen (vgl VwGH 27.4.2000, 98/10/0003).
10. Soweit von der belangten Behörde in Spruchpunkt 1. des gegenständlich bekämpften Straferkenntnisses neben der Geldstrafe auch eine primäre Freiheitsstrafe verhängt wurde, ist dazu auszuführen, dass – wie vorstehend im Detail ausgeführt - im Zeitpunkt der gegenständlich zu Last gelegten Übertretung nach § 37 Abs 1 FSG iVm § 1 Abs 3 FSG gegen den Beschwerdeführer bereits 15 rechtskräftige und nicht getilgte Vorstrafen wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung vorlagen.
Bereits für die vorhergehende Tat wurde von der belangten Behörde neben der Geldstrafe auch eine primäre Freiheitsstrafe verhängt, die durch Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 23.07.2020, Zl ***, auf 2 Tage reduziert wurde.
Im Folgenden ist es nach der gegenständlich angelasteten Tatzeit auch zu weiteren Anzeigen und Verfahren wegen des Verdachts der Übertretung nach § 37 Abs 1 FSG iVm § 1 Abs 3 FSG gekommen.
Da der Beschwerdeführer nicht zur Verhandlung am Landesverwaltungsgericht Tirol erschienen ist, konnte kein persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer gewonnen werden und hat er sich damit eines weiteren Verteidigungsrechtes beraubt.
11. Daraus ergibt sich sohin im gegenständlichen Fall zusammengefasst, dass aus den vorstehend angeführten spezialpräventiven Gründen auch im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe aufgrund des wiederholt uneinsichtigen Verhalten des Beschwerdeführers nach wie vor gegeben sind.
Die lange Zeit der Straffreiheit zeigt aber auch, dass der Beschwerdeführer das Potential für eine Besserung hat. Zudem sind die Sanktionsfolgen insbesondere bei einem jungen Beschwerdeführer im Kontext der Eingebundenheit des Menschen in der gesamten sozialen Gemeinschaft zu sehen. Mit einer zu langen primären Freiheitsstrafe wäre der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde glaubhaft dargetan – seiner beruflichen Perspektive genommen.
In Anbetracht der im gegenständlichen Fall vorliegenden besonderen Umstände war daher die zu Spruchpunkt 1. des gegenständlich bekämpften Straferkenntnis verhängte primäre Freiheitsstrafe von 14 Tagen auf 5 Tage zu reduzieren.
Eine primäre Freiheitsstrafe in dieser Höhe war allerdings geboten, um den Beschwerdeführer von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen künftig abzuhalten.
Zudem waren auch die zu den Spruchpunkt 1. und 2. verhängten Geldstrafe zu reduzieren und diesbezüglich die Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit entsprechend anzupassen.
Hinsichtlich der Spruchpunkte 3., 4. und 5. ist festzustellen, dass die Behörde jeweils Strafen im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens verhängt hat, weshalb diese jedenfalls als tat- und schuldangemessen zu qualifizieren sind und ist daher diesbezüglich eine weitere Strafherabsetzung nicht mehr in Frage gekommen.
12. Aufgrund der Herabsetzung der zu den Spruchpunkten 1. und 2. verhängten Geldstrafen sowie der primären Freiheitsstrafe, waren daher gemäß § 64 VStG auch die Kosten des behördlichen Verfahren neu zu bemessen.
13. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ist weiters in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis bzw Spruchpunkte eines Straferkenntnisses bestätigt werden, auch auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu leisten hat, der für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00 zu bemessen ist.
Es war daher hinsichtlich der Spruchpunkte 3., 4. und 5. des bekämpften Straferkenntnisses, in deren Umfang die Beschwerde abgewiesen wurde, weiters Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gemäß § 52 VwGVG vorzuschreiben.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Dazu kann insbesondere auf die in dieser Entscheidung angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen werden.
Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Gstir
(Richterin)
Schlagworte
Strafhöhe; primäre Freiheitsstrafe;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.36.2288.4Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021